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10 Artikel , 16.07.2019 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


Jüdische Allgemeine Online, 16.07.2019:
Berlin / Ein Abi‐Zeugnis nach 80 Jahren

Jüdische Allgemeine Online, 16.07.2019:
USA / Lebenslänglich plus 419 Jahre Haft

Frankfurter Allgemeine Zeitung Online, 16.07.2019:
Schlag gegen Italiens Neonazis / Salvinis sonderbar langsame Reaktion

Stern Online, 16.07.2019:
Funktionsfähige Waffe / Neonazis wollten Rakete bei WhatsApp verkaufen

tagesschau.de, 16.07.2019:
Neonazi-Netzwerk / Todesdrohungen aus der Schweiz

Blick nach Rechts, 16.07.2019:
Braunes Treiben in der Hauptstadt

Blick nach Rechts, 16.07.2019:
Kampfsport im braunen Herrenhaus

Belltower.News, 16.07.2019:
Alles wie immer bei Pegida / Angriffe auf die Presse, Holocaust-Relativierung und Gegenproteste

Hessische/Niedersächsische Allgemeine Online, 16.07.2019:
Verwaltungsgericht muss entscheiden / Neonazi Worch wehrt sich gegen Demoverbot durch Stadt Kassel

Blick nach Rechts, 16.07.2019:
Höcke-Kritik nur in Stilfragen

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Jüdische Allgemeine Online, 16.07.2019:

Berlin / Ein Abi‐Zeugnis nach 80 Jahren

16.07.2019 - 14.03 Uhr

Der 98‐jährige Holocaust‐Überlebende Leon Schwarzbaum hatte das Dokument im KZ Auschwitz abgeben müssen

Der jüdische Holocaust‐Überlebende und Zeitzeuge Leon Schwarzbaum hat am Dienstag in Berlin ein neu ausgestelltes Abiturzeugnis erhalten. Der 98‐Jährige habe seine Reifeprüfung vor 80 Jahren am jüdischen "Fürstenbergus Lyzeum" in Bendzin im heutigen Polen abgelegt, teilte die Evangelisch‐lutherische Landeskirche Hannovers am Dienstag mit. Sein Zeugnis habe er aber im Konzentrationslager Auschwitz abgeben müssen.

Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD), Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen‐Track und die Leiterin der Evangelischen IGS Wunstorf, Elke Helma Rothämel, überreichten Leon Schwarzbaum das Dokument in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin. Erst am Freitag war Schwarzbaum von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt worden.

Auslöser für die Initiative war der Film "Der letzte Jolly Boy", der Schwarzbaums vergebliches Bemühen zeigt, sein Zeugnis wiederzubekommen

Initiative

Auslöser für die Initiative war der Film "Der letzte Jolly Boy", der Schwarzbaums vergebliches Bemühen zeigt, sein Zeugnis wiederzubekommen. Nachdem die Wunstorfer Schule den Film vorgeführt hatte, initiierte Rothämel die Neuausstellung des Abi‐Zeugnisses. In Gesprächen mit Schwarzbaum sei sein Zeugnis rekonstruiert worden, sagte die Schulleiterin dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Er wusste bis auf eine noch alle Zensuren." Es handele sich nicht um ein Zeugnis ehrenhalber, sondern um eine "Hochschulzulassung mit Gültigkeit".

Schwarzbaum wurde 1921 in Hamburg geboren und lebt in der Bundeshauptstadt. 1943 wurde seine gesamte Familie im KZ Auschwitz umgebracht. Weitere Stationen seines Leidensweges in der Zeit des Nationalsozialismus waren unter anderem das KZ Buchenwald und ein Todesmarsch, auf dem ihn am 5. Mai 1945 in der Nähe von Schwerin amerikanische Soldaten befreiten.

Nach dem Krieg eröffnete Leon Schwarzbaum in Berlin ein Geschäft mit Antiquitäten und Kunstgegenständen. Im hohen Alter begann er, jungen Menschen in Vorträgen an Schulen über die NS‐Zeit zu berichten. Im Auschwitz‐Prozess gegen den früheren SS‐Wachmann Reinhold Hanning sagte er 2016 vor dem Detmolder Landgericht als Nebenkläger aus. epd

Bildunterschrift: Leon Schwarzbaum bei einem Empfang anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes.

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Jüdische Allgemeine Online, 16.07.2019:

USA / Lebenslänglich plus 419 Jahre Haft

16.07.2019 - 10.24 Uhr

Knapp zwei Jahre nach rassistischen und antisemitischen Ausschreitungen wird Täter von Charlottesville verurteilt

Knapp zwei Jahre nach den rassistischen und antisemitischen Ausschreitungen in Charlottesville hat ein US‐Gericht am Montag (Ortszeit) einen Rechtsextremisten wegen Mordes, mehrfacher schwerer Körperverletzung und Fahrerflucht zu lebenslänglich plus 419 Jahren Haft verurteilt.

