www.hiergeblieben.de

6 Artikel , 05.09.2023 :

Pressespiegel überregional

_______________________________________________


Übersicht:


Endstation Rechts., 05.09.2023:
Studie zu AfD-Verbot / Gefahr durch AfD erheblich - laut Studie Voraussetzungen erfüllt

Endstation Rechts., 05.09.2023:
"Mosaik-Rechte": Die AfD als Jobmotor für das "Vorfeld"

Belltower.News, 05.09.2023:
Vernetzung in Wetzlar / "Geheimes" Treffen von AfD und CDU

MiGAZIN, 05.09.2023:
Keine Instrumentalisierung / KZ-Gedenkstätten-Besuch Aiwangers in Bayern nicht erwünscht

Jüdische Allgemeine Online, 05.09.2023:
Debatte / Schuster von Aiwangers Entschuldigung nicht überzeugt

Jüdische Allgemeine Online, 05.09.2023:
KZ-Gedenkstätte Dachau will keinen Besuch von Aiwanger

_______________________________________________


Endstation Rechts., 05.09.2023:

Studie zu AfD-Verbot / Gefahr durch AfD erheblich - laut Studie Voraussetzungen erfüllt

Im Gleichschritt mit den zuletzt stetig steigenden Umfragewerten für die AfD nimmt nun allmählich auch eine öffentliche Debatte eines Verbots der Partei Fahrt auf. Das "Deutsche Institut für Menschenrechte" hat eine genaue Analyse der AfD-Entwicklung vorgenommen und nun eine Studie vorgelegt, die die Voraussetzungen für ein Verbot gegeben sieht.

Horst Freires

Sich dafür stark zu machen ist in den Augen des Autors der Expertise, Hendrik Cremer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am "Deutsche Institut für Menschenrechte", nicht nur eine Aufgabe für die politischen Entscheidungsträger, sondern für jede einzelne Person in der Gesellschaft. Dies sei geboten, weil die AfD laut Studie darauf abziele, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bekämpfen und zu beseitigen. Für die Einrichtung ist es dementsprechend geradezu eine staatsbürgerliche Pflicht, sich gegen die AfD zu engagieren. Argumente dafür hat Cremer nun zusammengetragen.

Empfehlung: Klare Linie der Abgrenzung

Auch für den tagespolitischen Alltag mit AfD-Vertreterinnen, -Vertretern bietet die Zusammenstellung Fakten und Quellen, wenn es um die vieldiskutierte Frage des Umgangs mit der AfD in der Parlamentsarbeit und im öffentlichen Diskurs geht. Die Forderung ist dabei eindeutig: "Erforderlich ist, dass die anderen politischen Parteien auf allen Ebenen, sei es im Bund, in den Ländern oder den Kommunen eine klare Linie der Abgrenzung von der AfD praktizieren", heißt es von Cremer. Das bedeutet: Keine gemeinsamen Anträge, keine Zustimmung für AfD-Anträge, keine Wahl von AfD-Mitgliedern für Posten.

Zu den konsequenten Handlungsgeboten zählt eine etwaige Entwaffnung basierend auf dem Waffenrecht. Beamtinnen, Beamten, Soldatinnen, Soldaten und Richterinnen, Richtern sind bei AfD-Mitgliedschaft vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung aus dem Staatsdienst zu entlassen, lautet die Empfehlung. Rückblickend auf die Anläufe für ein NPD-Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht ist laut aktueller Studie die Voraussetzung für ein Verbot sowohl formal als auch inhaltlich gegeben.

Fortschreitende Radikalisierung

Die AfD lasse sich mit einer fortschreitenden Radikalisierung charakterisieren, ein Prozess, der sich selbst nach Einstufung der Partei als so genannter Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz fortgesetzt hat. Namentlich manifestiert die Studie den Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Björn Höcke, als charismatischen Wegbereiter, Strippenzieher und Verantwortlichen für eine AfD-Entwicklung hin zu einer national-völkischen Ausrichtung.

Zu beobachten ist, dass im Sprachrepertoire seitens der AfD vergleichsweise selten Begriffe aus dem Nationalsozialismus Verwendung finden. Szene-Codes klingen da weniger altbacken und NS-affin. Ethno-pluralistische Unterscheidungen und kulturelle Diskriminierungen von Minderheiten würden Ausgrenzung beabsichtigen und hätten bei Hervorhebung und Priorisierung einer deutschen "Leitkultur" einen nicht minder rassistischen Hintergrund. Ganz ohne NS-Bewunderer kommt aber auch die AfD nicht aus.

