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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt , 14.10.2019 :

Starke Unterstützung für Jüdische Gemeinde

Synagoge im Mittelpunkt: Ein Zeichen der Solidarität mit den jüdischen Mitbürgern der Stadt setzten die Bielefelder am Sonntagmittag / Die Zahl der Teilnehmer überraschte auch die Organisatoren / Am Nachmittag folgten ein Konzert und eine weitere Mahnwache

Bielefeld. Zu einer Mahnwache der stillen Art hatte das Bündnis gegen Rechts die Bielefelder für Sonntag aufgerufen. Mit 200 Teilnehmern hatten die Organisatoren gerechnet, doch es kamen viel mehr Bürger, um vor der Synagoge Beit Tikwa Solidarität mit ihren jüdischen Mitbürgern zu bekunden. "Sie ermutigen uns", sagte Irith Michelsohn, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld später bei einer Veranstaltung im jüdischen Gotteshaus. "Wir wissen, dass alle hinter uns stehen und lassen uns nicht entmutigen oder einschüchtern."

Eine Menschenmenge verteilte sich auf der Detmolder Straße

Lokalpolitiker Michael Gugat hatte die Mahnwache am Freitag spontan für 12 Uhr am Sonntag angemeldet. Eine weitere privat organisierte Mahnwache mit 25 Teilnehmern fand am selben Tag gegen 17.30 Uhr vor der Synagoge statt. Am Nachmittag ließ zudem das Damen-Trio Cannelle im Inneren des Gotteshauses die Welt vor den Türen für einen Moment vergessen - mit nostalgischen Chansons, aufmüpfigen Liedern und melancholischen Instrumentalstücken der Zwanzigerjahre und vor voll besetzten Stuhlreihen.

Zuvor hatten sich am Sonntagmittag Hunderte Teilnehmer bereits kurz vor Beginn der Mahnwache an der Detmolder Straße eingefunden. Im Verlauf der dreißigminütigen Solidaritätsbekundung kamen immer mehr Bielefelder hinzu. Zum Ende der Veranstaltung schätzte die Polizei die Menschenmenge, die sich zwischen der Synagoge Beit Tikwa und dem Bahnsteig der Haltestelle Mozartstraße verteilte, auf beachtliche 1.000 Personen.

Gemeinsam gedachten die Teilnehmer der Toten und Verletzen des Terroranschlags von Halle / Saale. Da es sich um eine stille Mahnwache handelte, waren keine Reden geplant, wie die Organisatoren bereits zuvor mitgeteilt hatten. Diese Demonstration der Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde sei ein großes und gutes Zeichen der Bielefelder, sagte Organisator Gugat vom Bündnis gegen Rechts.

Am Nachmittag schützten dann zwei bewaffnete Polizistinnen die Konzertveranstaltung in der Synagoge, Sicherheitsleute schauten beim Einlass genau hin. "Wir sind noch aufmerksamer geworden", bestätigte Michelsohn. Doch sie betonte, das Gemeindeleben werde weitergehen wie bisher. So begann mit einem Gottesdienst ebenfalls am Sonntag das jüdische Laubhüttenfest, das acht Tage dauern wird und an die Zeit der Wüstenwanderung des Volkes Israel erinnert.

Dass die Ereignisse in Halle dennoch auch in der Bielefelder Gemeinde Spuren hinterlassen haben, davon erzählte Elena Egorov. Sie ist Sozialarbeiterin der Jüdischen Gemeinde. Unter den rund 320 Mitgliedern sei eine gewisse Unruhe spürbar, so Egorov am Rande der Konzertveranstaltung. "Viele fragen sich, ob man jetzt Angst haben muss."

Gerade bei den Älteren kämen alte Ängste wieder hoch. "Manche trauen sich im Moment nicht zu, zum Gottesdienst zu kommen", sagte Egorov.

"Verwandte und Freunde melden sich besorgt bei uns"

Andere kämen dagegen gerade jetzt zu den Veranstaltungen, um ihre Solidarität zu bekunden - jüdische, aber auch nicht jüdische Mitbürger. Wie das Ehepaar Brunke, das beim Konzert in der Synagoge zu den rund 100 Zuhörern zählte. Beide sind katholische Theologen: "Wir hatten ohnehin überlegt zu kommen, aber der Terroranschlag hat uns noch einmal darin bestärkt", sagen sie.

Ihren Cousins in Israel hat Elena Egorov unterdessen Fotos der Mahnwache geschickt. Auch, um zu beruhigen. "Viele Verwandte und Freunde aus dem Ausland melden sich in diesen Zeiten besorgt und fragen, wie es uns geht." Die Bilder der 1.000 Mahnwachen-Teilnehmer vor der Synagoge zeigten allen: "Es gibt doch noch Hoffnung."

Bildunterschrift: An der Detmolder Straße: Rund 1.000 Bielefelder versammelten sich zur Mahnwache vor der Synagoge Beit Tikwa und stellten sich hinter die Jüdische Gemeinde. Deren Vorsitzende Irith Michelsohn ist vorne in der Mitte zu sehen. Sie dankte den Teilnehmern.

Bildunterschrift: Zwischen Normalität und Fragen: Der Auftritt der Musikerinnen von Cannelle sorgte für eine Portion Leichtigkeit. Doch die Ereignisse in Halle haben auch in der Bielefelder Gemeinde Spuren hinterlassen.

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Neue Westfälische, 14.10.2019:

Kommentar / Kampf gegen Rechts / Staatsversagen

Carsten Heil

Was ist los in unserem Staat? Nach dem Anschlag in Halle / Saale, der ursprünglich den betenden Juden in ihrer Synagoge galt, ist überall von großer Betroffenheit die Rede. Politiker und Verwaltungsverantwortliche äußern sich bestürzt: "Wie konnte das passieren?" Dabei ist seit Jahren bekannt, dass die Rechtsradikalen zunehmend gewalttätiger werden, sich immer unverfrorener versammeln, sich über und mittels Teilen der AfD immer weiter in die Mitte der Gesellschaft vorfressen. Juden und Muslime sind bevorzugte Opfer.

Es ist unerträglich, dass jüdische Würdenträger wie der Vorsteher der Herforder Gemeinde privat eine Geheimadresse benötigen, um sicher leben zu können. Es ist unerträglich, dass die Bielefelder Kultusgemeinde Drohungen erhält und ihre Synagoge wie andernorts nur fest verrammelt nutzen kann.

Warum machen Polizei und Justiz den Neonazis das Leben nicht so schwer wie möglich? Nein, das Verwaltungsgericht Minden winkt die geplante Neonazi-Demo am 9. November, dem Gedenktag der Juden-Pogrome, unter Hinweis auf die Meinungsfreiheit ohne Einschränkungen durch. Immerhin hat die Bielefelder Polizei anders als im vergangenen Jahr den Versuch unternommen, das unwürdige Spektakel auf einen anderen Tag zu verschieben. Gut so.

Die Mindener Richter aber geben ein Beispiel von Staatsversagen. Sie haben bei ihren Urteilen immer Spielraum. Sie hätten anders entscheiden können. Es behagte ihnen aber, gegen Demokratie und Freiheit und für die Neonazis zu urteilen. Die Richter müssen sich fragen lassen, ob sie klammheimliche Sympathien für das rechte, verseuchte Gedankengut haben. Oder von Geschichte keine Ahnung. In beiden Fällen sind sie Fehl am Platz. Es gäbe reichlich weitere Beispiele dieser Art.

Anders das Landgericht Bielefeld in der vergangenen Woche. Der bekannte Rechtsradikale Sascha Krolzig ist dort mit seiner Berufung gegen die Haft gescheitert. Die Richter ließen sich von seinem Gerede nicht beeindrucken. Das macht Hoffnung.

Was ist los in unserem Staat? Die rechten Umtriebe und Gewalttaten sind keine Randerscheinung mehr, die belächelt werden kann. Die Neonazis werden zur Gefahr nicht nur für Minderheiten. Erst Juden und Muslime (wie im Falle des NSU), dann alle anderen. Und wer das Nazi-Regime und den Holocaust zu einem "Vogelschiss der Geschichte" erklärt, wer heute auf Flüchtlinge schießen lassen will, wie es AfD-Spitzenpolitiker tun, bereitet dem rechten Terror den Weg.

carsten.heil@ihr-kommentar.de

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Westfalen-Blatt Online , 13.10.2019 :

Ein Zeichen der Solidarität

Rund 1.000 Menschen kommen zur Mahnwache an der Synagoge

Bielefeld (WB/MiS). Rund 1.000 Menschen haben sich am Sonntag an einer Mahnwache vor der Synagoge an der Detmolder Straße beteiligt.

Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" hatte dazu nach einem Anschlag auf die Synagoge in Halle / Saale, bei dem zwei Menschen getötet wurden, aufgerufen. Das Motto lautete: "Gegen Antisemitismus - Solidarität mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern". Wegen des großen Andrangs musste die Polizei die Detmolder Straße in Richtung Innenstadt sperren. Die Stadtbahn konnte auf der Linie 2 vorübergehend nicht verkehren. Der Autoverkehr wurde umgeleitet. Das "Bündnis gegen Rechts" hatte ursprünglich mit rund 200 Teilnehmern gerechnet und eine entsprechende Zahl bei der Polizei angemeldet. Zur Mahnwache gekommen waren unter anderem die Bielefelder Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar (SPD) und Britta Haßelmann (Grüne), ebenso Christian Bald, Superintendent des Ev. Kirchenkreises.

