1 Veranstaltung - Nachrichten ,
11.01.2018 :
Tages-Chronologie von Donnerstag, 11. Januar 2018
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Veranstaltungskalender:
- Donnerstag, 11. Januar 2018 um 17.00 Uhr -
Ausstellungseröffnung: Der alte jüdische Friedhof in Detmold - Grabsteine, die Geschichten erzählen
- Fotos von Ulrich Heinemann, Detmold
Veranstaltungsort:
Rathaus am Markt
Foyer / Großer Sitzungssaal
Marktplatz 5
32756 Detmold
Ausstellungsdauer: Vom 11. Januar bis zum 16. Februar 2018; montags bis donnerstags von 08.00 bis 17.00 Uhr und freitags von 08.00 bis 13.00 Uhr.
Begrüßung: Rainer Heller, Bürgermeister der Stadt Detmold
Vortrag: Dr. Andreas Ruppert, Stadtarchivar a.D.
Der alte jüdische Friedhof an der heutigen Richthofenstraße / Spitzenkamptwete wurde erstmals 1724 erwähnt und bis 1880 belegt. Eine Tafel an der hohen Stützmauer erinnert an diesen historischen Ort in Detmold. 1939 musste das Gelände an die Stadt veräußert werden. Anfang der 1950er Jahre wurden die 99 erhaltenen Grabsteine und die nicht verwesten Gebeine begleitet von einem Rabbiner auf den 1883 neu angelegten Friedhof an der oberen Spitzenkamptwete umgebettet. Das Gelände wurde 1954 eingeebnet.
Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe e.V. hat im Rahmen eines Dokumentationsprojektes von dem bekannten Detmolder Fotografen Ulrich Heinemann die 99 Grabsteine mit Zustimmung der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold ablichten lassen.
Die schwierigen hebräischen Texte wurden im Auftrag der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe e.V. von Nathanja Hüttenmeister, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Salomon Ludwig Steinheim-Institutes für deutsch-jüdische Geschichte e.V. in Essen, fachkundig übersetzt und teilweise erläutert. Jeder Stein erzählt seine individuelle Geschichte. Die Übersetzungen hat die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe e.V. auf ihrer Internetseite - www.gfcjz-lippe.de - veröffentlicht. Die Ausstellung präsentiert ausgewählte Fotografien.
Veranstaltung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe e.V. in Kooperation mit der Stadt Detmold.
www.gfcjz-lippe.de
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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Donnerstag, 11. Januar 2018
Am 27. Januar 2018 präsentieren die Gedenkstätte Zellentrakt im Herforder Rathaus und das "Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken e.V." den Film - "Die Kinder von Himmlerstadt" - in der Synagoge in Herford.
Für "Sommer" 2018, ist die Forschungsarbeit des Historikers Dr. Jürgen Büschenfeld, Geschichtsdozent an der Universität Bielefeld, zur Geschichte Steinhagens in der Zeit von 1933 bis 1945 als Buch angekündigt.
Am 16. April 2018 referiert Dr. Bärbel Sunderbrink im Landesarchiv NRW - Abteilung Ostwestfalen-Lippe in Detmold (19.30 Uhr) zum Thema: "Ein Mörder aus Detmold - Jürgen Stroop und das Warschauer Ghetto".
Am 16. Januar 2018 wird im Landesarchiv NRW - Abteilung Ostwestfalen-Lippe in Detmold die Ausstellung - "Detmold und das Warschauer Ghetto - Opfer und Täter" - über den: SS-General Jürgen Stroop eröffnet.
Für den 11. Januar 2018, 15.00 Uhr, war eine Zusammenkunft der "Frauengruppe" der "Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen" im "Kreisverband Herford" - im "Haus Unter den Linden" in Herford beworben.
Am 2. Oktober 1949 wurde die, offen neonazistische - "Sozialistische Reichspartei Deutschlands" (SRPD) - auch "Sozialistische Reichspartei" (SRP) um Otto Ernst Remer und Fritz Dorls in Coppenbrügge gegründet.
