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4 Artikel , 22.06.2021 :

Pressespiegel überregional

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Übersicht:


MiGAZIN, 22.06.2021:
Vertrag unterzeichnet / Potsdam bekommt eine neue Synagoge

Blick nach Rechts, 22.06.2021:
Mitte-Studie: Demokratie kostet Anstrengungen

Blick nach Rechts, 22.06.2021:
Thüringer Zustände: Wo steht die extreme Rechte?

die tageszeitung Online, 22.06.2021:
Querdenker wollen selbst lehren / Schule mit Antisemitismus

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MiGAZIN, 22.06.2021:

Vertrag unterzeichnet / Potsdam bekommt eine neue Synagoge

22.06.2021 - 05.20 Uhr

Jüdisches Leben sichtbar machen und Antisemitismus entgegentreten - auch dafür soll die neue Potsdamer Synagoge ein Zeichen setzen. Baubeginn soll nach langen Debatten nun in diesem Jahr sein. Der Vertrag dafür wurde am Montag unterzeichnet.

Jahrelang wurde darum gerungen, nun geht es voran: Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam soll bis 2024 eine neue Synagoge für die Jüdischen Gemeinden der Stadt bekommen. Der Vertrag zur Errichtung des Sakralbaus wurde am Montag in Potsdam vom Präsidenten der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST), Abraham Lehrer, und Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) in Anwesenheit des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, unterzeichnet. Das Land will das Bauwerk mit rund 13,7 Millionen Euro finanzieren. Baubeginn soll in diesem Jahr sein.

Als letzte Landeshauptstadt der Bundesrepublik werde nun auch Potsdam wieder eine Gemeindesynagoge bekommen, sagte Schuster. Mit einer liberalen Hochschul-Synagoge und einem Sakralbau, der sich dem traditionellen Judentum verpflichtet sehe, werde Brandenburg nun zum Vorreiter. "Die Synagoge ist ein Haus für alle", sagte Lehrer. Neben Gottesdiensten und Lehrstunden soll es in dem Gebäude auch Angebote wie Sozial- und Gesundheitsberatung geben. Das Haus werde allen jüdischen Gemeinden offen stehen.

"Sie sind wir"

Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Antisemitismus zu bekämpfen und jüdisches Leben wieder sichtbar zu machen, sagte Schüle. Für beides stehe die Vereinbarung zum Bau des Synagogen- und Gemeindezentrums in unmittelbarer Nähe des Landtags. Das Vorhaben setze ein Zeichen dafür, dass Jüdinnen und Juden in die Mitte der Gesellschaft gehören. "Jüdinnen und Juden in Brandenburg sollen sich wohlfühlen", sagte Schüle: "Sie sind wir." Mit der Vereinbarung vom Montag sei nun die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Jüdischen Gemeinden in Potsdam eine würdige Heimstatt bekommen.

Die Bauausschreibung laufe bereits, sagte Schüle. Das Land errichte das Synagogen-Zentrum, die ZWST werde die Begleitung des Planungs- und Bauprozesses und in den ersten drei Jahren nach Fertigstellung die Treuhandschaft übernehmen. Dafür soll der jüdische Sozialverband jährlich rund 650.000 Euro vom Land bekommen. Nach drei Jahren soll der Jüdische Landesverband das Bauwerk übernehmen, für das eine Stiftung errichtet werden soll.

Mehrere Anläufe

Sie sei überzeugt, dass der nicht immer einfache Weg zu einer neuen Synagoge nun zu einem guten Ende kommen werde, sagte Schüle. Das Bauvorhaben wurde bereits 2005 im Staatsvertrag des Landes Brandenburg mit dem Jüdischen Landesverband festgehalten. Seitdem gab es mehrere Anläufe, den Baustart auf den Weg zu bringen. Dies scheiterte vor allem an einer Kontroverse innerhalb der verschiedenen Jüdischen Gemeinden in Potsdam über die Gestaltung des Sakralbaus.

Die historische Potsdamer Synagoge im Stadtzentrum überstand zwar die NS-Pogrome von 1938, wurde jedoch danach von der benachbarten Post genutzt und Ende des Zweiten Weltkriegs im April 1945 bei einem Luftangriff zerstört. Am historischen Standort wurde in der DDR ein Wohnhaus errichtet. Dort erinnert eine Gedenktafel an die alte Synagoge. (epd/mig)

Bildunterschrift: Eine jüdische Synagoge.

