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11 Artikel , 20.07.2021 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


Jüdische Allgemeine Online, 20.07.2021:
Berlin / Erinnerung an judenfeindliches Pogrom

Jüdische Allgemeine Online, 20.07.2021:
Offenbach / Jüdische Orte werden digital begehbar 

Bayerischer Rundfunk, 20.07.2021:
Nach OEZ-Attentat - Studie zu Hass-Kriminalität

Abendzeitung Online, 20.07.2021:
Fünf Jahre OEZ-Attentat: Die Opfer-Familien leiden bis heute

Mitteldeutscher Rundfunk, 20.07.2021:
Rassistische Gewalt / Vorwürfe gegen Polizisten nach Angriff auf Somalier in Bad Schlema

Der Tagesspiegel Online, 20.07.2021:
Posierten bei Reitturnier in Meck-Pomm / So erklärt CDU-Politiker Amthor sein Foto mit den Neonazis

Hamburger Morgenpost Online, 20.07.2021:
CDU-Jungspund Philipp Amthor posiert auf Pferde-Festival mit Neonazis

tagesschau.de, 20.07.2021:
Aufräumarbeiten / Obskure "Helfer" in Hochwassergebieten

Blick nach Rechts, 20.07.2021:
Grundschule als "Querdenken"-Einsatzzentrale

Süddeutsche Zeitung Online, 20.07.2021:
Geldstrafe / Ex-AfD-Mitglied wegen Nötigung verurteilt

tagesschau.de, 20.07.2021:
Wahlkampf der AfD / Innere Unruhe

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Jüdische Allgemeine Online, 20.07.2021:

Berlin / Erinnerung an judenfeindliches Pogrom

20.07.2021 - 10.10 Uhr

Am Montag wurde eine Informationstafel zum "Hostienschändungsprozess" von 1510 enthüllt

Mit einer weiteren Gedenktafel wird im Zentrum von Berlin künftig an ein judenfeindliches Pogrom Anfang des 16. Jahrhunderts erinnert. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) enthüllte am Montag die Informationstafel zum sogenannten Berliner Hostienschändungsprozess im Jahr 1510 zusammen mit dem Historiker und Gründungsdirektor des Centrum Judaicum, Hermann Simon. Die Gedenktafel befindet sich am Neuen Markt in der Nähe der Marienkirche in Berlin-Mitte.

Scheiterhaufen

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden den Angaben zufolge unter begeisterter Teilnahme der Berliner Bevölkerung 38 Juden auf einem Scheiterhaufen öffentlich verbrannt. Vorangegangen war ein Schauprozess, der überregionale Aufmerksamkeit erregte. Die Juden wurden für schuldig befunden, christlich geweihte Hostien geschändet zu haben. Die Anschuldigungen waren offensichtlich konstruiert und die Geständnisse unter Folter erzwungen worden.

Dem Prozess und der brutalen Hinrichtung der Angeklagten folgte noch im selben Jahr die Vertreibung aller Juden aus der Mark Brandenburg. Während der Prozess in der Nähe der Marienkirche stattfand, erfolgte die Verbrennung außerhalb der damaligen Stadtmauer an der heutigen Mollstraße, wo seit 1988 eine Tafel daran erinnert. (epd)

Bildunterschrift: Enthüllung der Informationstafel vor der Marienkirche in Berlin-Mitte.

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Jüdische Allgemeine Online, 20.07.2021:

Offenbach / Jüdische Orte werden digital begehbar 

20.07.2021 - 09.56 Uhr

Die Online-Plattform "Jewish Places" des Jüdischen Museums Berlin kooperiert nun auch mit der hessischen Stadt

Die Online-Plattform "Jewish Places" kooperiert nun auch mit der Stadt Offenbach. Am 22. Juli wird ein digitaler Stadtplan der hessischen Kommune vorgestellt, der ihre jüdischen Orte sichtbar macht, wie das Jüdische Museum Berlin als Mitinitiator der Website ankündigte.

Festival

Anlass ist das Kunst- und Musikfestival "Chai OF - Jüdisches Kulturfestival Offenbach", das am Donnerstag und Freitag in der Offenbacher Innenstadt gefeiert wird. Der digitale Stadtplan werde neben jüdischen Orten auch Biografien von Offenbacher Jüdinnen und Juden zeigen und zu den 16 Orten führen, an denen die einzelnen Veranstaltungen des Festivals stattfinden.

Die Plattform "Jewish Places" stellt ausführliche Informationen zu Orten jüdischen Lebens in ganz Deutschland bereit, Orte der Gegenwart und der Vergangenheit. Nutzer können auch selbst aktiv werden, indem sie das Online-Portal mit eigenen Recherchen zur lokalen jüdischen Geschichte ergänzen und etwa Audios, Fotos oder Filme hochladen.

Karte

Die im September 2018 gestartete Plattform enthält den Angaben zufolge inzwischen knapp 9.000 aktuelle und historische Daten auf einer interaktiven Karte. Die auf der Website gebündelten Informationen umfassen Angaben zu Synagogen und Friedhöfen ebenso wie zu jüdischen Sportvereinen oder Cafés.

Virtuell geführte Spaziergänge bieten einen Überblick über die jüdischen Orte in verschiedenen Städten. Außerdem kann man den Spuren historischer und zeitgenössischer Persönlichkeiten folgen. "Jewish Places" versteht sich als Netzwerk-Projekt von mehreren wissenschaftlichen und kulturellen Bildungseinrichtungen. (kna)

Bildunterschrift: Die Synagoge in Offenbach.

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Bayerischer Rundfunk, 20.07.2021:

Nach OEZ-Attentat - Studie zu Hass-Kriminalität

20.07.2021 - 09.57 Uhr

Das Attentat auf das Olympia-Einkaufszentrum in München jährt sich zum fünften Mal. Wie Hass-Kriminalität verhindert werden kann, dazu wurde seither viel geforscht. Nun stellt die Stadt die Erkenntnisse dazu vor - zu sehen ab 10 Uhr im Livestream.