Am 9. Januar 2018 stellte die Bielefelder Abgeordnete Christina Kampmann (SPD), im Landtag Nordrhein-Westfalen eine Kleine Anfrage zu den Aktivitäten der völkischen "Ahnenstätte Seelenfeld" in Petershagen.
Am 27. September 2017 redete Julian Feldmann (in Petershagen) über die "Ahnenstätte" in Petershagen-Seelenfeld sowie über den völkischen "Bund für Gotterkenntnis" und den Verein "Ahnenstätte Seelenfeld".
Am 11. Juni 2017 fand in der - "Ahnenstätte Seelenfeld" - eine Zusammenkunft des Vereins "Ahnenstätte Seelenfeld" mit mehr als 80 Personen - dabei Wolfram Schiedewitz vom "Verein Gedächtnisstätte" - statt.
Am 11. Januar 2018 wurde ein 55-Jähriger aus Vlotho wegen Volksverhetzung - Facebook-Eintrag vom 22. März 2016 - zu einer Geldstrafe (von insgesamt 4.800 Euro), vom Amtsgericht Bad Oeynhausen verurteilt.
Am 11. Mai 2017 begann beim Amtsgericht Bad Oeynhausen ein Verfahren, gegen einen (54 Jahre alten) Mann aus Vlotho wegen des volksverhetzenden Eintrags auf einer offen einzusehenden "Facebook"-Seite.
Am 22. März 2016 schrieb Andreas Milewski aus Vlotho auf einer öffentlichen Facebook-Seite des "Stern", die Sätze: "Muslime sind für mich keine Menschen. Jeder Hund und jede Katze sind mehr wert für mich.".
www.jg-hf-dt.de
www.zellentrakt.de
www.archive.nrw.de/lav/abteilungen/ostwestfalen_lippe/profil_zustaendigkeit/index.php
www.mobile-beratung-nrw.de
www.aul-herford.de/projekte/nrweltoffen/
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Nicht veröffentlichter Artikel:
Lippische Landes-Zeitung, 11.01.2018:
Streit in Extertaler Unterkunft
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Artikel-Einträge in der Datenbank:
Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger, 11.01.2018:
Berichtigung
Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 11.01.2018:
Der Vergangenheit stellen
Lippische Landes-Zeitung, 11.01.2018:
Ein vielfacher Mörder aus Detmold
Deister- und Weserzeitung, 11.01.2018:
Hintergrund / Geheim ins Reich
Landtag Nordrhein-Westfalen - 17. Wahlperiode, 11.01.2018:
Kleine Anfrage 704 der Abgeordneten Christina Kampmann, SPD
Radio Herford, 11.01.2018:
Geldstrafe gegen Volksverhetzer
Radio Westfalica, 11.01.2018:
Volksverhetzung: Vlothoer muss zahlen
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Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger, 11.01.2018:
Berichtigung
In der Ankündigung zur Vorführung des Filmes "Die Kinder von Himmlerstadt" des Vereins Zamosc anlässlich des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist irrtümlich ein falsches Datum angegeben worden. Der Film wird nicht am 29. Januar, sondern am Samstag, 27. Januar, ab 19 Uhr in der Synagoge Herford an der Komturstraße gezeigt.
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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 11.01.2018:
Der Vergangenheit stellen
Nachgefragt: Die Veröffentlichung der Dokumentation über Steinhagen während der NS-Zeit soll im Sommer fertig sein / Die Forschungsarbeit birgt beklemmende Details
Von Frank Jasper
Steinhagen. Ursprünglich sollte Ende 2016 eine Dokumentation über die Geschichte Steinhagens in der Zeit von 1933 bis 1945 erscheinen, dann wurde der Termin auf 2017 verschoben. Auch dieses Ziel konnte krankheitsbedingt und auf Grund immer neuer Recherche-Arbeiten nicht eingehalten werden. Historiker Dr. Jürgen Büschenfeld, der von der Gemeinde Steinhagen mit dem Projekt beauftragt wurde, kündigt die Veröffentlichung im Gespräch mit dieser Zeitung jetzt für den Sommer an.
