5 Artikel ,
31.07.2020 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
Jüdische Allgemeine Online, 31.07.2020:
Europa erinnert an ermordete Sinti und Roma
Neue Westfälische, 31.07.2020:
"Wir gelten noch immer als Fremde
MiGAZIN, 31.07.2020:
Ausstellung / NS-Raubkunst auf der Spur
Blick nach Rechts, 31.07.2020:
Worch als OB-Kandidat
Spiegel Online, 31.07.2020:
Früherer AfD-Landeschef Kalbitz geht juristisch gegen Rauswurf vor
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Jüdische Allgemeine Online, 31.07.2020:
Europa erinnert an ermordete Sinti und Roma
31.07.2020 - 11.54 Uhr
Zentralrat der Juden, Evangelische Kirche und Zentralrat der Sinti und Roma gedenken der Schoa-Opfer
Von Leticia Witte
An diesem Sonntag wird in zahlreichen europäischen Staaten an die Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma während der NS-Zeit erinnert.
75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, des Holocaust sowie der Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager wollen hochrangige Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland, des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam die KZ-Gedenkstätte Auschwitz besuchen.
Die deutsche Delegation wird unter anderem vom Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, geleitet
Geplant ist auch die Teilnahme an der Gedenkstunde anlässlich des vom Europäischen Parlament initiierten Europäischen Gedenktages für Sinti und Roma am 2. August. Dabei soll an die rund 500.000 ermordeten Sinti und Roma in dem von den Nationalsozialisten besetzten Europa erinnert werden.
Juden
Die deutsche Delegation, die auch an die Schoa erinnern will, wird geleitet vom Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, dem Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sowie dem Ratsvorsitzenden und der Synoden-Präses der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Irmgard Schwaetzer.
Rose warnte vor einem neuen Nationalismus in Europa. In Staaten wie Ungarn oder Polen "geht die politische Entwicklung mit einem Geschichtsrevisionismus einher", sagte er der "Neuen Westfälischen" (Freitag). In Deutschland versuche die AfD, "völkisches Gedankengut hoffähig zu machen".
Rose kritisierte, dass die Partei "mit Geschichte und Sprache" jongliere. Dies zeige sich etwa in einer Glorifizierung der Wehrmacht und der Forderung nach einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad. "Die Rechtsextremisten innerhalb und außerhalb der AfD sind eine Gefahr für Deutschland."
Minderheit
Zugleich würdigte Rose die Erinnerungskultur in Deutschland. Historisches Gedenken sei "keine Übertragung von Schuld, sondern die lebendige Verpflichtung, sich gegen Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus zu stellen". In Europa hätten "vor allem Juden und Zigeuner immer als Sündenböcke" gegolten - "schon lange vor dem Holocaust". Noch immer gebe es einen grassierenden Antiziganismus. Sinti und Roma seien "zu häufig eine unerwünschte Minderheit".
Romani Rose warnt vor einem neuen Nationalismus in Europa - und vor der AfD
Dass viele Angehörige dieser Minderheit sich nicht offen zu ihrem Hintergrund äußern wollten, liege vor allem an gängigen Negativklischees über "Zigeuner", erklärte Rose. Er verwies darauf, dass der Völkermord an den europäischen Sinti und Roma in Deutschland erst 1982 offiziell anerkannt wurde. "Einige aus unserer ursprünglichen Volksgruppe haben immer noch damit zu tun, ihre Identität wiederzufinden."
Sündenböcke
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zeigte sich besorgt wegen einer weltweiten Zunahme von Hass-Verbrechen gegen Roma. Diese Form rassistischer Gewalt müsse engagierter verfolgt werden. Gerade in Corona-Zeiten würden Roma oft zu Sündenböcken abgestempelt, betonte GfbV-Direktor Ulrich Delius.
Antiziganismus äußere sich in tätlichen Übergriffen und in rassistischer Hetze in Sozialen Medien. Rassismus gegenüber Sinti und Roma sei nicht nur ein Problem in Deutschland, sondern in der gesamten EU und den Beitrittsländern auf dem West-Balkan.
Bildunterschrift: Mahnmal in Berlin-Mitte für die während der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma.