Es waren Stunden des Schreckens: Am 22. Juli 2016 erschoss ein 18-Jähriger rund um das Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München neun Menschen und tötete sich dann selbst. Die Opfer: acht Jugendliche und eine 45-Jährige, fast alle mit Migrationshintergrund. Ihre Familien wurden an diesem Sommerabend ins Unglück gestürzt, eine ganze Stadt geriet in Panik aus Angst vor weiteren Anschlägen.

Fünf Jahre nach dem Attentat: Der Hass existiert noch immer

Ein Amoklauf, ein Racheakt wegen Mobbings, hieß es lange - obwohl eine rechtsradikale Gesinnung des Täters bald offenbar wurde. Erst 2018 stufte das Bundesamt für Justiz die Tat als extremistisch ein. Am Donnerstag dieser Woche jährt sich der Anschlag zum fünften Mal.

Expertenrunde zur Prävention von Hass-Kriminalität

Antisemitische Hetze, rassistische Beschimpfungen bis hin zu tätlichen Übergriffen: Wie kann man derartige Hass-Kriminalität verhindern? Was kann seitens der Kommunen zur Prävention getan werden? Damit beschäftigte sich eine Dunkelfeldstudie der Münchner Fachstelle für Demokratie.

Zu den Erkenntnissen aus der Studie und zur Lage der Hass-Kriminalität in der Landeshauptstadt aus polizeilicher Sicht veranstaltet die Stadt München am heutigen Dienstag ein Hearing mit einer Expertenrunde, die von Oberbürgermeister Dieter Reiter geleitet wird - ab 10 Uhr zu sehen hier im Livestream.

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Abendzeitung Online, 20.07.2021:

Fünf Jahre OEZ-Attentat: Die Opfer-Familien leiden bis heute

20.07.2021 - 06.04 Uhr

Am 22. Juli 2016 erschießt ein 18-Jähriger neun Menschen am OEZ. Die Familien der Opfer kämpfen noch immer mit den Folgen. Sie kritisieren Fehler der Ermittler - und der Stadt.

John Schneider

München. Noch sind es ein paar Tage bis zur Gedenkfeier am OEZ, aber schon jetzt oder immer noch erinnern Blumensträuße, Tee- und Grablichter, eine kleine Liebesbekundung am Mahnmal an den Tag, den kein Münchner vergessen wird. Ein älteres Ehepaar bleibt an dem Mahnmal "Für euch" stehen, betrachtet die Fotos der neun Opfer.

Neun Menschen starben beim OEZ-Attentat

Sie sehen Porträts von Armela S. und Sabina S. (beide 14), Sevda D. (45), Can L. (14) und Selçuk K. (15), Janos Roberto R. (15), Hüseyin D. (17), Dijamant (20), Giuliano-Josef K. (19) - fast alles Menschen mit Migrationshintergrund, fast alle Jugendliche. Sie wurden am 22. Juli 2016 von dem 18-jährigen David S. ermordet, bevor sich der Attentäter selber erschoss.

74 Phantom-Tatorte gab es an dem Tag

Jeder Münchner, der in der Stadt war, erinnert sich an diesen Tag vor fünf Jahren, an die Panik: Schüsse, die keine waren, Zivilbeamte, die mit Terroristen verwechselt werden, Pseudo-Geiselnahmen - die Polizei registriert am Ende 74 Phantom-Tatorte.

Dass David S. seine Opfer nicht zufällig wählte, macht die Inschrift des Mahnmals (inzwischen) klar. "In Erinnerung an alle Opfer des rassistischen Attentats vom 22.7.2016" steht jetzt auf dem Ring um den Gingko-Baum, dazu die Fotos der Opfer.

Die Inschrift des Mahnmals war erst falsch

Doch die Familien der Opfer und ihre Unterstützer haben drei Jahre kämpfen müssen, bevor die falsche Inschrift des Mahnmals geändert wurde. Statt Amoklauf werden ihre ermordeten Angehörigen nun als Opfer rassistischer Gewalt bezeichnet.

"Persönliches und gesellschaftliches Erinnern zur Vermeidung von Wiederholung", so fasst die Rechtsanwältin Claudia Neher (41) - sie vertritt fünf Opferfamilien - das Anliegen ihrer Mandanten zusammen.

Dass die Tat so lange als unpolitischer Amoklauf eines psychisch kranken Mannes galt, der aus Rache für erlittenes Mobbing handelte, habe die Menschen verletzt, erklärt auch Rechtsanwalt Onur Özata. Er hatte Angehörige als Nebenklageanwalt vertreten, als dem Verkäufer der Tatwaffe in München der Prozess gemacht wurde.

Bis zur Korrektur dauerte es Jahre

Der Mann wurde 2018 zu sieben Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Bei den Angehörigen entstehe durch die Amoklauf-These das Gefühl, so Özata, als schiebe man ihnen die Schuld dafür zu, weil sich der Täter für erlittenes Mobbing gerächt habe.

Erst im Laufe der Jahre seien immer mehr Mosaiksteinchen hinzugekommen, die den "Amoklauf" in ein anderes Licht gerückt hätten, erklärt das LKA die lange Dauer bis zur Korrektur. Ähnlich äußerte sich das Innenministerium über die jahrelange Fehleinschätzung.

OEZ-Attentat war eine rechtsextremistische Bluttat

Der OEZ-Anschlag wird inzwischen als Teil einer Serie rechtsextremistischer Bluttaten verstanden. So wie der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke oder der Anschlag auf die Synagoge in Halle.

Die Ursachen des Terrors finden sich unter anderem im Internet. Auch David S. hat sich im Netz radikalisiert. Der Freistaat reagiert mit einem neuen Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus. Sonderdezernate wurden an allen Staatsanwaltschaften in Bayern eingerichtet. Allein 2020 führten sie 1.648 Verfahren wegen Hass-Kriminalität im Internet.

