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3 Veranstaltungen - Nachrichten , 13.11.2018 :

Tages-Chronologie von Dienstag, 13. November 2018

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Veranstaltungskalender:



- Dienstag, 13. November 2018 von 10.00 bis 18.00 Uhr -


Ausstellung: "Waarom schrijf je me niet" - "Warum schreibst du mir nicht"


- Wanderausstellung basierend auf Post aus Lagern des Nationalsozialismus


Veranstaltungsort:

Ravensberger Spinnerei / Volkshochschule
Ravensberger Park 1
Kleiner Saal
33607 Bielefeld

www.vhs-bielefeld.de


Ausstellungsdauer: 5. November 2018 bis zum 20. Januar 2019; täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr, zu den Veranstaltungsterminen und nach Vereinbarung. Ausstellungsführungen auch für Schulklassen nach Vereinbarung. Kontakt über die Volkshochschule Bielefeld, Gerd Kurbjuhn (0521) 513490 oder r.kula@t-online.de.


Die niederländisch-deutsche Wanderausstellung "Waarom schrijf je me niet" / "Warum schreibst du mir nicht" handelt vom Leben von fünf Menschen vor und während des Zweiten Weltkriegs: Wanda Verduin, Jules Schelvis, Nico Peeters, Wolfgang Maas und Thea Windmüller - eine jüdische Jugendliche, ein jüdischer junger Mann, ein Widerstandskämpfer, ein Flüchtling aus Deutschland und seine Freundin.

Wir folgen ihnen durch Deutschland, die Niederlande, die Lager und Ghettos in Polen bis zu ihrem Tod oder der Befreiung. Die Ausstellung verdeutlicht, wie ihnen ihre Privatsphäre und ihre Identität genommen wurde, dass sie keine Ahnung hatten, was sie erwarten würde und keine Chance hatten, ihrem Schicksal zu entkommen.

Die Lebensgeschichten der Hauptpersonen werden in kurzen Filmen durch vier Erzähler aufgezeigt. Sie gehen dabei auch darauf ein, welche Bedeutung die Geschichten für uns heute haben. Am Ende der Ausstellung steht die Beantwortung aktueller Fragen über Freiheit, Kommunikation, Meinungsfreiheit, Privatsphäre damals und Privatsphäre heute im Internet, Widerstand, Flüchtlinge. Das sind keine einfachen Fragen, und es gibt keine vorgefertigten Antworten.

Das deutsch-niederländische Konzept zu dieser Ausstellung wurde von der Lotty Veffer Foundation in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Untertauchermuseum Markt 12 in Aalten und dem Zentrum für Niederlande-Studien in Münster realisiert und durch Unterstützung von Interreg, der Provinz Gelderland, dem vfonds und der Mondriaan-Stiftung ermöglicht.

- Weitere Informationen unter: www.pudv.nl/?lang=de


Sie riskieren ihr Leben für mich

Einer der Erzähler ist der deutsche Schauspieler Rauand Taleb. Als fünfjähriger Junge flüchtete er mit seiner Familie nach Deutschland. Er erzählt über den jungen Wolfgang Maas, einem jüdischen Jungen, der als 16-Jähriger 1936 von Gelsenkirchen aus in die Niederlande flüchtet, und zwar nach Winterswijk, direkt hinter der Grenze. Einige Jahre später verliebt er sich in ein jüdisches Mädchen, Thea Windmüller. Was als eine schöne, romantische Geschichte beginnt, endet schrecklich. Gemeinsam erleben sie die Verfolgung der Jüdinnen und Juden in den Niederlanden, die sie letztendlich zwingt, unter zu tauchen.

Thea schreibt 1943 in ihrem Tagebuch über die Widerstandsbewegung: "Wie gut sind diese Menschen, bei denen ich jetzt bin! Sie riskieren ihr Leben für mich. Welche Strafe erwartet die Menschen, die uns beherbergen? Die Todesstrafe? Die Kugel?"

Wir können uns kaum vorstellen, was zwischen 1933 und 1945 geschehen ist, wie so etwas geschehen konnte. Hätten wir unser eigenes Leben und das unserer Nächsten in die Waagschale geworfen? Was die Ausstellung erreichen möchte, ist, dass wir auf jeden Fall über die Entscheidungen nachdenken, die wir jetzt treffen, wenn es um Freiheit, Demokratie und Mitmenschlichkeit geht.


Veranstalterinnen:

Fritz Bornemeyer und Raphaela Kula in Kooperation mit der Volkshochschule Bielefeld, Arbeit und Leben Bielefeld e.V. - DGB / VHS, Atelier-Ostbahnhof, Buchladen Eulenspiegel, Buchladen Die Kronenklauer, Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V. - Arbeitsgemeinschaft Bielefeld, DGB-Arbeitskreis "Zwangsarbeit in Bielefeld", "Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V." - Sektion Bielefeld, Digitalcourage e.V., Künstlerinnenforum Bielefeld-OWL e.V., Verein für Zeitgeschichte und regionale Erinnerungskultur e.V., Offkino Bielefeld, Projektgruppe Ravensbrück.


Dank für die Unterstützung an:

Deutsches Jugendherbergs-Werk - Landesverband Westfalen-Lippe e.V., Internationales Autonomes Feministische Referat für Frauen Lesben Transgender an der Universität Bielefeld, Gruppe "Lebenslaute", Trio Fain.


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- Dienstag, 13. November 2018 um 18.00 Uhr -


Vortrag von Thorsten Mense: "Volksgemeinschaft der Unfreien und Ungleichen" - Zur Kritik des Nationalismus


Veranstaltungsort:

Fachhochschule Bielefeld
Interaktion 1
Hörsaal B2
33619 Bielefeld

www.fh-bielefeld.de


Rechtspopulistische und neofaschistische Parteien feiern enorme Wahlerfolge, Großbritannien will die Europäische Union verlassen, Katalonien will endlich auch als Nation anerkannt werden und überall in Europa werden wieder Grenzzäune und Mauern hochgezogen. Der Nationalismus ist zurück, heißt es allerorts. Aber war er je weg? Was ist Nationalismus überhaupt? Und was bringt die Menschen im globalisierten 21. Jahrhundert dazu, für ihre Nation zu arbeiten, zu sterben, und vor allem für sie zu töten?

In dem Vortrag wird Nationalismus als Ideologie in Zusammenhang mit Demokratie, Herrschaft und der kapitalistischen Moderne gesetzt. Es werden die ideologischen Funktionen von Nationalismus und nationaler Identität als Erklärungs- und Rechtfertigungsmuster moderner gesellschaftlicher Verhältnisse aufgezeigt, um ihrer anhaltenden Wirkmächtigkeit auf die Spur zu kommen - und die Frage nach Gegenstrategien stellen zu können.


Thorsten Mense ist Soziologe, freier Autor und Journalist. Er schreibt unter anderem für die Wochenzeitung Jungle World sowie das Monatsmagazin Konkret. 2016 erschien von ihm das Buch Kritik des Nationalismus (Schmetterling-Verlag). Er ist Mitglied des Forums für kritische Rechtsextremismus-Forschung (FKR) in Leipzig.


Eine Veranstaltung des Antifa-Referats an der Fachhochschule Bielefeld im Rahmen von "linker Semesterstart" an der Universität und Fachhochschule Bielefeld vom 17. Oktober bis zum 16. November 2018 - das Programmheft:

www.lilabi.net/wp-content/uploads/2017/10/Semesterstart_WS17_DinL_Ansicht-1.pdf


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- Dienstag, 13. November 2018 um 19.00 Uhr -


Vortrag von Peter Ullrich: Antisemitismus-Debatten in der deutschen Linken


Veranstaltungsort:

Fla Fla
Diebrocker Straße 2
32051 Herford

www.facebook.com/FlaFlaHerford


Kaum eine andere Auseinandersetzung hat in der deutschen Linken in den vergangenen Jahren so polarisiert wie die Debatte um Antisemitismus und den "Nahost-Konflikt". Welche Positionen treffen dabei aufeinander - und weshalb scheinen sie ausgerechnet bei diesem Thema so unversöhnlich zu sein? Welches Verständnis von Antisemitismus liegt den jeweiligen Positionen zugrunde?

Peter Ullrich beleuchtet neue Perspektiven: Einerseits haben Lernprozesse der vergangenen Jahrzehnte dazu geführt, dass die linke Nahost- und Antisemitismus-Debatte in Deutschland heute komplexer ist denn je. Andererseits bleiben doch die Gefahren für eine universalistische linke Position erkennbar. Immer wieder droht der Umschlag ins Partikulare, sei es in Form von Antisemitismus, Rassismus, Islam-Feindlichkeit oder extremer Überidentifikation mit Konfliktakteuren.

Aus wissenssoziologischer und diskursanalytischer Perspektive untersucht der Autor verschiedene Aspekte linker Antisemitismus- und Nahost-Debatten in Deutschland.