Programme und Reden seziert

Hendrik Cremer hat für seine programmatische Bewertung der AfD deren Wahlprogramme der vergangenen Jahre seziert und sich das Sozial-Konzept aus 2020 angesehen. Auch diverse Reden und Aussagen vom AfD-Spitzenpersonal flossen in die Betrachtung ein, mit Fokussierung auf Höcke. Spannend auch: Wie hält es die Partei mit der Gewalt? Ebenso Untersuchungsgegenstand der Studie: Die Zusammenarbeit und Vernetzung mit anderen rechtsextremen Akteuren und Gruppen.

Wichtiger Faktor in der Verbotsfrage ist die Potentialität, also die Bedeutung in der Gesamtbevölkerung bezogen auf die zu verbietende Partei. Das zweite NPD-Verbotsverfahren scheiterte 2017 unter anderem an diesem Kriterium. Die Relevanz und Stärke der AfD (Mitglieder, Mandate, Zuspruch in der Gesellschaft) ist deutlich größer. Die Studie favorisiert ein Verbot, kommt aber auch mit Argumenten, die dagegen sprechen, damit eine Abwägung stattfinden kann.

Andere Option: Staatliche Finanzen stoppen

Cremer philosophiert derweil über eine wehrhafte Demokratie, dass die Maxime "Wehret den Anfängen" bei der AfD angesichts der Stärke der Partei nach mittlerweile zehnjährigem Bestehen aktuell nicht greife. Ausdrücklich weist er für den Abwägungsprozess darauf hin, dass anstelle eines Verbotes auch der Stopp staatlicher Finanzierung beantragt werden kann.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken gehörte im Vormonat zu den ersten Stimmen, die sich ein AfD-Verbot vorstellen konnte, erntete aber prompt Widerspruch vom Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler. Auch der Anti-Fake-News-Blog "Volksverpetzer" reiht sich bei den Verbotsbefürwortern ein. Der linksalternative Kieler Anwalt Alexander Hoffmann spricht sich für ein AfD-Verbot aus und rennt mit dieser Meinung offene Türen bei VVN / BdA-Sprecherin Cornelia Kerth ein, die daran erinnert, dass sich kürzlich in einer Forsa-Umfrage 47 Prozent für ein AfD-Verbot aussprachen.

Bildunterschrift: "Wer mit Worten zündet" - Schild auf einer Protestaktion gegen eine AfD-Demonstration.

_______________________________________________


Endstation Rechts., 05.09.2023:

"Mosaik-Rechte": Die AfD als Jobmotor für das "Vorfeld"

Immer wieder sorgen Beschäftigungsverhältnisse zwischen der AfD beziehungsweise ihren Mandats- und Funktionsträgern sowie Aktivisten aus dem extrem rechten Spektrum für Schlagzeilen. Jüngstes Beispiel: Der "Identitäre" Jonas Schick arbeitet für einen AfD-Bundestagsabgeordneten. Die Unvereinbarkeitsliste spielt dabei keine Rolle.

Michael Klarmann

Erst vor wenigen Tagen berichtete die "taz", dass der Bundestagsabgeordnete René Springer Jonas Schick beschäftige. Schick kommt aus der rechtsextremen "Identitären Bewegung" (IB). Wie so viele aus dem Umfeld der IB sind die sich einst hip gebenden Rechtsextremisten nun zum intellektuellen Nachwuchs herangewachsen. Man orientiert sich an der Neuen Rechten, einer Form des intellektuellen Rechtsextremismus. Schick gibt die neurechte Zeitschrift "Die Kehre" heraus und schreibt für die rechtsextreme Zeitschrift "Sezession" von Götz Kubitschek.

Springer äußerte sich laut "taz" auf Anfrage nicht dazu, ob er vor der Einstellung von Schick von dessen "identitären" Werdegang wusste. Eingestellt habe er Schick laut "taz", gerade weil ihn "Die Kehre" beeindruckt habe. Er, der Bundestagsabgeordnete Springer, schätze demnach Schicks "Intellektualität und seine Haltung in politischen Fragen". Dessen Publikation beziehe er selbst im Abo, und zwar, "um das Vorfeld zu stärken".

Mit der "Mosaik-Rechten" durch die Institutionen

Das "Vorfeld" spielt in der AfD eine immer größere Rolle. Es orientiert sich inhaltlich an der so genannten Mosaik-Rechten. Der Begriff beschreibt ein informelles neurechtes, völkisches und "identitäres" Netzwerk mit zahlreichen Protagonisten im vorpolitischen und parlamentarischen Raum. Der Begriff geht auf einen Beitrag in der "Sezession" zurück. Auf dem Bundesparteitag der AfD-Jugend "Junge Alternative" (JA) im Oktober 2022 waren Mosaik, Vorfeld und vorpolitischer Raum Container-Worte für das Zusammenwirken von AfD, JA und Rechtsextremen.

