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Lippische Landes-Zeitung , 06.10.2020 :

Kommentar / Schlaglicht auf die rechte Szene

Sven Kienscherf

Der Staatsschutz der Polizei hält sich bedeckt, wenn es um Auskünfte zu den drei laufenden Ermittlungen zu den wohl rechtsextrem motivierten Taten in Bad Salzuflen geht. Zwei Brandstiftungen und eine Körperverletzung müssen aufgeklärt werden. Dass bei den Straftaten niemand schwer verletzt wurde, ist wohl eher Zufall.

Es sind gleich drei Vorfälle in nicht mal einem halben Jahr. Klar ist, dass die Straftaten nicht in einem luftleeren Raum passieren. Gruppen und Einzelpersonen sind in der Region aktiv und verbreiten teils seit Jahrzehnten ihre Propaganda, auch wenn sie in der Mehrheit nicht offen dazu aufrufen, Straftaten zu begehen und sich davon distanzieren. Zumindest bei einigen kann man allerdings davon ausgehen, dass es sich dabei eher um taktische Erwägungen als um moralische Skrupel handelt. Dass die Polizei sich zu laufenden Ermittlungen nicht äußert, mag verständlich sein. Umso wichtiger sind zivilgesellschaftliche Gruppen wie das "Recherche Kollektiv OWL", die ein Schlaglicht auf die Protagonisten der rechtsextremen Szene werfen. Seit Beginn der Corona-Pandemie wähnen sich diese im Aufwind. Auf den Demos der Corona-Leugner und Lockdown-Kritiker treten sie teils offensiv auf und treffen dort auf ein naives oder gleichgültiges Umfeld, das sich nicht darum schert, neben Rechtsextremisten zu laufen oder offen für deren Ideologie ist. Umso mehr muss sich die Mehrheitsgesellschaft klar dagegen stellen.

skienscherf@salzeagentur.de

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Lippische Landes-Zeitung, 06.10.2020:

Polizei hält sich zu Ermittlungen bedeckt

Zwischen April und September ereignen sich in der Kurstadt drei Straftaten mit mutmaßlich rechtsextremen Hintergründen, darunter zwei Brandstiftungen und eine Körperverletzung / Abschließend aufgeklärt ist offenbar noch keiner der Fälle

Sven Kienscherf

Bad Salzuflen. Der Bielefelder Staatsschutz ermittelt derzeit in mindestens drei Fällen zu Taten mit sehr wahrscheinlich rechtsextremen Hintergründen, die sich in jüngster Zeit in der Kurstadt ereignet haben. Dazu zählen ein versuchter Brandanschlag auf den Fürstenhof, ein gewalttätiger Angriff auf einen Bad Salzufler in der Innenstadt und das Abbrennen eines Autos in Werl-Aspe. Die Polizei hält sich allerdings mit Auskünften zu Ermittlungen, möglichen Tätergruppen und der rechtsextremen Szene in der Region bedeckt.

Wie berichtet, waren Polizei und Feuerwehr am 9. April von Anwohnern in die Parkstraße gerufen worden, nachdem Teile des Gebüsches vor dem Fürstenhof in Brand geraten waren. Auslöser war laut Polizei ein "Glasbehälter" mit Brandbeschleuniger, der in den Eingangsbereich geworfen worden war. Der Sachschaden blieb gering, verletzt wurde niemand. Die Täter ließen einen Schriftzug zurück: "Keine Asylanten" hatten sie auf das Glas der Außentüre gesprüht. Kurz vor dem Anschlag waren die Pläne der Bezirksregierung bekannt gegeben worden, in dem nahe zum Fürstenhof gelegenen Sophienhaus Flüchtlinge unterzubringen.

Ein weiterer rechtsextremer Vorfall, der ein bundesweites Medienecho auslöste, war der offensichtlich rassistisch motivierte Angriff auf einen Bad Salzufler mit kongolesischer Staatsbürgerschaft. Der zum Tatzeitpunkt 57-Jährige war am Abend des 28. August mit seiner Frau in der Innenstadt unterwegs. Er wurde zunächst beleidigt und dann von mehreren Männern angegriffen. Ein von Zeugen aufgenommenes Video zeigt, wie zumindest einer der Angreifer schwerste Verletzungen des Opfers in Kauf nimmt, als er versucht, dem mit dem Rücken zu einer Treppe an der Salze stehenden 57-Jährigen ins Gesicht zu schlagen. Es ist wohl Glück, dass der Mann nicht rücklings die Treppe hinuntergestürzt ist. Schließlich schritten Zeugen ein, die Polizei ermittelte kurze Zeit später drei Männer aus Essen als mutmaßliche Täter. Laut Polizei sind sie bisher noch nicht wegen rechter Straftaten in Erscheinung getreten.

