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Polizeipräsidium Bielefeld , 21.01.2022 :

Acht Versammlungen im Bielefelder Stadtgebiet verliefen friedlich und ohne besondere Vorkommnisse

21.01.2022 - 21.39 Uhr

Bielefeld (ots) SR / Bielefeld. Die Bielefelder Polizei war am 21.01.2022 mit starken Kräften im Einsatz, um Auseinandersetzungen zwischen Gruppierungen von "Spaziergängern" aus der Regierungs- und Corona-kritischen Szene und Teilnehmern des "Bündnis gegen Rechts" zu verhindern. Der Polizei gelang es, dass die insgesamt fünf angezeigten Standkundgebungen und drei angezeigten "Lichterspaziergänge" in der Bielefelder Innenstadt friedlich und störungsfrei sowie ohne Auseinandersetzungen verliefen.

Bis 18.20 Uhr setzten sich alle angezeigten "Lichterspaziergänge" unter Begleitung der Polizei auf den kooperierten Aufzugswegen in Bewegung. Bei der Versammlung mit Start Kesselbrink teilte sich - in Abstimmung mit der Polizei - der Aufzug selbstständig, um unter der Grenze von 750 Teilnehmern zu bleiben, ab der gemäß CoronaSchVO die 3G-Pflicht gilt. Die Teilnehmerzahlen bei den zwei weiteren Aufzügen bewegten sich im Bereich der Erwartungen der Anzeigenden, beziehungsweise darunter.

Die Teilnehmer der Aufzüge verhielten sich friedlich, auf eine durchgängige Verfolgung von Verstößen gegen die CoronaSchVO verzichtete die Polizei aus Verhältnismäßigkeitsaspekten und zur Verhinderungen einer Eskalation. Eine Auflösung kam auf Grund des hohen Schutzgutes der Meinungs- und Versammlungsfreiheit (Rechtsgüterabwägung Versammlungsfreiheit zu Ordnungsverstößen) für die Polizei nicht in Betracht. Die Polizei unterstützte die Stadt im Rahmen von Amtshilfe bei der Durchsetzung der CoronaSchVO, gemeinsam wurde - wo möglich - gegen Verstöße eingeschritten.

So hielt die Polizei den Aufzug unter dem Motto "Gütersloh steht auf!" kurzzeitig an, als es dort zu vielfachen Verstößen gegen die Masken-Pflicht kam. Der Aufforderung, sich an die Masken-Pflicht zu halten, kamen die Teilnehmer überwiegend nach, so dass der Aufzug sich anschließend wieder in Bewegung setzen konnte. Bei einer Kontrolle wegen eines Masken-Verstoßes durch das Ordnungsamt wurde die Polizei um Amtshilfe gebeten, da die Person die Angabe ihrer Personalien verweigerte. Da die Personalien vor Ort nicht festgestellt werden konnten, wurde der Mann in Gewahrsam genommen.

Insgesamt wurden 18 Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstößen gegen die Masken-Pflicht erstattet, davon 14 im Rahmen des "Lichterspaziergang" mit Startpunkt Kesselbrink und vier im Rahmen des "Lichterspaziergang" mit Start Kunsthallen-Park. Zwei Masken-Verweigerer wollten dabei ihre Personalien nicht angeben.

Bei der Begleitung eines Aufzuges wurden Polizeibeamte an der Friedrich-Verleger-Straße / Turnerstraße von einem Versammlungsteilnehmer beleidigt. Gegen ihn wurde Strafanzeige erstattet, er erhielt einen Platzverweis.

Die Aufzüge mit Start- und Endpunkt Kesselbrink und Rochdale Park wurden gegen kurz nach 20 Uhr für beendet erklärt, im Kunsthallen-Park endete der dritte Aufzug gegen 20.40 Uhr. Die Standkundgebungen am Siegfriedplatz und an der Teutoburger Straße waren gegen 18.30 Uhr, an der Obernstraße gegen 19 Uhr und am Kesselbrink und am Alten Rathaus gegen 20.10 Uhr ohne Vorkommnisse beendet worden.

Im Rahmen der Einsatzbewältigung ereignete sich kurz vor 20 Uhr an der Mindener Straße / Ecke Arndtstraße ein Verkehrsunfall unter Beteiligung eines Einsatzfahrzeugs, niemand wurde dabei verletzt.

Nach derzeitigen Erkenntnissen stellte die Polizei während der Versammlungen keine staatsfeindlichen oder antisemitischen Äußerungen fest.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 14.01.2022:

"Bündnis gegen Rechts" kritisiert Polizei scharf

Sicherheitskräfte hätten sich von gut vorbereiteten "Spaziergängern" vorführen lassen

Bielefeld. Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" nimmt Stellung zum Verhalten der Polizei gegenüber vermeintlichen "Spaziergängern" bei den regelmäßigen Anti-Corona-Maßnahmen-Demos: "Trotz erheblichem Einsatz von Beamten konnte die Bielefelder Polizei die erneuten Demonstrationen von Corona-Leugnern am Freitag nicht verhindern. Wiederum ließen sich die Polizeikräfte (durch Fehlleitung der Polizeiführung) von den gut vorbereiteten Demonstranten vorführen und hatten die Situationen an mehreren Stellen nicht im Griff", so das Bündnis.

Und weiter: "Durch diese wiederholte Duldung der "Spaziergänge" trägt die Polizei Bielefeld mit dazu bei, dass unsere Stadt immer attraktiver wird als Veranstaltungsort für die Querdenken-Szene." Völlig unverständlich ist für das Bündnis das Ergebnis der Abwägungen, die die Polizeiführung "offensichtlich vor Ort vornahm und die dazu führten, dass "aus Verhältnismäßigkeitsaspekten" (Presseerklärung der Polizei vom 8. Januar) große Menschengruppen ohne Einhaltung der Regeln der geltenden Corona-Schutzverordnung unter den Augen der Polizei völlig frei und unbeeinträchtigt agierten".

Das Bündnis klagt an: "Trotz offensichtlicher Übergriffe auf Polizeibeamte, Journalisten und Passanten spricht die Polizei von einem überwiegend friedlichen Verlauf der "Spaziergänge", die eher an einen marodierenden Mob erinnerten." Das Bündnis wundert sich, dass die Polizei "laut Presseerklärung lediglich zwei Neonazis auf der Demo ausmachte", während die durch Fotos belegten Erkenntnisse des Recherche Kollektivs OWL zeigten, dass mehr als ein Dutzend Neonazis und Rechtsextremisten, rechtsextreme Burschenschaftler sowie Mitglieder der AfD und der vom Verfassungsschutz beobachteten Jungen Alternativen NRW am Freitag teilgenommen hätten.

Das irritiere, denn: "Sie wurden wiederholt in direkter Konfrontation mit Polizeibeamten fotografiert. Auch ist beobachtet worden, dass Personen aus dieser Szene Teile der Demonstrationszüge lenkten." Unverständlich sei für das Bündnis auch das wiederholte Formulieren der Polizei, wonach es ihr beim Einsatz darum gegangen sei, "Auseinandersetzungen zwischen "Spaziergängern" aus der regierungs- und Corona-kritischen Szene und dem linken und bürgerlichen Spektrum zu verhindern". Deutlich sei, dass die Polizei noch nicht verstanden habe, dass es nicht um eine herbeigeredete Gefahr von Konfrontationen gehe, sondern um ein entschiedenes Vorgehen gegen Menschen, die unter dem Einfluss rechtsextremer Drahtzieher gezielt provozieren und das Recht auf Demonstrationsfreiheit mit Ansage umgehen wollen. Dass es auch anders gehe, zeige ein Blick nach Paderborn, wo die Polizei klare Ansagen mache und eine Umgehung des Versammlungsrechts nicht dulde.

