Lippische Landes-Zeitung Online ,
15.10.2019 :
Hitlergruß bei Bürgerversammlung in Horn?
15.10.2019 - 17.49 Uhr
Verteidiger sieht Akte ein
Astrid Sewing
Horn-Bad Meinberg. Der vermeintliche Hitlergruß auf einer Bürgerversammlung in Horn beschäftigt weiterhin die Justiz. Der Staatsschutz hatte ermittelt und die Akte an die Staatsanwaltschaft in Detmold geschickt. Dann wurde noch einmal ermittelt, jetzt hat der Verteidiger des 39-Jährigen laut Oberstaatsanwalt Ralf Vetter die Akte zur Einsicht bekommen.
Auf der Bürgerversammlung in Horn am 11. Juli ging es um die Probleme mit einigen Zuwanderern aus Südosteuropa in Horn. Wie berichtet, gab es Bürgerbeschwerden unter anderem über Müll, Lärm und Pöbeleien.
39-Jähriger zuvor nicht auffällig gewesen
Ein Foto der LZ von der Veranstaltung zeigte einen Teilnehmer, dessen Armhaltung wie ein Hitlergruß aussieht. Auch die Kleidung des Mannes auf dem Bild ließ Vermutungen zu, dass er mit der rechten Szene sympathisiert oder zu ihr gehört. Einige Bürger erstatteten auf Grund des Fotos Strafanzeige.
Die Polizei ermittelte die Identität des Mannes, befragte Zeugen und gab das Material an den Staatsschutz weiter. Dieser übergab das Ganze an die Staatsanwaltschaft in Detmold. Der 39-jährige Mann soll noch nicht mit solchen Taten auffällig geworden sein. Laut Staatsanwaltschaft erhalte der Verteidiger üblicherweise drei Wochen Zeit, um eine Einlassung zu schreiben, wenn er es beantrage, könne diese Frist auch verlängert werden.
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Lippische Landes-Zeitung, 19.07.2019:
Leserbriefe / ... Bürgerversammlung in Horn ...
Die Berichterstattung über eine Bürgerversammlung in Horn, in der es um Probleme in der Stadt mit einer Gruppe von bulgarischen und rumänischen Mitbürgern ging, hat die Gemüter erregt - nicht zuletzt auch wegen eines Fotos, auf dem ein Mann den rechten Arm hob. Ob es sich um den verbotenen Hitlergruß handelte, ermittelt der Staatsschutz, der den Mannidentifiziert hat. Auf dieser Seite drucken wir Leserreaktionen ab, die uns erreichten.
Unglücklich zu Wort gemeldet?
An die Horner Bürgerinnen und Bürger: Es gibt auf Kreisebene eine hervorragende Stelle, Dissonanzen mit den EU-Neubürgerinnen und -Neubürgern zu klären. Es ist ratsam, sich an diese Stelle zu wenden. Ich finde es problematisch, in groß angelegten Versammlungen diesen Disput zu auszutragen. Das hilft niemanden, Ihnen nicht, und den EU- Neubürgerinnen und -Neubürgern auch nicht.
Zwei Sachen sind mir aufgefallen, die doch noch näher erklärt werden sollten. Offensichtlich dürfen unter 18-Jährige in Horn-Bad Meinberg verbotenerweise Spielhallen betreten. Da sollte dringendst das Jugendamt, zusammen mit dem Ordnungsamt, nachfassen.
Die andere Sache: Was macht eigentlich der junge Mann links im Bild, mit dem "lustigen" Hut mit seinem rechten Arm? Ich gehe im Moment noch davon aus, dass er sich unglücklich mit einem qualifiziertem Redebeitrag zu Wort melden wollte.
Wäre diese Geste anders zu verstehen, hätte man diesen Versammlungsteilnehmer sicherlich zuerst angezeigt und dann des Saals verwiesen.
Edeltraut Kuschel, Lage
Nicht alle pauschal als kriminell darstellen
Ich bin erschrocken über den einseitigen Bericht von Herrn Brinkmeier zur Lage in Horn-Bad Meinberg. Ich bin gebürtige Rumänin und lebe seit 2006 in Horn-Bad Meinberg. Bisher ohne Angst. Dies hat sich mit diesem Bericht geändert. Dies möchte ich kurz begründen.