Die Erinnerung schmerzt immer noch

Am Jahrestag kämen die Erinnerungen wieder hoch, sagt Özata. In einem "SZ"-Podcast der Journalistin Nabila Abdel Aziz kommt Hasan L., der Vater von Can zu Wort. Als er erzählt, wie ihm Polizisten die Nachricht vom Tod seines Sohnes überbringen, bricht seine Stimme.

Die Erinnerung tut immer noch weh, wird wohl immer eine offene Wunde bleiben. Der Tag des Gedenkens ist schmerzhaft, aber für die Familien der Opfer ist er auch wichtig.

Die Familien bekamen kaum Redezeit

"Die Angehörigen wollen, dass 2016 nicht in Vergessenheit gerät. Sie erhoffen sich ein würdiges Gedenken", erklärt Neher im AZ-Gespräch. Die Anwältin kritisiert, dass den Familien bei den Gedenkfeiern am Donnerstag kaum Redezeit eingeräumt werden sollte.

Die Familien empfänden das Gebaren der Stadt ihnen gegenüber teilweise als "würdelos" und "traurig", und beschwerten sich: "Wir sind doch auch Menschen." Inzwischen haben sich die Organisatoren und die Familien darauf geeinigt, dass die Angehörigen nach der zweiten Gedenkfeier gegen 19 Uhr länger reden können.

So wie damals Sibil L. am ersten Jahrestag des Attentats, die über ihren Zusammenbruch, ihren großen Verlust redete und diese Worte an ihren Sohn richtete: "Lieber Can, es tut mir so leid, dass ich dich an diesem Tag nicht beschützen konnte."

Bildunterschrift: "Für euch": Das Mahnmal für die neun Opfer des rassistischen OEZ-Attentats.

Bildunterschrift: Drei Tage nach der Tat: Blumen und Kerzen vor dem OEZ.

Bildunterschrift: Anwältin Claudia Neher.

Bildunterschrift: Der Tatort: Polizeibeamte am McDonald`s.

Bildunterschrift: Nach Fehlalarm: Ein Polizist sichert den Stachus.

Bildunterschrift: Männer vom Spezialeinsatzkommando am OEZ.

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Mitteldeutscher Rundfunk, 20.07.2021:

Rassistische Gewalt / Vorwürfe gegen Polizisten nach Angriff auf Somalier in Bad Schlema

20.07.2021 - 19.10 Uhr

Von MDR Sachsen

Nach einem Angriff auf einen Somalier in einem Bus in Aue-Bad Schlema am vergangenen Sonnabend sind Vorwürfe gegen einen Polizeibeamten laut geworden. Der Mann soll zur Gruppe der Angreifer gehört haben. Was zeigen die Videokamera-Aufzeichnungen aus dem Bus?

Nach einem Angriff auf einen Somalier in Aue-Bad Schlema am vergangenen Sonnabend werden Vorwürfe gegen einen Polizeibeamten geprüft. Bisherige Ermittlungen und erste Befragungen von acht tatverdächtigen Männern im Alter zwischen 37 und 49 Jahren haben ergeben, dass zur Gruppe auch ein Polizist gehört hat, teilte die Polizeidirektion Chemnitz mit.

Ermittlung wegen gefährlicher Körperverletzung

Demnach hatte der Beamte der Polizeidirektion Zwickau an dem Tag dienstfrei. Zwar habe er sich nicht aktiv an der Attacke beteiligt, sie aber auch nicht verhindert oder dem Opfer geholfen. Die Ermittlungen werden wegen gefährlicher Körperverletzung fortgesetzt. Es werde geprüft, ob sich der Polizist strafbar gemacht hat, so die Polizei. Gegen den Beamten wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

"Wir erwarten von unseren Polizisten, dass sie auch außerhalb des Dienstes die Begehung von Straftaten verhindern, zu deren Aufklärung beitragen und nicht wegschauen."
Lutz Rodig und Carsten Kaempf, Polizeipräsidenten in Zwickau und Chemnitz

Bei dem rassistischen Angriff in Aue-Bad Schlema war ein junger Mann verletzt worden. Eine Gruppe von acht Männern hatte den 20 Jahre alten Somalier im Bus zunächst rassistisch beleidigt. Mindestens zwei der Männer sollen ihn dann zu Boden gestoßen und auf ihn eingetreten haben. Das Opfer wurde dabei leicht verletzt. Der Busfahrer rief die Polizei um Hilfe.

Linken-Politiker empört

Empört reagierte der Fraktionschef der Linken im Landtag, Rico Gebhardt. Er twitterte, dass ein Polizist, der zuschaue, wenn ein Mensch angegriffen wird, in der sächsischen Polizei "echt keinen Platz" habe. Die Linken-Bundestagskandidatin für den Wahlkreis, in dem der Mann angegriffen wurde, Clara Bünger, verlangte eine restlose Aufklärung des Sachverhaltes.

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Der Tagesspiegel Online, 20.07.2021:

Posierten bei Reitturnier in Meck-Pomm / So erklärt CDU-Politiker Amthor sein Foto mit den Neonazis

20.07.2021 - 16.56 Uhr

Von Julius Geiler

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor gerät wegen eines Gruppenfotos in Bedrängnis. Gepostet wurde das Bild, das den 28-jährigen mit zwei bekannten Rechtsextremen zeigt, vom Twitter-Account der "Antifaschistischen Linke Bochum" am Montagvormittag.

Innerhalb weniger Stunden wurde das Foto mehr als fünfhundert Mal geteilt und von einer vierstelligen Account-Anzahl geliked. Zu sehen ist der CDU-Jungpolitiker auf dem Reitturnier "Stettiner Haff" in seinem Heimatland Mecklenburg-Vorpommern. Während Amthor lächelnd in der Mitte steht, posieren links und rechts von ihm zwei junge Männer.

Der linke Mann trägt ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift "Solidarität mit Ursula Haverbeck". Haverbeck ist eine der bekanntesten Holocaust-Leugnerinnen Deutschlands und saß wegen der wiederholten Leugnung der Shoah mehrere Jahre im Gefängnis. Die mit Amthor posierenden Männer sind nach Tagesspiegel-Informationen beide der rechtsextremen Szene Mecklenburg-Vorpommerns zuzuordnen.