Dr. phil. Dr. rer. med. Peter Ullrich ist Soziologe und Kulturwissenschaftler. Er ist am ZTG Ko-Leiter des Bereichs "Soziale Bewegungen, Technik, Konflikte". Außerdem ist er Fellow am Zentrum für Antisemitismus-Forschung der TU Berlin und im Institut für Protest- und Bewegungsforschung (ipb).


Veranstaltet von: "Antifa Tresens Herford": www.facebook.com/Antifa-Tresen-Herford-686615214811644/

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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Dienstag, 13. November 2018


Am 9. November 2018 fand in Altenbeken (bei der Gedenktafel) am ehemaligen Wohnhaus der jüdischen Familie Ikenberg, die am 10. Dezember 1941 aus Altenbeken deportiert wurde, eine Gedenkstunde statt.

Am 10. November 2018 erinnerte der Heimatverein Büren e.V., vor dem Mahnmal in der Detmarstraße, an die Zerstörung der Synagoge sowie die Gewalt gegen Bürener Jüdinnen und Juden am 9. November 1938.

Für den 13. November 2018 war ein "Klön-Nachmittag" des extrem rechten "Ortsverband Espelkamp" - im revanchistischen "Bund der Vertriebenen" ("BdV") - im Restaurant "Schneiders Am Brunnen" angekündigt.

Am 10. November 2018 fand in Bielefeld eine Neonazi-Demonstration - mit dem Motto "Freiheit für Ursula Haverbeck" - zum 90. Geburtstag der inhaftierten Shoa-Leugnerin mit nur etwa 301 Teilnehmenden statt.

Am 10. November 2018 nahmen Anna-Maria und Gerd Ulrich, "Einheitsführer" der "Einheit Hermannsland", der 2009 verbotenen "HDJ", an der Bielefelder Neonazi-Demonstration "Freiheit für Ursula Haverbeck" teil.

Am 21. Oktober 2018 verteilte der völkische Erzieher Gerd Ulrich der 2009 verbotenen "HDJ" aus Detmold, am Rande des Bauernmarkt 2018 in Bad Meinberg, ein: "Faltblatt gegen Gender und Frühsexualisierung".

Am 1. September 2018 nahmen Mitglieder der ehemaligen "Einheit Hermannsland" der verbotenen "HDJ", um "Einheitsführer" Gerd Ulrich aus Detmold, am "Trauermarsch" von "AfD" und "Pegida" in Chemnitz teil.

Am 1. September 2018 waren, aus OWL, Thomas Röckemann, Burkhard Brauns, Meinolf Otto Elbing, Gerd und Gerlinde Ulrich, Andreas und Erik Hanusek beim "Trauermarsch" von "AfD" und "Pegida" in Chemnitz.

Am 10. Mai 2018 nahmen Mitglieder der (ehemaligen) "Einheit Hermannsland" der verbotenen "HDJ", um "Einheitsführer" Gerd Ulrich, an der Bielefelder Neonazi-Demonstration "Freiheit für Ursula Haverbeck" teil.

Am 10. Mai 2018 demonstrierten, im Bielefelder Ortsteil Quelle, 450 Neonazis gegen die Inhaftierung der rechtskräftig verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel ("Freiheit für Ursula Haverbeck!").

Am 5. Juli 2018 beauftragte der Rat der Stadt Petershagen die beiden Historiker Thomas Lange sowie Dr. Karsten Wilke - mit einer Faktenermittlung zu einer historischen Einordnung der "Ahnenstätte Seelenfeld".

Am 28. Juni 2018 beauftragte die Stadt Petershagen, Haupt- und Finanzausschuss, die Historiker Thomas Lange, Dr. Karsten Wilke mit der Faktenfindung zur historischen Einordnung der "Ahnenstätte Seelenfeld".

Am 28. Juni 2018 beauftragte die Stadt Petershagen (Ausschuss für Kultur und Heimatpflege) Dr. Karsten Wilke, sowie Thomas Lange (Historiker) mit der geschichtlichen Einordnung der "Ahnenstätte Seelenfeld".

Am 27. Juni 2018 sprach Joachim Wolschke Bulmahn in Petershagen zu "Ahnenstätten - Anmerkungen zu einer besonderen Art von Friedhöfen im norddeutschen Raum" (Veranstaltungsreihe zu: "Ahnenstätten").

Am 19. Juni 2018 publizierte der Bürgermeister der Stadt Petershagen die Sitzungsvorlage für den Haupt- und Finanzausschuss, Ausschuss für Kultur und Heimatpflege sowie den Rat zur "Ahnenstätte Seelenfeld".

Am 22. März 2018 beschloss der Rat der Weserstadt Petershagen einen Historiker, unter anderem für die "Hintergründe zur geschichtlichen Einordnung" der (völkischen) "Ahnenstätte Seelenfeld", zu beauftragen.

Am 15. März 2018 beschloss der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Petershagen, einen Historiker, für "Hintergründe zur geschichtlichen Einordnung" der (völkischen) "Ahnenstätte Seelenfeld", zu beauftragen.

Am 6. März 2018 beschloss der Ausschuss für Kultur und Heimatpflege Petershagen - einen Historiker, für "Hintergründe zur geschichtlichen Einordnung" der (völkischen) "Ahnenstätte Seelenfeld", zu beauftragen.

Am 6. März 2018 bestritt der Ortsheimatpfleger Seelenfeld bei der - "Ahnenstätte Seelenfeld" - völkisches Agieren, sprach von "unkultivierter Berichterstattung", und: Wolfram Schiedewitz sei "Landschaftsgärtner".

Am 7. Februar 2018 beantwortete das NRW-Ministerium des Innern eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Christina Kampmann (SPD), über die Aktivitäten der völkischen "Ahnenstätte Seelenfeld", in Petershagen.

Am 9. Januar 2018 stellte die Bielefelder Abgeordnete Christina Kampmann (SPD), im Landtag Nordrhein-Westfalen eine Kleine Anfrage zu den Aktivitäten der völkischen "Ahnenstätte Seelenfeld" in Petershagen.

Am 27. September 2017 redete Julian Feldmann (in Petershagen) über die "Ahnenstätte" in Petershagen-Seelenfeld sowie über den völkischen "Bund für Gotterkenntnis" und den Verein "Ahnenstätte Seelenfeld".

Am 11. Juni 2017 fand in der - "Ahnenstätte Seelenfeld" - eine Zusammenkunft des Vereins "Ahnenstätte Seelenfeld" mit mehr als 80 Personen - dabei Wolfram Schiedewitz vom "Verein Gedächtnisstätte" - statt.

Am 15. November 2018 findet in Bad Oeynhausen eine Lesung und Diskussion, mit Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, Nebenkläger im NSU-Verfahren, zum Thema "Empörung reicht nicht! Der NSU-Prozess", statt.

Am 13. November 2018 publizierte die Redakteurin Svenja Ludwig in der "Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung" über die Strukturen, wie auch Vernetzungen, extrem rechter Gruppierungen im Kreis Höxter.

Am 14. November 2018 findet im Stadtmuseum Paderborn im Rahmen der Veranstaltungsreihe "80 Jahre Pogromnacht - Gemeinsam gegen Antisemitismus" eine Diskussionsrunde zu Antisemitismus heute statt.

Am 12. November 2018 führte der (extrem) völkisch-nationalistische "AfD"-"Kreisverband Paderborn" eine Kundgebung in Paderborn ("Meinungsfreiheit statt Gesinnungsdiktatur") mit nur 68 Teilnehmenden durch.

Am 12. November 2018 teilte die Staatsanwaltschaft Paderborn, auf Anfrage mit, dass gegen das Theater Paderborn kein Ermittlungsverfahren, nach einer Anzeige der "AfD" vom 6. August 2018 eingeleitet werde.

Am 6. August 2018 erstattete der völkisch-nationalistische "AfD"-"Kreisverband Paderborn" Anzeige gegen das Theater Paderborn bei der Staatsanwaltschaft Paderborn wegen "Verleumdung und Volksverhetzung".

Am 16. November 2018 berichtet Martin Kolek in Borchen von seinem Einsatz auf der Sea-Watch, über die Situation von Seenot-Helferinnen und Helfern, von Geflüchteten sowie Geretteten - auf See und auf Land.