"Im Landesarchiv Detmold hat sich ein neuer Archivbestand aufgetan, den ich unbedingt berücksichtigen wollte, auch das Westfälische Wirtschaftsarchiv in Dortmund habe ich für die Dokumentation noch einmal besucht", berichtet Büschenfeld. "Nur fünf bis zehn Prozent aus den Archiv-Recherchen können überhaupt verwendet werden. Die Ergebnisse müssen zusammengepuzzelt und einzeln noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden", gibt der Historiker Einblick in seine Arbeit. Schwierig gestalte sich zudem die Suche nach Bildmaterial. "Im Stadtarchiv Halle etwa gibt es nur Negativfilme, die erst entwickelt werden müssten."
Inhaltlich dürfte die Dokumentation, die als Buch veröffentlicht werden soll, spannend werden und neue Details über die Zeit des Nationalsozialismus zutage fördern. In fünf Kapiteln arbeitet Büschenfeld Steinhagens Historie auf.
Jedem Kapitel wird eine kurze Beschreibung der allgemeinen politischen Situation vorangestellt, bevor sich der Fokus auf die Gemeinde richtet. "Geschichte wird dann greifbar, wenn sie Gesichter und Namen bekommt", so Büschenfeld zur Herangehensweise. Zu den Quellen, mit denen er arbeitet, gehören zum Beispiel die Lageberichte des damaligen Bürgermeisters des Amtes Halle, Meyer zu Hoberge. "Da bekommt man einen ganz guten Einblick, was damals die Themen im Amt Halle waren, zu dem auch Steinhagen, Amshausen und Brockhagen gehörten", so Büschenfeld.
Auch die für Steinhagen existenzielle Brennereigeschichte spart der Historiker nicht aus. 2,5 Millionen Liter Schnaps sollen die heimischen Brennereien während des Kriegs pro Jahr produziert haben. "Steinhagen war der Ort im Deutschen Reich, in dem am meisten Schnaps gebrannt wurde", so Dr. Jürgen Büschenfeld.
Zwar seien die Wirtschaftsakteure nicht Mitglied in der NSDAP gewesen, hätten ihren wirtschaftlichen Vorteil aber zumindest erkannt.
"Schreiende Ungerechtigkeit, die benannt werden muss"
Zum Umgang mit den Juden im Ort hat Büschenfeld ebenfalls geforscht. Die Erkenntnisse daraus beschreibt der Historiker als "sehr beklemmend". Dreh- und Angelpunkt dieses Aspekts ist der Brandanschlag auf das Haus der jüdischen Familie Hurwitz in Brockhagen. Vier Männer legten am 11. November 1938 in dem Gebäude Feuer. Das Haus brannte ab, die Familie wurde heimatlos. Das Thema hatte bereits im Vorfeld des Projekts für einen politischen Disput gesorgt. Während SPD, Grüne und FDP dafür eintraten, dass sich Steinhagen seiner Vergangenheit stellt, hatte sich die CDU gegen die NS-Dokumentation ausgesprochen; sie würde alte Wunden im Ort aufreißen und Zwietracht säen zwischen den Nachfahren der Genannten.
Tatsächlich birgt genau dieses Kapitel über das Schicksal der jüdischen Familie in Brockhagen brisante Details. Etwas jenes, wonach sich ein verurteilter Anstifter zum Brandanschlag nach dem Krieg einen zweifelhaften Freispruch erkämpft habe, so Büschenfeld. Er spricht von "schreiender Ungerechtigkeit", die benannt werden müsse. Das gilt ebenso für den Umgang mit Fremd- und Zwangsarbeitern während des Kriegs an der Heimatfront, dem der Forscher ein eigenes Kapitel widmet.