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Recherche Kollektiv Ostwestfalen, 09.01.2022:

Stellungnahme zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 07.01.2022 in Bielefeld

Am 07.01.2022 konnten erneut über 2.000 Personen aus der verschwörungsideologischen Szene das Bielefelder Stadtgebiet vereinnahmen. Trotz hoher Präsens der Polizei lies diese jede Gelegenheit verstreichen, die nicht genehmigten Aufzüge festzusetzen und die 3G-Auflagen umzusetzen. Durchsagen der Polizei wurden gänzlich ignoriert, es wurden weder Masken getragen noch Abstand gehalten. Es kam zu einem gewaltsamen Angriff auf einen Pressevertreter, andere Pressevertreterinnen, Pressevertreter wurden bepöbelt und bedroht. Bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße (Höhe Potemkin Bar) wurde nach Berichten der Demo-Teilnehmerinnen, -Teilnehmer Pfefferspray gegen die Polizistinnen, Polizisten eingesetzt. Bei der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei war mindestens ein Kind zugegen, das unter Tränen darum bat, den Ort verlassen zu dürfen. Erst nach über drei Stunden löste sich die Ansammlung Verschwörungsgläubiger langsam auf.

Beteiligung aus der neofaschistischen und neonazistischen Szene

Wie schon bei der letzten Großdemonstration der verschwörungsideologischen Gruppe "Bielefeld steht auf" um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann am 17.12.2021 nahmen auch am 07.01.2022 wieder bekannte Neonazis aus OWL am Demonstrationsgeschehen in Bielefeld teil. Antifaschistische Beobachterinnen, Beobachter konnten Gerd Ulrich (Detmold-Berlebeck, u.a. HDJ) mit vier weiteren Personen im Demo-Zug ausgehend vom Oetker-Park ausmachen. Am Kesselbrink fanden sich gegen 18.30 Uhr die Neonazis Tim Sauer (Bielefeld, Mitglied "Die Rechte") und Bernd Stehmann (Leopoldshöhe) in Begleitung von fünf weiteren Personen ein. Auch der Neonazi Jan Tiemann (Bielefeld) nahm an dem vom Kesselbrink ausgehenden Demo-Zug teil.

Auf Videos der Demo-Teilnehmerinnen, -Teilnehmer konnte außerdem dieser Mann identifiziert werden. Er nahm 2018 an konspirativen Treffen der neonazistischen Kleinstpartei "Die Rechte" teil und zeigt sich seit Pandemie-Beginn immer wieder bei Demos der verschwörungsideologischen Szene in Bielefeld. In dem Demo-Zug, der sich ausgehend vom Oetker-Park gebildet hatte, liefen auch Mitglieder der rechten Burschenschaft Normannia Nibelungen (Bielefeld) mit. Die Normannia ist seit Jahren als nationalistische, profaschistische Burschenschaft bekannt. Aus ihren Reihen stammen namhafte Neonazis wie der führende Hammerskin Hendrik Stiewe. Der früher führende Aktivist der Identitären Bewegung (heute AfD und JA Arnsberg) Nils Hartwig ist ebenfalls Teil der Normannia. 2019 gab es einen Polizeieinsatz bei der schlagenden Burschenschaft, nachdem dort indizierter Rechtsrock sowie "Sieg-Heil"-Rufe zu hören waren. Seit 2020 ist die Normannia die vorsitzende Burschenschaft des rechten Korporationsverbands Deutsche Burschenschaft. Am 07.01.2022 nahmen Lars Peterat (Normannia Nibelungen und Sprecher der Deutschen Burschenschaft), Domenic Nagel (Normannia Nibelungen, stellvertretender Sprecher der Deutschen Burschenschaft und Junge Alternative Bielefeld) und Florian Schürfeld(Normannia Nibelungen, Aktivist der Identitären Bewegung) mit mindestens zwei weiteren Personen an der Demo teil. Dabei trat insbesondere Domenic Nagel aggressiv und provozierend gegenüber den Polizeibeamten auf.

Auch der ehemalige Vorsitzende der Jungen Alternative Bielefeld, Jonas Vriesen, fiel durch aggressives Verhalten sowohl Pressevertreterinnen, Pressevertreter als auch der Polizei gegenüber auf.

Ein Video des Fernsehsenders RTL zeigt Jonas Vriesens Beteiligung an der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße. Vriesen besuchte die Demo gemeinsam mit Maxim Dyck (Junge Alternative OWL und AfD Gütersloh) und einer weiteren Person, die sich bei Telegram Christoph Woskres nennt. Woskres nahm im November 2019 mit Florian Schürfeld an einer pressefeindlichen Neonazi-Demo in Hannover teil. Zu der Demo am 23.11.2019 hatten NPD und Die Rechte aufgerufen, es wurde gegen unliebsame Journalistinnen, Journalisten und die Pressefreiheit gehetzt. Die Aktiva der Normannia Nibelungen halten engen Kontakt zum Bielefelder Verband der Jugendorganisation der AfD. Unter Jonas Vriesens Führung wurden Kontakte geknüpft, wie wir in Recherchen bereits dargelegt haben. Ein Foto vom Sommerfest der JA OWL zeigt die Teilnahme von Domenic Nagel und einem weiteren Burschenschafter. Auf dem Foto ist auch Woskres zu sehen. Mittlerweile findet der monatliche Stammtisch der JA Bielefeld im Haus der Normannia Nibelungen statt. Neben den namentlich bekannten Neonazis und Neofaschisten wurden mindestens drei weitere rechte Kleingruppen in den Demonstrationszügen gesichtet.

Erneut konnten Neonazis und Neofaschisten im Schulterschluss mit Verschwörungsgläubigen, Esoterikerinnen, Esoterikern und sonstigen Pandemie-Leugnerinnen, -Leugnern durch Bielefeld ziehen und gewaltsame Auseinandersetzungen suchen. Die erneut eklatante Fehleinschätzung der Polizei, es wären nur zwei Neonazis unter den Teilnehmenden gewesen, arbeitet den Aufzügen der Verschwörungsgläubigen zu und verharmlost die rechte Allianz, die sich auf Bielefelds Straßen und in den Telegram-Chats bildet.

Mobilisierung

Die Haupt-Mobilisierung fand über die Telegram-Gruppe "Bielefeld steht auf" um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann statt. Diese hatten zu einer Groß-Demo am 07.01.2022 für 18 Uhr auf den Kesselbrink aufgerufen. Trotz der eindeutig belegten Teilnahme militanter Neonazis bei der letzten "Bielefeld steht auf"-Demo am 17.12.2021 gab es von den Veranstalterinnen, Veranstaltern keinerlei Abgrenzung in diese Szene. Wie wir in mehreren Stellungnahmen bereits deutlich gezeigt haben, dominieren in der Chat-Gruppe von "Bielefeld steht auf" strukturelle bis offen antisemitische Verschwörungsmythen, gemischt mit pro-nationalistischen und emanzipationsfeindlichen Inhalten, Werbung für die AfD und verschiedene Reichsbürger-Organisationen. Während die Administratorinnen, Administratoren Jesse, Landwehr und Bergmann jede Beleidigung gegen das Organisations-Team sowie jede Kritik an der ideologischen Ausrichtung der Gruppe direkt aus dem Chat löschen und die Teilnehmer entfernen, werden alle verschwörungsideologischen und rechten Inhalte unkommentiert stehen gelassen und geduldet. Diese Inhalte bilden die ideologische Schnittstelle für die neonazistische, neurechte und neofaschistische Szene. An den "Bielefeld steht auf"- Demos nehmen immer wieder Mitglieder der Jungen Alternative Bielefeld, der AfD und Unterstützerinnen, Unterstützer der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck teil, wie wir bereits mehrfach belegt haben. Daran stören sich weder die Organisatorinnen, Organisatoren noch die anderen Gruppen-Mitglieder. Es wird die vielfache Werbung für die neue Gruppe "Westfalens Eichensöhne" akzeptiert, eine Neuauflage der Identitären Bewegung. Die AfD und JA bewerben die "Bielefeld steht auf"-Demos seit Monaten, am 17.12.2021 war einer der Ordner Tim Marvin Braungart von der Jungen Alternative Bielefeld. André Jesse löste auf Grund der 3G-Auflagen spontan seine angemeldete Demo auf und zog sich damit aus der Verantwortung. Im Anschluss an die von der Polizei gebilligte, nun unangemeldete Groß-Demo mit Ausschreitungen am Rathaus frohlockte Angela Landwehr abends noch bei Telegram über die "gigantische Teilnahme an unserem Spaziergang" (siehe Screenshot). Das Verhalten der Stadt Bielefeld und der Polizei bescherte der Gruppe große Demo-Erfolge und verschafft der Gruppe immer weiteren Zulauf. Mittlerweile hat die Chat-Gruppe mehr als 4.500 Mitglieder. Für den 07.01.2021 meldete Jesse erneut eine Groß-Demo an, lies diese in den letzten Wochen in regionalen und bundesweiten verschwörungsideologischen Kanälen bewerben.