Im Kommentar steht, der Staat versagt völlig. Die Rumänen und Bulgaren müssten unmissverständlich in ihre Schranken gewiesen werden. Eine Differenzierung nehmen Sie hier nicht vor, Herr Brinkmeier. Richtig ist, jeder, der sich nicht an Gesetze hält, sollte sich dafür verantworten. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand Deutscher oder Ausländer ist.
In Rumänien geht die Polizei auch schon mal gegen Menschen bei bloßem Verdacht und Behauptungen vor. In Deutschland fühle ich mich bisher sicher, dass dies nur möglich ist, wenn z. B. eine Anzeige erstattet wird. Diesen Ablauf als rechtsfreien Raum darzustellen, finde ich unglaublich.
Den Hinweis, dass zu den benannten Vorfällen keine Anzeigen existieren, ignorieren Sie. Das heißt, Sie erklären alle Vorfälle pauschal als wahrheitsgemäß. Sie scheren alle Bulgaren und Rumänen über einen Kamm und stellen uns als kriminell dar, beziehungsweise als nicht lernfähig.
Wie sehen denn Ihrer Meinung nach die Schranken aus? Mit Schlagstöcken? Wenn Sie von einem Dialog sprechen, meinen Sie nur den Dialog mit den Menschen, die sich betroffen fühlen auf der deutschen Seite, oder auch einen Dialog mit den "Problemmachern"? Lösungsvorschläge von Ihrer Seite kommen nicht im geringsten, sondern sie betreiben pures Schwarz-Weiß-Denken, wohlwissend, dass das Leben vielleicht auch Grautöne hat.
Können Sie sich vorstellen, dass mit solchen Pauschalen auch ich mich in Horn zu bewegen unsicher fühle? Und vielleicht als Rumänin beschimpft zu werden? Ich mich vielleicht bedroht fühle? Diese Art der Berichterstattung fördert das Zusammenleben nicht, sondern baut nur "Schranken" auf.
An meine bulgarischen und rumänischen Freunde in Lippe kann ich nur appellieren, dass sie ebenfalls Stellung beziehen. So wie ich nicht behaupte, dass jeder Deutscher ein Nazi oder Ausländerfeind ist, möchte ich auch, dass wir nicht pauschal als kriminell dargestellt werden.
Cosmina Ahrweiler, Horn-Bad Meinberg
Den Blick auf konstruktive Lösungen verbaut
In seinem Kommentar vom 13. / 14. Juli diagnostiziert der Redakteur der Lippischen Landes-Zeitung nicht mehr und nicht weniger als "Staatsversagen". Das ist starker Tobak und sollte die Leserinnen und Leser des nebenstehenden Berichts desselben Autors über die Einwohnerfragestunde des Stadtrats von Horn-Bad Meinberg nicht wenig überraschen. War im Bericht noch die Rede von mehr oder weniger konkreten Beschwerden, so wird im Kommentar das Szenario eines angeblichen "rechtsfreien Raumes" entworfen.
Ruhestörung, Vermüllung, Einbrüche, Prostitution, wildes Parken, unbeaufsichtigte Kinder: Die Liste der Beschwerden über Vorkommnisse, die Zuwanderern aus "Südmittelosteuropa" zugeschrieben wurden, war lang. Vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich während der Fragestunde des Stadtrats äußerten, war anzumerken, wie massiv sie sich durch ihre neu zugezogenen Nachbarn belästigt fühlen.
Allen diesen Beschwerden ist nachzugehen - die Forderungen nach Einhaltung der Nachtruhe, ordnungsgemäßer Müllentsorgung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten sind nicht nur verständlich, sondern dienen letztlich dem friedlichen Zusammenleben in der Stadt.
Sowohl beim Lesen des Kommentars als auch des Berichts von der Einwohnerfragestunde verblüfft das Fehlen eines jeglichen Versuchs, zu einer Versachlichung beizutragen. Es entsteht der Eindruck, wir hätten es hier quasi mit drei Parteien zu tun, den zornigen Hornschen Bürgern, den 400 "Bulgaren und Rumänen", die tun, was sie wollen, und dem versagenden Staat - hierunter fallen dann wohl die Polizei, der Kreis, der Bürgermeister, der Rat der Stadt und die städtische Verwaltung. Keine dieser Pauschalisierungen ist angemessen, vielmehr verbauen sie den Blick auf konstruktive Lösungen.