Meint: Unter Einbindung junger Kräfte soll strategisch peu à peu ein rechter Marsch durch die Institutionen stattfinden. Der heutige neurechte Aktivist und Vordenker Benedikt Kaiser beschrieb das Konzept 2017 im Theorieorgan "Sezession": "Es hat einen eigenen, sowohl persönlichen als auch strategischen Sinn, wenn einzelne Kader einer Jugendbewegung ins Parlament wechseln, um dort die ehedem rein metapolitischen Belange ihres Milieus in realpolitische Töne zu übertragen. In diesem Fall kommt es aber wohl entscheidend darauf an, daß von der Tonlage her kein vollständiger Wechsel aus einer Bewegung in eine Partei vollzogen wird ( … )."

Luxemburgs Stand- und Spielbein

Kaiser stellte in dem Beitrag ebenso fest: "Ein tatsächliches Ineinandergreifen parlamentarischer und außerparlamentarischer Akteure müßte anerkennen, daß Parlament und Bewegung sich wie "Standbein und Spielbein" (Rosa Luxemburg) ergänzen, daß sich ( … ) eine "kämpfende" und eine (künftig) "regierende" politische Rechte als dialektisches Paar ergänzen, gegenseitig strategisch vorantreiben und zugleich korrigieren."

Im Mai war bekannt geworden, dass der Thüringer Abgeordnete Jürgen Pohl Kaiser eingestellt hatte. Kaiser stammt ursprünglich aus der Neonazi-Szene, war in Umfeld der "Nationalen Sozialisten Chemnitz" aktiv und wechselte dann ins "identitäre" beziehungsweise "neurechte" Lager. Pohl wollte sich gegenüber der "Welt" im Mai "nicht zu den jahrelangen Neonazi-Aktivitäten seines Mitarbeiters äußern. "Ich gebe grundsätzlich keine Auskunft über meine Mitarbeiter", teilte er mit. "Mitarbeiter stehen unter dem Schutz des deutschen Arbeitsrechts, das ich als Anwalt leidenschaftlich vertreten habe.""

Ein weiterer prominenter Vertreter der Neuen Rechten, der ebenfalls eine Anstellung bei der AfD gefunden hat, ist Felix Menzel. Der Herausgeber der "Blauen Narzisse" ist ebenso bestens vertraut mit den Strukturen um Schnellroda und Götz Kubitschek - er arbeitet aktuell für die sächsische AfD-Landtagsfraktion, anfangs noch als Pressereferent, mittlerweile als Pressesprecher.

Unvereinbarkeitsliste ohne Unvereinbarkeit

Die IB steht auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Faktisch können Mitglieder und Aktivisten nicht Mitglied der Partei werden. Das Schlupfloch beziehungsweise die Ausrede ist aber: Ehemalige Mitglieder jener unerwünschten Gruppen und Parteien dürfen zwar in vielen Fällen nicht Parteimitglied werden, können aber formal sowohl angestellt als auch haupt- oder freiberuflich tätig sein. Solche Personen können zudem Fraktionen und Ratsgruppen angehören, ohne formal Parteimitglied zu sein.

Ein Arbeitsverhältnis unterliegt dem arbeitsrechtlichen Persönlichkeitsschutz. Was sich im Hintergrund abspielt, muss daher jedoch nicht immer an die Öffentlichkeit dringen. Gerade aus dem neurechten und burschenschaftlichen Spektrum werden auch "Stipendien" ausgeschrieben. Im Juni 2022 schrieb etwa ein NRW-Landtagsabgeordneter der AfD solche "für politische Nachwuchskräfte" aus. "Zur Förderung der politischen Nachwuchskräfte unterstütze ich junge Talente ( … ). Es erwarten dich unter anderem: Begleitung durch erfahrene Politiker und Aktivisten(,) finanzielle Unterstützung(,) Seminare u.a. in Rhetorik und politischen Themenfeldern ( … ) und mehr."

Kontakte zur Führungsfigur der "Identitären"

Vor einigen Jahren wurde bekannt, dass Daniel Fiß engen Kontakt zum damaligen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, Holger Arppe, pflegte. Fiß war Vorsitzender der "Identitären", zuvor maßgeblich in der NPD-Jugend aktiv. Arppe trat damals wegen verschiedener Vorwürfe zurück, behielt aber sein Mandat und gründete unabhängig von der AfD ein neues Projekt. 2020 wurde bekannt, dass er als Landtagsabgeordneter Fiß beschäftigte. Aber auch auf Bundesebene hatte Fiß eine Anstellung bei der AfD gefunden: beim früheren Bundestagsabgeordneten Siegbert Droese.

Im Jahr 2022 geriet ein mehrfach vorbestrafter Gewalttäter als wissenschaftlicher Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt in die Schlagzeilen. Die "Welt" berichtete, dass Mario Müller, ein dem Verfassungsschutz als Funktionär der rechtsextremen "Identitären Bewegung" bekannter Aktivist, bei dem AfD-Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt "angeheuert" habe. Müller habe sich um einen Hausausweis für den Bundestag bemüht. "Ausgerechnet einer wie er", stellte die "Welt" fest - und berichtete weiter, dass Müller diesen nicht erhalten habe.