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Neue Westfälische, 31.07.2020:
"Wir gelten noch immer als Fremde"
Vor dem Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma spricht der Zentralratsvorsitzende Romani Rose über die Folgen gängiger "Zigeuner"-Klischees und ein Urteil, für das sich der Bundesgerichtshof heute schämt
Florian Pfitzner
Bielefeld / Heidelberg. In der Telefon-Warteschleife des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma läuft Ludwig van Beethoven, "Für Elise". Beethoven war von der Musik der ungarischen Roma geprägt, genau wie Franz Liszt oder Joseph Haydn. "Sinti und Roma haben ein reiches kulturelles Erbe geschaffen", sagt der Zentralratsvorsitzende Romani Rose am anderen Ende der Leitung. Bislang hat man das in Europa kaum zu schätzen gelernt - im Gegenteil.
Vor dem Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma an diesem Sonntag, 2. August, kritisiert Rose einen grassierenden Antiziganismus. Zu häufig seien die Menschengruppen, die er vertritt, noch "eine unerwünschte Minderheit", sie würden "noch immer ausgegrenzt und zu Fremden erklärt".
Rose war 1982 Mitbegründer des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma und ist seitdem Vorsitzender. Im Gespräch würdigt er die Erinnerungskultur in Deutschland; historisches Gedenken sei "keine Übertragung von Schuld, sondern die lebendige Verpflichtung, sich gegen Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus zu stellen". In Europa hätten "vor allem Juden und Zigeuner immer als Sündenböcke" gegolten - "schon lange vor dem Holocaust".
Die Häufung rechter Terroranschläge registriert Rose genau. Er warnt vor einem neuen Nationalismus in Europa. In EU-Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder Polen gehe die politische Entwicklung mit einem Geschichtsrevisionismus einher. In Deutschland versuche die AfD, "völkisches Gedankengut hoffähig zu machen", sagt Rose. "Diese Partei jongliert mit Geschichte und Sprache", das zeige sich unter anderem bei der Glorifizierung der Wehrmacht und der Forderung nach einer erinnerungspolitischen Wende. "Die Rechtsextremisten innerhalb und außerhalb der AfD sind eine Gefahr für Deutschland."
Die Gedenkstätte für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas steht im Großen Tiergarten in Berlin - "also nicht irgendwo", sagt Rose, der die Einweihung 2012 als "große Errungenschaft unserer deutschen Erinnerungskultur" sieht. Während des Völkermordes an den als "Zigeuner" verfolgten Angehörigen der Minderheit wurden mindestens 500.000 Männer, Frauen und Kinder getötet.
Wie viele Sinti und Roma heute in Europa leben, ist schwer zu sagen. In Rumänien sind es laut Schätzungen des Zentralrates weit mehr als zwei Millionen, in Bulgarien und Spanien etwa eine Million Menschen. In Deutschland liege die Zahl ungefähr bei 60.000 Sinti und 10.000 Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit. Zudem rechnet man mit einer hohen Zahl von Zuwanderern aus Südosteuropa, die in Deutschland aber nur selten als Angehörige der Minderheit in Erscheinung treten.
Warum so viele Sinti und Roma über ihre Hintergründe schweigen? "Das liegt an den gängigen Negativklischees über "Zigeuner"", erklärt Rose. "Viele leben lieber in der Anonymität, weil sie Angst vor Diskriminierung haben." Zur Wahrheit gehört die historische Ausgangslage: Der Völkermord wurde erst 1982 offiziell anerkannt. "Einige haben bis heute damit zu tun, ihre Identität wiederzufinden."
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat noch im Januar 1956 einen Entschädigungsanspruch verweigert. Es erging folgendes Urteil: Sie, die "Zigeuner", neigten zur Kriminalität, "besonders zu Diebstählen und Betrügereien". Vielfach fehlten "die sittlichen Antriebe der Achtung von fremdem Eigentum, weil ihnen wie primitiven Urmenschen ein ungehemmter Okkupationstrieb zu eigen ist".
Die Entscheidung galt bis ins Jahr 1963. Erst 1965 trieb der Bundestag eine Gesetzesänderung voran, die aber wegen allzu kurzer Fristen den vorher abgelehnten Sinti und Roma kaum die Möglichkeit zu einer Entschädigung bot. BGH-Präsidentin Bettina Limperg sagte Jahrzehnte später, dass man sich "angesichts der Tragweite des historischen Unrechts nur schämen" könne.