Der 22‐jährige James Alex Fields hatte dem Gericht in Charlottesville im US‐Bundesstaat Virginia zufolge seinen Wagen am 12. August 2017 vorsätzlich in eine Gruppe von Anti‐Nazi‐Aktivisten gesteuert. Dabei tötete er die Aktivistin Heather Heyer (32) und verletzte zahlreiche weitere Menschen.

Hass-Verbrechen

Fields war bereits im Juni von einem US‐Bundesgericht im Zusammenhang mit seiner Todesfahrt wegen Hass-Verbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Ausschreitungen in der Universitätsstadt hatten im August 2017 weltweit Aufsehen erregt.

Mehrere Hundert Weiße, vornehmlich junge Männer, waren mit brennenden Fackeln, Nazi‐Fahnen und rassistischen Symbolen durch die Stadt gezogen. Fields reiste aus seinem Wohnort in Ohio zu der Kundgebung. Der Charlottesville‐Aufmarsch unterschiedlicher Gruppen vom Ku‐Klux‐Klan bis zu den Neonazis stand unter dem Motto "Vereinigt die Rechte". epd

Bildunterschrift: Der Täter hatte dem Gericht zufolge seinen Wagen am 12. August 2017 vorsätzlich in eine Gruppe von Anti-Nazi-Aktivisten gesteuert.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung Online, 16.07.2019:

Schlag gegen Italiens Neonazis / Salvinis sonderbar langsame Reaktion

16.07.2019 - 21.34 Uhr

Von Matthias Rüb, Rom

In Italien hat die Polizei ein veritables Arsenal an Kriegswaffen bei Neonazis sichergestellt. Doch Innenminister Salvini spricht lieber über die Mafia.

Wer zu einer Sache nichts sagen will, kann schweigen. Oder er kann umso lauter über etwas anderes reden. Italiens Innenminister Matteo Salvini hat in der Affäre um angebliche finanzielle Machenschaften seiner rechtsnationalistischen Lega mit obskuren russischen Ölhändlern die zweite Variante gewählt. Am Montag konferierte er mit Gewerkschaftsleuten und Unternehmensvertretern in seinem Amtssitz in Rom über den Haushaltsplan und die geplante Einführung eines Pauschalsteuersatzes von 15 Prozent für Geringverdiener und Kleinunternehmer. Dass das ein Thema ist, das mit Salvinis Ressort wenig bis nichts zu tun hat, entgeht niemandem. Aber es wundert auch niemanden, dass sich der derzeit mächtigste Politiker des Landes aufführt, als sei er faktisch Regierungschef und Superminister für fast alle Ressorts.

Am Dienstag eilte Salvini dann nach Genua, wo er der Zeremonie zur Übergabe beschlagnahmter Fahrzeuge der Mafia an die Ordnungskräfte beiwohnte. Von dort teilte Salvini mit, dies sei ein weiterer Beweis, dass unter seiner Führung im Innenministerium das Land sicherer und die Mafia schwächer werde. Außerdem ließ er wissen, dass er nicht beabsichtige, sich im Parlament den Fragen von Abgeordneten und Senatoren zu jener Affäre um ein italienisch-russisches Treffen im Moskauer Hotel "Metropol" vom Oktober 2018 zu stellen, die von den linksliberalen Medien als "Moscopoli" bezeichnet wird. Das ist eine Anspielung auf den Begriff "Tangentopoli", der in Italien seit den neunziger Jahren das parteiübergreifende System von Machtmissbrauch und Nepotismus, Korruption und Geldwäsche beschreibt. Er pflege sich mit der Wirklichkeit zu beschäftigen und nicht mit "Phantasien", begründete Salvini seine Absage.

Am "Teflon-Salvini" perlen alle Vorwürfe ab

Das entspricht ganz der Art eines Politikers, der oft als "Teflon-Salvini" beschrieben wird: Was immer seine politischen Gegner ihm vorwerfen mögen, was immer ihm oder seiner Partei tatsächlich missraten mag, es perlt an Salvini ab. Und er und seine Partei gewinnen seit gut einem Jahr sämtliche Wahlen - von Kommunal- über Regional- bis zu den Europawahlen - und werden stetig populärer. Deshalb versucht Salvini auch "Moscopoli" nach bewährtem Verhaltensmuster abzuschütteln. Doch das könnte schwieriger werden als bei früheren Anlässen. Immerhin ermittelt in der Sache seit Donnerstag die Mailänder Staatsanwaltschaft, wegen des Verdachts der internationalen Korruption. Am Montag musste sich Gianluca Savoini, ein Mailänder Weggefährte und Mitstreiter Salvinis der ersten Stunde, den Fragen der Strafverfolger stellen. Savoini machte von seinem Recht der Aussageverweigerung Gebrauch: Er schwieg.

