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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt , 30.03.2020 :

Kranz für die Opfer der Bombenangriffe

Zum Gedenken an die verheerenden Bombenangriffe auf die Stadt Paderborn am 27. März 1945 wird jedes Jahr traditionell am Mahnmal am Busdorfwall ein Kranz niedergelegt - auch dieses Mal, allerdings anders als gewohnt. Auf Grund der Corona-Virus-Gefahren, bei der Menschenansammlungen untersagt sind, legte Bürgermeister Michael Dreier allein einen Kranz nieder. Im Namen des Rates, der Verwaltung und der Paderborner Bürger beging er den 75. Jahrestag in stillem Gedenken. "Mir ist es wichtig trotz oder gerade auf Grund der turbulenten Zeit, in der wir uns befinden, dieses besondere Ereignis nicht außer Acht zu lassen und der Opfer dieses Angriffs zu gedenken", sagte der Bürgermeister. "Die vergangenen Tage und die noch anstehenden Herausforderungen sollten uns den Frieden wieder mehr zu schätzen lernen. Gerade jetzt ist Solidarität das wichtigste Gut unserer Gesellschaft."

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 27.03.2020:

Morgengebet mit Totengedenken

Paderborn (WV). Wenn an drei Tagen des Jahres die Totenglocke des Hohen Domes zu Paderborn zu ganz bestimmten Zeiten weithin zu hören ist, wird der Toten der drei großen Luftangriffe auf Paderborn im Jahr 1945 gedacht. Am 17. Januar, am 22. März und am 27. März ertönt jedoch nicht allein die Totenglocke des Paderborner Domes: In einem als Totenleuchte gestalteten Erker eines Giebels der Südseite des Dom-Langhauses wird darüber hinaus ein Licht entzündet, das nur an diesen Tagen und an Allerseelen leuchtet. Weitere Zeichen der Erinnerung an die Toten der Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges sind die mit Mosaiken ausgestattete Gedächtniskapelle am Nordausgang des Kreuzganges und die Reste einer Luftmine am Eingang zum Kapitelfriedhof. Monsignore Andreas Kurte wird im Morgengebet an diesem Freitag um 8 Uhr an die Bombardierung Paderborns erinnern und der Toten im Gottesdienst gedenken. Das Morgengebet kann live im Internet mitgefeiert werden unter www.erzbistum-paderborn.de.

"Erinnern und Gedenken sind eine wesentliche Aufgabe für uns Menschen. Ein wahrhaft menschliches Leben ist ohne Vergewisserung in der eigenen Vergangenheit und Geschichte nicht möglich. Das lebendige Erinnern ist zudem wichtig gegen das Vergessen und Verdrängen. Deshalb halten wir als Metropolitan-Kapitel die Erinnerung wach und lebendig", sagt Dompropst Monsignore Joachim Göbel. Zudem sei es ein christlicher Grundauftrag, der Vergangenheit und der Toten zu gedenken - auch der Opfer der Bombardierungen von Paderborn im Jahr 1945. "Gott vergisst kein Lächeln und keine Träne. So bleibt Gott oft die einzige Hoffnung aller Opfer der grausamen Kriegsgeschichten der Menschheit", erklärt Monsignore Göbel. "Wir laden an diesen Tagen zu einem erinnernden Gebet oder zum Entzünden einer Kerze in den Dom ein." Der Dompropst weist auf ein Friedensgebet anlässlich des Jubiläums "75 Jahre Frieden in Europa" hin: "Für Freitag, 24. Juli, ist vor dem Beginn des Libori-Festes ein Friedensgebet geplant, das Erzbischof Hans-Josef Becker und Bischof Yves Le Saux aus unserem Partnerbistum Le Mans in Frankreich gemeinsam im Paderborner Dom halten werden. Mit diesem deutsch-französischen Gebet wird für den seit 75 Jahren bestehenden Frieden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedankt und wird zudem an den Ausbruch des deutsch-französischen Krieges vor 150 Jahren erinnert. Wir laden herzlich zur Teilnahme ein." Bereits am 8. Mai wird im Paderborner Dom um 19 Uhr anlässlich des Endes des Zweiten Weltkriegs vor genau 75 Jahren ein Ökumenischer Friedensgottesdienst gefeiert – sofern zu diesem Zeitpunkt Gottesdienste wieder öffentlich gefeiert werden dürfen.

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 27.03.2020:

Stille Mahnung

"Musikalische Meditation" in der Klosterkirche soll nachgeholt werden

Von Karl-Martin Fluter

Paderborn (WV) Am 27. März 1945 zerstörten Bomben auch das Michaelskloster und die Klosterschule in Paderborn. An dieses vor 75 Jahren erlittene Trauma sollte eine "Musikalische Meditation" in der Klosterkirche erinnern. Die Corona-Krise hat die Aufführung verhindert. Sie soll am 8. Mai nachgeholt werden.