Zum diesjährigen Holocaust-Gedenktag hat der Zentralrat eine virtuelle Veranstaltung geplant. "Wir gedenken der letzten 4.300 Sinti und Roma, die am 2. August 1944 im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet wurden", sagt Rose, "wir gedenken der Opfer des Völkermordes, wir gedenken aller Opfer des Nationalsozialismus".
Von Sido bis Marianne Rosenberg
Fußballstars wie Andrea Pirlo und Zlatan Ibrahimovic mussten sich wegen ihrer familiären Hintergründe immer wieder gegen antiziganistische Angriffe wehren, genauso der Berliner Rapper Sido alias Paul Würdig.
"Wir wurden Zigeuner-Pack genannt", verriet Würdig einmal in einem Interview.
Auch Charlie Chaplin, Drafi Deutscher und Marianne Rosenberg werden gern als prominente Sinti und Roma genannt.
Bildunterschrift: Ein Foto in der Dauerausstellung des ehemaligen Konzentrationslagers Mittelbau-Dora bei Nordhausen (Thüringen) - das bei der Verfolgung von Sinti und Roma eine zentrale Rolle spielte - zeigt zwei Häftlinge einen Tag nach der Befreiung am 12. April 1945.
Bildunterschrift: Romani Rose, 1946 in Heidelberg geboren, ist Mitbegründer und Vorsitzender des Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma.
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MiGAZIN, 31.07.2020:
Ausstellung / NS-Raubkunst auf der Spur
31.07.2020 - 05.20 Uhr
Befindet sich im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster Raubkunst? In detektivischer Arbeit geht eine Kunsthistorikerin seit zwei Jahren dieser Frage nach. In einer Ausstellung präsentiert sie erste Ergebnisse und gibt Einblick in die Forschung.
Im Nationalsozialismus wurden viele jüdische Menschen ihres Eigentums beraubt. Unter den Besitztümern befanden sich auch wertvolle Kunstwerke, die später in Museen und Galerien wieder auftauchten. Nicht zuletzt seit dem spektakulären Kunstfund bei dem Kunsthändler-Sohn Cornelius Gurlitt im Jahr 2012 sind Provenienzforscherinnen und -forscher damit beschäftigt, die Besitzgeschichte von Werken in deutschen Museen zu klären. Wie das funktioniert, zeigt ab diesen Freitag die Ausstellung "Eine Frage der Herkunft. Geschichte(n) hinter den Bildern" im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster.
"Man erfährt viel über Menschen und Schicksale", sagt Eline van Dijk. Die Kunsthistorikerin forscht zur Herkunft (Provenienz) von Werken im LWL-Museum und hat in den vergangenen zwei Jahren dessen Bestand der klassischen Moderne genau unter die Lupe genommen. Ihr Blick richtete sich dabei besonders auf Bilder, die nach 1933 in die Sammlung kamen und deren Vorbesitzer jüdisch klingende Namen hatten oder die aus Archiven von Kunsthändlern stammen, die schon einmal mit Raubkunst in Zusammenhang standen.
Bei ihren aufwendigen Recherchen geht van Dijk mit detektivischen Spürsinn vor, sie wälzt Inventarverzeichnis in Archiven, korrespondiert mit Kunsthändlern, durchforstet das Internet nach Hinweisen und tauscht sich mit Kollegen aus. Dem bundesweiten Arbeitskreis Provenienzforschung gehören nach eigenen Angaben rund 330 Forscherinnen und Forscher an, die der Herkunftsgeschichte insbesondere von NS-Raubkunst nachgehen. Weitere Schwerpunkt ihrer Arbeit sind zudem in der ehemaligen DDR enteignete oder aus kolonialen Kontexten stammende Kulturgüter.
Herkunft nicht immer klar
"Man muss sehr akribisch vorgehen und einen Misserfolg aushalten können", sagt van Dijk. Denn nicht bei jedem Bild lasse sich die Herkunft lückenlos klären. Solche Objekte werden dann in der so genannten Lost Art-Datenbank veröffentlicht, die vom 2015 gegründeten Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg betrieben wird. Das frei zugängliche Internet-Portal vernetzt Provenienzforscher, Kunsthändler und Menschen, die nach geraubter Kunst suchen. Die Zentrum Kulturgutverluste fördert nach eigenen Angaben derzeit Projekte in rund fünf Dutzend Museen, Bibliotheken und Archiven - darunter das LWL-Museum in Münster.