Redebeiträge waren während der Mahnwache nicht geplant. Lediglich Irith Michelsohn, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, richtete einen Appell an Politik und Polizei, die für den 9. November, den Jahrestags des Judenpogroms, angekündigte Demonstration der Partei "Die Rechte" doch noch zu verhindern. Die Rechtsradikalen wollen dann in Bielefeld für die Freilassung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck demonstrieren. Das Verwaltungsgericht Minden hatte ein Verbot der Demonstration untersagt, die Polizei daraufhin auf weitere Rechtsmittel verzichtet (diese Zeitung berichtete).

Bei seiner erneuten Nominierung am Samstag beim SPD-Parteitag hatte Oberbürgermeister Pit Clausen deutlich Stellung gegen die geplante Demonstration bezogen: "Ich finde es widerlich, den Gedenktag auf diese Weise zu missbrauchen und die Opfer der Nazi-Herrschaft zu verhöhnen", hatte Clausen erklärt. Er rief alle Bielefelder dazu auf, "sich den Rechten am 9. November entgegen zu stellen" und ab 17.30 Uhr an der Gedenkveranstaltung an den Juden-Pogrom am Standort der früheren Synagoge an der Turnerstraße teilzunehmen.

Nach Veranstalterangaben rund 300 Menschen zogen am Samstagnachmittag vom Hauptbahnhof durch die Bielefelder Innenstadt zum Kesselbrink, um gegen den Anschlag auf die Haller Synagoge zu demonstrieren. Veranstalter war die "Antinationale Linke Bielefeld". Deren Sprecherin Sarah Fried sagte, rechter Terror gehöre in Deutschland zum Alltag.

Bildunterschrift: Eine halbe Stunde stilles Gedenken: Vor der Synagoge an der Detmolder Straße versammeln sich am Sonntag etwa 1.000 Menschen.

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Radio Bielefeld , 13.10.2019 :

Gut 1.000 Menschen bei stiller Mahnwache

Das Bielefelder Bündnis gegen Rechts hatte aufgerufen und viele sind gekommen. Die Polizei sprach von rund 1.000 Menschen, die heute Mittag an der stillen Mahnwache vor der Synagoge an der Detmolder Straße teilgenommen haben. Das Motto lautete: "Gegen Antisemitismus - Solidarität mit unseren jüdischen MitbürgerInnen". Die Detmolder Straße wurde wegen des großen Andrangs in Richtung City gesperrt. Die Stadtbahn stand still. Die Autos wurden über die Diesterwegstraße umgeleitet. Da es sich um eine stille Mahnwache handelte, waren keine Reden geplant. Einzig Irith Michelsohn als Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde sprach zu den Teilnehmern. Sie appellierte an Politik, Polizei und Bevölkerung, doch noch alles dafür zu tun, dass die für den 9. November angekündigte Demo der Rechten NRW verhindert werden könne. Ausgerechnet am nationalen Gedenktag für die Opfer der Reichspogromnacht wollen die Rechten für die Freilassung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck demonstrieren. Das Verwaltungsgericht Minden hatte ein Verbot der Demo gekippt, die Bielefelder Polizei daraufhin auf weitere gerichtliche Maßnahmen verzichtet.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 12./13.10.2019:

Entsetzen über Drohbrief und Demo-Urteil

Angst: Jüdische Gemeinde übergibt anonymes Schreiben, das Juden zum "Verschwinden" aufruft, der Polizei / Vorsitzende kritisiert das Urteil, das Neonazis am 9. November ihren Auftritt erlaubt, als "undemokratisch"

Bielefeld. Dass der Angriff auf die Synagoge in Halle (Saale) keine antisemitische Ausnahme in Deutschland ist, zeigt sich auch in Bielefeld - auch, wenn hier bisher noch Drohungen und Provokationen das Mittel der Wahl sind. Erst kürzlich hat die Jüdische Kultusgemeinde einen anonymen Drohbrief erhalten, wie die Vorsitzende der Gemeinde, Irith Michelsohn, berichtet: "Es ging nah an eine Morddrohung." Im Europa-Wahlkampf hing provokative Wahlwerbung von Neonazis direkt vor der Synagoge. Nicht weniger entsetzt zeigte sich die Gemeindevorsitzende nun über das jüngste Gerichtsurteil, das Neonazis am 9. November erlaubt, durch Bielefeld zu marschieren.

Der Drohbrief

Ende September bereits war der Brief in DIN A 5-Format bei der Gemeinde eingegangen. Darin gehe es um eine Aufforderung, dass die Juden "verschwinden sollen". Unter anderem bezieht sich der Text darauf, dass das jüdische Gotteshaus "Beit Tikwa" in dem entwidmeten Gebäude der ehemaligen evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche entstand. Der Verfasser behauptet, dass die Jüdische Gemeinde das Gotteshaus "weggenommen" habe. Dabei hat die Gemeinde das Gebäude erst erworben, nachdem der Kirchenkreis es nach der Gemeindefusion von Paul-Gerhardt- und Neustädter Mariengemeinde 2005 zum Verkauf angeboten hatte. 2008 wurde die Synagoge eingeweiht.

Michelsohn übergab den Brief Anfang Oktober an die Polizeiwache am Kesselbrink. Die wolle nun herausfinden, ob es Indizien gibt, an Hand derer man den unbekannten Verfasser identifizieren kann, sagt Polizeisprecherin Sonja Rehmert. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz.

Neonazi-Urteil

Michelsohn ist "stolz und dankbar, in einem demokratischen Land zu leben". Sie frage sich aber mehr denn je, wo die Demokratie anfange und wo sie aufhöre. Mit "Entsetzen" habe sie wahrgenommen, dass Richter des Verwaltungsgerichts nun erlaubt haben, dass Rechtsextreme und Neonazis ausgerechnet am 9. November durch Bielefeld marschieren dürfen. Die Polizei hatte den Anmeldern per Verfügung den Tag verboten.

"Das Urteil hat mit Demokratie nichts mehr zu tun", sagt Michelsohn. Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck habe am 8. November Geburtstag: "Ich verstehe nicht, warum die dann nicht an diesem Tag demonstrieren?" Irith Michelsohn befürchtet nach den Erfahrungen der Neonazi-Demo im November 2018, dass viele Bürger wegen Polizeisperren nicht die Straßenseiten wechseln und daher nicht an der Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Juden-Pogrom teilnehmen können. "Außerdem wird es viele Menschen geben, die Angst haben." Michelsohn prognostiziert jetzt schon, dass gerade die älteren Gemeindemitglieder, die bereits als Osteuropäer in Deutschland Ausgrenzung erleben, nicht erscheinen werden. Dieses Urteil nehme ihnen die Möglichkeit, am Gedenken teilzunehmen. "Wenn ich als Demokrat nicht an einer demokratischen Veranstaltung teilnehmen kann, dann lässt das Urteil Zweifel an der Justiz aufkommen."

Antifa-Demo

Auch das "Antifaschistische Bündnis Bielefeld verurteilt die Entscheidung des Gerichts", heißt es in einer Mitteilung. "Dass das Gericht in einer antisemitischen Demonstration für eine verurteilte Holocaust-Leugnerin keine Störung des Gedenkens an die Opfer der Novemberpogrome sieht, ist für uns vollkommen unverständlich, aber nicht überraschend." Wie im Vorjahr werde der Zusammenschluss linksradikaler Gruppen eine "Gedenkdemonstration für die Opfer des Faschismus" anmelden. Geplant sei die am Abend des 8. Novembers.

Gemeindeleben

Ob das vom Täter geplante antisemitische Massaker in Halle schon spürbare Folgen für die Bielefelder Juden habe, könne die Gemeindevorsitzende Irith Michelsohn noch gar nicht abschätzen. Am Mittwoch habe sie viel Bestürzung wahrgenommen. "Die Sorge vor den Neonazis in Deutschland ist nicht kleiner geworden." Am Sonntag feiere die Bielefelder Gemeinde das Laubhüttenfest: "Da wird sich zeigen, wer sich traut zu kommen und wer lieber zu Hause bleibt. Gerade die älteren Menschen haben Angst vor neuerlicher Ausgrenzung."

Mahnwache

Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" ruft nach den Vorfällen von Halle (Saale) am Sonntag, 13. Oktober, von 12 bis 12.30 Uhr zu einer stillen Mahnwache vor der Synagoge an der Detmolder Straße 107 auf. Motto der Mahnwache "Gegen Antisemitismus - Solidarität mit unseren jüdischen Mitbürgern". Das Bündnis ruft alle Bielefelder zur Teilnahme auf, um Solidarität zu zeigen. Es sind keine Reden geplant. Die Mahnwache, die in Absprache mit der Jüdischen Gemeinde organisiert wurde, soll ausdrücklich still sein.

Bildunterschrift: Unter besonderem Schutz: Die Polizei steht seit dem Anschlag von Halle verstärkt vor der Bielefelder Synagoge. Doch nicht nur wegen der Gewalttat fühlt sich die Jüdische Gemeinde mehr denn je bedroht. Ein anonymer Brief macht Sorgen, aber auch die Justiz, die mit ihrem Urteil zur Neonazi-Demo viel Kritik einstecken muss.

Bildunterschrift: Kritisiert die Justiz: Irith Michelsohn.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 12./13.10.2019:

Bielefeld: Polizei ermittelt nach Drohung gegen Jüdische Gemeinde

Bielefeld. Schon länger rät die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bielefeld ihren Mitgliedern, nicht mehr mit der traditionellen Kippa in die Öffentlichkeit zu gehen. Aggressionen und Antisemitismus sorgen für eine neue Angst unter den Juden. Zumal jetzt sogar ein Drohbrief aufgetaucht ist. Entsetzen löste aber auch ein Urteil aus.