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Blick nach Rechts, 22.06.2021:

Mitte-Studie: Demokratie kostet Anstrengungen

Von Horst Freires

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat ihre neue "Mitte-Studie" vorgestellt: Daraus geht hervor, dass der überwiegende Teil der gesellschaftlichen Mitte zwar zur demokratischen Staatsform steht, doch ist diese zunehmend durch einen gestiegenen Populismus gefährdet, der ein Einfallstor zum Rechtsextremismus bietet.

Seit 2006 legt die FES alle zwei Jahre das demokratische Einstellungsbarometer vor. Die heute veröffentlichte Studie basiert auf einer repräsentativen Telefonumfrage unter 1.750 Personen im Bundesgebiet. Verantwortlich für die aktuelle Bestandsaufnahme unter dem Titel "Die geforderte Mitte" zeichnen Andreas Zick vom Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld und als Co-Autorin Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein.

Aus dem Titel der Untersuchung wird deutlich, dass die Demokratie keineswegs einen Selbstläufer darstellt, sondern als kostbares und wertvolles Gut immer wieder aufs Neue politische Anstrengungen erfordert. Einerseits steht der Großteil der Bevölkerungsmitte hinter der Demokratie, bedenklich stimmen aber bei der Befragung, dass unter den Antworten zunehmend ambivalente "teils / teils"-Positionen herausgekommen sind, und das bei eigentlich eindeutiger Thematik wie Rassismus. Dieser Graubereich darf aus Sicht der Studie nicht unterschätzt werden.

Sozialdarwinismus angewachsen

Insgesamt sind rechtsextreme Einstellungen rückläufig. Dies führen Zick und Küpper vor allem darauf zurück, dass in der Aufklärung und öffentlichen Berichterstattung eine gestiegene Sensibilität erfolgt sei. Dementsprechend ist der Rechtsextremismus zum größten gesellschaftlichen Bedrohungsfaktor aufgestiegen. Das Stabilitätsfundament der Demokratie bröckelt dennoch bei Betrachtung sozialer Wertigkeiten und der Ausgrenzung und Herabwürdigung von sozialen Minderheiten. So nimmt seit 2014 der Sozialdarwinismus, also eine biologistische Begründung von Ungleichwertigkeit, zu. Aktuell finden beispielsweise 7,3 Prozent der Befragten die Aussage: "Es gibt wertvolles und unwertes Leben" eher oder voll, weitere 9,3 Prozent "teils / teils" zutreffend.

Die Zuwanderung, von 2014 bis 2017 als vermeintlicher gesellschaftlicher Sprengstoff noch politisches Dauerthema, wird nur noch von knapp einem Viertel der Befragten als eine Bedrohung für das Land angesehen, was dennoch eine nicht zu unterschätzende Größe darstellt. Als ein Schwerpunkt kritischer Stimmen ist bei der jüngsten Bestandsaufnahme die Corona-Pandemie als gesellschaftlicher Begleitumstand hinzugekommen.

Konjunktur von Verschwörungsmythen

Zu den zutage tretenden Einstellungsmustern gehören dabei auch der Glaube an und die Anwendung von Verschwörungsnarrativen, oft gekoppelt mit antisemitischen Aussagen. Rund jeder fünfte Befragte ist der Auffassung, dass "Politiker und andere Führungspersönlichkeiten nur Marionetten der dahinterstehenden Mächte" seien. Der Aussage "Geheime Mächte sind für die Pandemie verantwortlich" stimmte fast jeder zehnte Befragte zu sowie weitere 8,5 Prozent "teils / teils". 17 Prozent und weitere acht Prozent "teils / teils" sind überzeugt: "Die Corona-Pandemie wird genutzt, um Zwangsimpfungen einzuführen".

Mit Corona in den Fokus gerückt ist außerdem eine zunehmende populistisch unterfütterte Wissenschaftsskepsis. In ihren Beobachtungen sind die Verfasser der Studie ebenfalls auf eine wachsende Vertrauenskrise in die Medien gestoßen. Die öffentlich-rechtlichen Medien genießen laut Zick an Hand der Befragung ein Vertrauen von 69 Prozent.