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Stern Online, 16.07.2019:

Funktionsfähige Waffe / Neonazis wollten Rakete bei WhatsApp verkaufen

16.07.2019 - 10.47 Uhr

Die italienische Polizei hat bei Razzien gegen Neonazi-Sympathisanten ein großes Arsenal an Waffen beschlagnahmt, darunter eine Luft-Luft-Rakete. Die Behörden waren auf die Verdächtigen aufmerksam geworden, nachdem diese an der Seite pro-russischer Separatisten in der Ostukraine gekämpft hatten.

Die italienische Polizei hat am Montag bei Razzien gegen Neonazi-Sympathisanten ein großes Arsenal an Waffen beschlagnahmt, darunter 26 Schusswaffen, Schalldämpfer, Zielfernrohre, Bajonette und Munition. Die Behörden waren auf die italienischen Staatsbürger aufmerksam geworden, nachdem diese an der Seite von pro-russischen Separatisten in der Ostukraine gekämpft hatten. Drei Personen wurden verhaftet, darunter auch ein Zollbeamter und ehemaliger Abgeordneter einer rechtsextreme Partei im Parlament. Die Polizei durchsuchte Immobilien in ganz Norditalien. Dabei wurde unter anderem auch eine Luft-Luft-Rakete entdeckt, die anscheinend den Streitkräften von Katar gehörte. Eine Untersuchung ergab, dass sich die Rakete in einem funktionsfähigen Zustand befand, aber keine Sprengladung aufwies. Die Polizei sagte, die Verdächtigen hätten versucht, die Rakete via WhatsApp zu verkaufen.

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tagesschau.de, 16.07.2019:

Neonazi-Netzwerk / Todesdrohungen aus der Schweiz

16.07.2019 - 14.11 Uhr

Die rechtsextreme Szene in der Schweiz ist im Aufbruch. Recherchen des ARD-Magazins "report München" zeigen, wie auch deutsche Neonazis das Land zum Dreh- und Angelpunkt rechter Umtriebe machen.

Von Oliver Bendixen und Ulrich Hagmann, Bayerischer Rundfunk

Seit vielen Jahren engagiert sich die Linken-Politikerin Katharina König-Preuss gegen Rechtsextremismus. Sie ist Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags und gilt als Feindbild für die Neonazi-Szene. Vor kurzem erhielt sie erneut Drohungen. Die wichtigsten Spuren führen in die Schweiz, zu einer Band mit dem Namen "Erschießungskommando". Der Titel des jüngsten Albums lautet "Henkerszeit". In einem Lied ist von der "Ermordung" der Abgeordneten die Rede, die "rein künstlerischer Natur" gewesen sei. Eine Anspielung auf einen "Erschießungskommando"-Song aus dem Jahr 2016, der den Namen der Politikerin trug und Tötungsphantasien enthielt.

Signal an die Szene

Einschüchtern lässt sich die Abgeordnete davon nicht, doch ernst nimmt sie die Drohungen sehr wohl. Denn derartige Songs seien "eine Nachricht an die Szene", sagt Katharina König-Preuss - die Szene in Deutschland. Dies sei ihr bei einer Neonazi-Veranstaltung bewusst geworden, die sie als Beobachterin besucht habe. Mehrere Rechtsextreme hätten dort das Lied gesungen, als sie die Linken-Politikerin erblickten.

Katharina König-Preuss ist sich sicher: Deutsche Rechtsextremisten versuchen, das Nachbarland zu einem Rückzugs- und Operationsraum für Neonazi-Aktionen zu machen. Dies zeigen auch Recherchen des ARD-Politikmagazins "report München". Demnach gibt es zahlreiche Verbindungen von deutschen Rechtsextremen in die Schweiz.

Trotz deutschem Haftbefehl in die Schweiz verzogen

Thorsten Heise, eine führende Figur der militanten Kameradschaftsszene in Deutschland und Veranstalter von Rechtsrock-Konzerten, unterhält enge Beziehungen in die Alpenrepublik, unter anderem zur Schweizer Rechtsrock-Band Amok aus dem Großraum Zürich. Aber auch ins Wallis: Dort hat ein Bekannter aus der rechten militanten Szene Heises Sohn aufgenommen und ihm eine Lehrstelle verschafft. Gegen Heise Junior gibt es in Deutschland eine Anklageschrift.

Laut Staatsanwaltschaft lauten die Vorwürfe schwere Körperverletzung, schwerer Raub und Sachbeschädigung. Die Opfer, zwei Journalisten, sollen im April 2018 im thüringischen Fretterode mit Baseballschläger, Schraubenschlüssel und einem Messer traktiert worden sein. Außerdem wurde ihnen laut Staatsanwaltschaft die Kamera geraubt. Trotz fertiger Anklage schaffte es die Justiz in Thüringen bislang nicht, die Angreifer vor Gericht zu bringen. Es gibt auch keinen Haftbefehl, angeblich bestehe weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr bei Thorsten Heises Sohn, der nun in der Schweiz lebt.