Laut Petra Holländer von der Steinhagener Gemeindeverwaltung ist neben der Herausgabe des Buches eine Ausstellung angedacht, die in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Geschichte des Heimatvereins umgesetzt werden könnte. Für das Projekt hat die Gemeinde Steinhagen 24.000 Euro bereitgestellt.
Bildunterschrift: Im Gleichschritt: Der Bund Deutscher Mädel marschiert auf dem Steinhagener Kirchplatz. Texte und Bilder aus Steinhagen während der NS-Zeit trägt der Bielefelder Historiker Dr. Jürgen Büschenfeld für eine Dokumentation zusammen.
Bildunterschrift: Forscht weiter: Der Historiker Dr. Jürgen Büschenfeld.
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Lippische Landes-Zeitung, 11.01.2018:
Ein vielfacher Mörder aus Detmold
Geschichte: Mit einer Ausstellung, Vorträgen und Veranstaltungen erinnern das Landesarchiv NRW und das Stadtarchiv an die Opfer im Warschauer Ghetto vor 75 Jahren / Verantwortlich für die Niederschlagung des Aufstands war der Detmolder Jürgen Stroop
Von Sven Koch
Detmold. Der Aufstand im jüdischen Ghetto von Warschau beginnt am 19. April 1943. Am 16. Mai gilt er als beendet. Der SS- und Polizeiführer Jürgen Stroop führt das Kommando und schickt das Fernschreiben ab: "Das ehemalige jüdische Wohnviertel Warschau besteht nicht mehr. Mit dem Sprengen der Warschauer Synagoge wurde die Großaktion um 20.15 Uhr beendet." Die Männer von Stroop, dem ehemaligen Katasteramtsgehilfen aus Detmold, haben 56.000 Menschen deportiert oder erschossen.
"Wir stehen in Detmold in einer besonderen Verantwortung, an die Geschehnisse und die Opfer zu erinnern", sagt Stadtarchivleiterin Dr. Bärbel Sunderbrink. Bei ihr liegt die Federführung für die Konzeption einer Ausstellung und das Begleitprogramm, die zusammen mit dem NRW-Landesarchiv veranstaltet wird. Sie wird am Dienstag, 16. Januar, im Landesarchiv an der Willi-Hofmann-Straße eröffnet. In der Schau, so Sunderbrink, werden Stelen an die 32 bekannten Opfer des Aufstandes erinnern, die aus Detmold stammen.
Die Ausstellung, Vorträge sowie am 19. April eine Fahrt nach Warschau stehen im Kontext der Reihe "Erinnern und Gedenken" an die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Hintergrund des Jahrestages der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945. Die Tatsache, dass Jürgen Stroop ein Detmolder sei, verpflichte dazu, den Fokus in diesem Jahr auf die Niederschlagung des Aufstandes im Warschauer Ghetto zu legen, so die Archivarin.
Durch Stroops Taten sei der Name der Stadt auf unrühmliche Weise weltbekannt geworden. An die Ergebnisse erinnerten Gedenkstätten in Polen, Israel und den USA. Um den Aufstand geht es auch in dem Film "Der Pianist" von Roman Polanski, der im Ausstellungsprogramm zu sehen ist.
In dem Emmy-prämierten US-Fernsehfilm "Uprising" von 2001 geht es ebenfalls um den Aufstand in Warschau - darin spielt Jon Voight, mehrfacher Oscar-Preisträger und Vater von Hollywood-Star Angelina Jolie, die Rolle von Jürgen Stroop. In der deutsch-israelischen Produktion "Sie sind frei, Dr. Korczak" aus dem Jahr 1973 wird Stroop von Heinz Lieven dargestellt. Diese beiden Filme gibt es aber nicht zu sehen.
Jürgen Stroop wurde 1896 als Josef Stroop in Detmold geboren. 1943 erhielt er den Auftrag von Heinrich Himmler, den Aufstand in Warschau niederzuschlagen. Sein Bericht über die Zerstörung des Ghettos gehöre zu den grausamsten Zeugnissen eines NS-Verbrechens. 17.000 Juden wurden im Ghetto ermordet, 7.000 in Treblinka und 42.000 ins KZ Majdanek bei Lublin gebracht. Stroop erhielt dafür das Eiserne Kreuz. Er wurde 1952 in Polen hingerichtet.