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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 12./13.10.2019:

Bündnis will "angemessen" demonstrieren

Gegendemos sollen Charakter des 9. November wahren - Mahnwache vor Synagoge am Sonntag

Von Heinz Stelte

Bielefeld (WB). Das "Bündnis gegen Rechts" will am 9. November "dem Tag angemessen" gegen den geplanten Aufmarsch der Rechtsextremen protestieren. "Es wird keine fröhlichen, bunten Demos geben, dafür ist der Charakter des 9. November zu ernst", erklärt Ratsmitglied Michael Gugat, einer der Sprecher des Bündnisses. Auch das antifaschistische Bündnis Bielefeld hat Gegendemonstrationen für den 8. und 9. November angekündigt.

Wie mehrfach berichtet, hat die Partei "Die Rechte" für den 9. November eine Demonstration anlässlich des Geburtstages der in der JVA Brackwede einsitzenden Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck (90) angemeldet. Das Verwaltungsgericht Minden hatte eine Verfügung der Bielefelder Polizei gekippt, die Demo an einem anderen Tag durchzuführen.

Der 9. November, Jahrestag der Novemberpogrome, sei nicht geeignet für fröhlichen Gegenprotest, erklärte Gugat. Dies habe man bei einem Treffen des Bündnisses gegen Rechts entschieden. Man werde wohl auch auf musikalische Beiträge verzichten. Der genaue Umfang und Ablauf der Gegenproteste, so Michael Gugat, sei noch in der Planung. "Es wird aber etwas stattfinden." So seien Kundgebungen am Bahnhof und am Landgericht (von der Initiative "Wir sind mehr") bereits fest geplant.

Das antifaschistische Bündnis Bielefeld wird bereits am Freitag, 8. November, wie schon im vergangenen Jahr eine Gedenkdemonstration für die Opfer des Faschismus veranstalten.

"Über 500 Demonstranten und eine sehr positive Resonanz im letzten Jahr, haben uns in der Entscheidung bestärkt, dieses Jahr erneut eine Gedenkdemonstration zu organisieren. Wir laden alle Menschen ein sich unserem Gedenken am Freitagabend anzuschließen", erklärt Anna Schmidt, Pressesprecherin des Bündnisses. Für den folgenden Tag planen die Antifaschisten direkte Proteste gegen den Aufmarsch der Rechten. Schmidt: "Gerade nach dem rechten, antisemitischen Terroranschlag von Halle ist es für uns unerträglich, dass hunderte Antisemiten gerade an diesem Datum durch Bielefelds Straßen laufen wollen."

Auch Irith Michelsohn, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde, übt scharfe Kritik an der für den 9. November geplanten Neonazi-Demo. Die Genehmigung an dem geschichtsträchtigen Tag sei für die Jüdische Gemeinde nicht nachzuvollziehen - zumal der Geburtstag von Ursula Haverbeck bereits am 8. November sei.

Das "Bündnis gegen Rechts" organisiert in Absprache mit der Jüdischen Gemeinde an diesem Sonntag von 12 Uhr bis 12.30 Uhr eine stille Mahnwache mit dem Motto "Gegen Antisemitismus - Solidarität mit unseren jüdischen Mitbürger*innen!" vor der Synagoge in der Detmolder Straße. Die Bielefelder sind aufgerufen, daran teilzunehmen. Die Mahnwache wird eine ausdrücklich stille Mahnwache sein. Es sind keine Reden geplant.

Bildunterschrift: Die Demos gegen den Aufmarsch der Rechten am 9. November sollen in diesem Jahr dem Gedenktag angemessen ausfallen. Das "Bündnis gegen Rechts" will auf Musik und fröhliche Stimmung verzichten.

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Westfalen-Blatt, 12./13.10.2019:

Mahnwache, Demo und Rosen

Bielefeld / Herford (WB/st/mor). Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" organisiert in Absprache mit der Jüdischen Gemeinde an diesem Sonntag um 12 Uhr eine stille Mahnwache vor der Bielefelder Synagoge an der Detmolder Straße. Unterdessen übt Irith Michelsohn, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde in Bielefeld, scharfe Kritik an der für den 9. November geplanten Demonstration von Rechtsradikalen in Bielefeld.

Die Genehmigung an dem geschichtsträchtigen Tag sei für die Jüdische Gemeinde nicht nachzuvollziehen, zumal der Geburtstag der in Bielefeld inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck, Anlass für den geplanten Aufzug der Rechten, bereits am 8. November sei. Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" plant für den 9. November Gegendemon­strationen.

In Herford haben Bürger weiße Rosen vor der Synagoge abgelegt. "Wir wollen damit ein Zeichen der Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde setzen", sagt Helga Kohne. Die 81-Jährige hatte die Idee zu der Aktion. Sie ruft bis einschließlich Freitag, 18. Oktober, dazu auf, täglich Blumen niederzulegen. Sie sei entsetzt über die Geschehnisse von Halle. "Deshalb habe ich die Initiative ergriffen. Es muss doch etwas passieren."

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WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 11.10.2019:

Jüdische Gemeinde fordert Verbot der rechten Demo in Bielefeld

11.10.2019 - 15.25 Uhr

Jüdische Gemeinde fordert Demo-Verbot

Partei "Die Rechte NRW" darf am 09.11. demonstrieren

Sensible Termine kein Grund für Demo-Verbot

"Ich weiß, wir haben Demokratie, aber das ist schon weit darüber hinaus, das ist keine Demokratie mehr, wenn man Rechten diesen Marsch genehmigt", sagt die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Bielefeld, Irith Michelsohn. Nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale, müsse man die Bedrohung durch den Rechtsextremismus neu bewerten.

Aufmarsch zum Geburtstag

Die Bielefelder Polizei war damit gescheitert, den Aufmarsch der Partei "Die Rechte" am 9. November - dem Gedenktag für die jüdischen Opfer der nationalsozialistischen "Reichspogromnacht" - zu unterbinden. "Wie schrecklich ist es, dass zum Beispiel am 09.11. die Rechte in Bielefeld aufmarschieren darf, weil die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck im Gefängnis einsitzt", fragt Michelsohn und merkt an, dass Haverbeck an einem anderen Tag, dem 08.11. Geburtstag hat. Der geplante Aufmarsch steht unter dem Motto "Freiheit für Ursula Haverbeck".

Nur Orte, keine Termine aussparen

Der Bielefelder Jura-Professor Christoph Gusy erklärt im Gespräch mit dem WDR, dass die Rechtslage eindeutig sei. Der Anschlag von Halle hat keinen Einfluss. Gusy verweist darauf, dass das geltende Recht die Möglichkeit gibt, sensible Orte wie zum Beispiel Mahnmale auszusparen. Es sei jedoch nicht möglich, auch sensible Termine zu berücksichtigen, so Gusy. Polizei und Partei hatten sich in einem Kooperationsvertrag über die Bedingungen der Demonstration geeinigt.

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Westfalen-Blatt, 10.10.2019:

Gesamtstrafe für Ursula Haverbeck

Detmold (WB/ca). Für die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck (90) ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft Detmold eine Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt worden. Aus den Urteilen des Landgerichts Detmold (14 Monate) und des Landgerichts Verden (zwei Jahre) wurde eine Strafe von zweieinhalb Jahren gebildet. Haverbeck sitzt seit Mai 2018 in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 09.10.2019:

Bündnis in der Demo-Defensive

9. November: Die anstehende Route der Rechten durch Bielefeld zwingt die Gegendemonstranten zum Handeln

Bielefeld. Eine Wiederholung des Ausnahmezustandes von vor einem Jahr dürfe es diesen November auf keinen Fall geben, sagt Klaus Rees. Der Sprecher vom "Bündnis gegen Rechts" hofft darauf, dass die Polizei wegen der Neonazi-Demo am 9. November nicht wieder den kompletten Verkehr in der City lahmlegen wird. 2018 waren rund 400 Rechte durch die Stadt marschiert und hatten der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck gehuldigt. Die ist gerade erst mit einem Antrag auf Haftentlassung vor dem Oberverwaltungsgericht in Hamm gescheitert. Ihre Haft könne wegen Wiederholungsgefahr nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, erklärte ein Sprecher.

2018 waren mehr als 6.000 Bielefelder auf die Straße gegangen, um gegen den Aufmarsch der Neonazis zu protestieren. Hundertschaften der Polizei und schweres Gerät wie Wasserwerfer flankierten die Route der Neonazis und blockierten dabei den kompletten ÖPNV in der Innenstadt.

"Wir sehen die Polizei in der Verantwortung, dass die Besucher der Gedenkveranstaltungen diese auch ungehindert erreichen können", sagt Rees. Bisher sei eine Veranstaltung von Seiten des Bündnisses angemeldet: eine Mahnwache samt Kundgebung am Bahnhofsvorplatz. Dort steht die Stele mit den Namen der deportierten Juden.

Nach Angaben der Polizei ist dieser Bereich für die Rechten tabu. Die Route der Rechten verlaufe zwar vom Hauptbahnhof bis zum Landgericht, wie die Polizei betonte, doch seien mehrere Orte für die Rechten gesperrt. Neben Jahnplatz und Rathausvorplatz gehört dazu auch die Turnerstraße. Dort beginnt am 9. November um 17.30 Uhr die offizielle Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Judenpogrom. Sie endet später im Ratssaal des Neuen Rathauses.

Aus taktischen Gründen will sich die Polizei noch nicht zur Route der Rechten äußern. Die Anmelder der Neonazi-Demo gehen von 200 bis 300 Teilnehmern aus. Aus demselben Motiv hält sich auch das Bündnis gegen Rechts bedeckt: "Wir sind am Start, haben verschiedene Formate entwickelt und diskutieren im Orga-Team weitere Vorschläge", sagt Klaus Rees - und dann werde angemeldet.