"Verblüffende Gleichgültigkeit"

Sein Land sei wegen der liberalen Gesetzgebung attraktiv für Rechtsextremisten aus Deutschland, sagt der Schweizer Nationalratsabgeordnete Cédric Wermuth. "Wir beobachten mit großer Sorge, dass die Schweiz zu einem sicheren Hafen für Neonazis wird", so der Sozialdemokrat. Sämtliche größeren Neonazi-Gruppen wie Combat 18 hätten Verbindungen in die Alpenrepublik. Dazu komme "eine verblüffende Gleichgültigkeit von Politik und Öffentlichkeit diesem Thema gegenüber".

Nach Kenntnis des Schweizer Inlandsgeheimdienstes, des Nachrichtendienstes des Bundes, konnten nie konkrete Anhaltspunkte für eine Zuordnung der Täterschaft für die Publikation der "Erschießungskommando"-CD beigebracht werden, wie es auf Anfrage von "report München" heißt. Deshalb erkannte wohl auch keine Strafverfolgungsbehörde eine Zuständigkeit für die Aufnahme eines Strafverfahrens. Was deutsche Behörden über die Schweiz-Verbindungen deutscher Neonazis wissen, bleibt unklar. Auf Anfrage von "report München" teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz mit, man wolle sich derzeit nicht zu den Aktivitäten von Combat 18 äußern.

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Blick nach Rechts, 16.07.2019:

Braunes Treiben in der Hauptstadt

Von Theo Schneider

Rund 70 Besucher kamen am Samstag zu einem rechtsextremen Konzert in die Köpenicker NPD-Zentrale. Vereinzelt beteiligten sich Vertreter der Berliner rechten Szene auch an der "Schwarze Kreuze"-Aktion, zu der bundesweit aufgerufen worden war.

Am Samstagabend hatten sich in der Bundeszentrale der NPD in Berlin-Köpenick rund 70 Besucher zu einem Auftritt von Michael "Lunikoff" Regener und dem Thüringer Rechtsrock-Duo "Zeitnah" um Tommy Brandau eingefunden. Beworben wurde die Veranstaltung mit einer E-Mail-Adresse des Festivals "Tage der nationalen Bewegung" vom Berliner NPD-Vize Sebastian Schmidtke. Unter den Teilnehmern waren neben bekannten Berliner NPD-Aktivisten wie Schmidtke auch andere rechtsextreme Musiker wie Uwe Menzel ("Uwocaust"), Toni Belz ("Son of the Wind", früher bei "A3stus") und Gordon Bodo Dreisch ("Midgards Stimme"), der mit seinem Vater, dem ehemaligen Chef der verbotenen Gruppierung "Frontbann 24" erschienen war. Auch ein Anhänger der "Aktionsgruppe F.i.e.L" aus Mecklenburg sowie der ehemalige Berliner NPD-Funktionär Andrew Stelter, der jetzt im brandenburgischen Strausberg als Boxtrainer auftritt, zeigten sich in Köpenick.

Konzerte und "Liedermacherabende" in der NPD-Zentrale

Nicht häufig, aber regelmäßig, kommt es in Berlin zu Konzerten von braunen Bands beziehungsweise "Liedermacherabenden", die nur in Ausnahmefällen nicht in der NPD-Zentrale stattfinden. Zuletzt spielten im März Maik Krüger alias "FreilichFrei" und Martin Böhne von "Sleipnir" im Rahmen einer "JN-Europatagung" (Blick nach Rechts berichtete am 14.02.2019) auf. Im Vorjahr gab es mindestens fünf Musikevents in der Berliner Parteizentrale. Aufgetreten sind dabei: "Kategorie C - Hungrige Wölfe", "Hermunduren", "FreilichFrei", "Zeitnah", Mirko Szydlowski alias "Barny", Michael Regener und Frank Rennicke.

Der bundesweite Aufruf von Neonazis, im Rahmen eines "Gedenktages" für "deutsche Opfer" von "multikulturellen Gewalttaten" schwarze Kreuze im öffentlichen Raum aufzustellen, fand in Berlin hingegen kaum Resonanz. Lediglich die Pankower NPD-Jugendorganisation Junge Nationalisten beteiligte sich an der Aktion und stellte an sechs Standorten Kreuze und Kerzen auf. Eine Brandenburger Gruppe hatte zudem am Ortseingangsschild zum Berliner Bezirk Reinickendorf noch ein Kreuz befestigt. Bereits in den Vorjahren fanden diese Aktionen mit unterschiedlich hoher Beteiligung um den 13. Juli statt (Blick nach Rechts berichtete zuletzt www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/volkstrauertag-in-braun). Initiiert wurde sie 2014 von dem Rechts-Rapper Patrick Killat, besser bekannt unter seinem Künstlernamen "Villain051" vom Musikduo "A3stus".

Bildunterschrift: "Lunikoff"-Auftritt am Samstag in Berlin angekündigt.

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Blick nach Rechts, 16.07.2019:

Kampfsport im braunen Herrenhaus

Von Kai Budler

Rund 100 Personen haben im Mai dieses Jahres an dem "Heureka-Kongress" der international vernetzten rechten Kampfsport-Bewegung im thüringischen Guthmannshausen teilgenommen. Das geht aus der Antwort der Thüringer Landesregierung auf eine Kleine Anfrage hervor.