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Artikel-Einträge in der Datenbank:


Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:
Mangelnde Beteiligung sorgt für Kritik

Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:
Ergreifende Gedenkfeier für Synagoge

Radio Bielefeld, 13.11.2018:
Polizei hat 14 Demo-Strafanzeigen gestellt

Polizeipräsidium Bielefeld, 13.11.2018:
Nachtrag zu: Demonstrationen in Bielefeld - Ergänzende Informationen zu Strafanzeigen

Blick nach Rechts, 13.11.2018:
"Ikone" der Bewegung

Endstation Rechts, 13.11.2018:
Holocaust-Leugner und Antisemiten fordern Freilassung von Ursula Haverbeck

Hertz 87.9 - Campusradio für Bielefeld, 13.11.2018:
Kommentar: Neonazi-Demo am Samstag

Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:
Leserbriefe an bielefeld@nw.de / Nazi-Demo

Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:
Kommentar / Streit um Polizei-Strategie

Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:
Hochzeitsständchen vom Wasserwerfer

Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:
Wenn die Nazis zurückkehren

Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:
Pro und Contra zum Polizeieinsatz bei der Demo

Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:
Polizei wertet mögliche Straftaten aus

Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 13.11.2018:
"Bestürzt über das Verhalten der Polizei"

Mindener Tageblatt, 13.11.2018:
Stadt sucht Quellen zur Ahnenstätte

Mindener Tageblatt, 13.11.2018:
Anwalt der Opfer

Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung, 13.11.2018:
Nazis stark in der Subkultur

Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung, 13.11.2018:
Lokales: Szene-Kenner beobachten rechtsradikale Strukturen im Kreis

Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:
Diskussion über Antisemitismus

Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:
AfD in der Minderheit

Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:
Heute im Lokalteil / Friedliche Demo für Toleranz

Westfalen-Blatt, 13.11.2018:
Ruhige Demo in Paderborn

Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:
Paderborner pfeifen auf die AfD

Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:
600 demonstrieren gegen die AfD

Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:
Heft bleibt ohne Folgen

Westfalen-Blatt, 13.11.2018:
Keine Ermittlungen nach AfD-Anzeige

Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:
AfD scheitert mit Klage gegen das Theater

Neue Westfälische, 13.11.2018:
AfD scheitert mit Klage gegen Theater

Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:
"Katastrophe Mittelmeer"

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:

Mangelnde Beteiligung sorgt für Kritik

Gedenkfeier in Altenbeken zur Pogromnacht löst Vorwürfe aus

Altenbeken (bel). Kritische Töne gab es zur Gedenkfeier anlässlich des 80. Jahrestages der Pogromnacht in Altenbeken. Die öffentlich geäußerten Vorwürfe entzündeten sich an der mangelnden Beteiligung.

An der Gedenkstunde im Ortskern bei der Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus der Familie Ikenberg am Freitag ab 20 Uhr nahmen etwa 20 Bürger, einige Parteivertreter und die evangelische Pfarrerin Katrin Elhaus teil. Gedichte der Schriftstellerin Selma Meerbaum-Eisinger wurden verlesen. Musikalisch begleiteten besinnlich Uli Winsel und Lasse Lohberg. Verlesen wurden zur Erinnerung die Namen der 14 Ermordeten, zur Erinnerung wurde für jedes Opfer eine weiße Rose niedergelegt. Seitens einiger Teilnehmer wurde anschließend öffentlich bemängelt, dass bei der Gedenkveranstaltung leider Vertreter der katholischen Kirchen und der Gemeinde selbst gefehlt hätten. In Altenbeken waren in der Nacht von Sonntag auf Montag, 13. / 14. November 1938, die Scheiben des Wohnhauses der Familie Ikenberg eingeschlagen worden. Um an das Schicksal der jüdischen Mitbürger zu erinnern, wurde auf Antrag von Ortsheimatpfleger Rudolf Koch dieser Gedenkstein aufgestellt, zudem erinnern elf Stolpersteine an Deportation und Ermordung der Altenbekener Mitbürger jüdischen Glaubens. Initiiert worden war die Gedenkfeier von Mitgliedern der örtlichen Grünen unter Federführung von Ursula Kaibel und Dietlinde Stach. Eingeladen wurde allerdings nicht öffentlich oder formell. Nur auf der Homepage der Grünen gab es einen entsprechenden Terminhinweis. "Deshalb wussten wir auch nichts davon", weist für die Gemeinde Altenbekens Bürgermeister Hans Jürgen Wessels die Kritik an einer Nichtteilnahme zurück. Gedenkfeiern an die Pogromnacht finden zudem nicht regelmäßig statt, sondern eher zu besonderen Anlässen. So beispielsweise auch mit einer Ausstellung, als vor Jahren der Nachkomme eines KZ-Opfers den Heimatort seiner Eltern besucht habe. Er verweist zudem darauf, dass natürlich auch in diesem Jahr die Gemeinde eine Gedenkschale mit Blumen und Schleifen an der Gedenkstätte niedergelegt habe. Mit dem Abschied von HoT-Leiter Wolfgang Dehlinger und der Auflösung der Hauptschule seien aber auch zwei wichtige Träger von solchen Gedenkveranstaltungen in der Gemeinde nicht mehr präsent, bedauert Wessels.

Kommentar

"Stell dir vor, es gibt eine Gedenkstunde und keiner weiß davon." Dass dann nur wenige hingehen, kann man den unwissenden Nichtteilnehmern nicht zum Vorwurf machen. Daraus dann sogar moralische Bewertungen in der Öffentlichkeit abzuleiten, sollte angesichts von zunehmenden, oftmals auch ehrverletzenden Äußerungen in Medien oder inzwischen auch Parlamenten auf allen Ebenen unterbleiben.

In Paderborn wie auch an manch anderen Orten im Kreis gab es am Freitagabend eine würdige und nachdenklich stimmende Gedenkveranstaltung mit weit über 200 Bürgern. Die mögliche Frage "Warum war Der oder Die denn nicht da?" ist nicht aufgeworfen worden. Sie würde auch nicht der Würde einer solchen Gedenkfeier entsprechen.

Bernhard Liedmann

Bildunterschrift: Auch in Altenbeken gedachte man am Freitagabend der Pogromnacht vor 80 Jahren.

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Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:

Ergreifende Gedenkfeier für Synagoge

Heimatverein und Kirchengemeinden: In Büren wird an die Gewalt gegen Juden erinnert / Stadtführerin und Pennäler führen zurück zu den Ereignissen 1938

Von Herbert Simon

Büren. Rund 150 Menschen haben nach vielen Jahren die erste große Gedenkfeier des Heimatvereins Büren und der Katholischen Kirchengemeinde zur Erinnerung an die Zerstörung der Synagoge und die Gewalt gegen Bürener Juden am 9. November 1938 - vor 80 Jahren - begleitet. Etliche Mitwirkende riefen die Ereignisse in der so genannten Reichspogromnacht wach. Der Heimatvereinsvorsitzende Reinhold von Rüden freute sich über die hohe Zahl der Teilnehmer.

Am Mahnmal für das zerstörte jüdische Gotteshaus (Boedts Parkplatz) machte der Heimatverein mit einer Lichtabbildung auf der großen weißen Wand des Nachbarhauses die Synagoge wieder bildlich sichtbar. Hier wurden auch die Namen der 1938 noch lebenden, verhafteten und ins Konzentrationslager Buchenwald transportierten jüdischen Mitbürger ablesbar. Das 1988 auf Initiative des Hauptschullehrers Bernhard Wolff (anwesend) eingeweihte Bronzewerk auf Sandstein war in warmes Licht getaucht.

"Es waren keine Fremden, sondern Bürener"

"Unmenschlichkeit beginnt mit Worten", sagte Bürens Bürgermeister Burkhard Schwuchow zu der 1938 "staatlich organisierten Verfolgung" - und weiter mit Blick auf die Opfer: "Es waren keine Fremden, sondern Bürener, die ihren festen Platz in der Gesellschaft Bürens hatten. Die Familien Goldschmidt, Silberberg und Levy zählten neben anderen dazu."

Es hätte aber auch Bürener gegeben, "die den betroffenen Familien mutig Herberge und Hilfe anboten". Und mit Blick auf heute: Gruppierung wie die AfD würden mit Tabubrüchen dazu beitragen, "dass offen zur Schau getragene Fremdenfeindlichkeit wieder salonfähig wird". Dagegen würden sich der Heimatverein und alle Anwesenden wehren. Stadtführerin Agnes Ising machte mit einer eindringlichen Lesung aus dem Buch "Juden in Büren" von Hans Liedtke (2002 verstorben) und Heinrich Sprenger (Bonn) das damalige Geschehen wieder lebendig. Carolin Köhler und Tobias Rüther, Pennäler des Mauritiusgymnasiums, versetzten sich mit ihren Textbeiträgen in Bürener jüdische und nicht jüdische Jugendliche der damaligen Zeit.

Kirchenmusiker Stephan Wenzel und der Chor von St. Nikolaus begleiteten die Gedenkfeier musikalisch. Am Ende der Gedenkfeier entzündeten Teilnehmer Grablichter und stellten sie vor das Mahnmal.

Der Heimatverein trägt sich mit dem Gedanken, zukünftig in jedem Jahr an die Gewalttaten gegen jüdische Bürger der Stadt zu erinnern.

Bildunterschrift: Am Mahnmal das Geschehen von 1938 wachgerufen: Der Bürener Bürgermeister Burkhard Schwuchow hält eine der Reden zur Erinnerung an die Pogrome in der Stadt. Über der Sandsteinwand sind in einer Lichtinstallation auf dem Nachbarhaus Namen jüdischer Bürger zu lesen. Hinten (v. l.) Pfarrerin Almuth Reihs-Vetter, Vikar Tobias Schulte und der Heimatvereinsvorsitzende Reinhold von Rüden.