Forderung: Projekte und politische Bildung stärken

In der Expertise wird klargestellt, dass offener Rechtsextremismus in Ostdeutschland nicht stärker verbreitet ist als in Westdeutschland. Bei der Präsentation zur Studie räumte Küpper ein, dass bei den Befragten mit Sympathie-Präferenz zur AfD eine höhere rechtsextremistische Einstellung anzutreffen ist als bei anderen Partei-Präferenzen.

Zu den formulierten Forderungen als Quintessenz der rund 400-seitigen Studie gehören aus FES-Sicht auch eine Stärkung der politischen Bildung und eine Stärkung und Verstetigung zivilgesellschaftlicher Projekte.

Kleiner Kritikpunkt an dem Fleißwerk: Das Befragungstool Telefon bietet eine empirische Schwachstelle, indem radikale Einstellungen und Gesinnungen nicht freimütig zugegeben werden. Das zeigt sich zum Beispiel an den vielen "teils / teils"-Antworten. Hier schlummert also durchaus nicht nur eine Grauzone, sondern vielleicht sogar ein erhebliches Dunkelfeld, dass die positive Erkenntnis rückläufiger rechtsextremer Einstellungen dann relativiert.

Die Studie ist hier abzurufen: www.fes.de/forum-berlin/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2021

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Blick nach Rechts, 22.06.2021:

Thüringer Zustände: Wo steht die extreme Rechte?

Von Kai Budler

Mit einer neuen Publikation bündeln zivilgesellschaftliche Einrichtungen in Thüringen ihre Expertisen zu Rechtsextremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Braucht es weitere Publikationen zum Zustand der Situation des Rechtsextremismus, des Antisemitismus und Rassismus in Thüringen? Notwendig ist vielmehr "eine zivilgesellschaftliche Alternative zu den vorliegenden und lückenhaften Einschätzungen der zuständigen staatlichen Behörden". Das finden jedenfalls die Mobile Beratung (Mobit), die Opferberatung ezra, das Zentrum für Rechtsextremismus-Forschung (komrex) an der Uni Jena und das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ).

Sie haben jetzt gemeinsam die erste Folge der "Thüringer Zustände" vorgelegt, in der sie die Situation im Freistaat im vergangenen Jahr in neun Einzelbeiträgen beleuchten. Grundlagen sind wissenschaftliche Analysen sowie Einschätzungen auf Grundlage zivilgesellschaftlicher Beratungspraxis und aus der Perspektive von Betroffenen. Dazu können die Autorinnen, Autoren auf die Datenbasis der Langzeitstudie "Thüringen Monitor" zurückgreifen. Durch die Verknüpfung der Themenfelder treten deutliche Synergieeffekte hervor, die die Publikation von einer bloßen Aneinanderreihung abhebt.

Flächendeckende Verbreitung rechtsextremer Einstellungen

Die Autorinnen, Autoren konstatieren, dass "migrationsfeindliche, antiliberale und autoritäre Politik-Angebote" in den vergangenen Jahren "erfolgreich waren" und führen dies auf eine sehr hohe flächendeckende Verbreitung rechtsextremer Einstellungen zurück. Davon profitiere vor allem die AfD mit ihrem "völkisch-rassistischen Nationalismus und Antiliberalismus", die durch zahlreiche Verbindungen auf verschiedenen Ebenen mit der neonazistischen Szene verknüpft sei.

Diese profitiere von einem Zuzug von Akteuren aus anderen Bundesländern nach Thüringen und habe ihre Stellung als "seit Jahrzehnten etablierte Hochburg" mit etablierten extrem rechten Kampfsport- und Rechtsrock-Szenen ausbauen können. Zudem profitiere sie von mindestens 35 Immobilien, die im Besitz von Neonazis sind oder auf die sie problemlos zugreifen können. Als neues Rekrutierungsfeld beschreibt die Studie die Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, aus der in Thüringen eine rechte Misch-Szene entstanden sei, die sich deutlich radikalisiert habe. Damit sei die Zahl extrem rechter Aktionen in Thüringen trotz Corona-Einschränkungen auf dem hohen Niveau der Vorjahre geblieben.