Bereits im Frühjahr kursierte im Netz ein Flyer, der den "Heureka II Kongress" für den 11. Mai ankündigte, als Ort wurde Mitteldeutschland genannt (Blick nach Rechts berichtete am 26.03.2019). Laut Antwort der Landesregierung vom 4. Juli auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Madeleine Henfling fand die Veranstaltung in den Räumen des Vereins "Gedächtnisstätte" in Guthmannshausen statt, der dort seit 2011 seinen Sitz hat (Blick nach Rechts berichtete am 16.01.2014).

Ursprünglich residierte der 1992 eingetragene Verein im nordrhein-westfälischen Vlotho, auch seit seinem Umzug in den Landkreis Sömmerda in Thüringen bietet er bei seinen Veranstaltungen Holocaust-Leugnern und Geschichtsfälschern ein Podium. Am Wochenende nach dem Kampfsport-Kongress im Mai referierte beispielsweise der als "Volkslehrer" bekannte Nikolai Nerling über das Thema "Deutsch sein trotz 70 Jahren Umerziehung - So kann es gelingen". In der Antwort der thüringischen Landesregierung heißt es, der Verein "Gedächtnisstätte" agiere "gegen den demokratischen Verfassungssaat und versucht, geschichtsrevisionistisches Gedankengut in demokratische Bevölkerungskreise zu transportieren". Mit dem Rittergut in Guthmannshausen biete "der Verein Rechtsextremisten verschiedener Spektren eine Begegnungsstätte und erfüllt damit eine wichtige organisationsübergreifende Vernetzungsfunktion".

"Kampf für die Volksgesundheit"

Zur zweiten Auflage des "Heureka-Kongress" sollen etwa 100 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet gekommen sein. Unterstützer und Sponsoren waren unter anderem das extrem rechte Kampfsportlabel "Kampf der Nibelungen", "Black Legion" und "Greifvogel Wear" sowie die "AG Körper & Geist" der neonazistischen Partei "Der III. Weg". Veranstaltet wurde der "Kongress" von der Gruppierung "Wardon 21", die bereits 2018 auf zwei extrem rechten Veranstaltungen in Kirchheim und Eisenach aufgetreten war. Nach Angaben der "Mobilen Beratung in Thüringen" (Mobit) handelt es sich bei "Wardon" um "eine Neonazi-Kampfsport-Gruppe, die sich als "Straight Edge" inszeniert und ihre ideologische Ausrichtung als Kampf für die "Volksgesundheit"" versteht. Dahinter steckt "knallharte nationalsozialistische Ideologie". Nach der in Guthmannshausen stattgefundenen Veranstaltung zeigt sich für die Experten "auf vielen Ebenen, dass die extrem rechte Szene im Freistaat mittlerweile aktiv in die Netzwerke der bundesweiten und auch internationalen Kampfsport-Szene involviert ist".

Bildunterschrift: Rechtes Kampfsport-Event auf dem ehemaligen Rittergut.

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Belltower.News, 16.07.2019:

Alles wie immer bei Pegida / Angriffe auf die Presse, Holocaust-Relativierung und Gegenproteste

Alles wie immer: Auch am vergangenen Montag marschierten selbsternannte "Patrioten" bei Pegida wieder durch Dresden - Seit an Seit mit Holocaust-Relativierern und Neonazis - und griffen einen Journalisten an. Wie jeden Montag sind aber auch wieder Menschen vor Ort, die dem menschenverachtenden Hass widersprechen.

Von Tim Mönch

Es ist ein grauer Montagnachmittag in Dresden. Während auf dem Dresdner Altmarkt der blaue Lautsprecherwagen von Pegida vorfährt und die Organisatoren um Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz anfangen ihre Technik aufzubauen, tummeln sich in der Innenstadt unzählige Touristen und besuchen Frauenkirche und Semperoper. Auf dem Altmarkt werden sich später mehrere hundert rechte Teilnehmende zu ihrem wöchentlichen "Spaziergang" treffen. Im Spätsommer jährt sich das Bestehen von Pegida in Dresden zum fünften Mal und noch immer nehmen jede Woche bis zu 1.000 Personen an den rechten Aufmärschen teil.

Die Gegendemonstrantinnen sind immer da

Nur einige Straßen weiter auf dem Theaterplatz sammeln sich unterdessen die ersten Antifaschistinnen. Wie jeden Montag organisiert das Bündnis "HOPE - fight racism" eine Gegendemonstration. Aus den Lautsprecherboxen läuft Musik von der "Antilopen Gang" und eine junge Frau verliest einen Redebeitrag zum Thema Seenotrettung. Etwa 30 hauptsächlich junge Menschen haben sich vor dem Lautsprecherwagen versammelt. "Wir gehen immer dann auf die Straße, wenn Pegida auf der Straße ist, weil wir nach bald fünf Jahren keinen Bock mehr haben es hinzunehmen, dass dieses fremdenfeindliche Bündnis fast ungestört durch Dresden läuft", erklärt mir der Pressesprecher des Bündnisses Max Platz. Mit lokalen Kundgebungen, Demonstrationen oder kreativem Protest wolle man Pegida etwas entgegensetzen. "Wir sind immer da, wenn es brennt."

