www.hiergeblieben.de

3 Artikel , 08.07.2021 :

Pressespiegel überregional

_______________________________________________


Übersicht:


Bayerischer Rundfunk, 08.07.2021:
Franco A.: Haben bayerische Sicherheitsbehörden geschlafen?

MiGAZIN, 08.07.2021:
Volksverhetzung / Entfernen von NPD-Plakaten in Mönchengladbach war rechtens

Blick nach Rechts, 08.07.2021:
AfD-Politiker Martin Hebner ist tot

_______________________________________________


Bayerischer Rundfunk, 08.07.2021:

Franco A.: Haben bayerische Sicherheitsbehörden geschlafen?

08.07.2021 - 08.11 Uhr

Der mutmaßliche Rechtsterrorist Franco A. war in Bayern höchst aktiv. So soll er Schießübungen mit einem G3-Sturmgewehr in der Oberpfalz gemacht haben. Doch die hiesigen Sicherheitsbehörden merkten davon offenbar wenig.

Weil er Anschläge auf hochrangige Politiker und eine Menschenrechtsaktivistin geplant haben soll, muss sich ein 32-jähriger Bundeswehrsoldat derzeit vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main verantworten. Nach BR-Recherchen war er auch in Bayern höchst aktiv: Unter anderem warb er in extrem rechten Kreisen für einen Aufstand und absolvierte Schießübungen. Aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen, die dem BR exklusiv vorliegt, geht hervor, dass Bayerns Sicherheitsbehörden davon aber offenbar wenig mitbekommen haben.

Aufruf zum Kampf gegen das System

Nur wenige Wochen vor seiner Enttarnung als mutmaßlicher Rechtsterrorist reiste Franco A. ins oberbayerische Freilassing zu einem Treffen des so genannten "Jagsthausener Kreises", einer seit den 1950er-Jahren bestehenden ultrarechten Organisation. An dem Treffen nahmen nach BR-Informationen unter anderem FPÖ-Mitglieder und AfD-Spitzenpolitiker teil.

Kurz darauf wurde Franco A. nach München eingeladen, um beim so genannten "Preußen Abend" einen Vortrag zu halten. Der "Preußen Abend" ist ein ebenfalls seit Jahrzehnten bestehendes Netzwerk, zu dessen Veranstaltungen unter anderem Militärs, Vertriebenen-Funktionäre, AfD-Politiker und Neonazis eingeladen wurden.

Erkenntnislage "erschreckend dürftig"

Laut seinem Redemanuskript, das dem BR vorliegt, rief Franco A. beim "Preußen Abend" zum Kampf gegen "das System" auf und bekannte, Antisemit und Rassist zu sein. Bayerns Sicherheitsbehörden hätten dazu keine Erkenntnisse, heißt es nun in einer aktuellen Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen, die dem BR vorliegt.

Weder "Jagsthausener Kreis" noch "Preußen Abend" sind demnach Beobachtungsobjekte des bayerischen Verfassungsschutzes. Die Staatsregierung verweist darauf, dass sie angesichts des laufenden juristischen Verfahrens gegen Franco A. nur eingeschränkt Stellung nehmen könne und für Bundeswehrsoldaten der Militärische Abschirmdienst zuständig sei. Zugleich räumt sie ein, dass der bayerische Verfassungsschutz kein Material über Franco A. gesammelt hat. "Die Erkenntnislage der Söder-Regierung zu den terroristischen Aktivitäten von Franco A. ist weiterhin erschreckend dürftig", kritisiert die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze.

Wohl Anschläge auf Heiko Maas und Claudia Roth geplant

Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass Franco A. Anschläge auf hochrangige Vertreter des Staates, wie den damaligen Justizminister Heiko Maas und die Grünen-Politikerin Claudia Roth, plante sowie auf Anetta Kahane, die Vorsitzende der Amadeo Antonio Stiftung, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzt.

Ins Rollen kam die Affäre Anfang 2017 in Wien: Franco A. wurde ertappt, als er auf einer Flughafen-Toilette eine geladene Pistole aus einem Versteck holen wollte. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Oberleutnant bei der deutsch-französischen Brigade im Elsass ein Doppelleben führte.

