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Westfalen-Blatt / Zeitung für Schloß Holte-Stukenbrock , 14.10.2019 :

Eine spezielle Art der Stille

"Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht" in der Entlausung aufgeführt

Von Monika Schönfeld

Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Mehr als 40 Mal hat er das Stück schon gespielt, sagt Schauspieler Michael Grunert. Aber hier, im alten Theater, das nach dem Zweiten Weltkrieg im ehemaligen Entlausungshaus des Stalag 326 war, ist es etwas Besonderes. "Dies ist der Ort, wo das Stück hingehört", sagt Michael Grunert.

"Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht" hinterlässt während zweier Vorstellungen eine spezielle Art der Stille.

Im Bielefelder Theaterlabor hatte das Stück vor anderthalb Jahren Premiere. Es fußt auf der Lebensgeschichte des ehemaligen Kriegsgefangenen Ferdinand Matuszek, die die Historiker Oliver Nickel und Friedhelm Schäffer (Gedenkstätte Stalag 326) aufgeschrieben haben. Der Titel: "Ich hatte nichts gegen Deutsche, nur gegen Faschisten".

Matuszek ist im Juli 2014 gestorben. In seinen letzten Jahren hat er in Schloß Holte-Stukenbrock mit Jugendlichen des Drei-Schulen-Theaters gearbeitet, die die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers Stalag 326 thematisiert hatten. Am Ende des Theaterstücks der Jugendlichen singt Matuszek mit ihnen das russische Sehnsuchtslied Katjuscha. Am Ende des Stücks "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht" wird eine Filmaufnahme eingeblendet, in der Matuszek das Lied ebenfalls singt.

Schauspieler Michael Grunert und Regisseurin Regina Berges haben den Hof in Rehme besucht, wo Ferdinand Matuszek als Kriegsgefangener eingesetzt war. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb er in Deutschland. Er sagte immer von sich, er hatte Glück. Er war nicht im KZ, er hat auf dem Bauernhof nicht gelitten. Aber er hat Bilder im Kopf, die Schreie der Mütter und Kinder, die von den Nazis getrennt wurden, das Bild des russischen Kriegsgefangenen, der vor seinen Augen erschossen wurde, weil er ein paar Kartoffeln aufsammelte. Die Schreie lassen seinen Kopf noch Jahre später fast zerspringen. Oder die Stille, wenn er gar nichts mehr fühlt.

Um das Theaterstück zu verstehen, muss man nicht bis ins Detail in die Geschichte von Ferdinand Matuszek eintauchen. "Matuszek ist noch keine 16 Jahre alt, als er aus seiner polnischen Heimat verschleppt wird. Seine Gedanken können Jugendliche, die im gleichen Alter sind, nachvollziehen. Das können sie sich vorstellen. Das geht unter die Haut", sagt Michael Grunert. Das Stück schlägt einen Bogen zu denen, die heute aus ihrer Heimat gerissen werden.

"Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht" wurde im Rahmen des Programms zum 70. Geburtstag der Evangelischen Lagerkirche auf dem Gelände aufgeführt. Der kleine Raum in der Entlausung bietet 50 Zuschauern Platz und war zweimal ausverkauft.

Bildunterschrift: Michael Grunert spielt das Theaterstück über den ehemaligen Kriegsgefangenen Ferdinand Matuszek.

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Westfalen-Blatt / Zeitung für Schloß Holte-Stukenbrock, 05./06.10.2019:

Zeitzeugen berichten

70 Jahre Lagerkirche: Ausstellung, Gottesdienst, Theaterstück

Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Zusammen mit der Evangelischen Kirche von Westfalen, vertreten durch das Landeskirchliche Archiv und die Landespfarrerin Pia Winkler, bietet die Gedenkstätte Stalag 326 Senne zum 70. Jahrestag der Einweihung der Evangelischen Lagerkirche in Stukenbrock-Senne mehrere Veranstaltungen an.

Am Mittwoch, 9. Oktober, wird die Fotoausstellung zur "Evangelischen Lagerkirche 1949 bis 2019" eröffnet. Treff zur Ausstellungseröffnung ist um 13.30 Uhr an der Pforte der Polizeischule am Lippstädter Weg 26. Die Bilder sind in der ehemaligen "Entlausung", einem späteren Multifunktionsgebäude mit Theater, Wäscherei und Badehaus, zu sehen. Die Ausstellung kann vor den Veranstaltungen besucht werden oder nach Terminabsprache. Der Gottesdienst mit Zeitzeugen aus dem Sozialwerk beginnt um 16 Uhr in der Lagerkirche.

In diesem Zusammenhang zeigt die Gedenkstätte am Donnerstag und am Samstag, 10. und 12. Oktober, jeweils ab 19 Uhr in der ehemaligen Entlausung das Theaterstück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht". Anmeldung bis Montag, 7. Oktober, per E-Mail unter m.wibe@stalag326.de. Treffpunkt ist jeweils um 18.30 Uhr an der Pforte der Polizeischule am Lippstädter Weg 26.

Das Theaterstück basiert auf dem Buch "Ich hatte nichts gegen Deutsche, nur gegen Faschisten. Die Lebensgeschichte des Ferdinand Matuszek" von Friedhelm Schäffer und Oliver Nickel. Michael Grunert (Spiel) und Regina Berges (Text und Regie) inszenieren im Auftrag des Fördervereins der Gedenkstätte (ehemals Dokumentationsstätte) Stalag 326 VI K Senne das Theaterstück, das ein Leben zwischen sichtbaren und unsichtbaren Zäunen erzählt.

www.ferdinandmatuszek.com

www.stalag326.de

Bildunterschrift: Wolfgang Günther, Pfarrerin Pia Winkler und Oliver Nickel laden ein zum 70. Geburtstag der Lagerkirche.

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Vom 9. bis 12. Oktober 2019 bot der Förderverein: "Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne e.V." zum 70. Jahrestag der Einweihung der Evangelischen Lagerkirche in Stukenbrock-Senne mehrere Veranstaltungen.

Am 16. Dezember 2014 wurde im Buchverlag Andrea Stangl ""Ich hatte nichts gegen Deutsche, nur gegen Faschisten": Die Lebensgeschichte des Ferdinand Matuszek" (Friedhelm Schäffer, Oliver Nickel) publiziert.

Am 11. Juli 2014 starb der Überlebende des Holocaust Ferdinand Matuszek, der bereits mit 15 Jahren von Tarnopol (in Polen) nach Deutschland zur Zwangsarbeit deportiert wurde, mit 88 Jahren in Löhne-Gohfeld.

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www.stalag326.de

www.ferdinandmatuszek.com

www.theaterlabor.de


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