Nach dem Anmeldungsrückzug, begründet mit der Sorge vor der rechtlichen Verantwortung für die zu erwartende Nichteinhaltung der 3G-Auflagen ab 751 Teilnehmerinnen, Teilnehmer, stellten Jesse, Landwehr und Bergmann ihren Kanal bereitwillig für die Bewerbung unangemeldeter Demos am 07.01.2022 zur Verfügung. Neben der Bewerbung wurden auch ausschweifende Strategie-Diskussionen durch die Administratorinnen, Administratoren zugelassen. Es war vollkommen klar, dass die Mitglieder von "Bielefeld steht auf" mehrere unangemeldete Demo-Züge sowie Masken- und Abstands-Verweigerung planten. Am 07.01.2022 selbst schaltete André Jesse dann den sonstigen verlangsamten Schreibmodus der Gruppe aus, um während der unangemeldeten Demos die digitale Vernetzung und Koordination der Teilnehmerinnen, Teilnehmer zu ermöglichen (siehe Screenshots). André Jesse und die anderen Gruppen-Verantwortlichen stellten so eine digitale Support-Struktur für das Demonstrationsgeschehen am 07.01.22 und übernahmen damit konkret auch Verantwortung für das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei.

Fazit

Trotz der geplanten und absolut offensichtlichen Nichteinhaltung der 3G-Regelung, der geplanten und umgesetzten Nicht-Anmeldung der Demo-Züge und gewaltsamer Auseinandersetzungen mit der Polizei konnten die Verschwörungsgläubigen, Impf-Gegnerinnen, -Gegner, Neonazis und Neofaschistinnen, Neofaschisten weite Strecken in der Stadt unbehelligt laufen. Die Polizei beruft sich für ihr Nicht-Verhalten auf den Schutz des Versammlungsrechts. Dieser Schutz wird jeder anderen Gruppe, die in Bielefeld demonstriert, ab nun angemeldet oder auch bei Spontan-Demonstrationen in keiner Weise gewährt. Er gilt auch nicht für Fußballfans. Dieser Schutz wird einzig und allein der rechten und verschwörungsideologischen Szene gewährt - und er führt zur Vergrößerung und Radikalisierung dieser Szene. Es wäre gänzlich undenkbar, dass linke Demos laufen würden, wenn es gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei inklusive Pfefferspray-Einsatz gegeben hätte. Linke Spontan-Demos mit 20 Teilnehmerinnen, Teilnehmern wurden in der Vergangenheit mit polizeilichem Großaufgebot verfolgt, vermeintliche Teilnehmerinnen, Teilnehmer teilweise über Nacht rechtswidrig in Gewahrsam genommen. Bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen 2018 und 2019 sperrte ein Polizei-Großaufgebot die Bielefelder Innenstadt ab, behinderte den linken Gegenprotest massiv und zeigte, dass sie auch über Einsatztaktiken für 14.000 Protestierende verfügten. Davon zeigt sich angesichts der rechten verschwörungsideologischen Demos nichts. Und hier muss sich die Polizei fragen lassen, welche politische Entscheidung hinter dieser Akzeptanz für die Demos dieser Szene steckt. Es braucht keine rigideren Gesetze, die die Demonstrationsfreiheit weiter einschränken und auch keine Schnellverfahren. Sondern die Anerkennung der ideologischen und realen Gefahr, die von dieser Szene ausgeht, auf der politischen Ebene. Und es braucht entschlossenen und starken Gegenprotest auf der Straße. Ein Rückzug in die bequeme Online-Welt räumt die Straße für die Verschwörungsgläubigen und Neonazis und beeindruckt die Szene in keiner Weise. Die Bewohnerinnen, Bewohner von Minden haben am Samstag gezeigt, dass auch bürgerlicher Gegenprotest verantwortungsvoll in Pandemie-Zeiten möglich ist. Die Mitglieder der regionalen Chat-Gruppen waren sichtlich erschüttert von den 2.500 Menschen, die ein Zeichen gegen antisemitische Verschwörungsmythen und rechte Hetze setzten. Wir bedanken uns bei den Gegendemonstrantinnen, Gegendemonstranten, die am 07.01.2021 nicht dem Aufruf des Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" folgten, sondern auf der Straße Stellung bezogen.

Polizei und Stadt Bielefeld müssen sich fragen lassen, was noch passieren muss, um der verschwörungsideologischen Szene um "Bielefeld steht auf" entschlossen Einhalt zu gebieten.

Bildunterschrift: Screenshot "Bielefeld steht auf", Telegram, 07.01.2022.

Bildunterschrift: Tim Sauer am 07.01.2022 in Bielefeld.

Bildunterschrift: Jan Tiemann am 07.01.2022 in Bielefeld.

Bildunterschrift: Neonazi, Name unbekannt.

Bildunterschrift: 01.05.2018: Neonazis von "Die Rechte OWL" besuchen Meinolf Schönborn, 2. v. r. der benannte Neonazi.

Bildunterschrift: 07.01.2022: Ganz rechts Lars Peterat mit Mitgliedern der Normannia Nibelungen.

Bildunterschrift: 07.01.2022: Domenic Nagel belästigt Polizeibeamte.

Bildunterschrift: Aktiva der Normannia Nibelungen im Wintersemester 2020 / 2021: v. l. n. r.: Unbekannt, Lars Peterat, Domenic Nagel, Robert Malcoci, Unbekannt, Florian Schürfeld.

Bildunterschrift: 07.01.2022: Florian Schürfeld und Domenic Nagel.

Bildunterschrift: 07.01.2022: Vorne Jonas Vriesen in Bielefeld.

Bildunterschrift: 07.01.22: Markiert v. l. n. r.: Christoph Woskres, Maxim Dyck, Jonas Vriesen.

Bildunterschrift: 23.11.2019: Christoph Woskres und Florian Schürfeld bei NPD-Demo in Hannover.

Bildunterschrift: Screenshot "Bielefeld steht auf", Telegram, 17.12.2021.

Bildunterschrift: Screenshot "Bielefeld steht auf", Telegram, 07.01.2022.

Links:

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Bielefeld stellt sich quer - Bündnis gegen Rechts, 05.01.2022:

Positionierung des Bielefelder Bündnis gegen Rechts zum aktuellen Demonstrationsgeschehen der Corona-Leugnungs-Szene in Bielefeld

Das Bündnis gegen Rechts Bielefeld beobachtet schon seit Längerem, dass an den Demonstrationen der Corona-Leugnungs-Szene, so genannten "Spaziergängen" Verschwörungserzählerinnen, Verschwörungserzähler, Antisemitinnen, Antisemiten, Holocaust-Leugnerinnen, Holocaust-Leugner und extrem rechte Parteien und Gruppierungen teilnehmen und maßgeblich an der Organisation beteiligt sind. Eine wirksame Abgrenzung der Teilnehmenden von diesen fand bis heute nicht statt. Keine Sorgen, keine Kritik, keine Empörung und auch keine Enttäuschung rechtfertigen den Schulterschluss mit den Feinden unserer Demokratie. Wir können und wollen die organisierten Spaziergänge, die eine Destabilisierung der Demokratie und des Gemeinwesens wollen, nicht ignorieren!

Daher ruft das Bielefelder Bündnis gegen Rechts alle demokratie- und menschenrechtsverbundenen Mitbürgerinnen, Mitbürger der Stadt Bielefeld auf, unter dem Motto: "Bielefeld nimmt Platz - Bielefeld denkt MIT statt quer", sich deutlich von Demokratie-Feindinnen, -Feinden zu distanzieren.