Bildunterschrift: Unter den Gedenkenden: Der frühere Ortsheimatpfleger Bernhard Wolff (im Rollstuhl) hatte das Mahnmal im Jahr 1983 beantragt - fünf Jahre später gelang die Einweihung.

Bildunterschrift: Grablichter für die Ermordeten: Auch Carolin Köhler und Tobias Rüther, die sich mit ihren Texten in Jugendliche von 1938 hineinversetzen, tragen zum Gedenken bei.

Mehr Fotos: www.nw.de/bueren

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Radio Bielefeld, 13.11.2018:

Polizei hat 14 Demo-Strafanzeigen gestellt

Nach dem großen Demo-Samstag hat die Bielefelder Polizei bislang 14 Strafanzeigen gestellt. Zwei Rechtsradikale hatten den Hitlergruß gezeigt, vier weitere Teilnehmer der Rechten gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. Von den Gegendemonstranten haben drei Personen Polizisten beleidigt. Zwei haben bei einer Sitzblockade einen Beamten leicht verletzt. Zwei weitere Anzeigen gab es wegen Körperverletzung, eine wegen Sachbeschädigung.

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Polizeipräsidium Bielefeld, 13.11.2018:

Nachtrag zu: Demonstrationen in Bielefeld - Ergänzende Informationen zu Strafanzeigen

13.11.2018 - 13.15 Uhr

Bielefeld (ots) - MK / Bielefeld - Mitte. Nach dem derzeitigen Stand nahmen Polizeibeamte am Samstag, 10.11.2018, rund um die elf Demonstrationen Strafanzeigen gegen vierzehn Personen auf.

Zwei Personen erhielten Strafanzeigen wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen - sie waren Teilnehmer des Aufzugs der Partei "Die Rechte NRW" - und hatten den Hitlergruß gezeigt. Einer dieser angezeigten Männer muss sich zudem wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln verantworten. Vier weitere Teilnehmer dieser Versammlung hatten gegen das Versammlungsgesetz verstoßen, weil sie Schutzbewaffnung, wie Sturmhauben und Mundschutz, bei sich trugen. Zusätzlich hatte eine dieser vier Personen auch noch einen so genannten "Polenböller" dabei und erhielt zudem eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Aus dem Teilnehmerkreis der Demonstrationen gegen den Aufzug der Partei "Die Rechte NRW" haben drei Personen Polizeibeamte beleidigt. Bei einer Sitzblockade haben zwei Demonstrationsteilnehmer einen Polizeibeamten leicht verletzt - dazu wurden Anzeigen wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte aufgenommen. Zwei weitere Anzeigen wegen zwei Körperverletzungen erhielten Personen der Gegenversammlungen. Davon hatte ein Teilnehmer zudem gegen das Versammlungsgesetz und das Waffengesetz verstoßen, weil er einen Polenböller geworfen hatte. Eine Farbschmiererei eines Teilnehmers zog eine Anzeige wegen Sachbeschädigung nach sich.

Zehn Versammlungsteilnehmer wurden von der Polizei in Gewahrsam genommen - davon neun aus den Gegenversammlungen und eine Person des Aufzugs der Partei "Die Rechte NRW".

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Blick nach Rechts, 13.11.2018:

"Ikone" der Bewegung

Von Julian Feldmann

Rund 400 Rechtsextremisten sind am Samstag anlässlich des 90. Geburtstags der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel durch Bielefeld marschiert. Spektrenübergreifend engagiert sich die rechte Szene für die derzeit inhaftierte Geschichtsrevisionistin.

Von aktivistischer Neonazi-Szene bis hin zu völkischen Aktivisten - die Solidarität mit der mehrfach verurteilten Rechtsextremistin Ursula Haverbeck scheint zu einen. Seitdem Haverbeck-Wetzel im Mai eine Haftstrafe in einer Bielefelder Justizvollzugsanstalt antreten musste, wird in der rechtsextremen Szene um Solidarität mit der 1928 geborenen unverbesserlichen Auschwitz-Leugnerin geworben.

Grußbotschaft aus dem Gefängnis

Die Organisation der Demo war fest in der Hand von Neonazis aus Nordrhein-Westfalen, die in der Partei "Die Rechte" organisiert sind. Der Landesverband hatte die Demonstration zwei Tage nach Haverbeck-Wetzels 90. Geburtstag auch angemeldet. Matthias Brück und Sascha Krolzig, beide aus Dortmund, traten vor Ort als Organisatoren auf. Der Haverbeck-Vertraute Markus Walter, der nicht nur "Die Rechte" im Rhein-Erft-Kreis vertritt, sondern auch den Kreisverband im niedersächsischen Verden anführt, verlas eine Grußbotschaft von Haverbeck-Wetzel aus dem Gefängnis.

Als Redner traten der als "Volkslehrer" bekannte Rechtsextremist Nikolai N. aus Berlin sowie der Düsseldorfer Neonazi-Kader Sven Skoda auf. Die antisemitische Mär vom Mord an Jesus durch die Juden verbreitete Christian Bärthel in seiner Rede. Der Rechtsextremist und "Evangelist" aus Ronneburg in Thüringen gilt als gut vernetzt in der Szene der deutschen Holocaust-Leugner. "Gott segne unser deutsches Vaterland", brüllte Bärthel bei der Zwischenkundgebung vor dem Justizzentrum. Offensichtlich um die Opfer des Holocaust zu verhöhnen, trug Thomas Wulff, ehemaliger Hamburger NPD-Landesvorsitzender und bekennender Nationalsozialist, unter seinem offenen Mantel ein T-Shirt mit der Aufschrift "Auschwitz - ich hätte da mal eine Frage" und einer Silhouette des Torgebäudes des KZs Auschwitz-Birkenau.

Eine der mutigsten Frauen

Auch langjährige Weggefährten Haverbeck-Wetzels kamen zu der Demonstration, wie etwa Arnold Höfs, der auch eine kurze Rede hielt. Höfs war schon an der Seite Haverbeck-Wetzels aktiv, als diese noch beim "Collegium Humanum" im ostwestfälischen Vlotho wirkte. Als 2008 nicht nur das "Collegium Humanum", sondern auch der Unterverein "Bauernhilfe" vom Bundesinnenministerium verboten wurde, rückte die Polizei auch bei Höfs an und beschlagnahmte Unterlagen und Vereinsvermögen.

Der knasterfahrene Volksverhetzer Hofs war nicht nur Schatzmeister der "Bauernhilfe", sondern stellte später der "Europäischen Aktion" auch ein Spendenkonto zur Verfügung. Als eine der mutigsten Frauen, die er je kennengelernt hat, bezeichnete Thorsten Heise die in Haft sitzende Volksverhetzerin. Sven Skoda nannte die 90-Jährige eine "Ikone" für die Bewegung.

Langjährige Neonazis mit dabei

Unter Parolen wie "Haverbeck freilassen" und "Nie wieder Israel" zogen die Rechtsextremisten durch die Bielefelder Innenstadt. Die "Nationalen Sozialisten Gütersloh" gaben sich mit ihrem Banner ebenso zu erkennen wie die NPD aus Osthessen. Dabei waren auch langjährige Neonazis wie Thorsten Schuster von der NPD Hamburg, Dieter Riefling aus Hildesheim, Benjamin Krüger von der inzwischen verbotenen Kameradschaft "Besseres Hannover" und Siegfried Borchardt ("SS-Siggi") aus Dortmund.

Selbst für Rechtsextremisten, die ansonsten in jüngster Zeit eher die Öffentlichkeit scheuen, scheint die Thematik so wichtig zu sein, dass sie jetzt auf die Straße gehen: So etwa Steffen Hupka aus Sachsen-Anhalt, der sich zuletzt in radikal-völkischen Kreisen bewegte. 2014 hielt der Verfassungsschutz anlässlich der Veröffentlichung von Hupkas Pamphlet "Neue Wege" fest: "Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte und der Darstellung fallen Parallelen zu Hitlers "Mein Kampf" auf. Hitler schrieb 1924 den ersten Teil von "Mein Kampf" während seiner Festungshaft in der Haftanstalt Landsberg im oberbayerischen Landsberg am Lech." Hupka hatte seine Schrift während eines Gefängnisaufenthaltes verfasst.

Lautstarker Protest gegen den Neonazi-Aufmarsch

Auch Gerd Ulrich, der ehemals zur "Einheit Hermannsland" der "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) gehörte, nahm an dem Aufmarsch teil. Ulrich war auch schon - neben anderen ehemaligen HDJ-Aktivisten - an den rechtsextremen Protesten in Chemnitz beteiligt. Von der NPD kamen nach Bielefeld auch Matthias Behrens aus dem niedersächsischen Heidekreis und Hans-Jochen Voß, der Vorsitzende des Kreisverbands Unna / Hamm.