Für sie als Zweit-Anmelder könne es eben auch sein, dass die Polizei den Gegendemonstranten Auflagen erteile, so Rees. Zudem müsse geprüft werden, ob die geplanten Veranstaltungen kompatibel seien mit der Nazi-Route. Man wolle klare Kante zeigen und erwarte dies besonders an dem Datum auch von der Polizei. "Wir bedauern, dass die Polizei im jüngsten Rechtsstreit nicht das Oberverwaltungsgericht angerufen hat", sagt Rees.

Bildunterschrift: Demo: Polizeiaufgebot im November 2018.

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Neue Westfälische, 09.10.2019:

Holocaust-Leugnerin bleibt in Haft

Keine Bewährung: Haverbeck wurde bereits mehrmals wegen Volksverhetzung verurteilt

Hamm / Bielefeld (lnw). Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck muss weiterhin im Gefängnis bleiben. Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) hat eine Entscheidung des Landgerichts Bielefeld bestätigt, nach der die Haftstrafe der heute 90-Jährigen nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Das sagte ein Sprecher des OLG auf Anfrage.

Wegen Volksverhetzung in zwei Fällen hatte das Landgericht Detmold Haverbeck zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt. Das Landgericht Verden in Niedersachsen hatte sie wegen Volksverhetzung in acht Fällen zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Seit Mai 2018 sitzt die 90-Jährige aus Vlotho in Ostwestfalen diese Strafe im geschlossenen Vollzug in einem Gefängnis in Bielefeld-Brackwede ab.

Laut Strafgesetzbuch können Häftlinge unter bestimmten Voraussetzungen eine vorzeitige Haftentlassung beantragen. Das Landgericht Bielefeld sah für Haverbeck allerdings keine günstige Prognose und lehnte ihren Antrag ab. Das OLG entschied bereits am 24. September, dass die Beschwerde Haverbecks gegen diese Entscheidung unbegründet ist.

Haverbeck wurde bereits mehrmals wegen Volksverhetzung verurteilt. Sie behauptete wiederholt, dass das Konzentrationslager Auschwitz kein Vernichtungslager, sondern ein Arbeitslager gewesen sei. Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen das Lager befreit. Allein in Auschwitz waren etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet worden.

Bildunterschrift: Ursula Haverbeck: Seit 2018 im geschlossenen Vollzug.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 08.10.2019:

Polizei verhandelt mit Neonazis über Demo-Route

9. November: Die Behörde akzeptiert endgültig das Urteil des Verwaltungsgerichts und verzichtet auf weitere rechtliche Schritte gegen den Aufmarsch am Gedenktag für die Opfer der Pogromnacht / Turnerstraße, Jahnplatz und Rathaus bleiben tabu

Bielefeld. Einen Tag nach dem 91. Geburtstag der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck werden die Rechten wie von ihnen geplant am 9. November durch Bielefeld marschieren. Das bestätigte die Bielefelder Polizei am Montagnachmittag. Die Behörde erklärte, dass sie darauf verzichte, eine Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden einzulegen.

Die Polizei hatte mit einer Verfügung versucht, den Aufmarsch der Rechten auf einen anderen Tag zu verlegen: Die in der Justizvollzugsanstalt Brackwede einsitzende Haverbeck hat am 8. November Geburtstag, und für den Tag darauf hat die Partei "Die Rechte NRW" ihre Demo angemeldet.

Die Polizei habe die Datums-Wahl der Demo-Anmelder als bewusste Provokation gedeutet, weil an dem Tag deutschlandweit der Opfern der November-Pogrome von 1938 gedacht werde. Deswegen auch der Versuch, den Aufmarsch mittels einer Verfügung zumindest zu verschieben. Nach dem Richterspruch aus Minden habe man beschlossen, keine weiteren Rechtsmittel dagegen einzulegen. Einerseits habe man wegen der Urteile aus vorherigen Prozessen wenig Aussicht gehabt, dass das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster erfolgreich sein würde. Und zum anderen sei man mit den Anmeldern von der Partei "Die Rechte NRW" am Montag doch noch ins Gespräch über die Route der Demo gekommen.

Demnach werden sich die Rechten auf ihrem Marsch fernhalten von den Bielefelder Gedenkstätten und Mahnmalen zur Pogromnacht und Holocaust: Somit seien die Turnerstraße tabu, in der 1938 die Synagoge niederbrannte, sowie der Jahnplatz, der Rathausvorplatz und der Bahnhofsvorplatz.

Allerdings werde die Versammlung am Hauptbahnhof mit dem Ziel Landgericht starten, teilte die Polizei mit. "Zum weiteren Aufzugsweg werden derzeit aus polizeitaktischen Gründen keine Auskünfte erteilt", heißt es von Seiten der Behörde. Das Bündnis gegen Rechts trifft sich am Montagabend im Welthaus und plant dort seine Aktionen für den 9. November.

Bildunterschrift: Marschierte bereits in Bielefeld auf: "Die Rechte" formierte sich im November 2018 vor dem Hauptbahnhof.

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Polizeipräsidium Bielefeld, 07.10.2019:

Versammlung der Partei "Die Rechte NRW" findet am 09.11.2019 statt

07.10.2019 - 14.51 Uhr

Versammlung der Partei "Die Rechte NRW" findet am 09.11.2019 statt, berührt mit Aufzugsweg aber nicht Mahnmale und Gedenkveranstaltungen

Bielefeld (ots) SR / Bielefeld. Das Polizeipräsidium Bielefeld legt keine Rechtsmittel gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden im Zusammenhang mit der für den 09.11.2019 angemeldeten Versammlung der Partei "Die Rechte NRW" ein, vereinbarte jedoch mit dem Anmelder, dass der Aufzugsweg die Bielefelder Mahnmale und Gedenkveranstaltungen nicht tangiert.

Nach Anmeldung einer Versammlung der Partei "Die Rechte NRW" für den 09.11.2019 mit einem geplanten Aufzugsweg durch die Bielefelder Innenstadt entlang der Bielefelder Mahnmale zeigte sich der Anmelder zunächst nicht zu einem Kooperationsgespräch mit der Polizei Bielefeld bereit. Daraufhin beabsichtigte das Polizeipräsidium Bielefeld mit einer beschränkenden Verfügung, dass die angemeldete Versammlung nicht an dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in der Reichspogromnacht, dem 09.11.2019, sondern an einem anderen Tag stattfindet. Diese Verfügung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden als voraussichtlich rechtswidrig eingestuft.

Nach intensiver Prüfung entschied das Polizeipräsidium Bielefeld, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden keine Beschwerde einzulegen. Diese Entscheidung fußt auf der Annahme, mit weiteren Rechtsmitteln - insbesondere auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in diesem Zusammenhang - ebenso in der nächsten Instanz keine begründete Aussicht auf Erfolg einer terminlichen Verlegung zu haben.

Der Polizei Bielefeld ist bewusst, dass die Bürgerinnen und Bürger die Versammlung der Partei "Die Rechte NRW" am 09.11.2019 als Provokation empfinden. Eine beabsichtigte terminliche Verlegung ist jedoch nach dem von der Polizei Bielefeld ernstzunehmenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden und der bestehenden Rechtslage nicht zu realisieren.

Die Partei "Die Rechte NRW" signalisierte jedoch im Rahmen des Gerichtsverfahrens Kooperationsbereitschaft hinsichtlich des Aufzugswegs. Hier setzte die Polizei Bielefeld an, um das Empfinden der Bürgerinnen und Bürger durch die Versammlung der Partei "Die Rechte NRW" an dem Gedenktag möglichst wenig zu stören.

In einem Kooperationsgespräch am 07.10.2019 vereinbarte die Polizei Bielefeld dementsprechend mit dem Anmelder, dass der Aufzugsweg die Mahnmale und Gedenkveranstaltungen am 09.11.2019 nicht tangiert. Damit sind der Bahnhofsvorplatz, der Jahnplatz, der Bereich des Rathauses sowie die Turnerstraße nicht Bestandteile des Aufzugswegs der Versammlung "Die Rechte NRW". Die Versammlung wird am Hauptbahnhof mit dem Ziel Landgericht starten, zum weiteren Aufzugsweg werden derzeit aus polizeitaktischen Gründen keine Auskünfte erteilt.

Es ist auch aus Sicht der Polizei Bielefeld bedauerlich, dass die Versammlung der Partei "Die Rechte NRW" nun am Gedenktag, dem 09.11.2019, stattfindet. Die Polizei Bielefeld muss jedoch nach Recht und Gesetz entscheiden und handeln. Es besteht für das Polizeipräsidium Bielefeld nun die Pflicht, alle angemeldeten Versammlungen als Ausdruck der verfassungsrechtlich garantierten Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu ermöglichen und zu schützen. Die Polizei Bielefeld bereitet sich insofern auf einen Großeinsatz vor und wird alles tun, um die öffentliche Sicherheit am 09.11.2019 zu gewährleisten. Ziel der polizeilichen Maßnahmen ist es, dass die angemeldeten Versammlungen am 09.11.2019 störungsfrei durchgeführt werden können.

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Neue Westfälische Online, 03.10.2019:

Verbot für Neonazi-Demo gekippt: Rechtsexperte zweifelt an Gerichtsurteil

03.10.2019 - 13.52 Uhr

Neonazis: Professor Christoph Gusy sieht sehr wohl einen Zusammenhang zwischen Holocaust-Leugnerin Haverbeck und dem Pogrom-Gedenken

Von Jens Reichenbach

Bielefeld. Das Demo-Verbot für die Neonazis am 9. November - dem Gedenktag für die Opfer der Novemberpogrome 1938 - ist gekippt. Das Verwaltungsgericht argumentierte am Montag vor allem damit, dass sich die Stoßrichtung der Demo nicht gegen das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus richte. Doch der Anlass der Neonazi-Demo ist einzig und allein Ursula Haverbeck, die am 8. November 91 Jahre alt wird. Und sie steht mit ihrer Person vor allem für die mehrfache Leugnung des Holocausts.