Extrem rechte Verstrickungen

Auf den oben genannten Demonstrationen oder so genannten "Spaziergängen" beobachten wir regelmäßig Teilnehmerinnen, Teilnehmer, die eindeutig der extrem rechten Szene zuordenbar sind. Während die Sicherheitsbehörden in diesem Zusammenhang von der Gefahr einer möglichen Unterwanderung der Bewegung durch die extreme Rechte sprechen, möchten wir dieser Darstellung widersprechen. Sie verharmlost die Situation. Verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen - allen voran etwa das Recherche Kollektiv Ostwestfalen - haben wiederholt darauf hingewiesen, dass extrem rechte Akteurinnen, Akteure seit Beginn der Proteste im Frühling 2020 wesentlicher Bestandteil der Corona-Leugnungs-Szene sind. Extrem rechte Aktivistinnen, Aktivisten übernehmen zum Teil elementare organisatorische Aufgaben innerhalb der Bewegung - etwa die Mobilisierung zu Demonstrationen oder die Koordination von Protestaktionen. Als Beispiele können hier Gerd und Anna-Maria Ulrich aus Detmold genannt werden. Beide sind Aktivistin, Aktivist der mittlerweile aufgelösten Heimattreuen Deutschen Jugend und Stammgäste der Haverbeck-Demonstrationen in Bielefeld. Sie sind vor allem im Kreis Lippe verantwortlich für zahlreiche Protestaktionen im öffentlichen Raum und sind erstmals wieder auf der "Demonstration" gegen Corona-Maßnahmen am 17. Dezember in Bielefeld mitgelaufen.

Ein weiteres Beispiel ist Juliane Sprunck, eine der zentralen organisatorischen Figuren der Bielefelder Corona-Leugnungs-Szene. Sie war für die antisemitischen Montagsmahnwachen 2014 in Herford mitverantwortlich und hat später ebenfalls an den Haverbeck-Demonstrationen in Bielefeld teilgenommen. Sprunck organisiert und koordiniert nun zahlreiche Protestveranstaltungen in Bielefeld und betreibt, laut eigenen Angaben, mehrere regionale Telegram-Gruppen der Corona-Leugnungs-Szene. Allen Menschen, die auf diesen Demonstrationen mitlaufen, dürfte mittlerweile bekannt sein, mit wem sie den öffentlichen Schulterschluss suchen.

Die Corona-Leugnungs-Szene erweist sich für verschiedene extrem rechte Gruppierungen und Bewegungen als attraktive Anlaufstelle, um eigene Inhalte und Weltanschauungen zu platzieren und Brücken zum "bürgerlichen Spektrum" der Gesellschaft zu schlagen. In den Bielefelder Telegram-Gruppen und auf den Demonstrationen beobachten wir regelmäßig Akteurinnen, Akteure, die der Reichsbürger-Bewegung nahe stehen; Aktivistinnen, Aktivisten aus der im Jahre 2009 verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend und ihren Nachfolgestrukturen, Menschen, die der anthroposophischen Szene zugeordnet werden können und in den Jahren 2018 und 2019 bei den Demonstrationen der neonazistischen Kleinstpartei Die Rechte für die damals inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld mitgelaufen sind; Mitglieder der Bielefelder Reservistenkameradschaft die an bundesweiten, neonazistischen Demonstrationen teilgenommen haben sowie zahlreiche Lokalpolitikerinnen, Lokalpolitiker der AfD, Angehörige der Jungen Alternativen, der extrem rechten Bielefelder Burschenschaft Normannia-Nibelungen und der Identitären Bewegung.

"Extremismus der Mitte"

Gleichzeitig bleibt zu betonen, dass der Großteil des Demonstrationsfeldes nicht aus Rechtsextremen im klassischen Sinne besteht, sondern aus Menschen, die sich selbst der so genannten "Mitte der Gesellschaft" zurechnen würden. Die Corona-Leugnungs-Szene kann unseres Erachtens als rechtsoffene Misch-Szene beschrieben werden - und sollte im Kontext des bundesweiten Trends rechter Mobilisierungsstrategien und -erfolge gesehen werden, den wir spätestens seit Pegida beobachten können.

Mit dieser Beschreibung geht für uns die Kritik eines Erklärungsansatzes dieser Bewegung einher, den wir vor allem in den Einschätzungen durch die Sicherheitsbehörden, als auch in Teilen der öffentlichen Berichterstattung über das Demonstrationsgeschehen wiederfinden: Die Mär vom "besorgten und unbescholtenen Bürger", der rechtsextremen Akteurinnen, Akteuren auf dem Leim geht und von diesen unterwandert wird. Diese Einschätzung bewirkt, dass dem Großteil der Bewegung - und zwar den Anhängerinnen, Anhängern aus der so genannten "bürgerlichen Mitte der Gesellschaft" - die eigene Verantwortung abgesprochen wird.

Wir als Bielefelder Bündnis gegen Rechts positionieren uns gegen eine solche verharmlosende Einordnung. Unserer Auffassung nach handelt es sich bei den Teilnehmenden der Anti-Corona-Demos eben nicht um Personen, die über eine diffuse Unzufriedenheit über die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hinaus nichts miteinander gemein haben. Ganz im Gegenteil: Grundlage für dieses Neben- und Miteinander von "extremer Rechter" und "bürgerlicher Mitte" sind unserer Auffassung nach weltanschauliche Überschneidungen und inhaltliche Gemeinsamkeiten, die diese Bewegung zusammenschweißen.

Das derzeitige Mobilisierungspotential und die verschiedenartige Zusammensetzung der Corona-Leugnungs-Proteste zeigen, worauf die Mitte-Studien der Universität Bielefeld seit Jahren hinweisen: Menschenfeindliche Ideologien und Einstellungsmuster sind nicht bloß elementarer Bestandteil der extremen Rechten, sondern finden sich in unterschiedlichen Ausprägungen ebenfalls bei einem breiten Teil der sogenannten "Mitte der Gesellschaft" wieder. Doch wie drückt sich dieses weltanschauliche Konglomerat in der Corona-Leugnungs-Szene aus?

Neben einer vereinfachenden, schwarz-weißen Weltsicht, demokratiefeindlichen Positionen, autoritären Umsturz- und Gewaltphantasien, menschenverachtenden Einstellungen wie zum Beispiel Hetze gegen LSBTIQ*-Communities oder dem Teilen rassistischer Beiträge, einer allgemeinen Wissenschaftsfeindlichkeit, stellt vor allem Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungen einen wesentlichen ideologischen Kitt dar. Dieser hält die Corona-Leugnungs-Szene zusammen. Täglich werden in den lokalen Telegram-Gruppen der Corona-Leugnungs-Szene antisemitische Verschwörungserzählungen geteilt. Hierdurch sollen zum Beispiel Erklärungsansätze für den Ursprung des Corona-Virus geliefert werden. Außerdem sollen angebliche Machenschaften einer okkulten Weltelite aufgedeckt werden. An anderer Stelle stilisieren sich Impf-Gegnerinnen, -Gegner reihenweise als Opfer der Corona-Maßnahmen und vergleichen ihre eigene Situation mit der Verfolgung der Jüdinnen, Juden während des Nationalsozialismus. Die Relativierung der Shoah ist fester Bestandteil ihrer Tagesordnung.

Solidarität und eine klare Haltung ist gefragt!

Bielefeld nimmt Platz!
Bielefeld denkt MIT statt quer!

Die größte Corona-Demo in Deutschland sind die Impf-Zahlen. Insgesamt haben 276.939 Menschen in Bielefeld einen vollständigen Impfschutz, das entspricht einer Quote von 83,04 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bezogen auf die Personen über zwölf Jahre liegt die Zweitimpfungs-Quote bei 93,86 Prozent. Von den bereits vollständig geimpften Personen ab 18 Jahren haben bereits 55,84 Prozent eine Auffrischungsimpfung erhalten (Impf-Bericht der Stadt Bielefeld, Stand 27.12.2021).

Täglich werden 1.400 bis 2.100 Personen in Bielefeld geimpft! Die teilweise von rechtsextremen Kreisen und Parteien gekaperten Corona-Leugnungs-Demos (so genannte Spaziergänge) sind eine kleine Minderheit, auch wenn sie noch so laut sind! Das dürfen wir nicht vergessen.

Was kann ich tun?

Schaut auf unsere Webseite: www.bielefeldstelltsichquer.wordpress.com

Bezieht Stellung, seid kreativ:

- unterschreib die Petition des Bündnis gegen Rechts Bielefeld: https://go.nw.de/3eIfgyn

- beteilige dich aktiv und erstelle sichtbaren kreativen Protest in der ganzen Stadt, zum Beispiel durch Plakate in Fenstern (Vorlagen dafür sind auf unserer Webseite).

- erstelle Statement - Videos / Fotos mit unseren Plakaten in Sozialen Medien und nimm dafür das fertig getextete Aktions-Plakat oder mach ein Foto von dir und dem von dir ergänzten Aktions-Plakat und poste es in deinem Online-Kanal. Verlinke und hashtagge zu www.facebook.com/BielefeldStelltSichQuer und bei Twitter #BI0701.