Programm
Die Ausstellung "Detmold und das Warschauer Ghetto - Opfer und Täter" dauert vom 16. Januar bis zum 27. April. Zur Eröffnung am Dienstag um 18 Uhr geben Heike Fiedler und Dr. Bärbel Sunderbrink eine Einführung. Es werden auch Texte gelesen. Am Samstag, 27. Januar, findet die Gedenkveranstaltung für NS-Opfer ab 10.30 Uhr im Fechenbach-Berufskolleg statt. Am Montag, 29. Januar, hält ab 19.30 Uhr Dr. Andrea Löw vom Institut für Zeitgeschichte einen Vortrag über das Untergrund-Archiv des Ghettos. Der Film "Der Pianist" ist am 11. Februar ab 11.30 Uhr in der Filmwelt zu sehen. Am Montag, 16. April, referiert Dr. Bärbel Sunderbrink ab 19.30 Uhr über "Ein Mörder aus Detmold - Jürgen Stroop".
Bildunterschrift: Ein Detmolder: 1943 war Stroop für die Vernichtung des Warschauer Ghettos verantwortlich.
Bildunterschrift: Weltbekannte Aufnahme: Das Bild des Jungen, der sich mit erhobenen Händen ergibt, stammt aus dem "Stroop-Bericht", der die Verbrechen an den Juden im Warschauer Ghetto dokumentiert.
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Deister- und Weserzeitung, 11.01.2018:
Hintergrund / Geheim ins Reich
Vor 66 Jahren verboten: Rechtsextreme Sozialistische Reichspartei wurde in Coppenbrügge gegründet und saß in Bückeburg
Von Jakob Gokl
Sie forderte die "Lösung der Judenfrage", "Anspruch auf die Gesamtheit des Reichsraumes" und unterhielt eine paramilitärische Ordnertruppe: Die Rede ist nicht von der NSDAP, sondern von der "Sozialistischen Reichspartei" (SRP), die vor 66 Jahren als erste Partei in Deutschland verboten wurde. Kurz zuvor feierte sie allerdings in Niedersachsen einen schockierenden Wahlerfolg: 11 Prozent wählten die offen neonazistische Partei. Wenig bekannt: Die Parteileitung der SRP saß ab 1950 mitten in Bückeburg. Der ehemalige Bückeburger Generalleutnant Joachim von Tresckow versuchte, ihren Aufstieg zu verhindern.
Schockiert blickte die junge Bundesrepublik 1951 nach Niedersachsen. Nur wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich erneut eine Nazi-Partei im Aufwind. Offen bekannte sich der Parteigründer Fritz Dorls zum Nationalsozialismus und bezeichnete Gaskammern als "revolutionäre Methodik". Mehr als eine halbe Million Niedersachsen unterstützten die menschenverachtende Politik der SRP mit ihrer Stimme bei den Landtagswahlen am 6. Mai 1951.
Ihre Mitglieder rekrutierte die SRP in erster Linie aus ehemaligen Nationalsozialisten. So sagte der stellvertretende Vorsitzende Otto Ernst Remer: "Wir haben sehr viele, die besten, ja die allerbesten Nationalsozialisten aufgestellt!" Zu ihren Wählern zählten insbesondere Vertriebene und Flüchtlinge. Die hohe Nachkriegsarbeitslosigkeit in Niedersachsen tat ihr Übriges, dass die brachiale Rhetorik der SRP auf einen fruchtbaren Boden traf.
Doch auf den rasanten Anstieg nach der Parteigründung 1949 folgte ein noch abrupteres Ende: Am 23. Oktober 1952 wurde die Partei wegen ihrer offenen Bezugnahme auf den Nationalsozialismus verboten. Zu dem schnellen Urteil dürfte beigetragen haben, dass insbesondere die Briten als ehemalige Besatzungsmacht in Niedersachsen zunehmend die Geduld mit den neofaschistischen Umtrieben verloren.