Professor Christoph Gusy, Verfassungsrechtsexperte an der Uni Bielefeld, hält die Argumentation des Gerichts in der Sache daher für schwach: "Das Wirken von Ursula Haverbeck und das Geschehen im November 1938 haben sehr wohl etwas miteinander zu tun. Ohne das eine würde es das andere überhaupt nicht gegeben haben", sagte er gegenüber dem WDR. Gleichwohl sei das Versammlungsrecht ein sehr hohes Gut. Das Verwaltungsgericht hatte in seiner Entscheidung erklärt, dass weder die wiederholte Leugnung des Holocaust durch Haverbeck Thema der Versammlung sei, noch tauche sie im Motto der Demo auf.

Antisemitismus und Volksverhetzung auf der Demo seien Einzelfälle

Die Polizeibehörde Bielefeld, die diese Demo als Provokation der Opfer des Nationalsozialismus eingeschätzt hat und den Anmeldern der Neonazi-Demo deshalb per Auflage einen Aufmarsch am 9. November verboten hatte, prüft deshalb noch, ob sie gegen die Aufhebung ihrer Verfügung juristisch vorgehen wird. Theoretisch wäre eine Beschwerde innerhalb von 14 Tagen möglich, über die dann das Oberverwaltungsgericht Münster zu entscheiden hätte: "Bei der Prüfung lassen wir uns jetzt Zeit", erklärte Polizeisprecherin Sonja Rehmert. Noch sei nicht klar, wie das Polizeipräsidium mit dem Urteil umgehen werde. Tatsache ist, dass sich die Polizei an Recht und Gesetz zu halten hat. Nach aktuellem Stand muss sie also die Durchführung der Neonazi-Demo in Bielefeld gewährleisten.

Dem Argument der Polizei, dass bei einem solchen Aufzug volksverhetzerische und antisemitische Parolen zu hören sein werden, entgegnete das Gericht, dass es sich dabei angesichts vorheriger Erfahrungen um Einzelfälle handeln werde. Dass dies von den Anmeldern geduldet werde, sei nicht feststellbar.

Auch CDU kritisiert Verwaltungsgericht

Die CDU Bielefeld hat die Entscheidung der Richter ebenfalls kritisiert. Der 9. November sei ein besonderer Tag: "Ich hätte mir ein wenig Fingerspitzengefühl des Gerichts für die Besonderheit dieses Tages gewünscht." Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts können noch Rechtsmittel eingelegt werden. CDU-Ratsmitglied Vincenzo Copertino betont: "Wir bestärken die Polizei darin, alle Mittel auszuschöpfen."

Vertreter des Bielefelder "Bündnisses gegen Rechts" zeigten sich über die Aufhebung des Verbotes entsetzt. Insbesondere befürchten sie, dass Neonazis ausgerechnet am 9. November an dem Denkmal vorbeiziehen werden, das an die aus Bielefeld deportierten Juden erinnert. Denn angemeldet wurde ein Aufmarsch, der um 13 Uhr am Hauptbahnhof starten soll.

Das Plenum des breiten Bielefelder Bündnisses zur Vorbereitung der Gegenaktionen am 9. November findet am Montag, 7. Oktober, um 19.30 Uhr im Haus der Kirche an der Markgrafenstraße 7 statt.

Bildunterschrift: Sollte die Demo der Neonazis am 9. November stattfinden, ist wieder mit einem breiten bürgerlichen Protest in der Bielefelder Innenstadt zu rechnen.

Bildunterschrift: Rechtsexperte Christoph Gusy findet die Argumentation des Verwaltungsgerichts schwach.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 03./04.10.2019:

Rechtsexperte hält Demo-Urteil für schwach

Neonazis: Professor betont Zusammenhang zwischen Haverbeck und Pogrom-Gedenken

Bielefeld (jr). Das Demo-Verbot für die Neonazis am 9. November - dem Gedenktag für die Opfer der Novemberpogrome 1938 - ist gekippt. Das Verwaltungsgericht argumentierte am Montag vor allem damit, dass sich die Stoßrichtung der Demo nicht gegen das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus richte. Doch der Anlass der Neonazi-Demo ist einzig und allein Ursula Haverbeck, die am 8. November 91 Jahre alt wird. Und sie steht mit ihrer Person vor allem für die mehrfache Leugnung des Holocausts.

Professor Christoph Gusy, Verfassungsrechtsexperte an der Uni Bielefeld, hält die Argumentation des Gerichts in der Sache daher für schwach: "Das Wirken von Ursula Haverbeck und das Geschehen im November 1938 haben sehr wohl etwas miteinander zu tun. Ohne das eine würde es das andere überhaupt nicht gegeben haben", sagte er gegenüber dem WDR. Das Verwaltungsgericht erklärt in seinem Urteil, dass weder die wiederholte Leugnung des Holocaust durch Haverbeck Thema der Versammlung sei, noch tauche sie im Motto der Demo auf.

Die Polizeibehörde Bielefeld, die diese Demo als Provokation der Opfer des Nationalsozialismus eingeschätzt hat und den Anmeldern der Neonazi-Demo deshalb per Auflage einen Aufmarsch am 9. November verboten hatte, prüft deshalb noch, ob sie gegen die Aufhebung ihrer Verfügung juristisch vorgehen wird.

Theoretisch wäre eine Beschwerde innerhalb von 14 Tagen möglich, über die dann das Oberverwaltungsgericht Münster zu entscheiden hätte: "Bei der Prüfung lassen wir uns jetzt Zeit", erklärte Polizeisprecherin Sonja Rehmert. Noch sei nicht klar, wie das Polizeipräsidium mit dem Urteil umgehen werde. Tatsache ist, dass sich die Polizei an Recht und Gesetz zu halten hat.

Nach aktuellem Stand muss sie also die Durchführung der Neonazi-Demo gewährleisten. Dem Argument der Polizei, dass bei einem solchen Aufzug auch antisemitische Parolen zu hören sein werden, entgegnete das Gericht, dass es sich dabei angesichts vorheriger Erfahrungen um Einzelfälle handeln werde.

Auch das "Bündnis gegen Rechts" zeigte sich entsetzt. Insbesondere fürchte man, dass Neonazis ausgerechnet am 9. November an dem Denkmal vorbeiziehen, das an die deportierten Juden erinnert. Der Marsch soll um 13 Uhr am Hauptbahnhof starten.

Bildunterschrift: Kritik: Rechtsprofessor Christoph Gusy.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 02.10.2019:

CDU: Polizei soll gegen Urteil zur Neonazi-Demo vorgehen

Bielefeld. Der Kreisvorsitzende der CDU, Andreas Rüther, kritisiert die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Minden, dass die Polizeiverfügung, die eine Demonstration einer als rechtsextrem eingestuften Partei am 9. November untersagt hat, rechtswidrig ist. Die Partei "Die Rechte" hatte die Demo für die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck angemeldet.

Der 9. November sei ein besonderer Tag: "1918 wurde die Weimarer Republik ausgerufen, die erste Demokratie auf deutschem Boden. 20 Jahre später kam es unter den Nazis zu einem Pogrom, bei dem auch in Bielefeld Menschen jüdischen Glaubens verfolgt und jüdische Einrichtungen und Synagogen niedergebrannt wurden. Und am 9. November 1989 brachten die Menschen in der DDR den eisernen Vorhang mit der Öffnung der Berliner Mauer zu Fall", so Rüther. "Ich hätte mir ein wenig Fingerspitzengefühl des Gerichts für die Besonderheit dieses Tages gewünscht."

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts können noch Rechtsmittel eingelegt werden. CDU-Pressesprecher Vincenzo Copertino: "Wir bestärken die Polizei darin, alle Mittel auszuschöpfen."

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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 02.10.2019:

Rechten-Demo: CDU kritisiert Gericht

Bielefeld (WB). Der Kreisvorsitzende der Bielefelder CDU, Andreas Rüther, kritisiert die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Minden, dass die Polizeiverfügung, die eine Demonstration der als rechtsextrem eingestuften Partei "Die Rechte" am Gedenktag für die Opfer der Pogromnacht untersagt hat, rechtswidrig ist. Die Partei hatte die Demonstration für die Holocaust Leugnerin Ursula Haverbeck für den 9. November angemeldet.

"Der 9. November ist ein besonderer Tag in der deutschen Geschichte", sagt Rüther und verweist auf Weimarer Republik, Pogromnacht und Mauerfall. Es sei ein hohes Gut und gerade auch Ergebnis von demokratischen Revolutionen, dass Gerichte in ihrer Entscheidung unabhängig von Exekutive und Legislative seien. Dies entspreche dem Rechtsstaatsprinzip. "Und dennoch hätte ich mir ein wenig Fingerspitzengefühl des Gerichts für die Besonderheit dieses Tages in der deutschen Geschichte gewünscht", sagte Andreas Rüther. CDU-Pressesprecher Vincenzo Copertino: "Wir können die Polizei nur darin bestärken, alle Rechtsmittel auszuschöpfen."