Die sieben Schwestern im Konvent werden an diesem Abend allein in der Klosterkirche beten. An den verheerenden Bombenangriff erinnern auch zwei Objekte, die bis heute Spuren der Katastrophe vor 75 Jahren tragen. "Wir wollen aus der Erinnerung Kraft gewinnen", sagt Hans Hermann Jansen. Er ist Musiker, Hochschullehrer und Projektleiter des "Netzwerks Klosterlandschaft Ostwestfalen-Lippe". Das Netzwerk hatte in diesem Jahr mehrere Veranstaltungen zum Kriegsende geplant. Nur die erste hat Anfang März in Münster stattgefunden.

Das Michaelskloster in Paderborn wäre der zweite Veranstaltungsort gewesen. "Wir planen unter Vorbehalt eine Verlegung auf den 8. Mai, 20.30 Uhr", sagt Oberin Schwester Ancilla, "natürlich nur dann, wenn die allgemeinen Rahmenbedingungen das möglich machen". In den Michaelsschulen hatte man sich intensiv auf die "Musikalische Meditation" vorbereitet. Für eine Lichtinstallation waren von Schülerinnen gezeichnete Blumen digital ausgeschnitten und montiert worden: eine mit Absicht bunte und optimistische Gestaltung, die einen Gegenakzent zu dem musikalischen und gesprochenen Programm des Tages gesetzt hätte. Vorgesehen waren Stücke von Johann Sebastian Bach und Franz Schubert, Erhard Mauersberger und Louis Vierne, außerdem Texte von Else Lasker-Schüler und Nelly Sachs sowie der Psalm 130 "Aus der Tiefe rufe ich Herr, zu Dir".

Die "Musikalische Meditation" solle auf jeden Fall stattfinden, wenn auch zeitversetzt, betonte Schwester Ancilla. Man wolle mit der Veranstaltung auch zeigen, wie es den Menschen vor 75 Jahren gelungen sei, trotz der Zerstörung fast aller Lebensgrundlagen einen Neubeginn zu wagen. Dieses Anliegen gewinnt mit der aktuellen Krise an Bedeutung. Zwei Ereignisse machten den Schwestern 1945 in ihrer verzweifelten Lage nach dem Bombenangriff Mut. Sie hatten sich vor den durch die Brandbomben entfachten Feuern auf die Halbinsel zwischen zwei Paderarmen direkt gegenüber dem Michaelskloster geflüchtet. Nur sieben Schwestern ließen sich von der Glut nicht aus dem Kloster vertreiben. Sie versuchten weiter, die Brände einzudämmen. Das wäre nicht gelungen, wenn nicht Feuerwehrmänner, die aus Gütersloh zur Hilfe geeilt waren, vor dem Kloster auf der mit Trümmern bedeckten Straße hätten halten müssen. So begannen sie mit Löscharbeiten im Kloster. Das Schulgebäude war nicht mehr zu retten, aber Erdgeschoss und Teile der ersten Etage des Klosters wurden nicht komplett zerstört. Die Flammen erreichten nur noch ein Holzkreuz am Übergang zwischen Schule und Kloster. Das halb verbrannte, immer noch rauchgeschwärzte Kreuz hängt heute im Eingangsbereich des Klosters. Man könnte das ein Wunder nennen.

Noch eine zweite bedeutungsvolle Begebenheit erinnert an den verhängnisvollen 27. März 1945. Aus dem Tabernakel der vollkommen zerstörten Kirche retteten die Schwestern einen Kelch, dessen Goldbelag zerschmolzen war. Auf dem Boden des Metallgefäßes entdeckten sie runde Brandschatten, die von den durch die Hitze verdampften Hostien stammen. Bis heute sind die schwarzen Kreise auf dem metallenen Boden des Gefäßes deutlich zu sehen. Die Schwestern bewahrten den Kelch trotz seiner Beschädigung auf. Bis heute ist das versehrte sakrale Kunstwerk eine stille Mahnung und eine Erinnerung an Tod und Zerstörung, aber auch an den Mut durchzuhalten, den die Menschen damals aufbrachten.

Bildunterschrift: Nur die Fassade stand noch: Die Klosterkirche nach dem Bombenangriff.

Bildunterschrift: Bis zu diesem Kreuz kam das Feuer. Heute hängte es im Eingangsbereich des Klosters. Die Brandspuren sind deutlich zu sehen.

Bildunterschrift: Schwarze Schatten haben die Hostien hinterlassen, als sie in der großen Hitze der brennenden Kirche im Kelch verdampften.