Faktenbasierte analytische Einordnung der Situation

Ein schlechtes Zeugnis stellen die "Thüringer Zustände" den Behörden im Freistaat aus: Schleppende Ermittlungen, langwierige Gerichtsverfahren und Vorwürfe des strukturellen Rassismus bei der Thüringer Polizei. Franz Zobel von ezra konstatiert: "Die massiven Probleme bei der Strafverfolgung durch Ermittlungsbehörden und Justiz von rechtsmotivierten Gewaltstraftaten führen dazu, dass sich viele Menschen durch den Rechtsstaat nicht geschützt fühlen."

Eine Einschätzung, die auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow in seinem Grußwort nicht mildern kann, wenn er davon spricht, dass ein Blick in die polizeiliche Statistik dazu führe, die gesamtgesellschaftliche Bedrohung durch den Rechtsextremismus nicht mehr unterschätzen zu können. Wem aber diese Angaben der oft lückenhaften Berichte zu wenig sind, hat mit der neuen Publikation eine faktenbasierte Darstellung mit Analysen und einer kritischen Einordnung der Situation in Thüringen zur Hand.

Die Studie gibt es unter www.thueringer-zustaende.de zum Download.

Bildunterschrift: Teilnehmer eines Rechtsrock-Festivals im thüringischen Themar.

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die tageszeitung Online, 22.06.2021:

Querdenker wollen selbst lehren / Schule mit Antisemitismus

Seitdem die Präsenzpflicht durch die Pandemie ausgesetzt ist, bilden sich private Lerngruppen. Was frei und selbstbestimmt klingt, hat üble Wurzeln.

Andrea Röpke und Andreas Speit

Hamburg (taz). Kein Lehrplan, keine Inhaltsvorgaben vom Staat: Freies Lernen möchte die so genannte "School of Bliss" (SoB) möglichst bald anbieten. In Zukunft solle sie ein "modernes Lernkonzept mit glücklichen Kinder und Lernbegleitern" umsetzen, heißt es im Telegram-Kanal "School of bliss - by Life in Flow" mit 4.446 Abonnentinnen, Abonnenten.

In der Corona-Pandemie mit dem längerfristigen Wegfall der Präsenzpflicht haben sich vielerorts private Lerngruppen gebildet. Lehrende und Eltern bestärken sich gegenseitig in ihrer Suche nach neuen Bildungsideen. Eine SoB soll im Raum Lüneburg entstehen. Initiatorin Jacky Herder aus dem schleswig-holsteinischen Heide betreut Interessierte.

Seit Anfang des Jahres werden die Zoom-Konferenzen mit Herder auf norddeutscher SoB-Ebene beworben. Die Unternehmerin berichtet online vom "Martyrium" ihrer Kinder durch Masken-Zwang und Politik-Unterricht. Sie habe beschlossen, zum 1. September 2021 eine eigene Schule in Dithmarschen zu eröffnen und wünsche sich eine weitere Vernetzung: "Je größer wir werden, desto unaufhaltsamer werden wir!"

Die Eltern aus den SoB-Gruppen seien "erst einmal daran interessiert, eine gegenstaatliche Schule zu gründen - fernab von Schulgesetz und Bildungsplan", erklärt eine Person mit Zugang zu den geschlossenen Gruppen der taz. Die Ablehnung von Corona-Tests und Impfungen treibe die meisten an, doch auch rechte Inhalte würden "am laufenden Band" unwidersprochen gepostet. Bereits vorgefertigte Musterbriefe an Schulleitungen gegen staatliche Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen finden sich auch in diesen Telegram-Kanälen.

"Parasitäres System"

Die strategische Vorgehensweise ähnelt denen von ElternStehenAuf und Klagepaten, Initiativen innerhalb des "Querdenken"-Spektrums. In den bundesweiten SoB-Gruppen werden Videos und Audios eines "Dawid Snowden" verbreitet, der das "parasitäre System entmachten und entsorgen!" will und über die "Drecks-Regierung" und die "Armleuchter" von Polizei wettert. "Snowden" spielt wütend darauf an, dass jede Tyrannei in der Geschichte, "nur mit einem Krieg gegen diese Strukturen" abgewendet worden sei.