Auf dem Altmarkt sammelt sich unterdessen die Pegida-Demonstration. Das Durchschnittsalter dürfte oberhalb der 50 Jahre liegen, viele der Teilnehmenden haben Deutschlandfahnen oder Schilder mit seltsamen Sprüchen und schlechten Reimen dabei. Auch eine Fahne der so genannten "Identitären Bewegung" (IB) und Fahnen der "AfD" sind zu sehen. Einige Teilnehmer haben ihre Deutschlandfahne bewusst falschherum gehisst, um ihre Ablehnung mit dem bestehenden System zu symbolisieren. Am Rande der Versammlung haben junge, sportlich gekleidete Männer der IB einen Stand aufgebaut, verteilen Flyer und Aufkleber, sammeln Spenden und werben für ihre eigene Demonstration in Halle am kommenden Wochenende.

Holocaust-Relativierer Seit an Seit mit Pegida

Etwas abseits ist ein weiterer Stand aufgebaut, der die Freilassung der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck fordert. Auf dem Tisch liegen verschiedene Hefte und Flyer aus, darunter die NPD-Parteizeitung "Deutsche Stimme" oder Flyer für die Zeitschrift "N.S. Heute", die vom Neonazi Sascha Krolzig herausgegeben wird. Ein Flyer wirbt für einen neonazistischen Aufmarsch der Partei "Die Rechte", die nach dem Mord an Walter Lübcke am kommenden Wochenende durch Kassel marschieren will. Offiziell gehört der Stand nicht zu Pegida, doch die jeweiligen Akteure kennen sich und die räumliche und zeitliche Nähe der Versammlungen sind sicher kein Zufall.

Direkt daneben hat sich die Gruppe "Nationalismus raus aus den Köpfen" positioniert und liest Texte vor, die sich mit dem Schrecken des Holocaust befassen. Das Bündnis sei eine Initiative von grundverschiedenen, sehr bürgerlichen Menschen, die sich bewusst in der Nähe von Pegida und dem Stand der Holocaust-Relativierer positionieren, um mit Transparenten einen visuellen Gegenpol darzustellen, erklärt Rita, die zu den Organisatorinnen gehört. "Man kann das, was hier abläuft, nicht unwidersprochen stehen lassen und da sich immer wieder Menschen finden, die das mit uns teilen, motiviert das auch immer wieder zu kommen und auch neue Formate zu finden."

Nach einer Rede des rechtsextremen "Identitären" Kai Alexander Naggert, der Nordrhein-Westfalen als "Großkalifat NRW" bezeichnet, startet Pegida ihre Runde durch die Dresdner Innenstadt. Am Rande der Strecke zeigen Teilnehmenden des Aufmarschs dann einmal mehr was sie von freier Berichterstattung halten: Um den Aufmarsch zu fotografieren, stelle ich mich mit meiner Kamera auf einen Stromkasten und bin innerhalb kürzester Zeit von mehreren Personen umringt. Zwei Männer versuchen mir mit ihren Deutschlandfahnen die Sicht zu versperren und mir wird zugerufen ich sei Stasi-Mitarbeiter und solle aufpassen, dass ich nicht "versehentlich" herunterfalle. Dem Pegida-Organisator Siegfried Däbritz ist die Freude über die Einschränkung der Pressefreiheit ins Gesicht geschrieben. Laut lachend läuft er an mir vorbei und hält die Situation im Livestream fest. Erst nach über fünf Minuten kommt die Polizei hinzu und versucht die Situation zu beruhigen. Ein zwanzigjähriger Teilnehmer wird kurz darauf von der Polizei aus der Demonstration gezogen. Er soll eine Flasche nach mir geworfen haben.

Solche Übergriffe auf Journalistinnen / Journalisten und Gegendemonstrantinnen sind bei Pegida keine Seltenheit. Als "extrem pöbelnd, extrem aggressiv und extrem feindlich gestimmt gegenüber allem was nicht ihrer Meinung entspricht", beschreibt Max Platz von "HOPE - fight racism" die wöchentlichen Aufmärsche und betont, dass auch die älteren Teilnehmer "keine gemäßigten Omas und Opas" seien, sondern umso aggressiver auftreten würden. Auch bedrohende Aussagen wie "Wir wollen euch hängen sehen" seien keine Seltenheit. Über diese Verrohung berichtet mir auch Rita von "Nationalismus raus aus den Köpfen". Gerade junge Frauen würden häufig Ziel beleidigender Aussagen: "Da werden Grenzen des Sagbaren schon lange überschritten und ich finde es unverständlich, dass da nicht eingegriffen wird."