Amthor erklärt die Entstehung des Fotos auf Instagram

" (... ) Da es aktuell auf Social Media einige Debatten über ein Foto gibt, das dort entstanden ist: Bei solchen öffentlichen Auftritten kommt es ganz regelmäßig vor, dass ich von Bürgern nach Fotos gefragt werde - so auch dutzendfach gestern Nachmittag. Die beiden Bürger, die auf einem Foto, das derzeit auf Twitter kursiert, gezeigt werden und ihren Hintergrund kannte und kenne ich nicht. Ob und inwieweit das auf Twitter veröffentlichte Foto bearbeitet wurde, lässt sich für mich nicht mit Sicherheit feststellen. Hätte ich die T-Shirt-Aufschrift bemerkt, hätte ich das Foto natürlich nicht gemacht."

Der CDU-Politiker weiter: "Es dürfte jedenfalls allseits bekannt sein, dass ich im Bundestag wehrhaft gegen die Gegner unseres Rechtsstaates kämpfe, weshalb es ein umso befremdlicheres Zeichen eines völlig unsachlichen Wahlkampfes ist, mich in einen solchen Kontext rücken zu wollen."

Nach Angaben des Accounts der "Antifa Bochum" wurde das Foto im Nachhinein auf dem Instagram-Account eines weiteren bekannten Neonazis aus Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht. Auf diesem Weg ist offenbar die "Antifa Bochum" an das Foto gekommen.

Bildunterschrift: Ein in den Sozialen Medien kursierendes Foto des Bundestagsabgeordneten Amthor sorgt für Aufregung. Das Bild zeigt ihn lachend an der Seite zweier Neonazis.

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Hamburger Morgenpost Online, 20.07.2021:

CDU-Jungspund Philipp Amthor posiert auf Pferde-Festival mit Neonazi

20.07.2021 - 09.31 Uhr

CDU-Bundestagsabgeordneter Philipp Amthor sorgt mal wieder für Negativ-Schlagzeilen. Ein auf Twitter verbreitetes Bild zeigt den strahlenden 28-Jährigen zwischen zwei offensichtlich rechtsextremen Männern. Auf Instagram versucht Amthor sich zu rechtfertigen.

Das Bild wurde auf einem Pferde-Festival in Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen, das Philipp Amthor am Sonntag besuchte, und anschließend auf Twitter verbreitet. Mehr als 1.600 Menschen haben einen Tweet der "Antifaschistischen Linken Bochum" mit dem Foto mittlerweile geteilt. Der Account bezeichnet die beiden Männer zu Amthors Linken und Rechten als "gewaltbereite Neonazis".

Beide Männer gehören zur rechtsextremen Szene Mecklenburg-Vorpommerns

Einer der beiden Männer trägt ein T-Shirt, auf dem er sich mit der verurteilten und inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck solidarisiert. Sie saß wegen wiederholter Leugnung der Shoa bereits mehrere Jahre im Gefängnis. Laut dem "Tagesspiegel" sind beide Männer der rechtsextremen Szene Mecklenburg-Vorpommerns zuzuordnen.

Amthor versucht sich nun zu erklären: "Hätte ich die T-Shirt-Aufschrift bemerkt, hätte ich das Foto natürlich nicht gemacht", postete er am Montag auf Instagram. Ob und inwieweit das auf Twitter veröffentlichte Foto bearbeitet wurde, lasse sich für ihn nicht mit Sicherheit feststellen, erklärte der CDU-Politiker. Bei dem Pferde-Festival im vorpommerschen Boock am Sonntag hätten ihn viele Menschen um ein Foto gebeten, schrieb Amthor. "Die beiden Bürger und ihren Hintergrund kannte und kenne ich nicht."

Zudem erklärt er: "Es ist jedenfalls allseits bekannt, dass ich in Berlin wehrhaft gegen die Gegner unseres Rechtsstaates kämpfe." Ihn in einen solchen Kontext rücken zu wollen, sei befremdlich und Zeichen eines "völlig unsachlichen Wahlkampfes". (prei/dpa)

Bildunterschrift: Die beiden Männer neben Philipp Amthor sind der rechtsextremen Szene Mecklenburg-Vorpommerns zuzuordnen.

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tagesschau.de, 20.07.2021:

Aufräumarbeiten / Obskure "Helfer" in Hochwassergebieten

20.07.2021 - 18.04 Uhr

Nach den verheerenden Unwettern ist die Hilfsbereitschaft groß. Doch eilen auch "Helfer" aus dem Umfeld der Querdenker- und Verschwörungsideologen-Szene herbei.

Von Eric Beres, Judith Brosel und Christian Saathoff, SWR

Er gilt als rechtsextrem und wurde bereits wegen Leugnung des Holocaust verurteilt: Nikolai N., der sich "Volkslehrer" nennt, war regelmäßiger Gast auf so genannten Querdenker-Demonstrationen, wo er unter anderem die Existenz von Corona anzweifelte. Nun hat er offenbar ein neues Betätigungsfeld gefunden: Nach eigenen Angaben hat er Quartier an einer Grundschule in Bad Neuenahr-Ahrweiler bezogen und postet seitdem Videos aus dem Katastrophengebiet in seinem Social-Media-Kanal bei "Telegram", der mehr als 30.000 Abonnenten hat.

Dass Einsatzkräfte von Feuerwehr oder THW aktuell nicht überall sein können, kommt dem "Volkslehrer" offenbar gelegen: "Das ist großartig, weil wir damit endlich in die Selbstverantwortung kommen. Und zeigen können, dass wir diese ganzen BRD-Organisationen gar nicht brauchen", sagt er in einem der Videos.