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WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 01.10.2019:

Demonstration der "Rechten" in Bielefeld: Kritik an Gerichtsentscheidung

01.10.2019 - 16.25 Uhr

"Die Rechte" will am 9. November in Bielefeld demonstrieren

Polizei Bielefeld fordert, den Aufmarsch zu verschieben
Verwaltungsgericht Minden lehnt das ab

Die angemeldete Kundgebung der Partei "Die Rechte" darf am 9. November stattfinden. Das hat das Verwaltungsgericht Minden im Eilverfahren entschieden. Das hat eine Sprecherin am Montag (30.09.2019) mitgeteilt.

Kundgebung zur Freilassung von Ursula Haverbeck

Unter dem Motto "Freiheit für Ursula Haverbeck" wollen "Die Rechten" einen Tag nach Haverbecks Geburtstag demonstrieren. Die mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin verbüßt eine zweijährige Haftstrafe in Bielefeld.

Die Polizei Bielefeld hatte gefordert, dass die Partei die Demonstration aus Respekt vor dem Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht verschiebt. Dagegen sind die Mitglieder rechtlich vorgegangen.

Gericht sagt: Kein Bezug zum Gedenken an Reichspogromnacht

Anders als die Polizeibehörde sah das Gericht allerdings keinen Grund, den Termin zu verschieben. Das Thema weise keine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft auf. Der Beschluss ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Dagegen kann beim Oberverwaltungsgericht Münster Beschwerde eingelegt werden.

Kritik von Jura-Professor

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stößt in Bielefeld jedoch auf Kritik. Klaus Rees vom "Bündnis gegen Rechts" kann die Gerichtsentscheidung politisch nicht nachvollziehen. "Uns scheint das sehr seltsam zu sein, wenn das Verwaltungsgericht sagt, sie sehen keinen inhaltlichen Zusammenhang zwischen einer Demo für eine Holocaust-Leugnerin, die mehrfach verurteilt ist und zurecht im Gefängnis sitzt und dem Gedenken an den Juden-Pogrom", sagte der Grünen-Politiker dem WDR.

Ähnliche Kritik äußert der Bielefelder Jura-Professor Christoph Gusy am Dienstag (01.10.2019). Für ihn gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen der angemeldeten Demonstration am 9. November in Bielefeld und dem Juden-Pogrom: "Natürlich hat das Wirken von Ursula Haverbeck einerseits und das Geschehen am 09.11.1938 andererseits sehr wohl etwas miteinander zu tun. Ohne das eine würde es das andere überhaupt nicht gegeben haben."

Im November 2018 hatte die Partei "Die Rechte" bereits für die Freilassung von Ursula Haverbeck in Bielefeld demonstriert.

Bildunterschrift: Staatsrechtler Christoph Gusy.

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MiGAZIN, 01.10.2019:

Gericht erlaubt Neonazi-Aufmarsch für Holocaust-Leugnerin

Bielefeld, 9. November

Unter dem Motto "Freiheit für Ursula Haverbeck" will die Partei "Die Rechte" am 9. November in Bielefeld auf die Straße gehen. Die Polizei forderte eine Verlegung. Das Verwaltungsgericht Minden sieht dafür aber keine ausreichenden Gründe.

Eine für den 9. November in Bielefeld angemeldete Kundgebung für die inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck darf stattfinden. Das entschied das Verwaltungsgericht Minden in einem Eilverfahren, wie eine Gerichtssprecherin am Montag mitteilte (AZ: 11 L 886/19). Der Demonstrationszug der Partei "Die Rechte" ist einen Tag nach dem Geburtstag Haverbecks geplant, die am 8. November 91 Jahre alt wird. Die mehrmals verurteilte Holocaust-Leugnerin sitzt derzeit ein Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt in Bielefeld ab. Das Motto des rechten Kundgebung lautet "Freiheit für Ursula Haverbeck".

"Die Rechte" hatte gegen eine Auflage des Polizeipräsidiums Bielefeld Rechtsmittel eingelegt. Die Behörde hatte die angemeldete Demonstration zwar erlaubt, aber auf Grund des Gedenkens an die Novemberpogrome von 1938 gefordert, dass die Partei grundsätzlich einen anderen Veranstaltungstag wählen solle.

Polizei will Rechtsmittel ausschöpfen

Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden sah im Gegensatz zur Polizeibehörde keine ausreichenden Gründe für eine Beschränkung der "Rechten"-Kundgebung gegeben. Das benannte Thema der geplanten Demonstration weise keine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft auf, hieß es in dem am Montag veröffentlichten Beschluss. Eine solche ergäbe sich auch nicht aus sonstigen Umständen. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, gegen ihn ist eine Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster möglich.

Ein Polizeisprecher sagte dem "Evangelischen Pressedienst", das Polizeipräsidium werde alle Rechtsmittel ausschöpfen. "Wir stellen uns aber auf eine Demonstration ein." Ein gesellschaftliches Bündnis hat bereits eine Gegendemonstration für den 9. November angekündigt.

Polizei in der Kritik

Haverbeck verbüßt seit Mai 2018 in Bielefeld-Brackwede eine zweijährige Haftstrafe wegen Volksverhetzung, die vom Landgericht Verden verhängt wurde. Das Detmolder Landgericht hatte sie zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt. Haverbeck hatte unter anderem bestritten, dass das Konzentrationslager Auschwitz ein Vernichtungslager war.

Im November vergangenen Jahres waren 6.000 Menschen in Bielefeld gegen eine rechte Kundgebung für Holocaust-Leugnerin auf die Straße gegangen. Die Polizei Bielefeld war im Nachhinein für ihren Einsatz scharf kritisiert worden. Das "Bielefelder Bündnis gegen Rechts" warf der Polizei ein aggressives Vorgehen vor. Mit Wasserwerfern, Räumpanzern und Hundertschaften sei der friedliche Protest "unverhältnismäßig" erschwert worden. Die Gegendemonstranten seien zudem entgegen vorheriger Absprachen weiträumig von den Neonazis abgesperrt worden. (epd/mig)

Bildunterschrift: Eine Demonstration von Neonazis.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 01.10.2019:

Gericht kippt Demo-Verbot für Neonazis

Verwaltungsgericht: Richter kippen Polizeiverfügung / Die geplante Demo am 9. November für die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck lasse keine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die Opfer der Pogromnacht 1938 erkennen

Bielefeld. Neonazis dürfen nun doch am 9. November für Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld demonstrieren. Das Verwaltungsgericht Minden hat am Montag entschieden, dass die Polizeiverfügung, die eine Demo der Neonazi-Partei "Die Rechte" am Gedenktag für die Opfer der Pogromnacht untersagt hat, rechtswidrig ist. Damit kippte das Gericht die Verfügung, nachdem die Rechtsextremen im Eilverfahren gegen die Verfügung geklagt hatten (Az.: 11 L 886/19).

Die Polizei hatte die Demo nicht grundsätzlich verboten, aber in Form einer Auflage den konkreten Termin untersagt. Der Grund sei das besondere historische Datum, betonte die Polizei. Am 9. November gedenkt Deutschland der Opfer der Novemberpogrome 1938. Dieses Gedenken stehe in deutlichem Widerspruch zum Demo-Inhalt der Rechtsextremen, so die Polizei.

Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts sah für diese Beschränkung keine ausreichenden Gründe, "denn das benannte Thema der geplanten Demonstration weise keine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft auf". Eine solche Stoßrichtung ergäbe sich auch nicht aus sonstigen Umständen.

Für die Bielefelder Polizeibehörde sei schon der Anlass der Demo - der 91. Geburtstag der mehrfach verurteilten Volksverhetzerin Ursula Haverbeck - als Provokation einzustufen. Das Gericht hingegen sah im Demo-Motto der Neonazis keinen Grund zur Beanstandung. Das Motto lautet: "Mit 91 in den Knast? Freiheit für Ursula Haverbeck. Für echte Meinungsfreiheit." So sei die wiederholte Leugnung des Holocaust durch die 90-Jährige nicht Thema der Versammlung, betont das Gericht und kommt deshalb zu dem Schluss: "Der bloßen Durchführung eines Aufzugs oder einer Versammlung könne an diesem Tag nicht allein eine Provokationswirkung beigemessen werden."

Auch die Annahme, dass mit dem Begriff "echte Meinungsfreiheit" im Motto die von Neonazis immer wieder geforderte Abschaffung des Volksverhetzungsparagrafen 130 im Strafgesetzbuch gemeint sein könnte, reiche nicht für ein Verbot. In der rechtspolitischen Forderung könne "kein Angriff auf die geschützte Würde der Opfer des nationalsozialistischen Unrechtsregimes gesehen werden".

Die juristische Frage wurde nun in einem Eilverfahren entschieden, weil ein ordentliches Hauptsacheverfahren erst nach dem Termin der Demo möglich gewesen wäre, erklärte Sprecherin Vivienne Bock. Der Beschluss ist aber noch nicht rechtskräftig, gegen ihn ist eine Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht in Münster möglich, heißt es vom Gericht. Ob die Polizei diesen Weg gehen wird, war am Montag nicht zu erfahren. Laut epd-Agentur wolle die Polizei alle Rechtsmittel ausschöpfen.

Haverbeck sitzt bekanntlich seit Mai 2018 in der Justizvollzugsanstalt Brackwede ein. Neonazis aus Dortmund haben seitdem wiederholt Demos in Bielefeld angemeldet und durchgeführt. Bisher konnten alle stattfinden.

Zuletzt hatte die Polizei 2011 versucht, eine Neonazi-Demo an Heiligabend in Bielefeld zu verbieten. Damals konnte die Behörde das Verbot nicht aufrecht erhalten. Zu einer Klage war es hier allerdings nicht mehr gekommen.