- verbreite unser Positionspapier und hilf mit bei der Aufklärung!

Das Bündnis gegen Rechts Bielefeld wird am 7. Januar 2022 einen kreativen Gegenprotest gegen die so genannten "Spaziergänge" organisieren. Aber gerade in der momentanen Lage geht Gesundheit vor.

Daher rufen wir auf: Bleibt zu Hause, nehmt Platz - beteiligt euch an unsere Online-Veranstaltung (Links auf unserer Webseite: www.bielefeldstelltsichquer.wordpress.com oder www.kanal-21.de).

Bei der Kundgebung vor dem Rathaus symbolisieren zahlreiche Stühle all die Menschen, die online und nicht in Präsenz dabei sind. An die Stuhllehnen bringen wir gern dein und eure Statements an.

Schick uns dafür das von dir / euch um ein Statement ergänzte Aktions-Plakat, vermerkt sichtbar euren Namen/ eure Gruppe. Wir drucken es dann aus und bringen es an. Wir brauchen es bis Freitag, 7. Januar 2022, 12.00 Uhr: bielefeld_stellt_sich_quer@yahoo.de

Gedruckte Plakate können am Freitag in der Zeit von 12.00 bis 17.00 Uhr im Cafè Welthauses an der Ecke Paulusstraße / August-Bebel-Straße abgeholt werden.

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Recherche Kollektiv Ostwestfalen, 19.12.2021:

Polizei lässt tausende Verschwörungsgläubige durch Bielefeld ziehen und Neonazis proben den Aufstand

Zum Demonstrationsgeschehen am 17.12.2021 in Bielefeld

Gestern kam es zu einer Großdemonstration von circa 3.000 Verschwörungsgläubigen, die dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe "Bielefeld steht auf" um André Jesse und Angela Landwehr gefolgt waren. Der Aufruf der Gruppe wurde regional und bundesweit in einschlägigen Telegram-Gruppen, aber auch über neonazistische Kanäle sowie AfD-Kreisverbände verbreitet. Nachdem bereits am 03.12.2021 eine verschwörungsideologische Groß-Demo reibungslos ohne Masken- und Abstandsauflagen von der Polizei Bielefeld ermöglicht wurde und die Presse zunächst uneingeschränkt verharmlosend darüber berichtet hatte, schlossen sich der Telegram-Gruppe "Bielefeld steht auf" in den letzten zwei Wochen über 1.500 neue Mitglieder an. Wir haben konstant öffentlich auf das Mobilisierungspotenzial, das Personenspektrum und auch die Mobilisierung in Neonazi-Kreisen hingewiesen. Dennoch zeigte sich die Polizei gestern angesichts der Einschätzung der bei "Bielefeld steht auf" Demonstrierenden erneut vollkommen unfähig. Sowohl auf der Straße als auch in der anschließenden Einschätzung der Polizeisprecherin Sonja Rehmert. Rehmert ließ gegenüber der Presse verlautbaren, nur ein einzige Person aus der Neonazi-Szene sei der Polizei aufgefallen. Dabei bewegte sich eine größere Gruppe polizeibekannter Neonazis von Beginn an unter den Demonstrierenden - und nahm bei den Ausschreitungen am Rathaus gegen 19.25 Uhr eine entscheidende Rolle ein.

Videos belegen die Beteiligung der Neonazis Lennard Sanner und Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg), Meinhard Otto Elbing und Jan Tiemann (Bielefeld) an der Ausschreitungssituation. Sanner ist zu sehen, wie er die umstehenden Demonstranten wild gestikulierend zur weiteren Aktion anstachelt. Die bekannten Neonazis bewegten sich in einer Gruppe von circa zehn teilweise vermummten Neonazis. Außerdem unter ihnen und ebenfalls an dem Durchbruch am Rathaus beteiligt: Florian Rust, Vorsitzender der Jungen Alternative (JA) Bielefeld. Rust hatte sich schon auf dem Kesselbrink in dem Trupp militanter Neonazis bewegt, gut zu erkennen an seinem hellen Mantel und der großen Flagge mit dem Bielefelder Stadtwappen, die er mit sich führte. Rust nahm in der Vergangenheit wiederholt an Demos von "Bielefeld steht auf" teil, zum Beispiel am 24.09.2021. Er ist seit Juni 2021 Vorsitzender der JA Bielefeld und organisiert ihren monatlichen Stammtisch bei der ultranationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen, an dem sich teilweise auch Neonazis beteiligten. Rusts Anwesenheit in der Neonazi-Gruppe gestern ist ein weiterer Beleg für die Bereitschaft der AfD, sich mit Unterstützung militanter Neonazis politisch in Szene zu setzen.

Die gestrigen von lokalen Neonazis teilweise angeleiteten Ausschreitungen waren zu erwarten! Wir und auch die Gruppe Antinationale Linke Bielefeld (ALIBI) sowie die Jugendantifa Bielefeld haben seit dem 03.12.2021 auf die fatalen Folgen der positiven Erstberichterstattung und polizeilichen Einschätzung der Demo am 03.12.2021 hingewiesen. Die Polizei Bielefeld leugnet auch für den 03.12.2021 die Teilnahme von Neonazis, wir haben die Teilnahme des Ex-Reservisten und Neonazi Heinz Kriegel durch Fotos belegt. Schon in der Vergangenheit haben immer wieder Unterstützerinnen, Unterstützer der Holocaust-Leugnerin und Nationalsozialistin Ursula Haverbeck an den Demos teilgenommen, auch diesen Umstand haben wie wiederholt öffentlich gemacht. Diese Personen sind bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen in Bielefeld 2018 und 2019 aufgefallen. Mindestens vier der Haverbeck-Unterstützerinnen, -Unterstützer nahmen auch gestern an der Demo teil. Außerdem sind auch die bekannten Neonazis Tim Sauer, Jan Tiemann (Bielefeld) und Rene Heitmann (Gütersloh) unter den Teilnehmenden gewesen. Aus Detmold-Berlebeck kamen die beiden bekannten Neonazis und Funktionäre der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) Gerd und Anna-Maria Ulrich. Gerd Ulrich leitete in den 1990er Jahren eine Wehrsportgruppe, ist wegen Sprengstoff-Delikten vorbestraft und führt bis heute paramilitärische Schulungen von Kindern aus der Neonazi-Szene auf seinem Grundstück durch. Das Ehepaar Ulrich nimmt seit Pandemie-Beginn an verschwörungsideologischen Demos regional und bundesweit teil und organisiert eine wöchentliche Schilder-Aktion in Detmold, an der auch schon Mitglieder von "Bielefeld steht auf" teilnahmen. Gerd Ulrich ist außerdem Teil eines verschwörungsideologischen Zusammenschlusses von Reservisten und Veteranen. Aus Bünde reiste der erst kürzlich wegen Holocaust-Leugnung verurteilte Neonazi Kai Berger an. Auch die Neonazis Heinz Kriegel und Dennis Seibert waren gestern vor Ort. Kriegel musste nach unseren Recherchen im Februar den Reservistenverband und die Bielefelder Reservistenkameradschaft RK 36 Alt-Bielefeld verlassen. Des weiteren zeigte sich eine größere Gruppe türkischer Nationalisten, die den "Grauen Wölfen" zugeordnet werden können. Der Großteil der genanten Neonazis ist übrigens einschlägig polizeibekannt.

Das sich die Gruppe um Sanner, Lange und Elbing sowie die Ulrichs bei "Bielefeld steht auf" eingefunden haben ist dabei nicht nur Ausdruck der ideologischen Schnittmengen, die die Neonazis mit der antisemitischen Verschwörungs-Szene haben. Die verschwörungsideologischen Groß-Demos bieten den militanten Neonazis eine perfekte Kulisse, um ihre Tag-X-Umsturzfantasien zu proben. Sie proben sich in Straßenkampf-Szenarien und werben um Unterstützerinnen, Unterstützer auf der Straße. Lennard Sanner, Christian Lange und auch Gerd Ulrich reisten 2018 zu den rassistischen Ausschreitungen nach Chemnitz und beteiligten sich dort an den Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch hier liefen AfD, JA und militante Neonazis Schulter an Schulter.