Tarnidentität als geflohener Syrer

"Franco A. hatte es geschafft, sich eine Tarnidentität als geflohener Syrer zuzulegen, und zwar im bayerischen Zirndorf", erzählt Martina Renner, Rechtsextremismus-Expertin der Bundestagsfraktion der Linken. Mehrere Monate war der Bundeswehrsoldat als vermeintlicher Kriegsflüchtling in Asylunterkünften im oberbayerischen Landkreis Erding gemeldet.

Renner geht davon aus "dass er sich diese Tarnidentität als syrischer Geflohener mit dem Vorhaben zulegte, einen Anschlag unter falscher Flagge zu begehen, also ein Sprengstoffattentat oder ein Massaker mit einem Schnellfeuergewehr einem Flüchtling in die Schuhe zu schieben, um damit Hass auf Geflohene, antimuslimischen Rassismus voranzutreiben, vielleicht auch Gegenreaktion zu provozieren". Auch die Bundesanwaltschaft glaubt, dass Franco A. eine so genannte False-Flag-Aktion plante.

Soldaten und Polizisten als Prepper und Rechtsextreme

Zeitgleich war Franco A. Mitglied in der Telegram-Chat-Gruppe Süd. Dort versammelten sich knapp 60 so genannte Prepper aus Süddeutschland, die sich für einen befürchteten Katastrophenfall rüsteten - darunter aktive Soldaten und Polizisten. Auch mit einer anderen Gruppe ehemaliger und aktiver Soldaten und Polizisten stand Franco A. in Kontakt: Dem Verein Uniter, der vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremer und verfassungsfeindlicher Verdachtsfall geführt wird und der auch in Bayern aktiv ist. Die bayerischen Behörden hätten Uniter viel zu lange ignoriert, moniert Grünen-Politikern Katharina Schulze: "Erst nach der Initiative des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde Uniter überhaupt zum Beobachtungsobjekt der Sicherheitsbehörden in Bayern - viel zu spät!"

Schulze kritisiert zudem, dass das Innenministerium über rechtsextreme Verbindungen Franco A.s in Bayern keine eigenen Erkenntnisse habe. "Da Franco A. sich offenbar auf die Begehung von Attentaten vorbereitet hat, erwarten wir von der Söder-Regierung deutlich mehr Interesse an der Aufklärung seiner Aktivitäten in Bayern."

Mit dem Sturmgewehr in der Schützengemeinschaft Vohenstrauß

Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass Franco A. für geplante Anschläge nicht nur Sprengmittel gehortet hat, sondern auch im Besitz eines G3-Sturmgewehrs war. Vor dem Frankfurter Oberlandesgericht hat Franco A. den Besitz einer solchen Kriegswaffe bereits zugegeben. Teile dafür kaufte er laut den Ermittlungen bei einem Waffenhändler im oberpfälzischen Vohenstrauß, der ebenfalls Mitglied in der Chat-Gruppe Süd gewesen sein soll. Anschließend soll Franco A. bei der örtlichen Schützengemeinschaft ein Schießtraining mit dem Gewehr absolviert haben.

Das Innenministerium schreibt dazu: "Das G3-Sturmgewehr ist ein vollautomatisches Gewehr, das dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt. Schießübungen mit diesem Gewehr im Schützenhaus von Vohenstrauß wären illegal." Dass das Schießtraining tatsächlich stattgefunden hat, will das Innenministerium nicht bestätigen: "Den bayerischen Sicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse über Schießübungen von Franco A. mit einem Sturmgewehr G3 im Schützenhaus Vohenstrauß vor."

_______________________________________________


MiGAZIN, 08.07.2021:

Volksverhetzung / Entfernen von NPD-Plakaten in Mönchengladbach war rechtens

08.07.2021 - 05.21 Uhr

Die Anordnung der Stadt Mönchengladbach aus dem Jahr 2019, NPD-Wahlplakate mit der Aufschrift "Stoppt die Invasion: Migration tötet" war juristisch korrekt. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden. Das Plakat sei volksverhetzend.

Laut einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster durfte die Stadt Mönchengladbach anordnen, Wahlplakate der rechtsextremen NPD abhängen zu lassen. Die konkrete Gestaltung des Plakates erfülle den Straftatbestand der Volksverhetzung, erklärte das Gericht am Mittwoch. (AZ: 5 A 1386/20). Der Kreisverband Mönchengladbach der NPD hatte zur Europawahl 2019 in der Stadt Plakate mit dem Slogan "Stoppt die Invasion: Migration tötet" in der Stadt aufgehängt.