Der dritte Vorfall ereignete sich am 18. September. Unbekannte zündeten in der Oststraße in Werl-Aspe einen Ford Focus an, den sie zuvor laut Polizei unter anderem mit einem Hakenkreuz beschmiert hatten. Allen drei Fälle hat der Staatsschutz aus Bielefeld übernommen, der sich unter anderem mit politischem Extremismus befasst. Laut Pressestelle der Polizei laufen in allen Fällen noch die Ermittlungen, daher könne man keine weiteren Informationen geben. Auch zu den Erkenntnissen des Staatsschutzes über die rechte Szene in Bad Salzuflen könne man keine Details mitteilen. Die Polizei verweist lediglich auf eine Statistik zu rechten Straftaten. Hier zählt die Kreispolizeibehörde Lippe für das vergangene Jahr 45 Delikte mit rechtsextremen Hintergründen im Kreis Lippe. Den Großteil machen Propagandadelikte aus. Insgesamt wurden aus Sicht der Polizei 15 der Taten aufgeklärt. Zum Vergleich: Die Kreispolizeibehörden Herford und Bielefeld zählen 22 beziehungsweise 74 Delikte aus der rechten Szene für 2019.

2018 waren es im Kreis Lippe 37 Delikte, aufgeklärt wurden 9.

Gewaltdelikte mit rechtsextremen Hintergründen zählt die Polizei für 2019 im Kreis Lippe 2. In beiden Fällen handelte es sich um Körperverletzung. Für 2018 führt die Statistik keine Gewaltdelikte auf, für das Jahr 2017 sind es ebenfalls 2 bei 52 rechtsextremen Straftaten insgesamt, von denen 15 aufgeklärt wurden.

Sie erreichen den Autor unter skienscherf@salzeagentur.de.

Bildunterschrift: In den Eingangsbereich des Fürstenhofs ist im April ein Brandsatz geworfen worden. Auf die Tür sprühten die Täter "Keine Asylanten". Der Staatsschutz aus Bielefeld ermittelt in dem Fall.

Die rechte Szene in der Region: Von völkischen Familien bis zum YouTuber

Mit der rechtsextremen Szene in Ostwestfalen-Lippe befasst sich seit Jahren das "Recherche Kollektiv Ostwestfalen". Die Aktivisten aus dem linken Spektrum gelten als ausgewiesene Experten, was rechte Aktivitäten in OWL betrifft. Die Gruppe spricht von einer sehr heterogenen rechten Szene, die sich durch eine "enorme Bandbreite" auszeichne. Besonders umtriebig sind demnach zwei Familien, die dem völkischen Spektrum zuzuordnen und in Ortsteilen von Detmold und Horn-Bad Meinberg ansässig sind. Das Oberhaupt der Familie aus Detmold ist laut Kollektiv seit Jahrzehnten aktiv und Mitglied mehrerer mittlerweile verbotener rechtsextremer Organisationen gewesen, die Kinder und Jugendliche "im Sinne neonazistischer Elitenbildung" indoktriniert haben sollen. Auch auf den so genannten Corona-Demos ließ sich der Mann blicken, unter anderem in Bielefeld. Einige der Demos dort wurden übrigens von einer Frau aus Bad Salzuflen angemeldet (wir berichteten). Eine klare Distanzierung gegenüber Rechtsextremisten auf der Veranstaltung blieb aus. Auch auf einer ähnlichen Demonstration in Herford liefen Rechtsextreme mit. Das Recherche Kollektiv spricht von einem Schulterschluss von Corona-Demonstranten mit Neonazis und Reichsbürgern. In Leopoldshöhe lebt laut Kollektiv ein Führungsaktivist der ostwestfälischen Neonazi-Szene, der regelmäßig auf Demos der rechten Szene anzutreffen sei. In Lage haben im September dem Kollektiv zufolge Mitglieder der "Identitären Bewegung" einen Stand aufgebaut, die laut Verfassungsschutz eine auf "völkisch-abstammungsmäßigen Kriterien fußende einwanderungskritische und islamfeindliche Haltung" einnimmt. In Vlotho durchsuchte die Polizei im Juni die Wohnung eines Mannes, weil er Mitglied der rechtsextremistischen Vereinigung "Nordadler" sein soll, die nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums einer nationalsozialistischen Ideologie folgt. Aus Vlotho stammt auch Ursula Haverbeck (92), die gegenwärtig wegen Volksverhetzung im Gefängnis sitzt, weil sie den Holocaust leugnet. Aus Horn-Bad Meinberg kommt auch ein Ex-Polizist, der auf seinem YouTube-Kanal gegen Flüchtlinge polemisiert und dort mehr als 250.000 Abonnenten zählt. Das Recherche Kollektiv geht davon aus, dass die Akteure durchaus unterschiedliche Einstellungen haben. Allen gemeinsam sei aber, dass sie einen rechten Diskurs befeuern und diesen "teilweise militant verteidigen". (ski)

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Polizeipräsidium Bielefeld, 18.09.2020:

Brandanschlag auf Pkw in Bad Salzuflen - Zeugen gesucht

18.09.2020 - 16.03 Uhr

Bielefeld (ots) MK / Bielefeld / Bad Salzuflen Werl-Aspe. Die Ermittler des Staatsschutz Bielefeld bitten die Öffentlichkeit um Mithilfe bei der Aufklärung eines Brandanschlags am Freitag, 18.09.2020, auf einen abgestellten Pkw in Bad Salzuflen im Ortsteil Werl-Aspe.