"Identitären"-Feed in Nordrhein-Westfalen

Der damalige nordrhein-westfälische AfD-Landtagsabgeordnete und heutige Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp fiel vor Jahren dadurch auf, dass er keine Berührungsängste mit extrem Rechten oder Personen aus dem Umfeld der "Identitären" hatte. Er arbeitete mit dem damaligen Chefredakteur von "Fritzfeed", Christian S., zusammen. Die Publikation war ein Projekt für Jugendliche aus der neurechten Szene nach dem Vorbild von "Buzzfeed". Nach einem Rechtsstreit musste es seinen Namen ändern.

Zu "Fritzfeed" und dessen Chefredakteur hieß es 2020 in einer ausführlichen Recherche bei "netzpolitik.org": "(S.) war zudem mehrfach für den AfD-Landtagsabgeordneten Roger Beckamp als Kameramann tätig, wie Fotos belegen." Das Portal zitierte zudem Burkhart Freier, 2020 noch Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz NRW: "Die Seite ("Fritzfeed") ist ganz eng angebunden an die Identitäre Bewegung."

AfD-Funktionär und "identitärer" Verleger

Ein weiteres Beispiel aus Nordrhein-Westfalen ist Yannick Noé, langjähriger Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes Leverkusen. Als Beruf gibt er "parlamentarischer Referent" an. Bereits 2018 und 2019 wurde in Medienberichten auf seine Nähe zu den "Identitären" hingewiesen. Die "Neue Westfälische" berichtete im Oktober 2019: "Ahnungslos gibt sich die AfD auch angesichts der Personalie Yannick Noé, der seit Februar 2018 als persönlicher Mitarbeiter von Andreas Keith beschäftigt ist. Keith ( … ) sagt auf Anfrage, dass Noé "laut eigener Aussage zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Identitären Bewegung" gewesen sei."

Dabei gab es Verbindungen zu den "Identitären", denn Noé war seinerzeit Chefredakteur des "Arcadi"-Magazins. Der AfD-Landtagsabgeordnete Keith sagte der Zeitung, ihn störe das nicht. Wiedergegeben wurde Keith mit den Schilderungen, dass die Presselandschaft von Meinungspluralismus lebe. "Er sehe das "Arcadi"-Magazin "als Bereicherung der Presselandschaft, gerade was das Spektrum einer jungen konservativen Leserschaft angeht". Das Projekt sei wegen der Pressefreiheit "Teil des demokratischen Diskurses"." Im Landesverfassungsschutzbericht NRW für das Jahr 2018 wurde Noés Magazin und dessen Trägerverein Publicatio e.V. erwähnt.

Publizistische Scharnierfinktuion

Im Verfassungsschutzbericht NRW 2019 wurde "Arcadi" attestiert, eine Art "flankierende publizistische Schnittstelle" zwischen dem damaligen "Flügel" der AfD, dem neurechten Spektrum, den völkischen Burschenschaften und den "Identitären" zu sein. Sowohl AfD-Politiker, als auch Aktivisten und Musiker der "Identitären Bewegung" (IB) seien interviewt worden. Noé war 2019 laut "Bento" - maßgeblich? - an einem Label für rechtsextreme Musik beteiligt. Unklarheiten gab es dabei jedoch, wer für das Label genau zuständig war. Veröffentlicht wurde aber die Musik des "Identitären" Rappers Chris Ares.

Anfang August berichtete die "Welt" über eine "milde Parteistrafe" gegen Anna Leisten, Landesvorsitzende des AfD-Jugendverbands in Brandenburg. Sie hatte zuvor unter anderem an einer Demonstration aus dem Umfeld der "Identitären Bewegung" in Wien teilgenommen. Von den Veranstaltern war sie als Rednerin angekündigt worden: "Im Zuge der Remigrationsdemo wird Anna Leisten, Mitglied im Bundesvorstand der Jungen Alternative Deutschland, eine ausschlaggebende Rede über die Zusammenarbeit zwischen patriotischen Parteien und aktionistischer Bewegung halten." Leisten sagte nach Druck aus der Partei zwar die Rede ab, nahm an der Demonstration aber dennoch teil.

Bildunterschrift: Die sogenannte Unvereinbarkeitsliste der AfD scheint keine Rolle mehr zu spielen - immer wieder finden rechte Aktivisten eine Anstellung bei Parteifunktionären.

Bildunterschrift: Die JA-Funktionärin Anna Leisten am Front-Transparent einer IB-Demo in Wien.

_______________________________________________


Belltower.News, 05.09.2023:

Vernetzung in Wetzlar / "Geheimes" Treffen von AfD und CDU

Am Sonntag berichtete die FAZ von einem Treffen zwischen AfD und CDU. Es soll eine einigermaßen geheime Veranstaltung gewesen sein. Was ist die "Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz", die nun zum achten Mal stattfand?