Bis zu 10.000 Menschen beteiligten sich an zehn Gegendemonstrationen und begleiteten den Neonazi-Aufmarsch mit lautstarkem Protest. Zwei Sitzblockaden von rund 70 Nazi-Gegnern löste die Polizei schnell auf.

Bildunterschrift: Viele langjährige Vertreter der braunen Szene waren beim Aufmarsch (hinten im Bild) dabei.

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Endstation Rechts, 13.11.2018:

Holocaust-Leugner und Antisemiten fordern Freilassung von Ursula Haverbeck

Von Bastian Sylvester

Am Wochenende versammelten sich anlässlich des 90. Geburtstages der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck etwa 400 Neonazis - aufgerufen hatte dazu die Partei Die Rechte. Tausende Demonstranten hielten dagegen.

In der Bielefelder Innenstadt herrschte am Samstag Ausnahmezustand. Ganze Bereiche wurden für den Verkehr von den Morgenstunden an bis in den Abend hinein gesperrt, der ÖPNV wurde für diese Zeit komplett eingestellt, sogar die Oberleitungen der Stadtbahn wurden vom Stromnetz genommen.

Grund dafür war ein Aufmarsch von Neonazis, die den 90. Geburtstag der in der JVA Bielefeld-Brackwede inhaftierten Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck zum Anlass nahmen, um ihre Freilassung, sowie die Freilassung sämtlicher "politischer Gefangener" zu fordern. Zudem solle, wie oft auf derartigen Szene-Veranstaltungen, der Volksverhetzungs-Paragraph im Strafgesetzbuch abgeschafft werden. Die Polizei hatte den Anmeldern der Neonazi-Demonstration einen Marsch durch die Innenstadt zugestanden, vom Hauptbahnhof bis zum Landgericht, wo die Abschlusskundgebung mit Reden und Musik- und Gedicht-Beiträgen stattfand.

Über 6.000 stellen sich Neonazis in den Weg

Gleichzeitig fanden zehn Gegenveranstaltungen statt, an denen laut Aussage der Polizei etwa 6.000 Menschen teilnahmen. Das "Bielefelder Bündnis gegen Rechts" spricht hier sogar von 10.000 Personen. Schon früh fanden sich am Hauptbahnhof viele Gegendemonstrantinnen / Gegendemonstranten ein, um die Neonazis mit Pfeifkonzerten und Buhrufen zu empfangen.

Bei der Auftaktkundgebung sprach neben einem Vertreter des Kreisverbandes der Kleinstpartei Die Rechte auch der als "Der Volkslehrer" bekannte YouTube-Propagandist Nikolai Nerling. Planmäßig konnte sich anschließend der Tross in Bewegung setzen, begleitet von einem großen Polizeiaufgebot.

Die rechten Demonstrantinnen / Demonstranten liefen ihrer Route durch die Stadt, teilweise verbunden mit antisemitischen Parolen wie "Wer Deutschland liebt, ist Antisemit!" oder "Nie, nie, nie wieder Israel!". Ein älterer Teilnehmer skandierte Richtung Gegendemonstrantinnen / Gegendemonstranten: "Euch müssten wir erschießen!"

Reichsbürger und Holocaust-Leugner als Redner

Weitere Rednerinnen / Redner während des Aufmarsches waren NPD-Vize Thorsten Heise, die ehemalige RNF-Vorsitzende Edda Schmidt (beide NPD), Reichsbürger Christian Bärthel und der parteifreie Szene-Aktivist Sven Skoda. Der langjährige Haverbeck-Vertraute Markus Walter richtete ein persönliches Grußwort der Inhaftierten an die Neonazis. Zwischen den Redebeiträgen wurde rechtes Liedgut durch Axel Schlinger und Tobias Winter, bekannt als "Bienenmann", dargeboten. Als symbolischen Akt ließen die Rechtsextremen 88 weiße Luftballons mit der Aufschrift "Solidarität mit Ursula Haverbeck" in den Himmel aufsteigen. Anschließend wurden die rechten Demonstranten auf demselben Weg zurück zum Bahnhof geleitet. Gegen 19.00 Uhr war der Spuk wieder vorbei.

Die Polizei, die sich mit dem Verlauf der Veranstaltungen zufrieden zeigte, registrierte insgesamt 19 Straftaten. Das "Bielefelder Bündnis gegen Rechts" hingegen erhebt schwere Vorwürfe gegenüber der Polizei. So habe sich die Polizei wenig kooperativ gezeigt und gegen getroffene Vereinbarungen verstoßen. Darüber hinaus habe die Abschottungstaktik der Polizei gegenüber den Gegendemonstrantinnen / Gegendemonstranten dazu geführt, dass den Neonazis zu viel Raum gegeben wurde, um ihr Gedankengut zu verbreiten.

Bildunterschrift: Rund 400 Neonazis forderten die Freilassung der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck.

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Hertz 87.9 - Campusradio für Bielefeld, 13.11.2018:

Kommentar: Neonazi-Demo am Samstag

Auf 600 Neonazis antworten fast 10.000 Gegendemonstrierende. Die Antwort der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt auf eine Demo zur Solidarität mit der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck war beeindruckend. Lautstark und friedlich demonstrierte Bielefeld gegen Antisemitismus, Rassismus und für die Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt waren also auf der richtigen Seite. Und die Stadt selbst?

Die Bielefelder Polizei holte sich Hilfe aus dem gesamten Bundesgebiet. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen oder Sachsen. Die Einsatzkräfte kamen von überall her. In Einzelfällen entschieden sie fair. Doch ihre generelle Ausrichtung war katastrophal.

Es gab mehrere Wasserwerfer- und Räumungsfahrzeuge, Pferdestaffeln und fast militärisch ausgerüstete Einsatzkräfte. Alle auf die Gegendemonstration gerichtet.

Auf Anfrage von Hertz 87.9 sagt der Pressesprecher der Polizei, man sei generell nicht besorgt und rechne mit einem friedlichen Verlauf. Vorbereitung und Verhalten der Polizei sagen etwas anderes aus. Viele Menschen sprachen am Samstag davon, sich von Polizei eingeschüchtert und bedroht zu fühlen. Klar, sind das subjektive Eindrücke, doch diese massive Polizeipräsenz war für Bielefeld beispiellos. Beispiellos auch, was die Polizei tat, als sie tatsächlich gefordert wurde. Am Siekerwall hatten Anwohnende Lautsprecher im Fenster stehen, um gegen die Neonazi-Demo zu protestieren. Als Rechtsradikale in die Wohnung eindrungen und die Boxen und den angeschlossenen Laptop zerstörten, sagte die Polizei nur, man habe die Demo ja auch nicht zu stören. Eine unfassbare Fehleinschätzung und pures Unrecht.

Das Bündnis gegen Rechts in Bielefeld organisierte zehn Gegenkundgebungen, die meisten entlang der Route der Neonazis. Es wurde vorher vom Bündnis mit der Polizei abgesprochen, das Gegendemonstrierende von einer Kundgebung zur nächsten problemlos wechseln können. Stattdessen wurde konsequent kein einziger auf die Route der Neonazis gelassen, nicht mal wenn deren Demo gerade zwei Kilometer die Straße runter war. Passanten und Anwohnende konnten teilweise stundenlang nicht zu Ihren Häusern, denn sie durften nicht die Herforder Straße überqueren.

Neonazis konnten das. Die Stadt hat sich entschieden, 600 Neonazis die absolute Premium-Route durch die Bielefelder Innenstadt zuzusichern. Drunter leiden mussten tausende, die entweder friedlich demonstrieren oder einfach nur nach Hause wollten. Eine völlig falsche Prioritätensetzung der Polizei. Die Demokratinnen und Demokraten kriegen die Seitenstraßen und dürfen sich nicht frei zwischen Kundgebungen bewegen. Die Neonazis kriegen die Filet-Route durch die Innenstadt und dürfen rechtswidrige Parolen skandieren, ohne dass die Polizei sie hindert.

Natürlich gilt Meinungsfreiheit auch für Bürgerinnen und Bürger der rechten Szene. Doch der Staat sollte eher den Unterstützenden der Demokratie an solchen Tagen entgegenkommen und sie nicht noch weiter einschränken. Ansonsten setzen Staat und Polizei ein völlig falsches Signal, denn für die Zivilgesellschaft war das am Samstag nicht der Freund und Helfer.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:

Leserbriefe an bielefeld@nw.de / Nazi-Demo

Am Wochenende herrschte Ausnahmezustand in der Bielefelder Innenstadt.