Nach dem bisherigen Ermittlungsstand verübten unbekannte Täter gegen 02.00 Uhr einen Brandanschlag auf einen, in der Oststraße abgestellten, grauen Ford Focus. Zunächst sprühten der oder die Täter mit schwarzer Farbe unter anderem ein Hakenkreuz auf den Pkw. Anschließend zündeten sie das Fahrzeug mittels Brandbeschleunigers an.

Die durch Zeugen alarmierte Feuerwehr konnte den Pkw löschen, dennoch wurde er durch den Brand völlig zerstört. Ein weiteres neben stehendes Fahrzeug wurde zudem leicht beschädigt.

Der Staatsschutz in Bielefeld hat die Ermittlungen übernommen und sucht Zeugen. Die Ermittler fragen, wer hat rund um die angegebene Tatzeit am Tatort oder in dessen Umgebung verdächtige Beobachtungen gemacht?

Hinweise und Angaben dazu nimmt das Polizeipräsidium Bielefeld / Kriminalinspektion Staatsschutz unter der Telefonnummer 0521 / 545-0 entgegen.

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Westfalen-Blatt Online, 31.08.2020:

Ermittlungen gegen drei Männer: rassistische Beleidigung und Schläge

31.08.2020 - 17.10 Uhr

Tatverdächtige sollen in Bad Salzuflen auf Kongolesen eingeschlagen haben

Bad Salzuflen / Bielefeld (dpa). Die Polizei hat in Bad Salzuflen drei Männer gefasst, die einen 57-Jährigen rassistisch beleidigt und auf ihn eingeschlagen haben sollen.

Der Staatsschutz der Polizei Bielefeld übernahm die Ermittlungen. Der Kongolese trug leichte Verletzungen davon. Seine Frau und Zeugen hatten schlichtend eingegriffen, das Trio ließ von dem Opfer ab und entfernte sich, wie die Polizei am Montag mitteilte.

An Hand der Beschreibungen konnten die drei Tatverdächtigen - Männer im Alter von 49, 50 und 53 Jahren aus Essen - festgenommen werden.

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Polizei Lippe, 14.04.2020:

Bad Salzuflen: Zeugen für vorsätzliche Brandstiftung gesucht

14.04.2020 - 14.57 Uhr

Lippe (ots). Bislang Unbekannte warfen am Gründonnerstag einen Glasbehälter, gefüllt mit Brandbeschleuniger, in den Eingangsbereich des ehemaligen Kurheims "Fürstenhof" in der Parkstraße. Feuerwehr und Polizei wurden gegen 10.15 Uhr zu dem Einsatzort gerufen. Am Gebäude entstand nur geringer Sachschaden. Ein angrenzendes Gebüsch brannte nieder, so dass Sachschaden in Höhe von circa 1.000 Euro entstand. Die Feuerwehr konnte das Feuer schnell löschen. An der Eingangstür wurde der Schriftzug "Keine Asylanten" angebracht. Von einem Tatzusammenhang auszugehen, so dass die Ermittlungen beim Staatsschutz in Bielefeld geführt werden. Ihre Hinweise zu den Straftaten richten Sie bitte an der Rufnummer 0521 - 5450.

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Am 18. September 2020, gegen 02.00 Uhr, wurde ein Brandanschlag auf einen abgestellten Ford Focus in Bad Salzuflen im Ortsteil Werl-Aspe verübt, zuvor wurde außerdem ein Hakenkreuz auf den Pkw gesprüht.

Am 28. August 2020 wurden in Bad Salzuflen drei Männer, im Alter von 49, 50 sowie 53 Jahren aus Essen, die einen 57-Jährigen rassistisch beleidigt sowie diesen geschlagen haben sollen, von der Polizei gefasst.

Am 28. August 2020 wurde ein Mann kongolesischer Staatsangehörigkeit, aus einer Gruppe von circa acht Personen heraus, in Bad Salzuflen rassistisch beleidigt - drei Männer schlugen nachkommend auf ihn ein.

Am 13. April 2020 wurde in Bad Salzuflen ein Brandbeschleuniger in den Eingangsbereich des ehemaligen Pflegeheim "Fürstenhof" geworfen, an der Eingangstür wurde der Schriftzug "Keine Asylanten" angebracht.

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