Die Ausstellung zeigt in vier Räumen 17 Gemälde aus der Sammlung des Museums des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Der erste Teil gibt Einblick in die Provenienzforschung am Beispiel von Carl Bleichens um 1820 entstandene "Romantische Landschaft mit Ruine". Das Bild wurde wahrscheinlich vor 1914 von einem Julius Freund in Berlin gekauft und gelangte 1933 in die Schweiz, wo es von den Nationalsozialisten für ein geplantes Führermuseum erworben wurde. 1969 kam es als Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland nach Münster. Das LWL-Museum gab es nach Klärung der Herkunft 2005 an die Erben von Julius Freund zurück und kaufte es diesen 2010 wieder ab.
Offene oder lückenhafte Herkunft
Der zweite Raum versammelt Werke, deren Herkunft als unbedenklich gilt. Dazu gehört etwa das 100 Jahre alte Gemälde "Frau mit verbundenem Kopf" von Karl Schmidt-Rottluff. An Hand eines Zeitstrahls, der sich über die Wand zieht, können Besucherinnen und Besucher den Weg des Bildes bis heute nachverfolgen. Fotos, Briefe und alte Ausstellungs- und Auktionskataloge machen das Thema zudem anschaulich.
Im dritten Ausstellungsbereich werden Kunstwerke präsentiert, die eine offene oder lückenhafte Herkunft aufweisen, aber bisher keinerlei Indizien auf NS-Raubkunst geben. In diesen Fällen erhofft sich van Dijk neue Hinweise durch die Ausstellung.
Bei Sotheby’s wiederaufgetaucht
Als bedenklich stuft die Provenienzforscherin die Herkunft von Max Liebermanns Gemälde "Getreideernte" (1874) ein, das im Mittelpunkt des letzten Raumes steht. In langwieriger Recherche hat van Dijk herausgefunden, dass es Paul Stern gehörte, der von den Nazis in ein Sammellager in München verschleppt wurde, wo er sich am 9. Juni 1942 das Leben nahm. Das Bild selbst tauchte 1979 bei Sotheby’s in London wieder auf. Wer es damals zur Auktion gab und wer es erwarb, ist bislang nicht bekannt. In das LWL-Museum kam es 1998 als Schenkung der privaten Sammler Dorothea und Günther Kern.
Zur Ausstellung, die bis 10. Januar zu sehen ist, erscheint eine Publikation mit dem Titel "Eine Frage der Herkunft. Netzwerke, Erwerbungen, Provenienzen". Eline van Dijks Forschungsprojekt im LWL-Museum ist damit nicht beendet. Ab Herbst untersucht sie die Besitzgeschichte der Gemäldebestände aus dem Mittelalter sowie dem 16. bis 19. Jahrhundert. (epd/mig)
Info: Das Museum hat dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr und an jedem zweiten Freitag im Monat von 10 bis 24 Uhr (bei freiem Eintritt ab 18 Uhr) geöffnet.
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Blick nach Rechts, 31.07.2020:
Worch als OB-Kandidat
Hamm. Der Neonazi und Gründer der Kleinstpartei "Die Rechte" (DR), Christian Worch, bewirbt sich bei der Kommunalwahl in Hamm als Oberbürgermeister.
Zwar lebt Worch in der Kleinstadt Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. Jedoch betonte der langjährige Neonazi, dass sich in Hamm kein Mitglied seiner Partei für diese Kandidatur bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen zur Verfügung habe stellen wollen. "Die Rechte" habe rund ein Drittel der Kommunalwahlbezirke mit Direktkandidaten besetzen können, sagte Worch gegenüber dem "Westfälischen Anzeiger". OB-Kandidat sei nun er, betonte der 64-Jährige.
Worch war 2012 Mitbegründer der DR und war lange Jahre deren Vorsitzender. Unterdessen ist er deren Bundesschatzmeister. Im Jahr 2017 wollte er Bürgermeister im baden-württembergischen Au am Rhein (Kreis Rastatt) werden. Seine Kandidatur sorgte dort für Wirbel, letztlich erhielt er jedoch nur acht Stimmen.