Die Bielefelder Innenstadt gehört Samstag den Nazis! Mit behördlicher Genehmigung und polizeilicher Unterstützung. Dies alles im Namen der Versammlungsfreiheit. Eine Freiheit, die die Leute, welche die Demonstration angemeldet haben, zerstören würden, wenn man sie ließe! Protestiert wird für eine rechtskräftig verurteilte Person. Das alles mit Duldung der Behörden und der Polizei. Ich möchte hiermit mein Unverständnis dafür ausdrücken! Den Geschäftsleuten wurde quasi gesagt: Euren Umsatz könnt ihr vergessen. Wenn ihr Glück habt, bleiben eure Geschäfte heil ( ... ). Das Argument, eine solche Demonstration wird durch das Recht auf Versammlungsfreiheit gedeckt, solange die öffentliche Ordnung nicht gefährdet ist, erscheint mir angesichts der geplanten Maßnahmen seltsam: Die öffentliche Ordnung in der Bielefelder Innenstadt wird auf den Kopf gestellt! Kein normaler Betrieb ist möglich. Man muss sich fürchten, in die Innenstadt zu gehen. Für solche Situationen sollten sich die Politiker neue Lösungen einfallen lassen ( ... ).

Ich hoffe, das wir auch in Zukunft das sichere Gefühl haben können, dass die Polizei uns und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen alle Anfeindungen schützt!

Hellmuth Bachmann
33699 Bielefeld


Zutreffend fängt der Autor mit dem Satz an: "Eine Stadt im Belagerungszustand - Straßen gesperrt, reichlich Kontrollstellen, überall Einsatzkräfte." Eine Gruppe von Rechtsradikalen nutzt die Regeln der Demokratie, um grollend eine ganze Stadt zu lähmen. Klar, das Sicherheitskonzept der Polizei hat funktioniert. Doch wer hat entschieden, diesen Blödsinn zu erlauben? Die Demokratie, die Mehrheit der Stadtbevölkerung bestimmt nicht! Künftig werden wir also zusehen müssen, dass dermaßen stadtrelevante Entscheidungen durch eine Wahl seitens der Bevölkerung, per Bürgerentscheid, getroffen werden.

Daniel Bérenger
33602 Bielefeld


( ... ) Während im Vorfeld angekündigt wurde, dass Teilnehmer zu Fuß die geplanten Kundgebungen erreichen beziehungsweise zwischen ihnen wechseln können würden, war für alle Demonstranten, die von der ersten Kundgebung am Bahnhof aus über die Altstadt wieder in die Stadt kommen wollten am Niederwall Schluss. Erst gab es noch vereinzelt Eskorten Richtung Rathaus (in meinem Fall: 10er-Gruppen, von je zehn Polizisten in voller Gefechtsmontur "begleitet"), später (ab 14.30 Uhr) ging dann gar nichts mehr und keiner der Polizisten konnte Auskunft geben, wann / ob der Weg auf die andere Seite der Innenstadt nochmal geöffnet werden würde; und das, während die Innenstadtroute für ein paar Hundert Neonazis zur freien Verfügung gestellt worden war.

Auch nachdem die Nazis schon lange vorbeigezogen waren, wurden die Zugänge nicht freigegeben. Viele Gegendemonstranten sind wegen der Wartezeit entnervt gegangen, so dass ich mich frage, ob hier von Seiten der Polizei eine bewusste Verzögerungstaktik gewählt wurde (ersichtlich auch schon vor Start der Kundgebungen, als weiträumig so gesperrt wurde, dass man den Bahnhof von der östlichen Innenstadt aus nicht mehr erreichen konnte). Jedenfalls konnte ich wenig Bereitschaft erkennen, die Gegendemonstrationen genauso zu ermöglichen wie die Nazi-Demo - und das, obwohl nur friedliche Bürger, viele Familien und bestimmt keine Antifa-Mitglieder einfach an den Kundgebungen teilnehmen wollten. Ich hatte den Eindruck, dass das Demonstrationsrecht so faktisch von der Polizei behindert wurde.

Ronja Waldherr
33607 Bielefeld


Die Live-Berichterstattung über die Demonstrationen löst bei mir Entsetzen und Unverständnis aus. Wie kann es angehen, dass ultrarechte und linke Gruppierungen - die diesen Staat und seine Verfassung rundweg ablehnen - gleichzeitig dessen Grundrechte in Anspruch nehmen dürfen, um zu demonstrieren. Den Genehmigern dieser Demos nehme ich nicht ab, das dieses vorab sorgfältig geprüft wurde. Sieht so der starke Staat aus, den unsere Politiker propagieren?

Dirk Kühn
33611 Bielefeld

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:

Kommentar / Streit um Polizei-Strategie

Auslöser ist bundesweiter Antifa-Aufruf

Jens Reichenbach

Nach dem Stolz über die Wehrhaftigkeit Tausender Bielefelder und dem Entsetzen über 400 Nazis in der Stadt ist inzwischen ein Streit über die Strategie der Polizei entbrannt. War das Auffahren von Räumpanzern, Wasserwerfern und 2.000 Polizisten inklusive strenger Straßensperren unverhältnismäßig? Oder ist das Ausbleiben gewalttätiger Auseinandersetzungen ein Beweis für den Erfolg der Polizeitaktik? Das "Bündnis gegen Rechts" sieht das bisher entgegengebrachte Vertrauen zur Polizei durch diese Strategie zerbröselt.

Offenbar fragt sich dabei aber niemand, warum es zu dieser neuen Polizei-Strategie überhaupt gekommen ist. Was war denn diesmal anders?

Erstmals trat im Vorfeld der Demos ein Bündnis Bielefelder Antifa-Gruppen aus dem Schatten des bürgerlichen Gegenprotests und hat bundesweit dazu aufgerufen, diesen Nazi-Marsch "entschlossen zu verhindern". Das Antifa-Bündnis formulierte eigene Ziele und kündigte dabei "zahlreiche Aktionsformen, darunter auch Blockaden" an.

Für die Polizei war dieser Aufruf der Auslöser zum Hochrüsten. Weil sie die Pflicht hat, die Bürger in Bielefeld zu schützen. Angesichts der Bilder vom G20-Gipfel in Hamburg, die fest mit der autonomen Szene verbunden sind, hat die Polizeiführung sich für einen monströsen und auch gewollt einschüchternden Auftritt entschieden.

Die Polizei hat keinen Hehl daraus gemacht, für wen sie so aufgerüstet hat. Trotzdem ist der Aufschrei aus dem bürgerlichen Lager besonders groß. Ich frage mich, ob dieser Aufschrei nicht in die falsche Richtung geht.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:

Hochzeitsständchen vom Wasserwerfer

Demo-Randnotizen: Polizei überrascht Brautleute und hilft Mutter, der Windeln ausgegangen waren

Von Jürgen Mahncke

Bielefeld. Die letzten Neonazis hatten gegen 19.00 Uhr gerade mit Zügen die Stadt Richtung Heimat verlassen. Da bog eine Hochzeitsgesellschaft auf den Bahnhofsvorplatz ein. In einem alten Benz-Oldtimer wurde das Brautpaar chauffiert. Es steuerte das Hotel "Bielefelder Hof" an. Von der Demonstration übrig geblieben und den Weg versperrend stand dort noch einer der sechs eingesetzten, futuristisch aussehenden Wasserwerfer der Bundespolizeiabteilung Hünfeld in Hessen. Mit seinem Einsatzgewicht von 31 Tonnen, einem Fassungsvermögen von 10.000 Litern und einer Strahlweite von 65 Metern wirkte er mehr als beeindruckend auf das Brautpaar. Plötzlich wurde der Einsatzbefehl gegeben. Alle verfügbaren Schweinwerfer tauchten die Umgebung in gleißendes Licht, Blaulicht zuckte durch die Nacht und über die Außenlautsprecher ertönte Wagners Hochzeitsmarsch aus "Lohengrin". Die Besatzung des Wasserwerfers hatte trotz langen Tags noch rechtzeitig das passende Musikstück gefunden.

Notstand herrschte während der Demo in der Spiegelstraße. Einer Mutter waren die Windeln für ihren Sprössling ausgegangen. Notgedrungen setzte sich in ihr Auto, um Richtung Brackwede zu fahren. An der ersten Straßensperre erklärte sie ihr Problem. Der Polizist schenkte ihr freundlich Glauben, informierte einen zweiten Beamten, der an der Gadderbaumer Straße Dienst tat. Eine Stunde später konnte sich der Junior über frisch eingekaufte Windeln freuen.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:

Wenn die Nazis zurückkehren

Demo-Recht: Die Anhänger von Ursula Haverbeck haben angekündigt, wiederzukommen / Verwaltungsrechtler Burkhard Zurheide erklärt, warum ein Verbot solcher Auftritte nahezu unmöglich ist

Von Jens Reichenbach

Bielefeld. So lange Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld hinter Gittern sitzt, wollen die Neonazis weitere Demos in Bielefeld abhalten. Viele Bürger fordern dagegen endlich ein Verbot dieser Nazi-Märsche. Burkhard Zurheide, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, erklärt, warum das nahezu unmöglich ist.

"Das Demonstrationsrecht und die Versammlungsfreiheit sind ein Grundrecht. Verankert in Artikel 8 des Grundgesetzes." Das Bundesverwaltungsgericht sei bei der Durchsetzung dieser Grundrechte "sehr, sehr rigide". Das heißt: Verbote, wie erst vor wenigen Tagen in Berlin, werden im Eilverfahren gekippt.

