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Deister- und Weserzeitung , 22.01.2020 :

Russische Botschaft sponsert Mahnmal

Skulptur soll an sowjetische Zwangsarbeiter erinnern, die im Steinbruch starben

Von Jens Spickermann

Salzhemmendorf. Sowjetische Soldaten haben im Salzhemmendorfer Steinbruch während des Krieges geschuftet, gelitten und in mehreren Fällen ihr Leben gelassen. Nahe des jüdischen Friedhofs soll ein Mahnmal für sie geschaffen werden (wir berichteten). Zwar wird es kleiner als gedacht, dafür ist ein großer Coup gelungen, was die Finanzierung anbelangt: Die russische Botschaft in Berlin hat sich bereiterklärt, einen stattlichen Geldbetrag für das Denkmal beizusteuern.

Die Reaktion der Russen auf das geplante Mahnmal sei sehr positiv gewesen, erzählt der Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom, der das Projekt gemeinsam mit dem Bildhauer Burkhard Bösterling vorantreibt. "Die waren unglaublich angetan." Um die Diplomaten zu überzeugen, hatte Gelderblom ihnen die bisherigen Denkmal-Entwürfe zugesandt. Diese sahen bisher vor, dass der Erinnerungsort aus einer Stele, einer Wand, einer Infotafel und einer Bank bestehen sollte. Die 2,7 Meter hohe Stele aus sieben Steinblöcken soll die "Totalität des Systems" symbolisieren. Durch leichte horizontale Verschiebungen der Blöcke soll Raum für Assoziationen wie "Ausbruch, Hoffnung, Wut und Handlungsspielraum" entstehen. Zusätzlich sollte eine 2,33 Meter hohe Wand aus Stahl dahinter symbolisch für den Steinbruch, die Härte der Arbeit, Gefahren und für das Unüberwindbare stehen.

Doch die neueren Pläne von Bösterling und Gelderblom sehen anders aus: "Wir werden die Wand nicht realisieren", sagt Gelderblom. "Sie würde auf den Platz sehr trennend wirken." Etwas "Trennendes" zu errichten, sei jedoch nicht die Intention. "Das würde den ganzen Platz, den ich als sehr schön empfinde, zerschneiden." Damit das Mahnmal den Ort nicht zu sehr dominiert, soll es außerdem am Hang näher an einer Baumreihe stehen, als bisher vorgesehen.

Durch den Wegfall der Stahlwand (auch auf die Bank wird vorerst verzichtet) würden sich die Kosten deutlich reduzieren, so Gelderblom. Insgesamt geht er von einem Betrag von 9.500 Euro aus. Die geringeren Kosten führt Bösterling als weiteren Grund für die Reduzierung des Entwurfs an. Ein Beitrag der Gemeinde von 5.000 Euro ist bereits beschlossene Sache, und der Ortsrat hat einen Zuschuss von 500 Euro zugesagt. "Die Gemeinde und der Ortsrat haben die Finanzierung noch mal bekräftigt", berichtet Gelderblom. Die Höhe des Betrages, den die russische Botschaft in Aussicht gestellt hat, möchte der Historiker noch nicht nennen. Die Summe liege jedoch "in einer Größenordnung, die uns aller Sorgen entledigen würde". Bevor das Geld fließt, müssten aber noch einige bürokratische Hürden genommen werden.

Neben dem russischen Beitrag und den kommunalen Mitteln haben die Verantwortlichen auch noch die Stiftung der Sparkasse Hameln-Weserbergland als möglichen Sponsor im Blick. Bis von der Stiftung eine entsprechende Zusage kommt, könnte es aber möglicherweise noch einige Zeit dauern. Dabei hat Gelderblom als Wunschtermin für die Fertigstellung des Denkmals eigentlich den 8. Mai ins Auge gefasst - was allerdings ein recht "sportlicher" Plan sei, wie er selbst meint. Das angepeilte Datum wäre geschichtsträchtig, denn es markiert den 75. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und damit das Ende des Zweiten Weltkrieges.