Sozialpsychologin: Ideologen nutzen Trauer der Opfer

Die Sozialpsychologin Pia Lamberty, die sich intensiv mit Verschwörungsideologien befasst und in Mainz promoviert hat, sieht in solchen Äußerungen einen "Flirt mit Reichsbürger-Narrativen". "Man inszeniert sich als der Gute, der wirklich da ist für die Menschen, und versucht das Thema für sich zu nutzen", sagte sie dem SWR. Letztlich gehe es darum, das bestehende System zu überwinden. Die Aktivitäten aus dieser Szene sieht sie mit Sorge: "Das ist eine gefährliche Melange. Frustration, Enttäuschung und Trauer der Menschen werden politisch aufgeladen für eigene Ziele."

Spendensammlung in Social-Media-Kanälen

Auch ein anderer bekannter Akteur aus der Querdenker-Szene läuft derzeit zur Hochform auf: Der Sinsheimer HNO-Arzt Bodo Schiffmann, ein Pandemie-Leugner, gegen den bereits wegen Volksverhetzung ermittelt wurde. Aktuell befindet er sich angeblich im Ausland und hat nach eigenen Angaben ein Spendenkonto "für Hochwasseropfer" eingerichtet. Rund eine halbe Million Euro sollen dort bereits eingezahlt worden sein.

Laut eigenen Aussagen koordiniert er Hilfsangebote und stellt dafür seinen Telegram-Kanal mit mehr als 140.000 Abonnenten zur Verfügung. Zwischendrin verbreitet er Posts mit Überschriften wie "Merkel wurde gewarnt und ließ über 150 Deutsche ertrinken". In einem Video, das er teilt, ist von "vorsätzlichem Staatsversagen" die Rede. Sozialpsychologin Lamberty sieht in solchen Äußerungen Ansätze von Verschwörungsideologien, die derzeit vielfach in Social-Media-Kanälen kursierten: "Es findet ein klares Framing statt, nämlich dass die Flutkatastrophe kein Zufall sein könne."

Für Aufregung sorgte auch der Verein "Eltern stehen auf", der von Beobachtern ebenfalls mit der Querdenker-Szene in Verbindung gebracht wird. Auf seiner Homepage spricht er in Zusammenhang mit Impfungen vom "Corona-Schuss" und machte bereits in der Vergangenheit gegen Corona-Masken mobil. Nun wollte der Verein nach eigenen Angaben in Bad Neuenahr-Ahrweiler für Flutopfer ein Familienzentrum mit 50 Therapeuten, Psychologen und Seelsorgern gründen. Doch das hat das rheinland-pfälzische Familienministerium inzwischen verhindert und sogar öffentlich davor gewarnt.

Auf SWR-Anfrage positioniert sich das Ministerium sehr klar: Man gehe davon aus, dass Kinder im Angebot eines solchen Vereins nicht gut aufgehoben seien. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: "Trittbrettfahrer-Versuche aus der Querdenker-Szene, ihre Ideologie unter dem Deckmantel von "Hilfsangeboten" zu verbreiten, sind in der Krise nicht weiterführend. Dass Personen, die den Gesundheitsschutz in einer Pandemie ablehnen, nun eine offizielle Rolle für die psychische und psychologische Versorgung von Kindern für sich reklamieren, musste deshalb sofort unterbunden werden."

Elternverein weist Frage zu Gesinnung zurück

Als die Entscheidung bekannt wurde, organisierte der Verein eine Diskussionsrunde im Internet - mit bekannten Akteuren der Querdenker-Szene. Auf SWR-Anfrage zur Zusammenarbeit mit Akteuren aus dieser Szene teilt "Eltern stehen auf" mit, es sei eine "Schamlosigkeit, eine etwaige politische Gesinnung der unbürokratisch und ad hoc Helfenden zum Thema" zu machen. Die Politik habe versagt und gehe "buchstäblich über Leichen". Das vom Verein geplante Hilfsangebot sei dringend nötig. Nach eigenen Angaben auf Social Media wollte der Verein zwischenzeitlich ebenfalls in besagter Grundschule in Bad Neuenahr-Ahrweiler eine "neue Location" einrichten.

Diese Grundschule soll zudem Anlaufpunkt für eine weitere Aktion sein: Für Dienstag hat die Gruppe "Honk für Hope", ein Zusammenschluss von Busfahrern, eine Fahrt von Berlin nach Bad Neuenahr-Ahrweiler angekündigt. Unterwegs eingesammelt werden sollen Helfer für eine "unpolitische, unbürokratische Unterstützung" der Hochwasser-Opfer. In der Vergangenheit war "Honk for Hope" vor allem mit Fahrten zu Corona-Demos aufgefallen. Eine SWR-Anfrage zu der aktuellen Aktion ließ "Honk for Hope" unbeantwortet.

Innenministerium: Gängiges Muster von Extremisten

Die zuständige Schulaufsicht, die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier (ADD), will sich zur Rolle der Grundschule nicht äußern und verweist auf das Innenministerium. Ein Sprecher des Ministeriums teilte dem SWR schriftlich mit, es sei ein "bekanntes und gängiges Muster", dass Rechtsextremisten akute Krisensituationen ausnutzen, indem sie sich als "Kümmerer vor Ort" ausgäben - mit dem eigentlichen Ziel, extremistisches oder verschwörungstheoretisches Gedankengut zu verbreiten. Der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz werde die Aktivitäten im Blick behalten.

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Blick nach Rechts, 20.07.2021:

Grundschule als "Querdenken"-Einsatzzentrale

Von Michael Klarmann

Im Rahmen von ehrenamtlich organisierten Hilfsaktionen in den durch die Hochwasser-Katastrophe betroffenen Regionen haben Personen aus der "Querdenker"-Szene eine Grundschule in Bad Neuenahr / Ahrweiler als "Einsatzzentrale" in Beschlag genommen. Die Behörden warnen vor dem Treiben.

Neben den Hilfsangeboten und Spendenaufrufen aus der rechtsextremen Szene (Blick nach Rechts berichtete am 18.07.2021) haben auch die "Querdenker" zu Geld- und Sachspenden für die vom Hochwasser betroffenen Menschen aufgerufen. Köpfe der Szene wie Bodo Schiffmann wollen unterdessen mehrere hunderttausend Euro an Spenden akquiriert haben. Zuerst hieß es, das Geld werde direkt den Hochwasser-Geschädigten zukommen.

