Westfalen-Blatt / Zeitung für Schloß Holte-Stukenbrock ,
10.10.2019 :
NS-Zeit nicht ausklammern
Friedhelm Schäffer berichtet über das Fanprojekt von DSC Arminia
Von Alexandra Wittke
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte während der NS-Zeit gehörte in der Vergangenheit nicht unbedingt zu den bevorzugten Projekten vieler Vereine. Friedhelm Schäffer stellt sich seit 2018 der Herausforderung, die kritische Zeit zwischen 1933 und 1945 zu beleuchten. Gemeinsam mit dem Fan-Projekt des DSC Arminia Bielefeld zeigte Schäffer am Dienstagabend erste Ergebnisse seiner Recherchen.
"Bei Arminia ist definitiv noch Luft nach oben", sagte Schäffer vor kleinem Kreis in der Aula des Gymnasiums und meinte damit den Umgang mit der Vergangenheit. Zwar habe die Vereinsführung ihm als Mitarbeiter des Kreismuseums Wewelsburg das umfangreiche Archiv und Ansprechpartner zur Verfügung gestellt, ein offensiver Umgang mit der Vergangenheit fehle aber.
Linksrum um die Alster
Als besonders positives Beispiel nannte er in diesem Zusammenhang das Engagement des FC St. Pauli. Der Verein organisiere zum Beispiel schon seit Jahren den Lauf "Linksrum um die Alster". Andere Vereine etwa benannten in Stadionnähe Straßen nach jüdischen Vereinsfunktionären.
Vereinsführer
Dabei lässt sich die Geschichte des DSC in der Zeit kurz vor und während des Nationalsozialismus auf Grund des damaligen Vereinsführers Karl Demberg besonders gut darstellen. Demberg, ein 1905 in Bielefeld geborener Rechtsanwalt, spielte zunächst aktiv Fußball und wurde 1934 zum Vereinsführer ernannt. Eine Position, die unter den Nationalsozialisten explizit eingeführt wurde, um den Führerkult auch im Sport zu verankern. Demberg konnte in seinem Bereich den gesamten Vorstand ernennen und drängte in der Folgezeit vor allem Juden aus dem Verein. Darunter auch das frühere Vorstandsmitglied Fritz Grünewald, der später im Warschauer Ghetto ermordet wurde.
Rolle bleibt unerwähnt
Parallel dazu begann Dembergs Aufstieg in der SS. Ausgebildet in der "Totenkopf-Division" war er ab 1943 als SS- und Polizeirichter tätig. Seine Tätigkeit: Die Verurteilung anderer SS-Mitglieder bei vergleichsweise kleinen Vergehen wie etwa Unterschlagung.
Trotz seiner dokumentierten Vergangenheit wird Demberg nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft mit offenen Armen in Bielefeld empfangen. Auch vom DSC. Seine Rolle im Nationalsozialismus bleibt lange Zeit unerwähnt.
Identitätsstiftend
"Selbst in der Vereinschronik, die 1985 erschien, findet sich kein Hinweis auf das Wirken von Karl Demberg. Dabei war er alles andere als ein Mitläufer", stellt Schäffer fest. Erst heute sei dem Verein bewusst, dass die Aufarbeitung der eigenen Geschichte ein wichtiger Teil der Identitätsbildung ist.
Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Volkshochschule, dem Förderverein Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) und dem Fan-Projekt Bielefeld statt. Ein weiterer Vortrag "Ausgrenzung jüdischer Sportler und Sportlerinnen in den 1930 / 40-er Jahren" musste auf Grund der Erkrankung des Referenten ausfallen.
Weiterführende Informationen zum Thema "Fußball im Nationalsozialismus" und zu den bisherigen Recherche-Ergebnissen örtlicher Vereine bietet die gleichnamige Dauerausstellung im Kreismuseum Wewelsburg.
www.wewelsburg.de
Bildunterschrift: Heute versucht der Fußballverein DSC Arminia Bielefeld, auch die Geschichte des Vereins während der NS-Zeit zu beleuchten. Das Fanprojekt hat diese Bilder zur Verfügung gestellt, im Bild oben links ist Vereinsführers Karl Demberg abgebildet.
Bildunterschrift: Friedhelm Schäffer (links) präsentierte am Dienstag erste Ergebnisse aus seiner Recherche zur NS-Vergangenheit des DSC Arminia Bielefeld. Der Vortrag fand statt in Kooperation der Volkshochschule (stellvertretende Leiterin Annegret Weber) und der Gedenkstätte Stalag 326 (Geschäftsführer Oliver Nickel).
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Neue Westfälische - Tageblatt für Schloß Holte-Stukenbrock, 28.09.2019:
Arminia Bielefeld während der Zeit des Nationalsozialismus
Schloß Holte-Stukenbrock (big). Zwei Vorträge zum Thema Sportvereine zur Zeit des Nationalsozialismus und Ausgrenzung jüdischer Sportler bietet die Volkshochschule während einer Veranstaltung am Dienstag, 8. Oktober, in der Aula am Gymnasium an. In einem Vortrag geht es insbesondere um die Historie von des DSC Arminia Bielefeld. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Förderverein Gedenkstätte Stalag 326 und dem Fan-Projekt Bielefeld statt.
Um 19 Uhr beginnt ein Vortrag, in dem Professor Lorenz Pfeiffer einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Vorgaben deutscher Turn- und Sportvereine und ihrer Verbände bezüglich der Diskriminierung und Ausgrenzung der jüdischen Sportler und Sportlerinnen in den 1930er und 40er Jahren gibt. Nach der Einführung des so genannten "Arierparagraphen".
Im zweiten Vortrag, 20 bis 21 Uhr, erhalten die Teilnehmer Informationen zum DSC Arminia Bielefeld aus der Zeit von 1933 bis 1945. Das Aufarbeiten und Reflektieren der NS-Vergangenheit in Sportvereinen wurde lange Zeit vernachlässigt, das hat sich mittlerweile geändert. Über den DSC Arminia Bielefeld lässt sich insbesondere wegen des ehemaligen Vereinsführers Karl Demberg Einiges aus der Geschichte des Vereins in der Zeit von 1933 bis 1945 darstellen. Weiterhin wird der Umgang mit ausgeschlossenen jüdischen Vereinsmitgliedern und die Reflexion der Vereinsgeschichte während der Nachkriegszeit und in der Gegenwart beleuchtet.
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Am 8. Oktober 2019 referierte der Historiker Friedhelm Schäffer zum Thema "Vergessen, vergessen - der Lederball rollte weiter. Der DSC Arminia während der Zeit des Nationalismus" in Schloß Holte-Stukenbrock.
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www.vhs-vhs.de
www.fanprojektbielefeld.de
www.stalag326.de
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