Eine zentrale Inspiration für die "School of Bliss" stellt die "Anastasia"-Buchreihe von Wladimir Megre dar. Der russische Unternehmer heißt eigentlich Pusakow. Sein zehnbändiges Epos wechselt zwischen fiktionalen Passagen und direkter Anrede der Leserinnen, Leser, um die Botschaft der erdachten Hauptfigur Anastasia zu verbreiten. Dazu gehört, dass Juden und Jüdinnen "die Macht über die Menschen" bekommen wollten und "viel Geld" konzentrierten, weswegen sie verfolgt würden. Auch heißt es, der erste Geschlechtsakt von Frauen würde deren spätere Kinder prägen. Die widerlegte Vererbungsvorstellung der Telegonie geht in den Büchern so mit altbekannter antisemitischer Hetze einher. Im Geiste der Buchreihe hat sich von Russland aus eine rechts-esoterische Bewegung formiert, deren deutsche "Familienlandsitz"-Projekte eigene Schulen anvisieren.

Irem H., Wortführerin der Schulgründungsinitiative Lüneburg versichert im internen Kreis, sie seien regional "super vernetzt". Ein Austausch von Talenten sei bereits im Gang, mal böte ein Elternteil oder ein SoB-Lernbegleiter Kochen, Basteln, unternehmerisches Denken oder Physik an. "Wir machen was Gutes und sind energetisch geschützt, weil wir fokussiert sind", betont sie.

Ein typisches antisemitisches Bild

Eine Formel aus dem Spektrum der SoB lautet: "Sobald wir uns von dem alten Schulsystem gelöst haben, soll es in freies Lernen übergehen." Genaueres wird nicht preisgegeben. Zur Lüneburger Gruppe zählt auch Vincent Dietz. Der Pädagoge hat nach eigenen Angaben bei der SoB bereits "Module" als "Lernbegleiter" gebucht. Dietz trat am 3. April auf der Hauptbühne von "Querdenken" in Stuttgart auf. Im Reichsideologie-Sprech verkündete er, dass das Grundgesetz keine Gültigkeit mehr habe. Daher könnten nun "freie Lernorte" geschaffen werden.

Das Konzept der "School of Bliss" lehnt sich auch an den Lernvorstellungen von Ricardo Leppe an. In einem Video bekunden Leppe und Herder die gemeinsamen Bemühungen für ein neues Lernen. Die SoB bietet kostenpflichtige Lernmodule von Leppe mit an. Die Idee dahinter solle so aussehen, dass Eltern je nach Möglichkeit die Kinder unterrichten und dabei von "Lernbegleitern" unterstützt würden, die "entindoktriniert" sind. Die Kosten für die Ausbildung in Offline-Modul-Treffen sind nicht öffentlich einsehbar.

Bekannt ist aber, dass Leppe in Österreich den Verein "Wissen Schafft Freiheit - Vereinigung zur Stärkung, Aufklärung und Verbreitung von Wissen und Bildung" betreibt. Auf der Webseite gibt der Verein Ernährungs- und Gesundheitsempfehlungen und bewirbt die umstrittene "germanische Heilkunde von Dr. med. Ryke Geerd Hamer". Dem vor wenigen Jahren verstorbenen Arzt war in Deutschland die Zulassung auch wegen seiner Methoden entzogen worden. Hamer behauptete, die "dumme alte Schulmedizin" sei eigentlich "eine jüdische Medizin" - ein typisches antisemitisches Bild, das schon zu Zeiten des Nationalsozialismus bemüht wurde.

In Hamburg scheiterte jüngst eine Schulgründungsinitiative aus dem Querdenken-Milieu. Nachdem die taz darüber berichtete, zog die Initiative den Antrag bei der Schulbehörde zurück. Sie scheinen stattdessen nach Schleswig-Holstein ausweichen zu wollen: Die ehemalige Anmelderin von Querdenken 40 schreibt bei Telegram, dass sie für ihre zukünftige Schule in Norderstedt die "ganze Einrichtung aus der Gemeinschaftsschule Horn" geschenkt bekämen.

Bildunterschrift: Kein Geschichtsunterricht? Querdenken ist vielleicht einfach so ähnlich wie querlesen.

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