Gestern berichteten die Zeitungen des "RedaktionsNetzwerks Deutschland" indes, Schiffmann habe zwischenzeitlich mitgeteilt, dass das Geld zur Unterstützung von Aufräumarbeiten und dem Einsatz von beispielsweise Baggern eines Privatunternehmens verwendet werden solle. Kritiker wie der Dürener Busunternehmer und "Querdenken"-Gegner Joachim Jumpertz warnen in den Sozialen Medien nun davor zu spenden. Die "Querdenker" hätten schon zuvor mit ihrer auf die Finanzierung der Bewegung ausgerichtete Spenden- und Schenkungspraxis intransparent gehandelt, lautet die Kritik.

"Einsatzzentrale" statt "Familienzentrum"

"Querdenken" respektive das der Bewegung nahestehende Netzwerk "Eltern stehen auf" hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass man in Bad Neuenahr / Ahrweiler ein "Familienzentrum" aufbauen wolle für die Opfer der Flut. Insbesondere für betroffene Kinder würden professionelle Seelsorger und "Coaches" vor Ort sein. Dabei trat man so selbstsicher auf, dass das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration in Rheinland-Pfalz via Twitter vor dieser Aktion warnte. Es handele sich nicht um ein mit der Einsatzleitung des Landes abgestimmtes Angebot, hieß es. Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung werde auf eine Schließung des Zentrums hinwirken.

Offenbar seit Dienstag nun sind die "Querdenker", andere Maßnahmen-Gegner und Verschwörungsgläubige, zudem einige Rechtsextremisten und Antisemiten in der Aloisius Grundschule in Bad Neuenahr / Ahrweiler zugange. Zuerst will man Teile der Schule vom Wasser befreit und gereinigt haben, nun dort zudem Hilfe und Betreuung anbieten und von dort aus "Einsätze" koordinieren. Alles sei ein Hilfsangebot der "Freiheits- und Friedensbewegung". Als "Einsatzleiter" fungiert Oberst a.D. Maximilian Eder, ein ehemaliger Oberstleutnant der Bundeswehr mit unterdessen einer Nähe zur Szene. Involviert sind offenbar auch Schiffmann und der "Querdenken"-Busunternehmer Alexander Ehrlich.

Inszenierte Opfererzählungen

Videos von einem Polizeieinsatz vor der Grundschule kursierten gestern in Chats der Szene, überwiegend verbreitet von "Querdenkern", Rechtsextremen und "Reichsbürgern". Letztgenannte verbreiteten das Video mit dem Hinweis, die "Firma" Polizei hindere "die Helfer daran, die Menschen zu retten und zu versorgen!". Tatsächlich nutzt eine politisch ähnlich heterogene und diffuse Szene wie jene auf den "Querdenken"-Demonstrationen solche Polizeieinsätze nun dazu um massiv gegen die Behörden und den demokratischen Rechtsstaat zu wettern.

Auch andere, als staatlich eingeordnete reguläre Hilfsorganisationen und Rettungsdienste werden zur Zielscheibe von Hetze in den Chats der Szene und in den Sozialen Medien. In der Parallelwelt mancher Echokammer jener Szenen gewinnt man mehr und mehr den Eindruck, der Staat habe sich aus den Krisengebieten zurück gezogen, lasse die Menschen allein und nur die selbst organisierte Hilfe aus dem eigenen Spektrum stehe den Betroffenen noch zur Seite. In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall, allerdings vermittelt die radikale Minderheit über ihre Kanäle das Bild der starken und wirkmächtigen eigenen Bewegung.

"Friedensfahrzeuge" stiften Unfrieden

Mehrfach warnte die Polizei über die Sozialen Medien davor, dass Falschnachrichten darüber verbreitet werden, wonach die Behörden sich zurückziehen. Einmal twitterte die Koblenzer Polizei, "Fahrzeuge mit Lautsprechern, die polizeilichen Einsatzfahrzeugen ähneln" - gemeint sind wohl die "Friedensfahrzeuge" von den "Querdenker"-Protesten - würden über Lautsprecher in den betroffenen Gebieten "die Falschmeldung verbreite(n), dass Polizei- und Rettungskräfte die Anzahl der Einsatzkräfte reduziert". In Wahrheit wächst die Hilfe, ist jedoch in den von starken Verwüstungen betroffenen Regionen schwer heranzuführen.

An der Aloisius Grundschule in Bad Neuenahr / Ahrweiler aktiv sind ebenso der rechtsextreme Medienaktivist Nikolai "Volkslehrer" Nerling und der Liedermacher und frühere Funktionär des Holocaust-Leugner-Netzwerkes "Europäische Aktion" (EA), Axel Schlimper. Ebenso vor Ort ist der Antisemit und Holocaust-Leugner Reza Begi, der dort offenbar unter dem Label der "Gelben Westen Berlin" auftritt, die eng mit "Reichsbürgern" verzahnt sind. Via Facebook teilte Begi mit, in der Grundschule seien alle vereint für einen "Wiederaufbau von Deutschland". Von Begi stammt offenbar auch das Video zum Polizeieinsatz, welches immer weiter kursiert.

Braune Kümmerer aktiv

Die Polizei teilte unterdessen über die Sozialen Medien mit, es sei "bekannt, dass sich aktuell Rechtsextremisten als "Kümmerer vor Ort" ausgeben" würden. Man habe die Lage im Blick und sei "mit zahlreichen Polizisten vor Ort". Bislang fehle aber eine Rechtsgrundlage um einschreiten zu können. "Solange nicht gegen geltendes Recht verstoßen wird, haben wir als Polizei keine Handhabe. Wir werden in Abstimmung mit der technischen Einsatzleitung mit aller Entschiedenheit gegen Menschen einschreiten, die unter dem Anschein von Hilfe die Lage für politische Zwecke missbrauchen."