Von Andreas Wolf

Am 25. und 26. August fand in Wetzlar die "Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz" statt. Ein Who is Who des deutschen Rechtskonservatismus von AfD bis CDU. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt von: "Geheimes Treffen von AfD und CDU". Doch bereits im Vorfeld sprach der Initiator, Klaus Kelle, über das Treffen. In einem Interview von Mitte August mit der "Preußischen Allgemeinen Zeitung" (PAZ) spricht Kelle von der Illusion einer Brandmauer gegen rechts. Die PAZ richtet sich vorrangig an die deutschen Vertriebenen aus den Ostgebieten Deutschlands während und nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Auflage der Wochenzeitung beträgt mehr als 18.000 Exemplare. Laut Einschätzungen von Expertinnen, Experten erfüllt das Blatt eine "Scharnierfunktion" zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus.

Kelle war in mehreren Medienhäusern tätig und war zuletzt beim Axel-Springer Konzern als stellvertretender Redaktionsleiter von "Bild NRW" tätig. Außerdem ist er Mitglied der CDU und des politischen Vereins "Werteunion e.V." und des so genannten "OMCT Tempelritterorden e.V.", einer inoffiziellen Nachfolgeorganisation des Ritterordens, der von 1118 bis 1312 bestand. Auch Anders Behring Breivik, der Attentäter von Oslo und Utøya, sieht sich in der Tradition der Templer.

Der Begriff "Brandmauer" sei ein politischer Kampfbegriff, so Kelle in dem Interview, und im Osten der Republik würde sich ohnehin niemand daran halten. In den Kommunen und Landtagen würden sich Union und AfD ganz ungeniert miteinander absprechen.

Des Weiteren wird Kelle auf die so genannte "Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz" angesprochen. Dabei handelt es sich um ein Forum, das Gespräche zwischen verschiedenen Lagern ermöglichen soll. Kelle fungiert hier seit bereits acht Jahren als Veranstalter und sagt explizit, dass es bei der diesjährigen Ausgabe keine Brandmauern geben würde. Die Teilnehmerinnen, Teilnehmer würden im Vorhinein nicht gefragt werden, welche Partei sie wählen.

Angesprochen auf das Programm der Veranstaltung antwortet Kelle, dass die Schwerpunktthemen die Fragen nach der Repräsentationslücke für Konservative in Deutschland sei, die Clan-Kriminalität und ihr Einfluss auf die Politik, sowie die Frage, wie sich die Welt nach dem Krieg in der Ukraine ökonomisch neu formieren werde. Als Gäste kündigt er Hans-Georg Maaßen (CDU), Joana Cotar (parteilos, bis 2022 AfD), Rainer Wendt (Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft) und den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff an.

Außerdem sprachen auf jener Vernetzungs-Veranstaltung Frank-Christian Hansel (AfD), Christian Nienhaus (CDU-Mitglied), Dr. Karin Broszat (Vorsitzende "Verband Deutscher Realschullehrer" Baden-Württemberg), Eva-Marie Doerfler (AfD), Ulrike Stockmann (Autorin bei "Achse des Guten" und "Jüdische Rundschau"), und Markus Krall. Letzterer ist Unternehmensberater und Autor. Auf Grund von Verbindungen zur Reichsbürger-Szene kam es 2022 bei Krall zu einer Hausdurchsuchung. Wie auch Klaus Kelle ist er Mitglied eines Ritterordens.

Als Sponsorinnen, Sponsoren der Veranstaltung werden unter anderen der Blog "Denken erwünscht" und das Online News-Portal "GermanZ" genannt. Beide werden von Klaus Kelle geleitet. Auch Markus Krall fungiert als Initiator der "Atlas Initiative" als Unterstützer. Des Weiteren finden sich mit der "Desiderius-Erasmus-Stiftung" und der "Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit" zwei AfD-nahe und mit der "Werteunion" und der "Christdemokraten für das Leben" zwei CDU-nahe Organisationen. Letztere setzt sich für ein Abtreibungsverbot ein. Bei "Bündnis Deutschland" und "Bürger für Thüringen" handelt es sich um Kleinstparteien aus dem rechtskonservativen Spektrum. Die "Bürger für Thüringen" fielen in der Vergangenheit durch gemeinsame Auftritte mit Akteurinnen, Akteuren aus dem Querdenker-Spektrum und mit rechtsextremistischen Einzelpersonen auf. Mit der "Good Governance Gewerkschaft" und dem Verein "Eltern stehen auf" sind auch Organisationen auf der Liste der Unterstützerinnen, Unterstützer, die der Corona-Protestbewegung zuzuordnen sind.