Die Stadt verlangte die Entfernung der Plakate. Dieser Anordnung war der Kreisverband der NPD auch gefolgt. Allerdings wollte dieser zugleich über den Klageweg eine Feststellung erwirken, dass die Anordnung rechtswidrig gewesen sei.

Zwar seien im politischen Meinungskampf auch zugespitzte und polemische Äußerungen von der im Grundgesetz festgelegten Meinungsfreiheit gedeckt, erklärte das Gericht weiter. In dem vorliegenden Fall ziele das Wahlplakat allerdings darauf ab, "alle Migranten mit Mördern gleichzusetzen, vor denen Deutsche überall Angst haben müssten", so das Gericht.

Plakat negiert Menschenwürde

"Durch die Aufzählung von Orten und das Anschneiden der Ortsnamen entsteht zudem der Eindruck, dass es sich um eine Vielzahl an Vorfällen handelt. Dies negiert in der Ge­samtschau die Menschenwürde der hier lebenden Migranten und ist geeignet, durch das Schüren von Hass den öffentlichen Frieden zu beeinträchtigen", erklärt das Gericht weiter.

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf. Der Kläger habe bereits Revision eingelegt, hieß es. Das Oberverwaltungsgericht hatte diesen Weg wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Frage der strafrechtlichen Bewertung des Plakats durch die Verwaltungs- und auch die Strafgerichte nicht einheitlich ausfalle. (epd/mig)

Bildunterschrift: Ein Infostand der NPD.

_______________________________________________


Blick nach Rechts, 08.07.2021:

AfD-Politiker Martin Hebner ist tot

Von Thomas Witzgall

Martin Hebner, bei der letzten Bundestagswahl überraschender Listenführer der AfD Bayern, ist tot. Er starb nach langer Krankheit. Wenige Tage zuvor hatte ein Familienmitglied auf Hebners Facebook-Seite einen Text veröffentlicht, in dem es auch um angebliche Attacken durch "die Antifa" ging - die Polizei widersprach jedoch Teilen der Darstellung.

Der Bundestagsabgeordnete Martin Hebner hatte sich schon länger aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, aber sein Bundestagsmandat behalten. Hebner hatte sich besonders in der AfD-Kampagne gegen den Migrationspakt engagiert.

In den letzten Tagen ging noch eine Botschaft über seinen Facebook-Account viral, offenbar verfasst von einem Kind Hebners. Dieser hätte in der Nacht auf Sonntag "wieder mal Besuch von der Antifa" heißt es dort. Ein Aufkleber wurde an dessen Haus hinterlassen. Worauf diese Informationen zu den mutmaßlichen Verantwortlichen der Tat beruht, ist unklar.

Polizei: Kein politischer Hintergrund

Weiter wird in der Veröffentlichung ein Vorfall vom Juni 2020 thematisiert, Hebner sei von einem Mann mit einem Knüppel attackiert worden. Die Polizei hätte dazu geraten, keine Anzeige aufzunehmen, "da dies zum einen wenig bringe und zum anderen im Zweifel zu noch mehr Aggression führen würde".

Der "Merkur" hatte sich daraufhin bei der Polizei erkundigt. Diese stellte dagegen klar, dass der erwähnte Angriff "keinerlei politischen Hintergrund" gehabt hätte. Hebner sei lediglich in Streit mit einem Hundebesitzer geraten, der ihn dann mit einem Stock geschlagen hatte. Auch hatte die zuständige Staatsanwaltschaft ermittelt.

Überraschender Listenführer 2017

Hebner wurde bekannt, als er bei der Aufstellungsversammlung zur letzten Bundestagswahl überraschend gegen den damaligen Landesvorsitzenden Petr Bystron antrat und ihn in der Kampfabstimmung schlug.

Nachrücker für Hebner in den Bundestag wäre der frühere oberbayerische Bezirksvorsitzende Florian Jäger. Jäger hatte sich bei der Aufstellungsversammlung in Greding jüngst um Platz 12 beworben, was nach momentanem Stand noch eine gewisse Chance auf den Einzug in den Bundestag bedeutet hätte, wurde aber nicht gewählt.

Bildunterschrift: Der mittlerweile verstorbene AfD-Politiker auf einer Demonstration im Jahr 2017.

_______________________________________________


zurück