Bemerkenswert ist, dass die Gründung der SRP in Coppenbrügge und Hameln erfolgte. Am 2. Oktober 1949 saß hier die Führungsgruppe aus Dorls und Remer zusammen und bestimmte Dorls zum Vorsitzenden. Neben personellen Beziehungen war für die Ortswahl vermutlich die Tatsache ausschlaggebend, dass die Organisatoren hier weniger Proteste einer kritischen Öffentlichkeit erwarteten, berichtete der Historiker Bernhard Gelderblom in der Dewezet. In Großstädten und Universitätsstädten wurden Versammlungen rechter Kreise in der Regel gestört oder gar gesprengt.
Ein Blick in die zeitgenössischen Ausgaben der Schaumburg-Lippischen Landes-Zeitung und der Schaumburger-Zeitung zeigt im Lokalteil eine weitestgehend unkritische Berichterstattung über die SRP. Die nationalsozialistische Ausrichtung der Partei wurde nicht thematisiert, sondern über Parteiveranstaltungen berichtet wie über die jeder anderen Partei.
Wahlkampfveranstaltungen fanden unter anderem in Rinteln, im Auetal, in Hess. Oldendorf und in Bückeburg statt. Zu Gast waren namhafte Vertreter der SRP, allen voran auch der Wortführer Otto Ernst Remer. Der NS-Propagandaheld musste in Bückeburg sogar vor Gericht antreten - allerdings als Kläger.
Denn der Aufstieg der Sozialistischen Reichspartei provozierte auch Widerspruch. Der in Bückeburg lebende ehemalige Generalleutnant Joachim von Tresckow wollte Otto Remer öffentlich demontieren.
Remer war nach der Niederschlagung des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 von der NS-Propagandamaschinerie als Held in Szene gesetzt worden. Joachim von Tresckow - dessen Verwandte beim Putsch beteiligt und hingerichtet worden waren - warf Remer öffentlich vor, er habe seine Division 1945 im Stich gelassen und sich im Westen in Sicherheit gebracht. Remer verklagte ihn wegen Beleidigung und Verleumdung.
"Er wollte ihn damit bei seinen Gesinnungsgenossen diskreditieren", berichtet sein Sohn, Eckhard von Tresckow, der heute in Bonn lebt. Als Fahnenflüchtiger wäre Remer bei seinen NS-Freunden untragbar gewesen. Sein Vater, so berichtet von Tresckow, habe den Aufstieg der Sozialistischen Reichspartei nach 1949 mit großer Sorge beobachtet. "Er wollte etwas tun." Doch von Tresckow verlor den Prozess. Er wurde zwar nur zu einer Geldstrafe von insgesamt 50 D-Mark verurteilt, musste aber die Prozesskosten in Höhe von 12 .000 D-Mark tragen. "Das hat meinen Vater tief getroffen", berichtet von Tresckow in einem Gespräch mit der SZ / LZ, "er hatte ein fast schon pathologisches Ehrgefühl".
Zwar habe er gegen das Urteil berufen, allerdings kam es auf Grund des Verbots der SRP im Oktober 1952 und Remers anschließender Flucht ins Ausland nicht zu einer neuen Verhandlung. "Das hat meinen Vater tief getroffen", so Remer. Er sei - auch auf Grund eines zweiten Gerichtsverfahrens, das Remer gegen ihn angestrebt hatte, und in dem er nicht freigesprochen worden sei - in eine tiefe Depression gestürzt und nahm sich 1958 das Leben.