Kelle betont ausdrücklich, dass es bei der "Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz" keine Medien-Berichterstattung gibt. Natascha Koch von der FAZ gelang es dennoch, Zutritt zur Veranstaltung zu bekommen. Der Veranstaltungsort wurde lange geheim gehalten. Dieses Konzept scheint aufgegangen zu sein.

Die Stimmung bei der Tagung wird als ausgelassen beschrieben. Leute von CDU bis AfD interagieren fröhlich miteinander und ein nationalsozialistisches Kriegslied wurde an einem Tisch angestimmt. In einem Gespräch mit dem Hobbysänger stellte sich dieser als Ex-CDU-Mitglied heraus, der Putin für einen vertrauenswürdigen Menschen hält.

Als die Podiumsdiskussion beginnt, sagt Maaßen, dass die Brandmauern fallen müssten: "Ohne AfD können wir nicht, es geht darum, wie wir mit ihnen können." Allerdings artikuliert er auch Berührungsängste, insbesondere wegen der Russland-Nähe der Partei.

Als Nächstes ist Cotar an der Reihe. Sie wirft einigen AfD-Politikern vor, korrupt geworden zu sein, worauf wütende Zwischenrufe folgen. Veranstalter Kelle schafft es am Ende dann aber doch, einen gemeinsamen Nenner zu finden: "Die Grünen müssen raus aus der Regierung - und mit der AfD muss geredet werden." Mit dem gemäßigten Teil der AfD habe er kein Problem, jedoch gebe es eben noch jene "andere Truppe", mit der er nichts zu tun haben will.

Doch auch ganz ohne die Anwesenheit der Presse gewähren die Protagonistinnen, Protagonisten der Veranstaltung ganz freiwillig Einblick. Markus Krall veröffentlichte auf der Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) den Text seiner Rede, in der er "das Geld, die Planwirtschaft, die Migration, die angebliche Seuche, das Klima, das Gendergaga und ( … ) Krieg" als die "zentralen Narrative, die Felde der satanischen Umkehr, denen wir uns unterwerfen sollen" ausmacht.

In einer Nachbereitung auf einer extrem rechten Medienplattform, auf der Klaus Kelles eigene Online-Tageszeitung "GermanZ" einen Kanal hat, wurden Boris Reitschuster, Stefan Homburg und die für "Achse des Guten" und "GermanZ" tätige Autorin Daniela Seidel als Teilnehmerinnen, Teilnehmer genannt. Reitschuster und Homburg wurden der breiten Öffentlichkeit durch die Verbreitung von Falschinformationen zur Covid-19-Pandemie bekannt.

Obendrein kam es im Rahmen der Veranstaltung zu einem Handgemenge, mit dem sich nun die Justiz befasst. Anlass ist ein Zusammenprall des früheren Bundestags- und Landtagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer (CDU) mit dem Video-Team des kirchlichen Jugendbildungsprojektes "Hessencam" aus Wetzlar. Es geht um einen Disput vor der Stadthalle, um einen mutmaßlichen Hieb des Politikers auf eine Kamera.

Zumindest damit, dass die vielfach beschworene Brandmauer faktisch nicht existiert, hat Klaus Kelle offensichtlich recht. Auf der achten "Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz" trafen Politiker und Mitglieder der CDU und der AfD auf Persönlichkeiten aus dem Querdenker-Milieu und auf Mitglieder anderer rechtskonservativer Organisationen. Sollte eine solche Brandmauer existieren, ist ihr der Brennstoff ausgegangen. Das Treffen in Wetzlar war alles andere als geheim. Sowohl im Vorfeld als auch danach wurde von Teilnehmerinnen, Teilnehmern und Initiatorinnen, Initiatoren ganz offen darüber berichtet und aus dem Zweck der Veranstaltung - die Brandmauer zu überwinden - kein Hehl gemacht.

Bildunterschrift: Hans-Georg Maaßen in der Wetzlarer Stadthalle.

_______________________________________________


MiGAZIN, 05.09.2023:

Keine Instrumentalisierung / KZ-Gedenkstätten-Besuch Aiwangers in Bayern nicht erwünscht

05.09.2023 - 21.00 Uhr

Als "Zeichen der Solidarität" solle Hubert Aiwanger nach der Flugblatt-Affäre die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchen: Dieser Vorschlag des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, findet in Bayern keine Zustimmung.

Ablasshandel und Effekthascherei: Der Vorschlag, Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger solle wegen der Flugblatt-Affäre die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchen, stößt auf breite Ablehnung. "Öffentlichkeitswirksame politische Besuche im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl sind in der KZ-Gedenkstätte Dachau nicht erwünscht", sagte Gedenkstätten-Leiterin Gabriele Hammermann dem "Evangelischen Pressedienst". Es liege derzeit auch keine Anfrage der Freien Wähler für einen Besuch vor. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte zuvor angeregt, Aiwanger möge der KZ-Gedenkstätte Dachau als "Zeichen der Solidarität" einen Besuch abstatten.