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 23.03.2020:

Die schweren Luftangriffe auf Paderborn vor 75 Jahren

Reste einer Luftmine im Kreuzgang des Doms halten Erinnerung wach

Paderborn  (WV/mba). Am 22. März 1945 werfen britische Mosquito-Flugzeuge etwa 17 Tonnen Bomben ab, die die Paderborner Innenstadt stark zerstören. Dabei wird unter anderem der Dom getroffen. Die Reste einer Luftmine am Eingang zum Kapitelsfriedhof im Kreuzgang des Doms erinnern an dieses Ereignis vor 75 Jahren.

"Zum Gedenken 17. Jan, 22. März, 27. März" steht unter dem Erker der Totenleuchte, die sich rechts neben dem Paradiesportal am zweiten Giebel der Südseite des Langhauses befindet. Das sind die Tage, an denen Paderborn 1945 in der Endphase des Zweiten Weltkriegs von den alliierten Bombenangriffen am schlimmsten getroffen wurde. Am 22. März 1945 kamen 14 Menschen ums Leben, als die Luftmine im Kreuzgang explodierte.

Den ersten sehr schweren Luftangriff erlebte Paderborn am 17. Januar 1945. Damals starben in der Zeit zwischen 12.30 und 12.56 Uhr 237 Menschen. 137 Häuser wurden in Schutt und Asche gelegt, 296 erlitten schwere Schäden. 397 Flugzeuge der Alliierten sollen Bomben mit einem Gesamtgewicht von 1158 Tonnen abgeworfen haben. Zwischen dem 7. Januar und 27. März 1945 flogen Amerikaner und Briten abwechselnd ihre Angriffe, um die Infrastruktur der Stadt und die Moral der Bewohner zu zerstören. Den ersten hatte es bereits Mitte Juni 1940 gegeben.

Beim größten Luftangriff auf Paderborn, der am 27. März um 17.30 Uhr begann, starben 350 Menschen. Laut den inzwischen veröffentlichten Plänen der Alliierten wurden damals 20 Ziele bombardiert, 270 Maschinen warfen 1.378 Spreng- und Brandbomben ab. Der Dom brannte 1945 aus. "Das brennende Dach ist vom Gewölbe gehalten worden, das Feuer schlug durch die Fenster ins Innere. Es gibt nur noch drei Fenster aus dem Vorkriegsdom", blickte Dompropst Monsignore Joachim Göbel vor ein paar Monaten im Gespräch mit dieser Zeitung auf die Zeit zurück. Die Engelsfenster überlebten in der Krypta das Bombardement. Zudem setzten Wasserschäden dem Gotteshaus zu.

Auch die im Jahr 1973 mit Mosaiken ausgestattete Gedächtniskapelle soll die Erinnerung wach halten

An die Angriffe, die das komplette Dach, die Turmhaube und auch den zweiten Giebel auf der Südseite des Langhauses zerstörten, erinnern nicht nur die 1949 angebrachte Totenleuchte und die Reste der Luftmine am Eingang zum Kapitelsfriedhof. Auch die Gedächtniskapelle, die 1973 von der Paderborner Künstlerin Agnes Mann (1907 - 1994) mit Mosaiken ausgestattet wurde, soll die Erinnerung wach halten.

Als der Dom brannte, sei die Paderborner Bevölkerung schockiert gewesen, erinnerte sich 1946 Altbürgermeister Christoph Tölle: "In den späten Abendstunden des 27. März vergangenen Jahres konnte man von der Peripherie der Stadt aus beobachten, wie der im Feuer lodernde mächtige Turmhelm unseres Paderborner Domes in sich zusammenbrach. Das hat uns Paderborner ans Herz gegriffen. Viele Bürger unserer Stadt hatten alles verloren. Sie trauerten um ihre Angehörigen und um die ­Habe, irrten am Rande der Stadt umher oder hatten in den um­liegenden Dörfern Obdach gefunden. Trotzdem waren die tiefen Wunden des Domes auch ihre Wunden."

Die Zahl der Einwohner Paderborns war bis Mitte April 1945 auf knapp 5.000 gesunken. Auf die Tragödie machen die Totenglocke und die Totenleuchte des Domes jedes Jahr neu aufmerksam - so auch am gestrigen Sonntag.

Bildunterschrift: Bei dem schweren Luftangriff auf Paderborn am 22. März 1945 ­kamen 14 Menschen ums Leben. Die Reste dieser Luftmine am Eingang zum Kapitelsfriedhof im Kreuzgang des Doms erinnern an ­dieses Ereignis

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Am 27. März 1945 wurde bei den Luftangriffen von (266) schweren Lancaster-Bombern der Royal Air Force (Einheiten des britischen RAF Bomber Command) auf Paderborn die Stadt Paderborn weitgehend zerstört.

Am 22. März 1945, 21.00 Uhr, warfen neun britische Mosquito-Flugzeuge von Einheiten des britischen RAF Bomber Command 17 Tonnen Bomben ab, die den Paderborner Dom und Umgebung, stark beschädigen.

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