Nur in den extremsten Fällen schafft es Pegida mit ihren Aufmärschen noch eine größere mediale Aufmerksamkeit zu erreichen. Die Videos, in denen Pegida-Teilnehmende "Absaufen, Absaufen" skandierten oder das aktuelle Video von "Kontraste", in dem der Mord an Walter Lübcke verharmlost wird, sind nur die Spitze des Eisbergs. Auch am Montag stellt die Polizei Straftaten fest: Eine versuchte gefährliche Körperverletzung, ein gezeigter Hitlergruß und eine Holocaust-Leugnung.

In zwei Wochen ist die nächste Pegida-Demonstration angekündigt. Es wird der 188. Aufmarsch in Dresden sein. Die Gruppen "HOPE - fight racism" und "Nationalismus raus aus den Köpfen" werden auch dann wieder auf der Straße sein und ihren unendlich scheinenden Kampf gegen Pegida fortführen.

Bildunterschrift: Wie jeden Montag marschierten gestern die selbsternannten "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) durch Dresden. Am Rande der Demonstration kam es zu Übergriffen auf einen Journalisten.

Bildunterschrift: Eine Gruppe der so genannten "Identitären Bewegung" am Rande der Pegida-Versammlung.

Bildunterschrift: Neonazistische Zeitschriften am Haverbeck-Stand.

Bildunterschrift: Ein Schild von "Nationalismus raus aus den Köpfen" weist auf den Stand für Ursula Haverbeck hin.

Bildunterschrift: Gegenprotest von "Nationalismus raus aus den Köpfen".

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Hessische/Niedersächsische Allgemeine Online, 16.07.2019:

Verwaltungsgericht muss entscheiden / Neonazi Worch wehrt sich gegen Demoverbot durch Stadt Kassel

16.07.2019 - 16.07 Uhr

Jetzt ist es offiziell: Die Stadt Kassel hat am Montag die für Samstag angemeldete Demonstration der rechtsextremistischen Partei "Die Rechte" verboten.

Das geht aus einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts (VG) Kassel hervor. Das VG teilt mit, dass Christian Worch, der Anmelder der Demonstration, sich mit einem Eilantrag gegen das Verbot durch die Stadt Kassel wehrt. Ein entsprechender Antrag sei beim VG eingegangen, so Sprecher Matthias Spillner.

Die sechste Kammer prüfe derzeit, ob das Demonstrationsverbot der Stadt Kassel Bestand hat oder nicht. Die Verbotsverfügung der Stadt sei sehr umfangreich, zudem habe die Stadt eine Schutzschrift (vorbeugende Antragserwiderung) beigefügt. Es gehe um ein Totalverbot der Veranstaltung. Sobald die Entscheidung des VG Kassel ergangen sei, werde man die Öffentlichkeit darüber unterrichten. Gegen die Entscheidung könne anschließend Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel eingelegt werden. In diesem Eilverfahren ist der VGH die letzte Instanz.

Die von dem Neonazi Worch angemeldete Demo steht unter dem Motto "Gegen Pressehetze, Verleumdung und Maulkorbfantasien". Durch mehrere angemeldete Gegendemos will das Kasseler Bündnis am Samstag ein Zeichen gegen die Rechtsextremen setzen.

Bildunterschrift: Das Verwaltungsgericht muss entscheiden.

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Blick nach Rechts, 16.07.2019:

Höcke-Kritik nur in Stilfragen

Von Armin Pfahl-Traughber: Ein Kommentar

Bei der gegenwärtigen Kritik in der AfD an Björn Höcke geht es nicht um seine politische Positionen sondern lediglich um sein Auftreten. Ein weiterer Rechtsruck der AfD zeichnet sich ab.

Aus der AfD-Bundesführung wird gerade gegenüber Björn Höcke heftige Kritik formuliert. Darüber berichten auch die Medien, wobei sie ein besonderes Bild zeichnen: "Bürgerliche" gegen "Nationalisten", "Gemäßigte" gegen "Radikale", "Konservative" gegen "Rechte". Doch ist diese Gegenüberstellung angemessen? Geht es wirklich um politische Grundeinstellungen? Oder hat dieser doch nur scheinbar inhaltliche Konflikt nicht mehr mit strategischen und taktischen Rücksichtnahmen zu tun? Diese Frage soll hier bejaht werden. Dazu sei zunächst noch einmal an den Anlass zur Kritik erinnert. Es geht dabei um das Bild, wonach ein "Heilsbringer"-Image auf den Landesvorsitzenden von Thüringen übertragen werden soll. Keine andere Partei kennt gegenwärtig einen solchen Personenkult. Im Angebot sind Becher, Tragetaschen und T-Shirts, welche das Konterfei von Höcke zieren. Zwar ist die AfD als solche nicht dafür zuständig, vielmehr geht dies von "Flügel"-nahen Kreisen aus. Gleichwohl hat man es hier mit einem Hype zu tun, welcher insbesondere in ostdeutschen AfD-Landesverbänden gut ankommt.