Es ist zu hoffen, dass die vom Ratsmitglied Dr. Alexander Martin vorgeschlagene und vom Rat einstimmig beschlossene Gesprächsrunde mit betroffenen Bürgern den Einstieg in eine sachliche Auseinandersetzung mit den aktuellen Problemen ermöglicht und damit auch Wege aus der gegenwärtigen Misere aufzeigt.
Zur sachlichen Auseinandersetzung und zur Besserung der beklagten Zustände gehört vor allem der Dialog - im nächsten Schritt auch mit Vertretern der Nachbarn aus Südmittelosteuropa.
Nicht geholfen ist den Hornschen mit pauschalen Schuldzuweisungen und dem Herbeiphantasieren eines Notstandes.
Ditmar Ahrweiler schreibt im Namen des Arbeitskreises gegen Nazis in Horn-Bad Meinberg als stellvertretender Vorsitzender
Unsachlich und sehr aggressiv
Seit über 35 Jahren lebe ich in Horn und habe somit den größten Teil meines bisherigen Lebens hier verbracht. Dabei habe ich mich - bis auf wenige Ausnahmen - heimisch und sicher gefühlt. Eine dieser Ausnahmen passierte in der letzten Woche während der Ratssitzung, bzw. Einwohnerfragestunde.
Mir war es äußerst peinlich bis unangenehm, miterleben zu müssen, wie mit Menschen umgegangen wird, die noch nicht mal wussten, dass in einer öffentlichen Sitzung über sie nicht beraten, sondern heftigst geschimpft wird. Unsachlich und sehr aggressiv. Die Äußerungen reichten von Beleidigungen bis hin zu herab wertenden Bewertungen und Drohungen, sogar Anstiftung zu einer Straftat. "Nicht aus der Tür, sondern aus dem Fenster rausschmeißen", ist nur ein Beispiel. Von Bürgerwehr war die Rede und Schmarotzern. Dass die vielleicht auch noch ausgebeutet werden, hat niemanden interessiert. Stattdessen haben wir über deren Behausungen öffentlich geredet, auch mit dem Hintergedanken, dass keiner von uns so leben wollen würde. Schlimmer fand ich den Applaus dazu. Dabei trugen die Äußerungen des Hauptverwaltungsbeamten wie "mir passt das ja auch nicht" oder "leider haben sie solche Rechte" nicht zur Deeskalation bei. Dass nur eine einzige Person aus dem Rat sich getraut hat, etwas zu sagen, war schon traurig genug - und sie wurde dann mit Buh-Rufen übertönt. Letztendlich kam es doch noch zu einem Dialog-Vorschlag. Zu einem Dialog gehört aber auch, dass die Betroffenen einbezogen werden. Dem LZ-Kommentatoren ist leider auch nichts besseres eingefallen, als das harte Durchgreifen zu fordern.
Echt schade. Merken wir es eigentlich noch? Bautzen, Rostock, sogar Hoyerswerda war nicht ganz entfernt.
Fehmi Elmas, Horn- Bad Meinberg
Wehret den Anfängen ...
Ist es schon wieder soweit? Sind solche Bilder bereits Normalität? Muss man sich das als Zeitungsleser gefallen lassen?
Ich glaube: Nein! Wie kann es sein, dass ein Redakteur ein Foto auf Seite 18 der LZ vom 13. / 14. Juli veröffentlicht, auf dem ein Mann den Hitlergruß zeigt? Dazu noch deutlich in die Kamera schaut, wohl wissend dass er fotografiert wird. Das Zeigen des Hitlergrußes in der Öffentlichkeit ist ein Straftatbestand!
Und jetzt soll keiner daherkommen und argumentieren, das war Zufall, der Herr trägt nur zufällig einen Hut in den Reichsfarben, hebt zufällig in dem Moment den rechten Arm, schaut zufällig in die Kamera.