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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 01.10.2019:

Gericht: Rechtsextreme dürfen am 9. November demonstrieren

Verwaltungsrichter kassieren Polizei-Auflage - Gegendemo geplant

Von Hans-Heinrich Sellmann

Bielefeld (WB). Am 9. November 1938 brannte auch in Bielefeld die Synagoge, zerstörten NSDAP-Schergen jüdische Geschäfte und wurden Dutzende Juden verhaftet, um sie anschließend ins KZ Buchenwald zu bringen. Am 9. November 2019 werden Neonazis durch Bielefeld ziehen, um gegen die Inhaftierung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zu demonstrieren.

Den Versuch der Bielefelder Polizei, die von der rechtsextremen Partei "Die Rechte" angemeldete Demonstration zumindest auf einen anderen Tag zu verschieben, hat das Verwaltungsgericht Minden am Montag im Eilverfahren abgeschmettert. Die drei Richter der elften Kammer bewerteten die Auflage der Polizei als "voraussichtlich rechtswidrig". Zum Missfallen von Oberbürgermeister Pit Clausen: "Es ist schwer erträglich, ausgerechnet am 9. November eine Demonstration von Rechten zu haben, die einer Frau huldigen, die den Holocaust leugnet. Eine solche Demonstration ist beschämend und widerlich."

"Die Rechte" hat die Demonstration für den 9. November unter dem Motto "Mit 91 Jahren in den Knast! Freiheit für Ursula Haverbeck! Für echte Meinungsfreiheit" angemeldet. Die wegen Volksverhetzung verurteilte Holocaust-Leugnerin sitzt seit dem 9. Mai 2018 in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede. Am 8. November wird sie 91 Jahre alt, weshalb "Die Rechte" auf ihrer Homepage auch von einer "Geburtstagsdemo" spricht. Die Demonstration soll um 13 Uhr am Bielefelder Hauptbahnhof beginnen.

Welchen Weg der Zug dann nehmen wird, ist Bestandteil der üblichen Kooperationsgespräche, die die Polizei nun mit der Partei und den zu erwartenden Gegendemonstranten führen wird. Im Bielefelder Polizeipräsidium hielt man sich am Montag noch bedeckt. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Anmeldung bestehen bleibt, und werden das Urteil zunächst im Haus bewerten", sagte Polizei-Sprecher Knut Packmohr.

In dem Beschluss schreiben die Richter, dass die Demonstration nicht die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde. Sie stützen sich dabei auf die gängige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Danach könne die öffentliche Ordnung zwar betroffen sein, "wenn einem bestimmten Tag ein in der Gesellschaft eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Botschaft zukommt". Der 9. November sei allerdings bei aller Symbolkraft "nicht durch Hoheitsakt zum offiziellen Gedenktag erklärt worden". An dem Tag eine Demonstration abzuhalten, sei auch grundsätzlich noch nicht provokativ, solange nicht feststehe, wie konkret mögliche Provokationen aussehen könnten. Das von der Partei benannte Thema weise "keine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft auf".

Aus Sicht des Gerichts ist "die wiederholte Leugnung des Holocaust nicht Thema der Versammlung und findet sich in deren Motto nicht wieder". Auch in den Hinweisen der Polizei, dass an früheren "Die Rechte"-Demos einschlägig vorbestrafte Mitglieder teilgenommen hätten oder der NRW-Landesverband der Partei "ein Sammelbecken für Neonazis" sei, erkannten die Richter keinen Bezug zum 9. November.

Die Gedenkveranstaltungen, die in Bielefeld traditionell auf dem Bahnhofsvorplatz, im Rathaus und am ehemaligen Standort der Synagoge in der Turnerstraße abgehalten werden, lässt das Gericht zwar nicht unerwähnt, verweist aber darauf, dass "Die Rechte" erklärt habe, wegen der Streckenführung kooperationsbereit zu sein.

"Diese Veranstaltungen dürfen auf keinen Fall eingeschränkt werden, sagt Klaus Rees, Sprecher des Bündnisses gegen Rechts, das bereits Gegenaktionen vorbereite. Die Begründung des Gerichts hält Rees für einen Witz. "Es soll kein Bezug zum 9. November sein, dass Frau Haverbeck seit 40 Jahren mit ihren Thesen zu dem Thema unterwegs ist?" Er begrüßt den Vorstoß der Polizei, die die Zeichen der Zeit erkannt habe. "Jetzt wollen wir aber auch, dass die Stadt nicht wieder lahm gelegt wird." Am 10. November 2018 war das Leben in der Innenstadt durch 400 Rechtsextreme, Tausende Gegendemonstranten und ein großes Polizeiaufgebot einen ganz Samstag lang massiv beeinträchtigt.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist noch nicht rechtskräftig. Eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster ist möglich.

Bildunterschrift: Die Hoffnung, dass Bielefeld ein solches Bild zumindest am 9. November erspart bleibt, hat sich zerschlagen.

Kommentar

Im November vergangenen Jahres war es schon schwer erträglich, die Rechtsextremen durch Bielefeld marschieren zu sehen. Aber es war vor dem Hintergrund von Versammlungs- und Meinungsfreiheit gerade noch zu tolerieren. Und wenn in Wuppertal eine Neonazi-Demo am 9. November abgehalten werden durfte, weil es den Veranstaltern vordergründig "um Sicherheit und Ordnung" ging, dann ist - zähneknirschend - der Bezug zur Reichspogromnacht rechtlich wohl nur schwer herzustellen. Wenn es aber um eine Frau geht, die das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, das am 9. November 1938 für alle sichtbar wurde, hartnäckig leugnet, dann steht jeder klar Denkende verständnislos vor Recht und Gesetz. Diese Demonstranten besudeln nicht das Gedenken an Opfer und Hinterbliebene der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und wollen das auch nicht? Justitia sieht im Dunkeln nichts. Leider.

Hans-Heinrich Sellmann

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evangelisch.de, 30.09.2019:

Gericht erlaubt Neonazi-Aufmarsch am 9. November in Bielefeld

Unter dem Motto "Freiheit für Ursula Haverbeck" will die Partei "Die Rechte" am 9. November in Bielefeld auf die Straße gehen. Die Polizei forderte eine Verlegung. Das Verwaltungsgericht Minden sieht dafür aber keine ausreichenden Gründe.

Minden, Bielefeld (epd). Eine für den 9. November in Bielefeld angemeldete Kundgebung für die inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck darf stattfinden. Das entschied das Verwaltungsgericht Minden in einem Eilverfahren, wie eine Gerichtssprecherin am Montag mitteilte (AZ: 11 L 886/19). Der Demonstrationszug der Partei "Die Rechte" ist einen Tag nach dem Geburtstag Haverbecks geplant, die am 8. November 91 Jahre alt wird. Die mehrmals verurteilte Holocaust-Leugnerin sitzt derzeit ein Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt in Bielefeld ab. Das Motto des rechten Kundgebung lautet "Freiheit für Ursula Haverbeck".

"Die Rechte" hatte gegen eine Auflage des Polizeipräsidiums Bielefeld Rechtsmittel eingelegt. Die Behörde hatte die angemeldete Demonstration zwar erlaubt, aber auf Grund des Gedenkens an die Novemberpogrome von 1938 gefordert, dass die Partei grundsätzlich einen anderen Veranstaltungstag wählen solle.

Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden sah im Gegensatz zur Polizeibehörde keine ausreichenden Gründe für eine Beschränkung der "Rechten"-Kundgebung gegeben. Das benannte Thema der geplanten Demonstration weise keine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft auf, hieß es in dem am Montag veröffentlichten Beschluss. Eine solche ergäbe sich auch nicht aus sonstigen Umständen. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, gegen ihn ist eine Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster möglich.

Ein Polizeisprecher sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), das Polizeipräsidium werde alle Rechtsmittel ausschöpfen. "Wir stellen uns aber auf eine Demonstration ein." Ein gesellschaftliches Bündnis hat bereits eine Gegendemonstration für den 9. November angekündigt.

Haverbeck verbüßt seit Mai 2018 in Bielefeld-Brackwede eine zweijährige Haftstrafe wegen Volksverhetzung, die vom Landgericht Verden verhängt wurde. Das Detmolder Landgericht hatte sie zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt. Haverbeck hatte unter anderem bestritten, dass das Konzentrationslager Auschwitz ein Vernichtungslager war.

Im November vergangenen Jahres waren 6.000 Menschen in Bielefeld gegen eine rechte Kundgebung für Holocaust-Leugnerin auf die Straße gegangen. Die Polizei Bielefeld war im Nachhinein für ihren Einsatz scharf kritisiert worden. Das "Bielefelder Bündnis gegen Rechts" warf der Polizei ein aggressives Vorgehen vor. Mit Wasserwerfern, Räumpanzern und Hundertschaften sei der friedliche Protest "unverhältnismäßig" erschwert worden. Die Gegendemonstranten seien zudem entgegen vorheriger Absprachen weiträumig von den Neonazis abgesperrt worden.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 27.09.2019:

Entscheidung zu Neonazi-Demo in Kürze

Bielefeld (jr). Die Bielefelder Polizei hat den angekündigten Neonazi-Aufmarsch der Partei "Die Rechte" am 9. November in der Innenstadt per Verfügung verboten. Grund für das Terminverbot sei das besondere historische Datum, der Gedenktag, an dem der Novemberpogrome 1938 gedacht wird. Die Neonazis, die an jenem Tag unbedingt für die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck auf die Straße gehen wollen, reagierten auf die Verfügung der Polizei mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden. Wie Sprecherin Vivienne Bock bestätigte, werde das Gericht in Kürze per Eilverfahren über die Klage entscheiden. In Berlin war 2018 ein vergleichbares Verbot gekippt worden.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 19.07.2019:

"Nazis am 9. November nicht hinnehmbar"

Pogrom-Gedenken: "Bündnis gegen Rechts" befürchtet Störung der Veranstaltung im Rathaus

Bielefeld (jr.). Neonazis wollen ausgerechnet am 9. November in der Innenstadt demonstrieren (NW von Mittwoch). Die Polizei hat angesichts des geschichtsträchtigen Tages den Anmeldern der Partei "Die Rechte" nahegelegt, einen anderen Termin zu finden. Das begrüßt das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts". Wie das Bündnis in einer Stellungnahme mitteilte, "vertrauen die Mitglieder darauf, dass die Polizei die Demonstration am Tag des Gedenkens an die Pogromnacht nicht zulassen wird".