Auch in Hamm sorgt die Kandidatur seit Wochenbeginn für Aufsehen, Berichten in den Lokalmedien sowie Diskussionen in der Lokalpolitik und Verwaltung. Letztlich stimmte der Kommunalwahlausschuss am Mittwoch der Kandidatur jedoch zu. Würde Worch etwa abgelehnt und dagegen rechtlich vorgehen so stünde der Stadt ein jahrelanger Rechtsstreit darüber bevor, ob die Kommunalwahlen am 13. September rechtssicher abgelaufen sei. (mik)
Bildunterschrift: Der bekannte Neonazi Christian Worch tritt bei der Oberbürgermeisterwahl in Hamm an (Foto: Archiv).
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Spiegel Online, 31.07.2020:
Früherer AfD-Landeschef Kalbitz geht juristisch gegen Rauswurf vor
31.07.2020 - 03.41 Uhr
Die Personalie Andreas Kalbitz beschäftigt die AfD weiter: Nun versucht dieser offenbar, mit rechtlichen Mitteln gegen die Annullierung seiner Parteimitgliedschaft vorzugehen.
Brandenburgs früherer AfD-Landeschef Andreas Kalbitz wehrt sich mit juristischen Mitteln gegen die Bestätigung seines Rauswurfs aus der Partei durch das Bundesschiedsgericht. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Landgericht Berlin wurde nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa vom Donnerstag versandt.
Der AfD-Bundesvorstand hatte die Parteimitgliedschaft von Kalbitz im Mai per Mehrheitsbeschluss für nichtig erklärt und als Grund Kontakte ins rechtsextreme Milieu angegeben. Das Bundesschiedsgericht bestätigte den Beschluss am Samstag.
Kalbitz war bereits juristisch gegen die Entscheidung des Bundesvorstands vorgegangen und hatte vor dem Landgericht mit einem Eilantrag Erfolg, darauf folgte aber die Entscheidung des Schiedsgerichts. Kalbitz will Landtagsfraktionschef bleiben - dagegen hat der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen Widerstand angekündigt. Dass ein Nicht-Parteimitglied Vorsitzender einer Landtagsfraktion bleibe, sei "nicht hinnehmbar".
Diese hatte auch in der Partei für Unfrieden gesorgt, Beobachter spreche von einem Machtkampf. Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland hatte der "Welt" zuletzt gesagt, dass er sich in dem Fall "einzig und allein nach den Entscheidungen und Urteilen der ordentlichen Gerichtsbarkeit richten" werde. "Denn beim Bundesschiedsgericht geht es offensichtlich um bestimmte politische Interessen, die hier aber nichts zu suchen haben dürfen."
AfD-Chef Meuthen hingegen wies Gaulands Vorwürfe an das Bundesschiedsgericht zurück. "Die Kritik an unserem Schiedsgericht finde ich komplett inakzeptabel", sagte Meuthen den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Niemand in der Partei sollte behaupten, dem Bundesschiedsgericht der AfD gehe es um politische Interessen." Die Richter arbeiteten "ehrenamtlich und sehr sorgsam", sagte Meuthen.
Kalbitz bewegte sich in der Nähe des "Flügels"
Der AfD-Bundesvorstand hatte als Grund für den Rauswurf von Kalbitz angegeben, dieser habe beim Parteieintritt eine frühere Mitgliedschaft in der inzwischen verbotenen rechtsextremen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) sowie bei den Republikanern nicht angegeben.
Kalbitz bestreitet die HDJ-Mitgliedschaft. Zwischenzeitlich war er auf Grund einer Entscheidung des Landgerichts Berlin wieder Mitglied der AfD - allerdings vorbehaltlich der Klärung durch das oberste Schiedsgericht der Partei.
Kalbitz war einer der Wortführer des offiziell aufgelösten "Flügels" in der Partei um den Thüringer AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke gewesen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Strömung als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" und Höcke sowie Kalbitz als "rechtsextremistische Führungspersonen" ein.
Bildunterschrift: Andreas Kalbitz: Dauerstreit mit Teilen der AfD.
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