Die verschwörungsideologische Szene mit ihrem ideologischen Überbau reicht dieser militanten Szene bereitwillig die Hand. Die Geschehnisse gestern am Rathaus zeigen, dass die Neonazis in Bielefeld am 17.12.2021 mit Unterstützung rechnen konnten. Und die Fehleinschätzung der Polizeipräsidentin Rehmert zeigt, dass diese bekannten Neonazis nicht mit einer konsequenten polizeilichen Intervention zu rechnen haben.

Vor unseren Augen entsteht gerade eine rechte verschwörungsideologische Groß-Bewegung, die nicht von Neonazis unterwandert wird, sondern ihnen bereitwillig die Hand reicht. Wie gefährlich die Verschwörungsmythen der Pandemie-Leugnerinnen, -Leugner sind, zeigen uns die Morde von Idar-Oberstein und Senzig allzu deutlich auf. Diesen Leuten die Straße zu überlassen, arbeitet ihrem Gefühl von Überlegenheit und Legitimität zu. Und ebnet Neonazis den Weg zur Tag-X-Probe. Dieses Wissen ist nicht neu, diese Szenarien zeigen sich seit Pandemie-Beginn bei den verschwörungsideologischen Groß-Demos bundesweit, zum Beispiel in Berlin, Leipzig oder Kassel. Und das Verschwörungsmythen und rechter Terror Hand in Hand gehen, muss allen spätestens seit den Anschlägen von München, Halle und Hanau mit 20 Todesopfern schmerzlich bewusst sein.

Heute ist der 18.12.2021. Heute vor genau 3 Monaten wurde Alex W. In Idar-Oberstein von einem verschwörungsgläubigen Masken-Verweigerer ermordet. Er wurde 20 Jahre alt.

Link zu den Videos mit der Rathaus-Szene:

www.twitter.com/RechercheKolle1/status/1471952812959490048

www.twitter.com/mor_schl/status/1471912285706805257

Bildunterschrift: 17.12.2021, Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Neonazi Lennard Sanner in Neonazi-Gruppe, dahinter im hellen Mantel mit Bielefeld-Fahne der Vorsitzende der JA Bielefeld Florian Rust.

Bildunterschrift: 17.12.2021, Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Lennard Sanner, zweiter von rechts Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg).

Bildunterschrift: Links im Bild: Meinhard Otto Elbing (mit grauem Pferdeschwanz), daneben Florian Rust.

Bildunterschrift: Christian Lange und Lennard Sanner bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz, 01.09.2018.

Bildunterschrift: Gerd Ulrich bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz, 01.09.2018.

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Antinationale Linke Bielefeld, 18.12.2021:

Pressemitteilung / Rechtsoffener Aufmarsch am 17.12.2021: Polizei ist verantwortlich für Eskalation

Bielefeld. Am Freitagabend sammelten sich mehrere tausend Menschen zu einer rechtsoffenen, verschwörungsideologischen Demonstration am Kesselbrink in Bielefeld. Gleichzeitig demonstrierten etwa 250 Menschen gegen Polizeiwillkür, nachdem die Polizei eine geplante Gegenkundgebung der Antinationalen Linken mit rechtswidrigen Auflagen überzogen hatte. Alle Rednerinnen, Redner sollten vorab ihre Personalien abgeben. Die Auflage wurde aber erst am Donnerstag Nachmittag mitgeteilt, wodurch dem Anmelder die Möglichkeit des Rechtswegs effektiv genommen wurde.

Die Antinationale Linke Bielefeld kritisiert die Polizei scharf. "Hier sollte gezielt die Versammlung eines der Polizei unliebsamen Anmelders verhindert werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Polizei schon vorab Personalien von Rednerinnen, Rednern abfragt, somit eine Drohkulisse schafft und die Versammlungsfreiheit stark einschränkt", stellt Pressesprecher Anton Hoch klar.

Auf der Spontan-Kundgebung gegen Polizeiwillkür wurde dann nicht nur das Vorgehen der Polizei kritisiert, sondern auch die staatliche Corona-Politik und die verschwörungsideologische Bewegung thematisiert.

Während die Polizei die linke Kundgebung mit rechtswidrigen Auflagen überzog, fuhr sie Richtung des Anmelders des rechtsoffenen Aufmarschs einen Kuschelkurs. Obwohl bereits am 03.12.2021 zwischen 1.000 bis 1.500 Menschen an einer Demonstration von "Bielefeld steht auf" teilnahmen und alle Beobachterinnen, Beobachter für den 17.12.2021 von einer noch größeren Beteiligung ausgingen, rechnete die Polizei nach eigenen Angaben mit nur 1.000 Teilnehmerinnen, Teilnehmern.

In Folge dessen wurden keine Corona-Schutz-Maßnahmen, wie beispielsweise eine Masken-Pflicht erlassen. Erst die Stadt Bielefeld erließ angesichts der großen Teilnehmerinnenzahl, Teilnehmerzahl kurzfristig am Abend eine 3G-Pflicht. Erwartungsgemäß widersetzte sich der verschwörungstheoretische, rechtsoffene Aufmarsch und zog anschließend unkontrolliert durch die Stadt. Es kam zu Übergriffen und Hitlergrüßen durch Teilnehmerinnen, Teilnehmer des Aufmarsches. "Die Polizei und die Stadt Bielefeld sind dafür verantwortlich, dass die Lage am Freitagabend so eskalierte. Tausende Pandemie-Leugnerinnen, -Leugner schufen eine Drohkulisse, für alle die sich solidarisch in der Pandemie verhalten. Angeführt wurden Sie dabei teilweise von bekannten organisierten Faschisten, Faschistinnen. So waren vor Ort diverse Kreisverbände der AfD, ein Großteil der rechtsextremen Szene aus OWL und auch türkische Faschisten Faschistinnen der Grauen Wölfe.

Nicht erst seit dem Mord von Idar-Oberstein sollte klar sein, was für ein enormes Gewaltpotential von der Corona-Leugnerinnen-Leugner-Szene ausgeht. Angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre ist es bezeichnend, dass die Polizei linken Gegenprotest kriminalisiert, sich allerdings bewusst dafür entscheidet bei tausenden Pandemie-Leugnerinnen, -Leugnern keine Schutzmaßnahmen durchzusetzen und ihnen für ihre strukturell antisemitischen Verschwörungserzählungen den roten Teppich auszurollen", fasst der Pressesprecher der Antinationalen Linken Bielefeld zusammen.

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Recherche Kollektiv Ostwestfalen, 10.12.2021:

Stellungnahme zur polizeilichen Einschätzung von "Bielefeld steht auf"

Am 08.12.2021 veröffentlichte die Neue Westfälische eine Stellungnahme der Bielefelder Polizei zu der Demo der verschwörungsideologischen Gruppierung "Bielefeld steht auf", in der die Polizei folgendes äußerte:

Aus Sicht der Polizei sei der "überwiegende Teil der Teilnehmer dem regierungs- und coronakritischen, bürgerlichen Klientel" zuzuordnen. Zum Teil wurden Plakate der Querdenker-Bewegung gezeigt. Nach der wiederholten Kritik des linksextremen Recherche-Kollektivs, das einigen Teilnehmern dieser Demonstrationen sehr wohl strukturell bis offen antisemitische Verschwörungstheorien und unwidersprochene Relativierungen zur NS-Zeit zuordnet, sagt die Behörde zur jüngsten Demo: "Polizeiliche Erkenntnisse über die Teilnahme von verfassungsfeindlichen oder rechtsextremen Teilnehmern an der Versammlung am Freitag liegen nicht vor."