"Querdenken"-Busunternehmer Alexander Ehrlich hat angekündigt auch Busreisen aus ganz Deutschland zu organisieren. So sollen weitere Gleichgesinnte in die Krisenregion gefahren werden, um dort zu helfen.

Bildunterschrift: Zentraler Spendensammler für die Aktionen der Querdenker im Hochwassergebiet: Bodo Schiffmann.

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Süddeutsche Zeitung Online, 20.07.2021:

Geldstrafe / Ex-AfD-Mitglied wegen Nötigung verurteilt

20.07.2021 - 19.05 Uhr

Ein ehemaliges AfD-Mitglied ist in Nürnberg wegen Nötigung einer Journalistin zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Freiburger Politiker und Anwalt Dubravko Mandic muss demnach 7.200 Euro Strafe und die Prozesskosten zahlen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die Berufung, die Mandic eingelegt hatte, somit verworfen. Laut seiner Kanzlei hat Mandic bereits Revision eingelegt.

Mandic hatte 2019 im mittelfränkischen Greding bei einem Treffen des AfD-"Flügels" teilgenommen. Die Strömung stuft der Verfassungsschutz seit März 2020 als rechtsextremistisch ein, offiziell ist sie inzwischen aufgelöst. Vor der Veranstaltungshalle hatte Mandic 2019 verhindern wollen, dass Videos und Fotos von ihm gemacht werden. Mehrere Journalisten, unter ihnen eine Nürnberger Reporterin, forderte er laut Gericht "lautstark" auf, das Aufnehmen zu lassen und entsprechendes Material zu löschen, der Journalistin entriss er das Handy. Ende 2020 hatte das Amtsgericht Schwabach ihn daher wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 120 Euro verurteilt, dies bestätigte das Gericht nun. Mandic hatte laut Urteil auf das Display gedrückt und angekündigt, Daten zu löschen, erst als Polizisten intervenierten, hatte er das Handy zurückgegeben. Der Politiker hatte auf Freispruch plädiert. Mandic war noch im März 2021 bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg für die AfD angetreten, danach aus der Partei ausgetreten und so einem Ausschlussverfahren zuvorgekommen. In Freiburg ist er weiter Stadtrat und unter der AfD-Fraktion gelistet. Gegen Mandic laufen laut seiner Kanzlei zwei weitere Verfahren wegen Körperverletzung und Beleidigung. Ein Sprecher teilte am Dienstag mit, bei allen drei Verfahren handele es sich um einen "politischen Schauprozess".

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tagesschau.de, 20.07.2021:

Wahlkampf der AfD / Innere Unruhe

20.07.2021 - 04.59 Uhr

Die AfD ist tief gespalten. Und dann beherrschen auch noch Themen die öffentliche Debatte, die der Partei nicht liegen. Der Wahlkampf kommt nur schleppend voran.

Eine Analyse von Martin Schmidt, ARD-Hauptstadtstudio

Eigentlich ist Wahlkampfzeit, eigentlich müsste die AfD jetzt geschlossen um Stimmen werben. Doch davon ist nichts zu spüren. Weiterhin herrscht vielerorts große Unruhe. Dabei geht es um mögliche Parteiausschlussverfahren gegen Mitglieder und um Geschichten wie diese: knapp 72 Euro, ein saftiger Stundenlohn, den AfD-Chef Tino Chrupalla seinem Fahrer gönnt.

Es ist ein riesiger Aufreger in internen Chats der Partei, die eigentlich vor allem für die so genannten kleinen Leute da sein will. Bezahlt wird der Fahrer aus dem Wahlkampfbudget für das Spitzenduo - bestehend aus Chrupalla und Fraktionschefin Alice Weidel. Dem ARD-Hauptstadtstudio ist der Stundenlohn aus dem AfD-Bundesvorstand bestätigt worden. Chrupalla behaupte zwar, darüber nicht Bescheid zu wissen, doch, so heißt es weiter, er habe sich sogar persönlich für den hohen Lohn eingesetzt.

"Wie erklären Sie das unseren AfD-Mitgliedern?"

Der Fahrer soll ein ehemaliger Polizist sein und daher auch für Chrupallas Sicherheit sorgen können. Für das Gehalt hätte man ihm gleich mehrere Fahrer und Sicherheitskräfte in sein Auto setzen können, unkt einer. Im Bundesvorstand rechnet man damit, rund 11.500 Euro pro Monat überweisen zu müssen. Zum Vergleich: Die Fahrer des Bundestagsfahrdienstes verdienen bis zu 15 Euro die Stunde. Ein Bundesvorstandsmitglied sagt, es sei darüber regelrecht erschrocken: "Wie erklären Sie das unseren AfD-Mitgliedern, die bald ehrenamtlich Wahlplakate aufhängen?"

Von vielen Parteifreunden Chrupallas wird die Geschichte gerne weitergetragen. Solange der Streit der unterschiedlichen Lager in der AfD nicht beigelegt ist, bleibt die Lust groß, dem Ansehen des anderen zu schaden. Zugleich sind die Fronten so verhärtet, dass eine sachliche Diskussion rein intern nicht mehr möglich scheint.

Die Listen stehen

So bewahrheitet sich mehr und mehr, was einige aus der Partei schon seit längerer Zeit vermuten: Die wichtigste Wahl für AfD-Funktionsträger selbst ist wohl die Vorstandswahl Ende des Jahres. Dann nämlich könnten sich die internen Machtverhältnisse verschieben. Die Bundestagswahl? Läuft schon irgendwie. Was nicht heißt, dass in den vergangenen Monaten nicht heftig um die Listenplätze dafür gestritten worden ist. "Da gab es in manchen Landesverbänden einen monströsen Krieg", so beschreibt es einer.