Berlins Innensenator, Andreas Geisel, hatte einer rechtspopulistischen Vereinigung ausgerechnet am 9. November den Marsch durch Berlin untersagt. Doch das Oberverwaltungsgericht kippte das Verbot: "Es sei nicht zu erwarten, dass bei der Demonstration die Schwelle des aggressiven, provokativen, die Bürger einschüchternden Verhaltens erreicht werde", hieß es vom Gericht.

Die Polizei genehmigt also Demos nicht, sondern sie prüft Verbotsgründe. Zurheide erklärt: Der Staat dürfe eine "Demonstration unter freiem Himmel" nur einschränken, wenn es unabweisbare Gründe dafür gibt. Er nennt ein Beispiel: "Wenn ein Anmelder auf der A2 demonstrieren will, wären dadurch eine wichtige Verkehrsader blockiert und die Freizügigkeit aller Autofahrer stark eingeschränkt". In einer Innenstadt mit zahlreichen Ausweichmöglichkeiten sei so ein Verbot kaum mehr zu erwirken." Auch wenn so eine Demo die Rechte von deutlich mehr Bürgern beschränke als Demo-Teilnehmer auftauchten. Merkantile Argumente zählten genauso wenig.

Ein Verbot ist laut Zurheide nur denkbar, "wenn ich vorher weiß, dass verfassungsfeindliche Straftaten begangen werden oder dass die Anmelder verfassungsfeindlich sind". Nur wie soll man Straftaten voraussagen? Auch, dass in Bielefeld die beiden Anmelder Mitglied einer Partei sind, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, reiche nicht für Einschränkungen. Diese Partei ist nicht verboten.

Trotzdem registrierte die Polizei am Samstag Straftaten der Neonazis. Hätten die ausgereicht, um die Versammlung aufzulösen? Zurheide sagt nein. "Ein Hitlergruß allein rechtfertigt das nicht." Die Entscheidung einer Auflösung müsse nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit getroffen werden. Hier spricht er vom Opportunitätsprinzip.

Viel kritisiert wurde auch die lange Strecke. Die Polizei hatte deutlich gemacht, dass der angemeldete Hauptkundgebungsort, das Landgericht, bei der Kompromissfindung nicht zu ändern war. Da die Demonstranten mit der Bahn kamen, war die Länge der Strecke quasi vorgegeben. Auch Zurheide hält das symbolische Ziel der Demonstranten, die ein Justiz-Urteil kritisieren wollten, für nachvollziehbar.

Bleibt der der Polizei nur eine Verbotsoption: wenn die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist. Dabei müsse abzusehen sein, so Zurheide, dass die Polizei Demonstranten und unbeteiligte Passanten nicht mit vertretbaren Mitteln schützen kann. Eine allgemeine Besorgnis um die Sicherheit der Menschen auf der Straße reiche dazu ebenso wenig aus, wie die Sorge vor Randale anderer Gruppen: "Zu leicht könnte man sonst die Auftritte politischer Gegner verhindern."

Realistisch gesehen sieht der Fachanwalt nur in einer Änderung des Grundgesetzes oder in der Erweiterung der Einschränkungsmöglichkeiten eine Chance. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit stamme aus der Mentalität des 19. Jahrhunderts. "Damals wollte man sicherstellen, dass alle Deutschen ihre Meinung äußern können." Heute könne man durchaus die Frage stellen, ob eine solche Gesetzgebung noch zeitgemäß ist.

Für Zurheide selbst war es auch "unerträglich" zu sehen, wie ein bekannter Neonazi mit einem T-Shirt-Spruch den Holocaust in Frage stellt, und der Staat muss es hinnehmen. "Ändern kann man das aber nur auf politischer Ebene."

Bildunterschrift: Warten auf die Nazis: Knapp 3.000 Gegendemonstranten erwarteten am Hauptbahnhof die Ankunft der Neonazis. Von hier zogen die Demonstranten anschließend weiter, um die acht anderen Protestversammlungen in der Stadt zu stärken. Doch die starren Polizeisperrungen sorgten dabei für reichlich Unmut.

Bildunterschrift: Verwaltungsrechtler: Burkhard Zurheide.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:

Pro und Contra zum Polizeieinsatz bei der Demo

Bewertung: Während die Organisatoren der zehn Gegendemonstrationen die Polizeimaßnahmen scharf kritisieren, gibt es viele Stimmen in der Stadt, die die Polizei in Schutz nehmen / Die hat bislang von den Vorwürfen nur über die Medien erfahren

Von Jürgen Mahncke

Bielefeld. "Ich bin dafür, dass wir beim nächsten Mal keine Kundgebungen anmelden, aber natürlich trotzdem protestieren, so dass die Polizei sich mal mit Anarchie auseinandersetzen muss", sagt Michael Gugat, Stadtratsmitglied verärgert. Das sei kein Aufruf zur Anarchie, aber ein mögliches Szenario, sollte das Bündnis nicht mehr zur Stelle sein. Gugat kritisiert aufs Schärfste, dass die Polizei vorher getroffene Absprachen für die Gegendemonstranten nicht eingehalten habe. So sei es nur mit großen Umständen, teilweise sogar unmöglich gewesen, von einer zur anderen Gegendemo zu gelangen.

Auch der Vorstand des Integrationsrates ist entsetzt und bestürzt über das Verhalten der Polizei. "Mit Nazi-Parolen und "Hitlergruß" ziehen rechtsextreme Banden durch unsere Stadt. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber ist es Meinungsfreiheit, wenn Nazis mit Angst und Schrecken Menschen anpöbeln, beleidigen, drohen?", heißt es in einer Mitteilung. Kritisiert wird von vielen Demonstranten, dass Wasserwerfer auf sie gerichtet worden seien und bedrohlich gewirkt hätten. In Leserbriefen beschreiben Teilnehmer ihren Unmut darüber, dass sie keine Möglichkeit hatten, Straßen zu überqueren, obwohl die Neonazis noch weit weg war.

Jutta Küster, mit einem pensionierten Polizeibeamten verheiratet und als Aktivistin und Flüchtlingshelferin bekannt, bricht eine Lanze für die Polizei: "Ich finde es verantwortungslos, wenn man zu intensiver Teilnahme an Gegendemonstrationen aufruft, und dann die - vielleicht zu extremen - Sicherheitsmaßnahmen der Polizei so maßlos kritisiert. Das hat aber auch dazu geführt, dass Alte und Junge, Eltern mit Kindern, behinderte Menschen im Rollstuhl und mit Gehstöcken sich relativ sicher bei der Demo gefühlt haben." Diese Generalabrechnung mit der Polizei empfinde sie als undemokratisch.

"Und was alles schiefgelaufen ist, weil zum Beispiel ein bayrischer Beamter - aus Unkenntnis der Örtlichkeiten - auch mich vom Jahnplatz über die Kreuzstraße zum Rathaus schicken wollte, dann ist das verzeihlich", führt Küster aus. In den Sozialen Netzwerken bekommt die Polizei neben Kritik auch großes Lob ausgesprochen. Viele bestätigen Freundlichkeit und Besonnenheit aller Einsatzkräfte.

Die Kritik von Gugat und des Integrationsrates ist bei der Polizei derweil noch nicht angekommen. "Das Konzept der Polizei, ein Aufeinandertreffen gegnerischer Gruppierungen zu verhindern, um einen störungsfreien Verlauf aller Versammlungen zu gewährleisten, ist aufgegangen", schreibt die Polizei in einer Pressemitteilung. Gegen Blockaden und unfriedlichen Protest seien die Beamten konsequent eingeschritten, um "für die Sicherheit und die Rechte aller friedlichen Versammlungsteilnehmer zu sorgen." Notwendige Sperrmaßnahmen seien der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Zukünftige Demos würden einzeln bewertet und dann die entsprechende Maßnahmen getroffen.

Bildunterschrift: Michael Gugat: Er greift die Polizei scharf an.

Bildunterschrift: Jutta Küster: Sie begrüßt die Polizeimaßnahmen.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 13.11.2018:

Polizei wertet mögliche Straftaten aus

Zwischenstand: Es wird noch auf Anzeigen der Polizei aus anderen Bundesländern gewartet

Von Jürgen Mahncke

Bielefeld. Die Brisanz der angekündigten Demonstration von Neonazis war der Polizei klar. Die Erkenntnis, dass linksautonome, teilweise gewalttätige Antifa-Mitglieder aus ganz Deutschland nach Bielefeld reisen und sich unter die friedlichen Gegendemonstranten mischen könnten, machte es besonders kompliziert für die Polizei. Sie zieht inzwischen eine positive Zwischenbilanz und ist mit dem Verlauf der Demo zufrieden.