Lieber Herr Brinkmeier, als Redakteur liegt es in Ihrer Verantwortung, wenn nicht in der der Redaktionsleitung, welches Foto zu einem Artikel veröffentlicht wird. Ich gehe davon aus, dass es mehr als ein Foto von der Veranstaltung gibt.
Ohne eine Absicht unterstellen zu wollen, muss ich als Leser deutlich mehr journalistisches Feingefühl von Ihnen erwarten.
Wie gesagt, wehret den Anfängen ...
Ulrich Scheltmann, Bad Salzuflen
Die LZ in aller Munde
In den Redaktionen der LZ sind Profis am Werk. Es darf deshalb bezweifelt werden, dass das Foto von dem echten oder doch nur missinterpretierten "Hitlergruß" einzig und allein aus der Verpflichtung heraus, zu zeigen, was ist, veröffentlicht wurde. Die verantwortlichen Redakteurinnen und Redakteure haben sicherlich geahnt, nein gewusst, welchen Sturm der Entrüstung sie damit entfachen würden. Welche Zeitung würde eine solche Gelegenheit, auf sich aufmerksam zu machen, nicht nutzen?
Nun ist geschehen, was geschehen musste, und die LZ in aller Munde. Sie hat doch nur die Realität abgebildet, lässt uns Redakteurin Astrid Sewing wissen. Dem ist nicht zu widersprechen. Nur ihre Feststellung, dass sich in Horn jetzt "die verschiedensten Gruppen" miteinander verbinden, "weil es ein gemeinsames Ziel gibt", stößt sauer auf. Kein noch so wichtiges Ziel rechtfertigt das auch nur temporäre Zusammengehen mit rechtsradikalen Agitatoren. Es gibt Grenzen, die man als Demokrat nicht überschreitet - niemals und unter keinen Umständen.
Uwe Tünnermann, Lemgo
Bildunterschrift: Denkwürdige Momente: Bürgermeister Stefan Rother bespricht sich vor Beginn der Ratssitzung im Horner Rathaussaal mit seinem Stellvertreter Ingo Barz (links). Zahlreiche Besucher waren am Donnerstagabend zu der Versammlung gekommen. Es ging um die massiven Probleme mit einigen bulgarischen und rumänischen Mitbürgern.
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Lippische Landes-Zeitung Online, 16.07.2019:
Mann identifiziert: Staatsschutz ermittelt wegen mutmaßlichen Hitlergrußes
16.07.2019 - 13.00 Uhr
Astrid Sewing
Der Staatsschutz in Bielefeld hat den Mann identifiziert, dessen Foto nach der Veröffentlichung in der LZ massive Kritik ausgelöst hat, weil es mutmaßlich einen Hitlergruß zeigen soll. Aus ermittlungstaktischen Gründen will der Staatsschutz nicht ins Detail gehen.
Der Mann kommt aus Horn-Bad Meinberg. Als nächstes würden Zeugen befragt, um die Geste einordnen zu können. Das Foto sei erst einmal nur eine Momentaufnahme.
Die massiven Beschwerden der Bürger in Horn über das Verhalten von Bulgaren und Rumänen zeigt Wirkung. Der Kreis Lippe stellt Geld bereit, um einen Streetworker einzustellen. Außerdem soll eine Ordnungspartnerschaft gegründet werden.
Die Polizeistreifen in Horn werden verstärkt und die mobile Wache wird des Öfteren vor Ort sein - am Mittwoch um 8.30 Uhr steht sie auf dem Markt. Dann wird auch Landrat Dr. Axel Lehmann vor Ort sein, um sich ein Bild zu machen. "Wir als Kreis finden es sehr gut, dass die Stadt weitere Mitarbeiter im Ordnungsamt anstellt, das wollen wir unterstützen. Nur gemeinsam können wir das Problem lösen", sagt Lehmann.
Bildunterschrift: Die Probleme in Horn sind auch beim Kreis Lippe Thema.
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Am 11. Juli 2019 zeigte ein Mann (Hemd: "Abgestempelt / Weil wir deutsch fühlen / Rechtsterrorist / NAZI / Tätervolk") im Rat von Horn-Bad Meinberg (Thema: "Mitbürger aus Südmittelosteuropa") den Hitlergruß.
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