Mittlerweile stehen die Listen. Gerade im Osten haben sich erwartungsgemäß vor allem die Kandidaten aus den Kreisen des zumindest offiziell aufgelösten, rechtsextremen "Flügel"-Netzwerkes durchgesetzt. In anderen Bundesländern dagegen, wie beispielsweise in Niedersachsen, stehen vor allem die Befürworter von Jörg Meuthens Kurs auf den aussichtsreichen Plätzen. Daneben sorgten fast schon traditionell tiefe persönliche Abneigungen unter den Parteifreunden für ordentlich Streit hinter den Kulissen. Im ZDF-Sommerinterview muss selbst AfD-Chef Meuthen eingestehen, dass er nicht alle Listen-Kandidaten seiner eigenen Partei bedenkenlos im Wahlkampf unterstützen könne. Deutlicher lässt sich die Zerrissenheit der AfD kaum auf den Punkt bringen.

"Tiefe Grabenkämpfe"

Wer es auf die Liste geschafft hat, ist froh, mit großer Wahrscheinlichkeit (wieder) in den Bundestag einziehen zu können. Die Unterlegenen dagegen sind zutiefst frustriert. "Statt im Wahlkampf stecken wir in tiefen Grabenkämpfen", beschreibt es ein Bundestagsabgeordneter, der einen guten Listenplatz verteidigen konnte. Von Aufbruchstimmung spüre er nichts. Er ist nicht der einzige, der es vermisst, von seinen Spitzenkandidaten ein Signal zu bekommen, endlich eine klare Richtung. "Was ist denn jetzt unser Thema, mit dem wir punkten wollen?", fragt er. Auch andere berichten von einer gewissen Orientierungslosigkeit zum Wahlkampfstart. Der Slogan dafür, "Deutschland. Aber normal.", sei zwar griffig, aber gleichzeitig sehr beliebig. Statt sich mit solchen Heimat-Fragen zu beschäftigen, fällt Chrupalla eher damit auf, sich als internationaler Staatsmann zu versuchen.

Erst auf einer Sicherheitskonferenz in Russland, dann noch eine Reise in die Slowakei - es soll dabei um Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gegangen sein. Als am vergangenen Donnerstagvormittag das Ausmaß der Hochwasser-Katastrophe schon deutlich sichtbar war, verschickte Chrupalla noch per Pressemitteilung Glückwünsche auf Spanisch an die dortigen Rechtspopulisten, die vor dem Verfassungsgericht erfolgreich gegen Corona-Maßnahmen geklagt hatten.

Sogar in der AfD-Bundesgeschäftsstelle sollen sich einige ob des denkbar ungünstigen Zeitpunktes die Augen gerieben haben. Zuständig ist dafür übrigens ein neuer Pressesprecher, extra für die Spitzenkandidaten eingestellt, finanziert auch aus dem Wahlkampfbudget. Der damit faktisch degradierte eigentliche Pressesprecher der Partei sei ihnen zu Meuthen-nah, heißt es. Die internen Machtkampf führen so längst zu einem Zuständigkeitswirrwarr - und sie kosten die AfD auch Geld.

Chrupalla in Rheinland-Pfalz

Immerhin ist Chrupalla dann einen Tag später doch selbst noch zum Schlamm-Schippen nach Rheinland-Pfalz gefahren. Seine Spitzen-Mitstreiterin Alice Weidel hat es bei Social Media-Posts belassen. Das war auch nur schwer anders möglich ist, da sie noch im Urlaub ist. Auch Kandidaten anderer Parteien haben sich eine solche Auszeit im Sommer gegönnt. In der AfD bleibt es aber nicht unkommentiert. "Weidel hat sich noch nie durch übermäßiges Arbeiten hervorgetan", diesen Satz eines Bundestagsabgeordneten bestätigen ohne langes Zögern auch viele weitere. Und sie erzählen geradezu genüsslich, was sie von der geplanten Wahlkampf-Bustour durch Deutschland gehört haben. In der zweiten Augustwoche soll diese starten: 14 Termine in verschiedenen Bundesländern.

Chrupalla habe alle davon bereits zugesagt. Weidel erstmal nur drei oder vier, heißt es auch aus ihrem Umfeld. Ohnehin gebe es einige Bundesländer, in die Weidel ungern reise, erzählt ein Bundestagsabgeordneter aus Bayern. "Weidel kann unsere Landesvorsitzende nicht leiden, da kommt sie auch nicht her." In Hessen, der Heimat von Joana Cotar, die statt Weidel auch Spitzenkandidatin werden wollte, soll sie auch schon Termine abgesagt haben. Selbst ein einflussreiches Fraktionsmitglied, das im internen Machtgefüge auf Weidels Seite steht, fragt sich, ob sie überhaupt wirklich Lust auf diese Spitzenkandidatur habe.

Keine Thema für die AfD

Selbst für AfDler unerklärlich: dass sich diese anhaltend heftigen internen Streitigkeiten überhaupt nicht auf die Umfragewerte auswirken. Bei etwa zehn Prozent steht die Partei dort seit vielen Monaten. Damit haben sich viele längst arrangiert. Andere träumen noch, ihren "Markenkern", wie sie es nennen, wieder zu aktivieren: die Migrationsfrage. Vielleicht kämen ja doch noch einmal mehr Flüchtlinge übers Mittelmeer oder die Balkan-Routen, dann ginge bestimmt noch was, meinen sie.

Doch nach dem Hochwasser wird derweil weiter über den Klimawandel diskutiert. Kein Thema, da sind sich die meisten in der AfD einig, mit dem man punkten kann. "Dem Klimawandel positiv begegnen", so lautet das Kapitel dazu im AfD-Wahlprogramm. Niemand streite die globale Erwärmung ab, steht dort und weiter: "Die AfD bezweifelt aber, dass diese nur negative Folgen hat." Schließlich hätten "Warmzeiten immer zu einer Blüte des Lebens und der Kulturen" geführt, Kaltzeiten dagegen zu "Not, Hunger und Kriegen". Ob sie mit diesen Sätzen gerade in Ahrweiler, Hagen und den anderen Hochwasser-Krisengebieten Stimmen hinzugewinnen, bezweifelt ein AfD-Bundestagsabgeordneter stark. Er habe das erst vor Kurzem seiner Ehefrau vorgelesen, deren Antwort darauf stumm: ungläubige Blicke und Kopfschütteln.

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