Demnach sei auch eine Route durch die Innenstadt - wie im November 2018 - "grundsätzlich ausgeschlossen". Damals musste die Polizei über Stunden die komplette Innenstadt abriegeln. Aus diesen Erfahrungen ergebe sich einerseits, "dass eine solche massive Beeinträchtigung der Bielefelder Einwohner" durch Polizei-Blockaden und Verkehrssperren "nicht zumutbar ist". Andererseits, so das Bündnis, finde seit Jahren am 9. November im Ratssaal des Bielefelder Rathauses eine Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht statt. "Ein Demo-Zug von Faschisten in unmittelbarer Nähe, der dieses Gedenken stören könnte, ist nicht hinnehmbar", heißt es in der Mitteilung weiter.

Sollte die Demonstration der Neonazis allerdings doch stattfinden, wird das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" - wie gewohnt - friedliche aber deutliche Proteste organisieren.

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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 18.07.2019:

Rechten-Demo: Bündnis hofft auf Verlegung

Bielefeld (WB). Das Organisationsteam des Bielefelder Bündnisses gegen Rechts hofft, dass die Polizei als zuständige Versammlungsbehörde die von der Partei "Die Rechte" für den 9. November geplante Demonstration nicht zulassen wird. Darauf vertraue man, erklären die Mitglieder des Organisationsteams, die Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar (SPD), die Ratsmitglieder Klaus Rees (Grüne) und Michael Gugat (parteilos), Sozialpfarrer Matthias Blomeier und Friederike Vogt, städtische Beauftragte für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender. Wie berichtet, hat die Partei "Die Rechte" anlässlich des 91. Geburtstages der in der Justizvollzugsanstalt Brackwede einsitzenden Holocaust-Leugnerin für den 9. November zu einer Demo am Hauptbahnhof aufgerufen. Die Bielefelder Polizei drängt auf eine terminliche Verlegung.

Ein "Demonstrationszug von Faschisten" in unmittelbarer Nähe der seit Jahren wiederkehrenden Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht am 9. November im Ratssaal des Neuen Rathauses, der dieses Gedenken stören könne, sei nicht hinnehmbar, erklärt das Bündnis gegen Rechts. Nach den Erfahrungen der Behinderungen und Zwischenfälle bei dem Demonstrationszug von Rechtsextremen im November vergangenen Jahres sei eine Route durch die Innenstadt "sicherlich grundsätzlich ausgeschlossen", schreibt das Bündnis. Sollte die von den Rechten angekündigte Demonstration stattfinden, werde das Bündnis gegen Rechts "wie gewohnt friedliche, aber deutliche Proteste organisieren", kündigt das Organisationsteam Gegendemonstrationen an.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 18.07.2019:

Bündnis gegen Rechts: "Nazis am 9. November nicht hinnehmbar"

Pogrom-Gedenken: Erneute "Route durch die Innenstadt" sei ausgeschlossen / Jährliche Gedenkveranstaltung im Rathaus wäre durch "Demo der Faschisten" gestört

Bielefeld (jr.). Neonazis wollen ausgerechnet am 9. November in der Innenstadt demonstrieren (NW von gestern). Die Polizei hat angesichts des geschichtsträchtigen Tages den Anmeldern der Partei "Die Rechte" nahegelegt, einen anderen Termin zu finden. Das begrüßt das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts". Wie das Bündnis in einer Stellungnahme mitteilte, "vertrauen die Mitglieder darauf, dass die Polizei die Demonstration am Tag des Gedenkens an die Pogromnacht nicht zulassen wird".

Demnach sei auch eine Route durch die Innenstadt - wie im November 2018 - "grundsätzlich ausgeschlossen". Damals musste die Polizei über Stunden die komplette Innenstadt abriegeln. Aus diesen Erfahrungen ergebe sich einerseits, "dass eine solche massive Beeinträchtigung der Bielefelder Einwohner" durch Polizei-Blockaden und Verkehrssperren "nicht zumutbar ist". Andererseits, so das Bündnis, finde seit Jahren am 9. November im Ratssaal des Bielefelder Rathauses eine Gedenkveranstaltung anlässlich der Pogromnacht statt. "Ein Demo-Zug von Faschisten in unmittelbarer Nähe, der dieses Gedenken stören könnte, ist nicht hinnehmbar", heißt es in der Mitteilung weiter.

Sollte die Demonstration der Neonazis allerdings doch stattfinden, wird das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" - wie gewohnt - friedliche aber deutliche Proteste organisieren.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 17.07.2019:

Polizei will Nazi-Demo am 9. November stoppen

Provokation: "Die Rechte" meldet Aufmarsch für Ursula Haverbeck am Pogrom-Gedenktag an

Bielefeld (jr). Erstmals seit acht Jahren versucht die Polizei, eine angemeldete Demonstration von Neonazis zu verhindern. Wie Polizeisprecherin Caroline Steffen bestätigte, haben die Rechtsextremisten kürzlich einen Aufmarsch angemeldet, der ausgerechnet am 9. November durch die Innenstadt ziehen soll - dem Gedenktag anlässlich der Novemberpogrome 1938.

"Wir haben den Anmeldern auf Grund des geschichtsträchtigen Tages nahegelegt, einen anderen Termin für diese Demo auszuwählen", betont die Behördensprecherin. Eine entsprechende Verfügung ist bereits an den Anmelder gegangen.

Anlass der Demo der rechtsextremen Mini-Partei "Die Rechte" ist der 91. Geburtstag der mehrfach verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck, die bekanntlich seit Mai 2018 in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede einsitzt. Die notorische Volksverhetzerin wurde am 8. November 1928 geboren. Wie der Demo-Ankündigung der Neonazis zu entnehmen ist, ist der 9. November der erstmögliche Samstag danach.

Die Anmelder kündigen auf ihrer Homepage an, an dem Termin festhalten zu wollen. Die Behörde ignoriere mit ihrem Vorgehen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sowie zahlreicher Verwaltungsgerichte, heißt es weiter von Seiten der Neonazis.

Polizeisprecherin Steffen betont: "Die Polizei ist bei Demonstrationen keine Genehmigungs-, sondern Anmeldebehörde." Das heißt, wenn die Anmelder nicht zu einer verbotenen Organisation gehören, und sich die Teilnehmer an die Auflagen halten, hat die Polizei sehr selten eine Handhabe für eine Verbotsverfügung. "Das Demonstrationsrecht ist ein sehr hohes Gut." Trotzdem kündigt die Polizeisprecherin an: "Sollten die Anmelder an dem Termin festhalten, werden wir ein Verbot der Demo prüfen."

Denn das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am 9. November stehe an diesem Tag in einem deutlichen Widerspruch zu der politischen Ausrichtung und den Aussagen der rechtsextremen Partei. Entsprechende rechtliche Grundlagen für eine Verbotsprüfung seien vorhanden.

Zuletzt hatte Polizeipräsident Erwin Südfeld einen Neonazi-Auftritt an Heiligabend 2011 verboten. Damals hatte der Anmelder aus Düsseldorf eine Aufforderung der Behörde ignoriert. Nach einem nachträglich zustande gekommenen Kooperationsgespräch konnte Südfeld das Verbot aber nicht mehr aufrechterhalten. Die Polizei hätte damit vor einem Verwaltungsgericht keine Chance gehabt.

Die Neonazis kündigen auch diesmal an, den Termin "durchzuklagen". Erst im November 2018 war der Berliner Innensenator mit einem Demo-Verbot gescheitert, als Rechtsextreme am 9. November im Regierungsviertel den Mauer-Opfern gedenken wollten. Ein Verbot hätte nur Bestand gehabt, wenn der Aufzug eine "eindeutige Stoßrichtung gegen das Gedenken am 9. November" zur Erinnerung an die Pogromnacht 1938 habe. Dass die Teilnehmer Rechtsextreme sind, habe nach Ansicht des Gerichts nicht dafür ausgereicht.

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Am 13. Oktober 2019 gestaltete "Bielefeld stellt sich quer - Bündnis gegen Rechts" - in Absprache mit der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, eine Mahnwache gegen Antisemitismus vor der Synagoge Beit Tikwa.

"Ende September" 2019 erhielt die Jüdische Kultusgemeinde Bielefeld einen anonymen Drohbrief (in DIN-A-5-Format) - darin gehe es auch um eine Aufforderung, dass die Jüdinnen, Juden "verschwinden sollen".

Am 9. Mai 2019 berichtete die Neonazi-Kleinstpartei "Die Rechte", dass sie vor der Synagoge Beit Tikwa in Bielefeld, Plakate "Israel ist unser Unglück!" und "Spitzenkandidatin Ursula Haverbeck" aufgehangen hat.

Am 29. April 2019 sammelten sich vor der Synagoge Beit Tikwa (der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld) etwa zehn junge Männer, einer versuchte in die Synagoge zu gelangen - und bespuckte das Klingelschild.

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