Diese Äußerung offenbart den eklatanten Mangel an Wissen zu der Art und ideologischen Verfasstheit dieser Gruppierung im Speziellen und der verschwörungsideologischen Bewegung der Pandemie-Leugnerinnen, -Leugner und Impf-Verweigerinnen, -Verweigern im Allgemeinen. Durch die Reduktion der politischen Brisanz auf die personelle Teilnahme von polizeibekannten Personen aus der neonazistischen Szene an den Demos von "Bielefeld steht auf" oder auch anderen Gruppierungen dieser Art werden die ideologisch dominanten Themen als unpolitisch und unbedeutsam verschleiert. Wie gefährlich und bedeutsam aber die in den Telegram-Gruppen dominierenden Themen sind, zeigen die Morde von Idar-Oberstein und Senzig allzu deutlich auf. Der Mord an Alexander W. passierte nicht ohne ideologischen Überbau. Es ist kein "Familiendrama", wenn ein Familienvater seine Frau und drei Kinder ermordet und danach Suizid begeht. Es ist die Tat eines Menschen, der sich in einer verschwörungsideologischen Echokammer verloren hat und seine paranoiden Ideen nicht mehr von der Realität unterscheiden konnte. Auch für rechtsterroristische Gewalt sind Verschwörungsmythen von hoher Bedeutung. Die Anschläge von Halle, Hanau, München und Christchurch waren in bedeutsamer Weise von Verschwörungsmythen beeinflusst. Sie haben viele Menschen das Leben gekostet. Nach nunmehr 1,5 Jahren der Beobachtung und Analyse der Pandemie-leugnerischen Bewegung ist es bestürzend, dass die Polizei Bielefeld nach wie vor zu keiner inhaltlichen Einschätzung der lokalen Ableger fähig ist. Und es zeigt einmal mehr die Kontinuität der sicherheitsbehördlichen Unfähigkeit, rechtsnationalistische und antisemitische Bewegungen als solche zu erkennen und die entsprechenden Gefahren korrekt einzuschätzen. Wir können diese Fehldarstellungen so nicht akzeptieren! Es ist enorm wichtig, die beherrschenden Themen und deren politisch-ideologische Bedeutungen klar zu benennen.

Welche Inhalte dominieren bei "Bielefeld steht auf"?

Wie wir schon in unserer ersten Stellungnahme zu "Bielefeld steht auf" Anfang April 2021 klar dargelegt haben, dominieren in den Telegram-Chats strukturell bis offen antisemitische Verschwörungsmythen. So wird von der jüdischen Familie Rothschild schwadroniert, diese Familie sei verantwortlich für die Pandemie und verfolge damit den Zweck der Entvölkerung Deutschlands und der Welt (siehe Screenshots unten). Dies ist eine aktualisierte Variante offen antisemitischer Verschwörungsmythen über Vernichtungspläne einer fiktiven jüdischen geheimen Elite an dem deutschen Volk, wie sie auch im Nationalsozialismus vertreten wurden. Die hier aufgeführten Screenshots sind nur exemplarisch. Für jeden hier dargestellten Sachverhalt finden sich im Telegram-Chat von "Bielefeld steht auf" vielfältige Beispiele. Immer wieder wird von "geheimen Eliten" geschrieben, die die Dezimierung der Weltbevölkerung vorantreibe.

Auch in der Neonazi-Szene beliebte Mythen um den jüdischen Unternehmer George Soros werden in dem Chat geteilt. Soros stecke wahlweise mit den Rothschilds hinter der Pandemie oder aber finanziere "die Antifa" (siehe Screenshot links). Die immer wiederkehrende systematische Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen und insbesondere der Shoa bei "Bielefeld steht auf" haben wir schon wiederholt, sowohl in unserer ersten Stellungnahme als auch auf Twitter, kritisiert und diese inhaltlich eingeordnet. Durch die systematische NS-Relativierung wird die historische Erfahrung derjenigen, die in NS-Deutschland verfolgt und ermordet wurden, unsichtbar gemacht. Diese Form von Geschichtsrevisionismus ist in der Szene der Holocaust-Leugnerinnen, -Leugner schon seit den 1950er Jahren verbreitet und arbeitet dem Narrativ zu, die Shoa sei eine jüdische Erfindung, um die Deutschen zu unterdrücken. Ein Video der wohl bekanntesten Holocaust-Leugnerin Deutschlands Ursula Haverbeck wurde Mitte November bei "Bielefeld steht auf" geteilt, kein einziger der Chat-Teilnehmerinnen, -Teilnehmer störte sich daran, bis wir auf Twitter öffentlich darauf hinwiesen. Im Anschluss gab es eine kurze Diskussion zwischen einer Chat-Teilnehmerin, die Haverbeck kritisierte und dem Chat-Teilnehmer Ingo, der Haverbeck vehement verteidigte. Ingo nahm im November 2019 an der neonazistischen Haverbeck-Demo in Bielefeld teil. Er ist nicht der einzige Haverbeck-Unterstützer, der an den Demos von "Bielefeld steht auf" teilnimmt. Auch auf die Teilnahme der Neonazistin Juliane Sprunk haben wir bereits in unserer ersten Stellungnahme hingewiesen. Eine weitere, namentlich nicht bekannte Teilnehmerin und Unterstützerin Haverbecks nahm wiederholt an den "Bielefeld steht auf" Demos teil, zum Beispiel am 24.09.2021 (siehe Fotos unten).

An diesem Datum nahmen auch der Vorsitzende der Jungen Alternative (JA) Bielefeld, Florian Rust sowie das JA-Mitglied Tim Marvin Braungart teil. Auch Florian Schürfeld, aktiv bei der Identitären Bewegung und der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen, nahm an der Demo teil (siehe Foto).

Überhaupt gibt es keinerlei Berührungsängste mit der AfD oder ihrer Jugendorganisation JA.

Es werden regelmäßig Aufrufe, Videos und Beiträge der AfD geteilt, es wird Wahlwerbung der nationalistischen Partei bei den Demos erlaubt und nicht wenige Mitglieder geben an, die AfD als einzige realpolitische Option wahrzunehmen. Im Zuge des Wahlkampfs wurde eine AfD-Veranstaltung am 28.08.2021 in Bielefeld beworben, an der auch mehrere Mitglieder von "Bielefeld steht auf" teilnahmen.

Es wird Werbung für zum Teil verbotene Reichsbürger-Organisationen gemacht wie zum Beispiel die seit März 2020 verbotene Vereinigung "Geeinte deutsche Völker und Stämme" (siehe Screenshot links) und reichsbürgerliche Positionen werden vertreten. Immer wieder werden neben klimaleugnerischen auch homo- und transphobe Inhalte geteilt (siehe Screenshot rechts).

Wer ist dazu gekommen?

Die erste Berichterstattung zu der verschwörungsideologischen Demo am 03.12.2021 war überwiegend positiv für die Organisatorinnen, Organisatoren und Teilnehmerinnen, Teilnehmer von "Bielefeld steht auf". Obwohl die Presse normalerweise in dieser Szene als Lügen- oder Mainstream-Presse verschrien ist, ließen sich die Artikel der Neuen Westfälischen und des WDR wunderbar für verschwörungsideologische Propaganda nutzen. Die Chat-Gruppe ist in nur einer Woche auf über 2.000 Mitglieder angewachsen, für die nächste Demo am 17.12.2021 auf dem Kesselbrink in Bielefeld wird in allen einschlägigen Kanälen und auch nordrhein-westfälischen Neonazi-Kanälen (zum Beispiel Die Rechte Dortmund) via Telegram mobilisiert.

Unter den neuen Gruppenmitgliedern tummeln sich bekannte Funktionäre der AfD und militante Neonazis. So sind seit dem 04.12.2021 auch die Neonazis Lennard Sanner aus Horn-Bad Meinberg und Jan Tiemann (Bielefeld) im Chat von "Bielefeld steht auf" dabei. Sanner mahnte im Chat zu einem höheren Maß an Disziplin und weniger Spam-Inhalten (Screenshot). Aus den Reihen der AfD finden sich Maxim Dyck (JA OWL), Reimund Ruhe (AfD Paderborn), Matthias Groh (AfD Bad Oeynhausen) und Florian Rust (JA Bielefeld) in der Gruppe wieder.

Der Telegram-Nutzer Marcus Rupprecht zeigt sich in Mütze und Schal der neonazistischen Kleinstpartei "Der Dritte Weg". Andere Nutzer posieren vor Reichsflaggen oder in Thor Steinar-Kleidung. Wiederum andere sind auch Teil der verschwörungsideologischen Telegram-Gruppe "Soldaten und Reservisten", die gleichgesinnte Militaristen vernetzen soll.

Seit dem Zuwachs an Mitgliedern hat der Grad an Reichsbürger-Propaganda für die Gruppe um Rüdiger Hoffmann (staatenlos.info) massiv zugenommen. Mittendrin fürchtet sich der Zahnarzt Dr. Oliver Samson (Minden) vor einem Einsatz des SEK am 17.12.2021 und fordert zur Strategie-Entwicklung auf. Samson nahm wiederholt an regionalen und überregionalen verschwörungsideologischen Demos teil und gab dem rassistischen Video-Blogger Matthäus Westfal (Aktivist Mann) ein zweistündiges Interview.