Auch der bayerische Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle (CSU) hält den Vorschlag nicht für zielführend. "Dies könnte einerseits leicht als Effekthascherei vor der Landtagswahl ausgelegt werden, andererseits aber die Gedenkstätten in eine politisch aufgeladene Diskussion hineinnehmen", sagte Spaenle auf Anfrage. Nach den Landtagswahlen sei ein solcher Besuch sicher sinnvoll. Gedenkstätten-Leiterin Hammermann erklärte, man würde eine eventuelle Anfrage Aiwangers "unter Berücksichtigung der aktuellen Situation bearbeiten".

Der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Jörg Skriebeleit, sagte im epd-Gespräch, dass Gedenkstätten keine Besserungsanstalten seien und keine Läuterungshoffnungen erfüllen könnten. Solche Ideen hätten "etwas von einem Ablasshandel". Zudem seien Gedenkstätten "aus der Tagespolitik rauszuhalten".

Flugblatt-Skandal

Björn Mensing, Pfarrer an der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau, bezeichnete einen Besuch als nicht sinnvoll, solange Aiwanger sich nicht konkret zu Verfehlungen in der Jugendzeit bekenne und sie "ohne Einschränkung" bereue. Stattdessen wäre ein Besuch dann "eine erneute Irritation für viele NS-Verfolgte und ihre Familien", erklärte der Kirchenrat.

Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) steht seit Tagen in der Kritik, weil er als Jugendlicher ein antisemitisches Flugblatt in der Schultasche hatte und öffentlich den Hitlergruß gezeigt haben soll. Aiwanger hatte daraufhin wegen möglicher Vergehen in der Jugend um Verzeihung gebeten.

Söder hält an Aiwanger fest

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, indes hält die Entschuldigung für nicht überzeugend, wie er am Montagabend in den ARD-"Tagesthemen" erklärte. Nach einem Bericht der "Jüdischen Allgemeinen" lehnte es Aiwanger am Dienstag auf Nachfrage von Journalisten ab, zu Schusters Kritik öffentlich Stellung zu nehmen.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Sonntag verkündet, Aiwanger nicht aus dem Amt zu entlassen, weil das angesichts der Beweislage nicht verhältnismäßig sei. (epd/mig)

Bildunterschrift: Hubert Aiwanger (Freie Wähler).

_______________________________________________


Jüdische Allgemeine Online, 05.09.2023:

Debatte / Schuster von Aiwangers Entschuldigung nicht überzeugt

05.09.2023 - 12.40 Uhr

Der Zentralratspräsident forderte eine "klare Erklärung".

Von Imanuel Marcus

In den "Tagesthemen" der ARD hat Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, erneut Stellung zur antisemitischen Flugblattaffäre um den Stellvertretenden Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister Bayerns, Hubert Aiwanger, bezogen.

Schuster erklärte, er sei "irritiert", denn die Jubelrufe in den Bierzelten, in denen Aiwanger aufgetreten sei, fielen in diesem Jahr lauter aus als in anderen Jahren. Er bezog sich offenbar auf das Volksfest Gillamoos.

Auch dass Ministerpräsident Markus Söder Forderungen an Hubert Aiwanger gestellt habe, die aber nicht umgesetzt worden seien, irritiere ihn: "Die Reue und Demut von der Söder sprach, kann ich (bei Aiwanger) bislang nicht feststellen."

Nicht angemessen

Auf die Frage, ob Aiwangers Selbstdarstellung als Opfer einer Intrige zum Wahlkampf gehöre oder eine Gefahr darstelle, entgegnete Schuster, der Weg, den der bayerische Vize gewählt habe, erschrecke ihn: "Ich hätte erwartet, dass auch bei weiten Teilen seiner Anhänger klar wird, dass seine Reaktion auf die Vorwürfe als nicht angemessen zu betrachten ist."

"Er hat sich entschuldigt für ... ja, für was eigentlich? So ganz klar war es seinen Worten vom Donnerstag nicht zu entnehmen", so Schuster. "Darüber hinaus hatten wir jetzt diesen Fragenkatalog mit Antworten, die in meinen Augen mehr als dürftig sind. Ich hätte eigentlich erwartet und mir erhofft, dass Aiwanger zu seinen Verfehlungen - wenn diese auch viele Jahre zurückliegen - ganz klar steht. Denn das wäre der richtige Weg gewesen, um eine solche Debatte abschließen zu können."

Aiwangers Entschuldigung akzeptiere er, so der Präsident des Zentralrates. Sie sei jedoch viele Tage zu spät gekommen. "Sie war auch wirklich nur eine Entschuldigung für das, was man mit Gewalt jetzt nicht mehr leugnen konnte. Ich hatte eine umfassende Erklärung erwartet", sagte Schuster in dem Interview.