Doch nicht nur als Gerichtsstandort war Bückeburg ein Fixstern am Firmament der Sozialistischen Reichspartei. Trotz des später nur durchschnittlichen Wahlergebnisses war die Residenzstadt zeitweise auch Sitz der Parteileitung. Diese wurde Anfang 1950 von Hannover nach Bückeburg verlegt, um die Bundespartei von der niedersächsischen Parteizentrale auch räumlich zu trennen. Hier lebte und arbeitete Hauptgeschäftsführer und Jugendreferent Walter Matthaei. Er baute von Bückeburg aus die "Reichsjugend" auf. Eine offen an die "Hitlerjugend" angelehnte Jugendorganisation. Nach seinem Austritt aus der SRP zerfiel diese Organisation, viele Mitglieder folgten Matthaei später in die ebenfalls rechtsextreme "Wiking-Jugend".
Eckhard von Tresckow erinnert sich gut an Matthaei. "Er wohnte in der Nähe unseres Wohnhauses", erzählt er. Von Tresckows Vater habe immer die Sorge gehabt, Matthaei könne ihm eines Tages auflauern oder mit Steinen die Fenster einwerfen. Zu tatsächlichen Übergriffen durch Matthaei oder seine Spießgesellen auf die antifaschistisch eingestellte Familie kam es allerdings nicht. "Man sah Matthaei meist nur mit schnellem Schritt durch Bückeburg marschieren", so von Tresckow.
Eher unglücklich endete für die SRP die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen NSDAP-Politiker und Journalisten Adolf Manns in Bückeburg. Er war bis 1937 Chefredakteur der Schaumburg-Lippischen Landes-Zeitung. Im Urteil des Bundesverfassungsgerichtshofs, das zum Verbot der Partei führte, wird Manns unrühmliche Rolle erwähnt.
Das Verfassungsgericht zitiert aus einem Brief von Eleonore von Wangenheim: " ... als man auf den unglücklichen Gedanken kam, Manns zur Wahlzeit nach Bückeburg zu holen, rotteten sich die Einwohner auf der Straße zusammen und schrien, er solle lieber eine Gläubigerversammlung statt einer Wahlversammlung machen. Ich werde auch jetzt immer noch von wirklich ordentlichen Menschen darauf angeredet, daß ein Herausstellen von Manns in Schaumburg-Lippe uns schaden würde, weil er so viel getrunken und Weibergeschichten gehabt hätte."
Dennoch habe die Partei hinter Adolf Manns gestanden - eben weil er ein alter NSDAP-Kamerad gewesen sei, argumentierte das Verfassungsgericht in seiner Urteilsbegründung.
Bildunterschrift: Schon eine der ersten SRP-Veranstaltungen endete in einer Saalschlacht. Eigentlich sollte Otto Ernst Remer (rechts mit Stuhl in der Hand) und Fritz Dorls (geduckt links neben ihm) zu ihren Parteifreunden sprechen.
Bildunterschrift: Heimat, Reich und deutsches Blut: Aus den Wahlplakaten der Sozialistischen Reichspartei ging eindeutig hervor, worum es ging.
Bildunterschrift: Joachim von Tresckow war Generalleutnant der Wehrmacht - und versuchte nach den Krieg den Aufstieg der der SRP zu verhindern, indem er Otto Ernst Remer als Fahnenflüchtigen bezeichnete.
Bildunterschrift: Otto Ernst Remer war ein prominenter Wortführer der SRP - er verklagte Joachim von Tresckow wegen Beleidigung.