Als weiteren möglichen Sponsor sieht Gelderblom die Klosterkammer Hannover, die pädagogische Projekte fördere. Die Kosten für eine etwa 30-seitige Broschüre könnten eventuell so gedeckt werden, hofft Gelderblom. So sei es möglich, die Publikation beispielsweise Schulen als kostenloses oder kostengünstiges Lehrmaterial zur Verfügung zu stellen.

Zusätzlich zu dem Denkmal für die Soldaten, die durch die unmenschlichen Umstände ums Leben kamen, zum Teil auch ermordet wurden, plant der Ortsrat auch einen Gedenkort für reguläre Steinbruch-Mitarbeiter, die durch einen Arbeitsunfall ums Leben kamen. Bislang ist davon nur ein Haufen Steine zu sehen, die an die Arbeit im Steinbruch erinnern soll. Mit Unterstützung des Institutes für Freiraumgestaltung der Hochschule Höxter soll in Nachbarschaft zum Zwangsarbeiter-Denkmal ein Gedenkort mit Aufenthaltsqualität entstehen, der an die Historie des Steinbruchs erinnert, erläutert Ortsbürgermeister Karsten Appold.

Sowjetische Zwangsarbeiter in Salzhemmendorf

Etwa 30 sowjetische Gefangene wurden während des Zweiten Weltkrieges zur Arbeit im Steinbruch der Dolomitwerke (Klöckner-Werke) gezwungen. Auf Grund der NS-Rassenideologie wurden die osteuropäischen Kriegsgefangen noch schlechter behandelt als jene aus dem Westen. Die Bedingungen waren besonders hart und gefährlich, die Zwangsarbeiter hatten ständig unter Hunger zu leiden. Nach dem Krieg mussten die deutschen Behörden den Alliierten die Namen und die Begräbnisorte von Zwangsarbeitern nennen. Deshalb sind insgesamt sieben Personen bezeugt, die im Steinbruch umkamen - einer von ihnen ist nur als "unbekannter Russe" vermerkt. Den Unterlagen zufolge starben zwei Männer angeblich an "Arbeitsunfällen", einer an "allgemeiner Schwäche", einer wurde "auf der Flucht erschossen". Die Toten wurden ursprünglich nahe des Steinbruchs begraben. In den 1960er Jahren wurden die Männer exhumiert und auf einem Soldatenfriedhof in Rehren-Auetal beigesetzt.

Mein Standpunkt

Brauchen wir noch ein Mahnmal?, mag sich mancher fragen. Doch zu veranschaulichen, dass Nazi-Gräuel nicht nur im fernen Auschwitz, sondern auch im eigenen Ort stattgefunden haben, erleichtert den Zugang zu Geschichte. Und die ehemaligen Zwangsarbeiter haben es verdient, nicht vergessen zu werden.

Von Jens Spickermann, Lokalredaktion

Bildunterschrift: So sieht der ursprüngliche Entwurf für das Mahnmal aus. Die Wand soll allerdings doch nicht realisiert werden und die Stele näher an der Baumreihe stehen.

Bildunterschrift: Lew Kasatkin wurde am 4. Oktober 1943 erschossen - angeblich bei einem Fluchtversuch.

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Deister- und Weserzeitung Online, 30.10.2019:

Gedenkort für sowjetische Kriegsgefangene

30.10.2019 - 11.09 Uhr

In Salzhemmendorf soll ein Denkmal für sowjetische Kriegsgefangene entstehen, die während des Zweiten Weltkriegs im Salzhemmendorfer Steinbruch schuften mussten. Mindestens sieben von ihnen sind durch die unmenschlichen Bedingungen ums Leben gekommen oder von Wachleuten ermordet worden. Das Konzept für den Gedenkort steht nun fest. Der Kulturausschuss und der Ortsrat haben es jeweils einstimmig befürwortet.

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Am 14. März 2019 schlug Bernhard Gelderblom in Salzhemmendorf vor, einen Gedenkstein für die sieben sowjetischen Offiziere, die im Kriegsgefangenenlager, östlich von Salzhemmendorf, starben, aufzustellen.

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www.geschichte-hameln.de/erinnerungsorte/salzhemmendorf.php?ort=salzhemmendorf


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