Und sind die jetzt rechts?

Immer wieder wird versucht, sich an der Verfassungsschutz-Kategorie "Rechtsextremismus" abzuarbeiten. Wir lehnen diese Kategorie und den darin enthaltenen Extremismus-Begriff mit den zugehörigen Rechts-Links-Gleichsetzungen ab. Aber weil die Frage immer wieder aufkommt, möchten wir die Chat-Gruppe und die Demos von "Bielefeld steht auf" diesbezüglich zu bewerten. Natürlich sind die Veranstaltungen von "Bielefeld steht auf" keine Neonazi-Aufmärsche. Aber sie sind Aufmärsche von Menschen, die sich tagtäglich in digitalen Echokammern voller menschenfeindlicher und antisemitischer Mythen befinden und sich diesen Mythen verbunden fühlen. Und in dieser Menschenfeindlichkeit eben auch Anschluss für Neonazis, AfDler und Reichsbürger bieten, und zwar ganz problemlos. Und das kann durchaus als rechts bezeichnet werden.

Sich allein an der Anwesenheit bekannter Neonazis abzuarbeiten verkennt die Gefahr und Brisanz der verschwörungsideologischen Radikalisierung, die wir gerade alle live beobachten können. Dennoch an dieser Stelle ein kleiner Hinweis für die offenbar mit der korrekten Einschätzung überforderte Bielefelder Polizei: am 03.12.2021 haben in Bielefeld sehr wohl bekannte Neonazis teilgenommen. Der ehemalige Reservist Heinz "Charlie" Kriegel nahm mit seinem Kumpel Dennis Seibert an der Groß-Demo teil.

Kriegel musste Anfang diesen Jahres die Reservistenkameradschaft RK 36 Alt-Bielefeld verlassen, nachdem wir in einer Recherche auf Kriegel (früher Vorsitzender der RK 36) und Michael Reinert (bis zu unserer Recherche Vorsitzender der RK 36) und ihre neonazistischen Aktivitäten aufmerksam gemacht haben.

Es braucht dringend eine kritische und inhaltlich korrekte mediale Berichterstattung zu diesen Veranstaltungen! Die unkritische Erstberichterstattung konnte zur Bewerbung der Gruppe "Bielefeld steht auf" in den verschwörungsideologischen Telegram-Kanälen bundesweit genutzt werden. Die Gruppierung und ihre Anhängerinnenschaft, Anhängerschaft müssen konsequent als das benannt werden, was sie inhaltlich ausmacht: verschwörungsideologisch, antisemitisch und menschenfeindlich!

Bildunterschrift: Logo der verschwörungsideologischen Gruppe "Bielefeld steht auf!".

Bildunterschrift: Verschwörungsmythos zu "globaler Elite" und Dezimierung der Weltbevölkerung.

Bildunterschrift: Screenshots aus "Bielefeld steht auf" belegen antisemitische Verschwörungsmythen.

Bildunterschrift: "Bielefeld steht auf"-Chat zu Soros-finanzierter Antifa.

Bildunterschrift: Das Video war Grundlage für Haverbecks Inhaftierung wegen Holocaust-Leugnung.

Bildunterschrift: Florian Rust, Vorsitzender der JA Bielefeld, bei "Bielefeld steht auf" am 24.09.2021 neben der Haverbeck-Unterstützerin.

Bildunterschrift: 10.05.2018: erster Haverbeck-Aufmarsch in Bielefeld.

Bildunterschrift: 24.09.2021: Florian Rust und die Haverbeck-Unterstützerin bei "Bielefeld steht auf".

Bildunterschrift: Tim Marvin Braungart (JA Bielefeld) bei "Bielefeld steht auf" am 24.09.2021.

Bildunterschrift: Florian Schürfeld, Normannia Nibelungen und Identitäre Bewegung bei "Bielefeld steht auf" am 24.09.2021.

Bildunterschrift: Rechts: Homophobe Propaganda bei "Bielefeld steht auf".

Bildunterschrift: Links: die Organisatorin der wöchentlichen Mahnwachen Claudia Elbracht teilt Werbung für die verbotene Reichsbürger-Gruppe "Geeinte deutsche Völker und Stämme" bei "Bielefeld steht auf".

Bildunterschrift: Neonazi Lennard Sanner schreibt bei "Bielefeld steht auf".

Bildunterschrift: "Bielefeld steht auf"-Mitglied Marcus Rupprecht.

Bildunterschrift: Sanner bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz, September 2018.

Bildunterschrift: "Bielefeld steht auf"-Mitglied posiert mit Waffe.

Bildunterschrift: Kriegel (Mitte rechts) am 03.12.2021 bei "Bielefeld steht auf".

Bildunterschrift: Kriegel beim Neonazi-Aufmarsch vom III. Weg am 03.10.2020 in Berlin.

Bildunterschrift: Über den Telegram-Kanal "Team Heimat" mit über 35.000 Abonnentinnen, Abonennten wurde der NW-Artikel bundesweit zur Werbung genutzt.

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Am 21. Januar 2022 fanden in der Innenstadt von Bielefeld vier als "Lichterspaziergänge" von Pandemie-Leugnenden aus Bielefeld, Herford, Gütersloh (angemeldete) Aufmärsche mit 2.500 Teilnehmenden statt.

Am 18. Januar 2022 stoppte die Polizei in der Innenstadt von Bielefeld, das ersten Mal, mehrere "Lichter-Spaziergänge" von Corona-Leugnenden und verhängte 59 Anzeigen (Verstöße gegen die Masken-Pflicht).

Am 7. Januar 2022 demonstrierten in Bielefeld weit mehr als 2.000 Corona-Leugnende begleitet durch die Polizei ("verzichtete aus Verhältnismäßigkeitsaspekten auf Auflösung") in zwei Aufzügen zum Kesselbrink.

Am 5. Januar 2022 meldete eine Privatperson einen Umzug, das Motto: "OWL geht in Bielefeld spazieren gegen die Spaltung der Gesellschaft" - mit 749 Teilnehmenden, für den 7. Januar 2022 um 18.00 Uhr an.

Am 3. Januar 2022 zogen die verschwörungsideologischen Corona-Leugnenden von "Bielefeld steht auf!", ihre Anmeldung für eine - Großdemonstration am 7. Januar 2022 - bei der Versammlungsbehörde zurück.

Am 3. Januar 2022 fand in Bielefeld zunächst eine Corona-"Mahnwache" am Rathaus, mit anschließenden "Lichterspaziergang" mit dem Motto "Bielefeld geht spazieren" mit etwa 150 Pandemie-Leugnenden statt.

Am 31. Dezember 2021 fand in Bielefeld ein unangemeldeter ("Bielefeld steht auf") - und von der Polizei tolerierter - "Lichterspaziergang" von Pandemie-Leugnenden mit "etwa 350 bis 500" Teilnehmenden statt.

Am 27. Dezember 2021 haben "1.000 bis 1.500" (Polizei) Corona-Leugnende eine unangemeldete sowie nicht genehmigte Demonstration, erneut toleriert und begleitet durch die Polizei in Bielefeld durchgeführt.

In der Nacht zum 21. Dezember 2021 sind in Bielefeld an der Promenade, die hoch zur Sparrenburg führt, viele antisemitische Graffitis aufgesprüht worden, die der Pandemie leugnenden Szene zuzurechnen sind.

Am 17. Dezember 2021 durchbrachen in Bielefeld nach der beendeten Demonstration von "Bielefeld steht auf!" ("3G") - aus einer Menge von über 3.000 Corona-Leugnenden - zahlreiche Gruppen Polizei-Sperren.

Für den 17. Dezember 2021, um 18.00 Uhr, Kesselbrink, Bielefeld, hatten die Pandemie-Leugnenden von "Bielefeld steht auf!" eine neuerliche Demonstration "Für ein Ende der Corona-Maßnahmen" angekündigt.

Am 3. Dezember 2021 fand in Bielefeld eine Versammlung der Corona-Leugnenden von - "Bielefeld steht auf!" unter dem Motto: "Für ein Ende der Corona-Maßnahmen" - mit mehr als 1.500 Teilnehmenden statt.

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