Lippische Landes-Zeitung Online ,
15.01.2022 :
Berlebecker stellen sich gegen rechte Hetze
15.01.2022 - 07.36 Uhr
Raphael Bartling
Detmold-Berlebeck. Die Berlebecker sind wütend, verängstigt und geschockt angesichts der jüngsten Ereignisse rund um die rechtsradikalen Schmierereien an der örtlichen Turnhalle. In der vergangenen Woche wurden im Ort darüber hinaus diverse Schaukästen zertrümmert. Derzeit ermittelt der Staatsschutz. Doch die öffentliche Zurschaustellung von rechtsextremem Gedankengut wollen sich die Ansässigen keineswegs gefallen lassen. Sämtliche Vereine und die Kirche haben nun gemeinsam Banner aufgestellt und Plakate gedruckt, um Farbe zu bekennen.
Erinnerungen an HDJ
Die aktuellen Vorkommnisse wecken Erinnerungen an frühere Tage. Um das Jahr 2006 herum ließen sich nur unweit von Berlebeck Neonazis der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) in Fromhausen nieder. Deren Ziel war es, dort eines ihrer Sommer-Zeltlager abzuhalten. Viele Berlebecker fürchteten damals eine Rekrutierung ihrer Kinder. Deshalb gründeten sie im Jahr 2008 das Aktionsbündnis "Berlebeck gegen Rechts§, veranstalteten Sonntagsspaziergänge und gaben Informationsveranstaltungen, die über die Machenschaften und Absichten der Gruppe aufklären sollten. Die HDJ wurde schließlich verboten und die Lage im Ort entspannte sich wieder. Doch auch, weil ein bekennender Neonazi und damaliger Mitorganisator des Jugendverbandes noch im Ort zuhause ist, gab es immer wieder kleinere Vorkommnisse. "Wir hatten zum Beispiel immer mal wieder Probleme mit Aufklebern, die rechtsradikale Parolen beinhalteten", erinnert sich Ortsbürgermeister Harald Matz (SPD).
Schmierereien beseitigt
Doch in dem Ausmaß wie nun, hatten die Ortsansässigen seither noch nicht wieder mit rechtsextremem Gedankengut zu tun. Die Schmierereien an der Turnhalle, die von der Stadt Detmold bereits beseitigt werden konnten, nehmen die Bürger nun zum Anlass, um das Aktionsbündnis "Berlebeck gegen Rechts" zu reaktivieren. Das Bündnis wolle "stellvertretend für eine große Mehrheit der Berlebecker Bevölkerung seinen demokratischen Grundwerten Ausdruck verleihen", heißt es von den Vertretern in einer gemeinsam verfassten Pressemitteilung. Und weiter: "Da greift jemand an, was uns wichtig ist, verbreitet Hass und Ausgrenzung, beschäftigt, was wir uns über lange Zeit erarbeitet haben. Es wird Zeit, wieder deutlich Farbe zu bekennen."
Wer nun durch den Ort fährt oder spaziert, wird früher oder später auf bunte Plakate und Banner stoßen. Ein bereits im Jahr 2008 entworfenes Kunstprojekt wurde für das neue Vorhaben kurzerhand vervielfältigt. "Am Montag nach den Vorkommnissen haben wir die Plakate sofort in Auftrag gegeben. Sie wurden aus dem Ortsteil-Budget finanziert", berichtet Matz. Insgesamt sechs große Banner sind ab sofort in Berlebeck zu sehen. Jeweils zwei an den Ortseinfahrten Richtung Detmold und Gauseköte, eines an der Zufahrt aus Richtung Fromhausen sowie eines auf dem Dorfplatz.
Eric Frie, Vorsitzender des Berlebecker Freibad-Vereins, engagierte sich von Anfang an beim Aktionsbündnis "Berlebeck gegen Rechts". "Es war wichtig, dass wir damals aktiv geworden sind", sagt er heute. "Leider ist das alles in der letzten Zeit ein wenig zurückgefahren worden. Jetzt ist entscheidend, dass wir weiterhin Flagge zeigen und als Dorf zeigen, dass wir anders sind." Auch Wolfgang Müller und die Arbeiterwohlfahrt Berlebeck stehen voll und ganz hinter der neuerlichen Aktion gegen Rechts: "Das, was sich hier abspielt, hat etwas Beängstigendes." Für ihn ist klar: "Wir Berlebecker müssen jetzt alle zusammenstehen."
Bildunterschrift: Die Berlebecker Vereine und die Kirchengemeinde setzen mit Hilfe von Plakaten ein Zeichen gegen Rechts. Eines davon präsentieren (von links) Klaus Strunkmann (Dorfverein "Falke"), Hajo Seehrich (SV Berlebeck-Heiligenkirchen), Beate Herzke, Pastorin Iris Opitz-Hollburg, Wolfgang Müller (AWO), Eric Frie (Freibad-Verein), Ratsfrau Brigitte Wegener und Ortsbürgermeister Harald Matz.
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Mutmaßlich in der Nacht auf den 9. Januar 2022 wurden im Detmolder Ortsteil Berlebeck verschiedene NS-Symbole wie Hakenkreuze, sowie neonazistische Parolen wie "Nazi-Kiez", "Zecken umnieten" aufgesprüht.
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