Vier Augen

Söder hatte Aiwanger aufgetragen, sich mit Vertretern der jüdischen Gemeinschaft zu treffen. Die Frage, ob dies seine Idee gewesen sei, verneinte Schuster: "Meine Idee war es definitiv nicht. Die Überlegung ist sicherlich nicht verkehrt, aber ich hätte es besser gefunden, wenn ihm Söder eine solche Empfehlung in dem von ihm auch erwähnten Gespräch am Samstagabend unter vier Augen gegeben hätte - und Aiwanger damit die Möglichkeit gegeben hätte, genau dies dann aus freien Stücken zu tun. Jetzt hat er ihm eine Hausaufgabe gegeben und da tut man sich schwer, daran zu glauben, dass das jetzt wirklich der Intuition von Aiwanger entspricht."

Josef Schuster beschrieb, was er Hubert Aiwanger fragen und sagen würde, sollte es zu einem Treffen kommen: "Ich würde zunächst einmal doch nochmal nachhaken wollen, zu einigen Dingen, die noch offen sind." Auf einer "klaren Erklärung" würde er bestehen.

"Diese Opfer-Täter-Umkehr, da würde ich ihn nochmal sehr deutlich ansprechen, dass das überhaupt nicht geht." Hinsichtlich der Frage, ob ein solches Gespräch mit Aiwanger verfangen würde, ist Schuster weiterhin "eher skeptisch", wie er in der Sendung klar machte.

In dem Interview ging es auch um die Entscheidung Söders, Aiwanger nicht zu entlassen. Schuster wurde gefragt, ob dies eine Taktik oder eine Haltung darstelle. "Eine Taktik ist natürlich dabei", so der Zentralratspräsident gegenüber der ARD. "Aber auf der anderen Seite muss man auch überlegen: Was wäre gewesen, wenn Aiwanger entlassen worden wäre? Zu welchem Ergebnis hätte es geführt? Es gibt Stimmen - und ich kann die nachvollziehen -, die eher die Sorge hätten, dass er dann als Märtyrer für die Freien Wähler einen höheren Stimmenanteil eingefangen hätte." Auch hätte die AfD eventuell davon profitieren können, erklärte Schuster.

Im Verlauf des "Tagesthemen"-Interviews zitierte Schuster Markus Söder, der letzte Woche (und wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern) gesagt hatte, es gehe nicht um eine Koalition mit einzelnen Personen: "Ob es in einer zukünftigen Koalition, die dann ja neu gebildet werden muss, auch wenn die Freien Wähler beteiligt sind, weiterhin einen stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger geben würde: Ich glaube, das sollte man ernsthaft diskutieren und überlegen."

Bildunterschrift: "Diese Opfer-Täter-Umkehr, das geht überhaupt nicht": Josef Schuster.

_______________________________________________


Jüdische Allgemeine Online, 05.09.2023:

KZ-Gedenkstätte Dachau will keinen Besuch von Aiwanger

05.09.2023 - 08.20 Uhr

"Öffentlichkeitswirksame Besuche" im Vorfeld der Landtagswahl sind nicht erwünscht.

Die KZ-Gedenkstätte Dachau möchte in der Debatte um Antisemitismus-Vorwürfe gegen den bayerischen Vize-Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nicht zur Bühne werden. "Von öffentlichkeitswirksamen politischen Besuchen im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl möchte die KZ-Gedenkstätte Dachau absehen", sagte eine Sprecherin der "tageszeitung" (taz).

Sie reagierte damit auf den Vorschlag des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, dass Aiwanger das frühere Konzentrationslager in der Nähe von München besuchen sollte. Die aktuelle Debatte zeige aber, so die Sprecherin, "wie wichtig eine lebendige Erinnerungskultur und der Kampf gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus nach wie vor ist".

Schuldumkehr

Kritik an Kleins Vorschlag kommt auch von Jens-Christian Wagner, Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Statt sich damit auseinandersetzen, warum Aiwanger "mit Schuldumkehr, der Beschimpfung seiner Kritiker und einer Jetzt-erst-recht-Haltung durchkommt und in Bierzelten dafür gefeiert wird, sollen die Gedenkstätten und jüdischen Gemeinden die erinnerungskulturellen Scherben zusammenkehren, die Aiwanger und Söder hinterlassen haben", sagte Wagner der taz. "In Gedenkstätten wird kein Ablasshandel betrieben."

Der Antisemitismus-Beauftragte Niedersachsens, Gerhard Wegner, warnte in der Aiwanger-Causa auch vor den gesellschaftlichen Folgen. "Ich fürchte, dass dies ein Tor öffnet zum Neuerwachen eines untergründigen antisemitischen Geredes, nicht nur in Bayern", sagte Wegner der Zeitung. (kna)

Bildunterschrift: Die KZ-Gedenkstätte Dachau.

_______________________________________________


zurück