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Landtag Nordrhein-Westfalen - 17. Wahlperiode, 11.01.2018:
Kleine Anfrage 704 der Abgeordneten Christina Kampmann, SPD
Drucksache 17/1706
Datum des Originals: 09.01.2018
Völkisch-rechtsextremes Netzwerk in Ostwestfalen-Lippe
Nachdem im Juni an einer Veranstaltung eines völkischen Vereins in Petershagen-Seelenfeld (Kreis Minden-Lübbecke) Rechtsextremisten auch aus anderen Bundesländern teilgenommen hatten, haben Medien das Thema "völkischer Rechtsextremismus" in Ostwestfalen-Lippe aufgegriffen. Der Trägerverein der "Ahnenstätte Seelenfeld", eines heidnischen Friedhofs, hatte am 11.06.2017 zu einer Vortragsveranstaltung mit anschließender "Ahnenstätten"-Besichtigung geladen. Daran nahmen laut dem Informationsdienst "Blick nach Rechts" (16.06.2017) auch Rechtsextremisten teil, zum Beispiel Herr S., der dem rechtsextremistischen Verein "Gedächtnisstätte e.V." mit Sitz in Vlotho (Kreis Herford) vorsteht. In der Vergangenheit fanden immer wie-der Treffen mit dreistelligen Teilnehmerzahlen in Seelenfeld statt, daran nahmen 2010 zum Beispiel mehrere Führungspersonen des später verbotenen "Nationalen Widerstands Dortmund" teil.
Vor allem Verbindungen zu den rechtsextremen "Ludendorffern", Anhängern der völkischen Ideologen Mathilde und Erich Ludendorff, wurden in Seelenfeld offensichtlich. Die "Ahnenstätte" wurde 1929 von Ludendorff-Anhängern gegründet und auch die heutigen Betreiber sollen dieser Ideologie nahestehen.
Doch die Aktivitäten der völkischen Rechtsextremisten beschränken sich nicht auf Petershagen-Seelenfeld. Regelmäßig lud der rechtsextreme "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff)" (Sitz: Tutzing / Bayern) in der Vergangenheit zu Veranstaltungen in Ostwestfalen-Lippe. Das Netzwerk der völkischen Rechtsextremisten in Ostwestfalen-Lippe umfasst auch die "Arbeitsgemeinschaft für Heimat- und Naturkunde in Westfalen-Lippe" mit Sitz in Bielefeld. Heute agiert diese "Arbeitsgemeinschaft" offenkundig ausschließlich im Hintergrund.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Kontakte der "Ahnenstätte Seelenfeld" beziehungsweise ihres Trägervereins zu rechtsextremistischen Organisationen sind der Landesregierung bekannt?
2. Welche Aktivitäten entfaltet die "Arbeitsgemeinschaft für Heimat- und Naturkunde in Westfalen-Lippe" (Bielefeld)?
3. Welche Veranstaltungen haben der "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V." und der "Arbeitskreis für Lebenskunde e.V." seit 2010 in NRW durchgeführt? Bitte aufschlüsseln nach Datum, Ort und gegebenenfalls Teilnehmerzahl.
4. Wie bewertet die Landesregierung die völkisch-rechtsextremistische Szene in OWL im Vergleich zu anderen Regionen im Land?
Christina Kampmann
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Radio Herford, 11.01.2018:
Geldstrafe gegen Volksverhetzer
Das Amtsgericht Bad Oeynhausen hat einen 55-jährigen Vlothoer wegen Volksverhetzung verurteilt. Er muss 120 Tagessätze á 40 Euro zahlen. Der Mann hatte sich bei Facebook herablassend über Muslime geäußert, die in Deutschland leben. Das Gericht hörte dazu mehrere Zeugen - unter anderem eine Frau, der die Kommentare des LKW-Fahrers bei Facebook aufgefallen waren. Der 55-Jährige selbst war sich keiner Schuld bewusst und bestritt den Vorwurf der Volksverhetzung.
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Radio Westfalica, 11.01.2018:
Volksverhetzung: Vlothoer muss zahlen
Ein Mann aus Vlotho muss wegen Volksverhetzung zahlen. Das Amtsgericht Bad Oeynhausen hat den 55-Jährigen zu einer Geldstrafe von 4.800 Euro verurteilt. Er hatte Muslime auf seiner Facebook-Seite mit Tieren verglichen und soll dort geschrieben haben, dass Hunde und Katzen für ihn mehr weit seien. Der Angeklagte selbst bestritt die Vorwürfe vor Gericht. Nach der Aussage von zwei Zeugen heute war der Vorsitzende Richter aber von der Schuld des Mannes überzeugt.
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