"Exzessiv zur Schau gestellter Personenkult"

Beim letzten "Kyffhäuser-Treffen" erlebte dieser Personenkult noch eine maßlose Steigerung. Höcke wurde nicht wie die anderen Redner nach vorn gerufen, er zog nach der bombastischen Ankündigung in einem Werbevideo ein. Ein AfD-Mann huldigte ihn mit den Worten: "Du bist unser Anführer, dem wir gern bereit sind zu folgen." Bei derartigen Formulierungen und Inszenierungen liegen historische Vergleiche nahe. Aber darum soll es hier nicht gehen. Nach dem Auftritt kam die erwähnte Kritik auf. Doch worin bestand sie? Was wurde problematisiert? Angesichts der zahlreichen Äußerungen von Höcke, welche die rechtsextremistische Ausrichtung seiner politischen Positionen veranschaulichen, hätte man sich diesbezügliche Kommentare vorstellen können. Doch darum ging es gar nicht. Die Form, nicht der Inhalt seines Wirkens verstörte. In einem "Appell der 100" hieß es: "Die AfD ist und wird keine Björn-Höcke-Partei". Man distanziere sich von dem "exzessiv zur Schau gestellten Personenkult", Höcke habe damit "die innerparteiliche Solidarität verletzt".

Vor "unbedachten und törichten Äußerungen" hüten

Besondere Aufmerksamkeit verdienen in diesem Kontext auch die Worte, die Alexander Gauland bei dem "Kyffhäuser"-Treffen als Redner formulierte. Da die AfD Mehrheiten brauche, müsse sie auch Menschen ansprechen, "denen Radikalität eher fremd ist". Daher solle man sich "auch mal auf die Lippe beißen" und sich vor "unbedachten und törichten Äußerungen" hüten. Derartige Aussagen können wohl nur wie folgt verstanden werden: Eigentlich teilt Gauland derartige Grundpositionen, aber sie verschrecken noch viele Wähler. Insofern sollte man sich in den Formulierungen eher zurückhalten und eben nicht die eigenen Wertvorstellungen zu offen zu erkennen geben. Derartige Auffassungen stehen wohl schwerlich für eine Distanz zu Höcke, Gauland verstört dessen offenes Agieren, nicht seine politische Position. Eine Gefahr ergibt sich so durch Höcke für die Partei, verschreckt sie doch so mögliche konservative Wähler vor allem im Westen.

Inhaltlich an Höcke nichts auszusetzen

Auch darüber hinaus kritisierte der gegenwärtige AfD-Bundesvorstand an Höcke nur Stilfragen. Immerhin hatte der Landesvorsitzende von Thüringen diesen mit markigen Worten kritisiert. "Ich kann euch garantieren", so Höcke bei dem "Kyffhäuser"-Treffen, "dass dieser Bundesvorstand in dieser Zusammensetzung nicht wiedergewählt wird". Dies könnte man überspitzt formuliert auch als innerparteiliche "Kriegserklärung" deuten, wozu dann aber diesem Bundesvorstand nur Einwände gegenüber dem gewählten Stil einfallen. Kay Gottschalk, immerhin einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Mitunterzeichner des erwähnten Appells, meinte denn auch, inhaltlich habe er an Höcke nichts auszusetzen. "Da muss ich Björn Höcke jetzt auch mal verteidigen. Als Rassist sehe ich ihn nun wahrlich nicht." Dies sahen selbst AfD-Anhänger und nicht nur Kritiker der Partei anders. All dies macht deutlich: Es geht hier nicht um Differenzen in politischen Grundsatzfragen, es geht um die richtige Strategie - wobei aktuell Offenheit und Personenkult noch stören.

Weidel beim Institut für Staatspolitik

Den erwähnten Aufruf unterzeichneten übrigens weder Alexander Gauland noch Jörg Meuthen noch Alice Weidel. Dafür wurde nahezu zeitgleich bekannt, dass die Konflikte zwischen Höcke und Weidel zurückgestellt werden sollten. Götz Kubitschek spielte eine wichtige Rolle bei dieser Vereinbarung. Er gilt als Höcke-Vertrauter und als "Kopf" der Neuen Rechten. In der von ihm mitherausgegebenen Publikationsorgan "Sezession" beschwört man die "Umwälzung" und den "Widerstand". Die Berufung auf die "Konservative Revolution" der Weimarer Republik macht bei all dem deutlich, dass damit die normativen Grundlagen eines demokratischen Verfassungsstaates negiert werden sollen. Demnach gibt es auch Kontakte in dieses Milieu, das Weidel lange Zeit gemieden hat. Sie soll nun auch im September beim Institut für Staatspolitik auf einer "Sommerakademie" vortragen. Das sind nur kleine Details, die aber alle in Kombination miteinander für den weiteren Rechtsruck der Partei stehen. Derartige Einsichten sollten durch die Fixierung auf Stilfragen nicht ignoriert werden.

Bildunterschrift: Kritik der AfD-Führung an Höcke hat strategische Gründe (Screenshot).

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