Nach Angaben von Achim Ridder, Pressesprecher der Bielefelder Polizei, wurden insgesamt 12 Anzeigen geschrieben. Darunter sind drei Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. Gemeint ist damit das Zünden von Polen-Böllern aus den Reihen der Gegendemonstranten am Bahnhof und am Jahnplatz. Verfolgt wird auch ein Fall, bei dem ein Rechtsradikaler so genannte Quarzhandschuhe getragen hat, geahndet wird das Tragen einer Schutzbewaffnung. Anzeigen wegen Beleidigungen, Körperverletzung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen werden zur Zeit bearbeitet und die Täter zur Rechenschaft gezogen. Ermittelt wird auch gegen Neonazis, die zwei Mal den "Hitlergruß" gezeigt haben.

Zu bewerten ist ebenso, ob die ausgerufene Parole eines Neonazis - "Wer Deutschland liebt, ist ein Antisemit" - strafrechtlich zu würdigen ist. Hier gibt es noch keine eindeutige Rechtsprechung. Sollte es den Neonazis im Vorfeld verboten worden sein, diesen Ausspruch zu tätigen, müsste es strafrechtliche Konsequenzen geben. Aus beiden Lagern, Demo wie Gegendemo, wurden insgesamt zehn Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen. Beim körperlichen Widerstand gegen die Anweisung eines Polizisten wurde der Beamte verletzt. Auch hier wird ermittelt. Zur Zeit wird auf Eingang der Anzeigen von Einsatzkräften gewartet, die aus anderen Bundesländern nach Bielefeld beordert worden waren. Erst dann kann die Polizei eine endgültige Bilanz zur Neonazi-Demo ziehen.

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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 13.11.2018:

"Bestürzt über das Verhalten der Polizei"

Nach Demonstrationen: Parteien und Integrationsrat schließen sich Kritik des Bündnisses gegen Rechts an

Bielefeld (HHS). Die Kritik an dem Polizeieinsatz während der Demonstration von Rechtsextremen gegen die Inhaftierung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck am vergangenen Samstag ebbt nicht ab.

So bemängeln die Bielefelder Grünen, dass die Gegenkundgebungen des Bündnisses gegen Rechts "nicht von allen Seiten erreichbar waren". Sprecher Dominic Hallau sagte: "Ich bin schockiert. Einigen Menschen ist die Teilnahme an einigen Gegenkundgebungen verwehrt geblieben, da die Polizei keinen gangbaren Weg öffnete." Geschäftsführerin Lisa Waimann vertritt den Standpunkt, die friedlichen Gegendemonstranten seien behindert und mit Wasserwerfern und gepanzerten Wagen eingeschüchtert worden.

Die Landessprecherin der Linken in NRW, Inge Höger, sagt, die Bielefelder Innenstadt sei in eine Polizeifestung verwandelt worden, "um den Neonazis einen ungestörten Ablauf ihrer Veranstaltung zu garantieren".

Auch der Vorstand des Integrationsrates, Mehmet Ali Ölmez, Viola Obasohan und Murisa Adilovic, zeigt sich "entsetzt und gleichzeitig bestürzt über das Verhalten der Polizei". Die Forderung, "kriminelle Nazis konsequent zu verfolgen und diesen Banden nicht die beste Route zu bewilligen", sei von der Polizeiführung weitestgehend unberücksichtigt geblieben.

Der Integrationsrat fordert eine öffentliche Stellungnahme von Polizeipräsidentin Dr. Katharina Giere: Warum wurde den Rechtsextremen so viel Raum zugestanden, warum konnten sie Parolen und Symbole des Nationalsozialismus öffentlich zur Schau stellen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden?

Polizeisprecher Achim Ridder sagte gestern auf Anfrage, dass sämtliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit den Demonstrationen ermittelt und aufgearbeitet werden. Details lagen bis gestern Abend noch nicht vor.

Kommentar

Auch drei Tage nachdem Bielefeld und die Bielefelder eindrucksvoll gegen Rechtsextremismus demonstriert haben, steht die Polizei weiterhin im Fokus der Gegendemonstranten beziehungsweise ihrer Sprachrohre. Ging es am Samstag wirklich darum, dass Wasserwerfer und Räumfahrzeuge vor Ort waren, dass nicht jeder Teilnehmer jede der zahlreichen Gegenkundgebungen bequem erreichen konnte? Wer das im Rückblick zu skandalisieren versucht, sorgt dafür, dass die eigentliche Problematik verwässert und die breite Öffentlichkeit davon abgelenkt wird. Nicht die Polizei gehört an den Pranger, sondern die Rechtsextremen und ihre stillen Befürworter. Wie diesen künftig gesamtgesellschaftlich begegnet werden könnte, sollte mit dem Rückenwind der erfolgreichen Demonstration das bestimmende Thema dieser Tage sein.

Hans-Heinrich Sellmann

Bildunterschrift: Die Polizei verhindert am Samstag ein Aufeinandertreffen von Gegendemonstranten und Rechtsextremen.

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Mindener Tageblatt, 13.11.2018:

Stadt sucht Quellen zur Ahnenstätte

Forscher hoffen auf Material

Petershagen-Seelenfeld (mt/plö). Die Stadt sucht verwertbare Quellen zur Geschichte der Ahnenstätte Seelenfeld. Als Beispiele werden Fotografien, Briefe, schriftlichen Unterlagen oder Gegenstände aus den 1920er-Jahren bis heute genannt. Das Material muss einen Bezug zur "Ahnenstätte Seelenfeld" oder / und zum Trägerverein "Ahnenstätten-Verein Niedersachsen" haben.

Die Stadt Petershagen hatte im August zwei Historiker mit der Erforschung der Geschichte der Ahnenstätte Seelenfeld beauftragt (MT berichtete).

Dabei handelt es sich laut Stadtverwaltung Petershagen um einen Privatfriedhof im Petershagener Ortsteil Seelenfeld, der sich in Besitz des "Ahnenstätten-Vereins Niedersachsen" befindet.

Wer Informationen hat, kann sich gerne an die Stabstelle Wirtschaftsförderung und Tourismus unter der Durchwahl (05702) 822238 wenden.

Bildunterschrift: Als Angehörige von Sippen haben sich einige bezeichnet, die in Seelenfeld begraben liegen.

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Mindener Tageblatt, 13.11.2018:

Anwalt der Opfer

Aktuelles Buch zum NSU-Prozess

Minden / Bad Oeynhausen (mt/hy). Der NSU-Prozess gehört zu den wichtigsten Verfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Urteile sind inzwischen gefallen. Der Jurist und Buchautor Mehmet Daimagüler hat in dem Prozess als Opferanwalt Angehörige vertreten, darunter die Geschwister von Abdurrahim Özüdogru, 2001 ermordet, und die Tochter des 2005 ermordeten Ismail Yasar. Am Donnerstag, 15. November um 19 Uhr kommt der Rechtsanwalt ins Begegnungszentrum Druckerei Bad Oeynhausen und stellt sein Buch "Empörung reicht nicht!" (2017) vor, das er auf Grund der Erfahrungen mit dem Prozess geschrieben hat. Darin stellt Mehmet Daimagüler auch die Frage nach der Verantwortung des Verfassungsschutzes an den Verbrechen. Um Anmeldung wird gebeten unter Telefon (05731) 86955-10, www.vhs-badoeynhausen.de.

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Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung, 13.11.2018:

Nazis stark in der Subkultur

Rechtsextremismus: Ein Beobachter berichtet über die Strukturen der Gruppierungen im Kreis Höxter / Wo es zu Hitlergrüßen gekommen sein soll

Von Svenja Ludwig

Kreis Höxter. Der Marsch von 400 Nazis vom Hauptbahnhof zum Gericht legte am Samstag die halbe Bielefelder City lahm. Einige Händler sperrten ihre Läden aus Angst gar nicht erst auf. So etwas in Höxter? - Unvorstellbar.

"Unter dem Oberbegriff Neonazis ist von einer annähernden Zahl von 360 mit aktuell steigender Tendenz auszugehen", erklärt ein langjähriger Beobachter der rechten Szene in Ostwestfalen-Lippe. Reichsbürger, die Mitglieder der AfD oder deren Jugendorganisation Junge Alternative zählt er nicht dazu. Obwohl gerade in der Jungen Alternative Querverbindungen zu Rechtsradikalen bekannt seien. "Die Szene ist breit aufgestellt und sehr gut vernetzt", weiß der Experte.

"Sie treten in Höxter nicht mehr offen auf", gibt der Beobachter zu, aber "die alten Kader gibt es immer noch". Kader, Anführer der verschiedenen rechten Organisationen in der Region. So soll, wie der Szene-Kenner berichtet, beispielsweise in Bad Driburg ein Kopf der NPD Ostwestfalen sitzen. Als Partei sei die NPD zwar "nicht mobilisierungsfähig", bilde jedoch "das Rückgrat der völkischen Kindererziehung der Nachfolgestrukturen der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ)". Auch einzelne Akteure der Identitären Bewegung sollen im Kreis Höxter leben.

"In der Subkultur bewegen die sich sehr stark", meint der Beobachter. Zum Beispiel bei Rechtsrock-Konzerten, in geschlossenen Gruppen in den Sozialen Netzwerken, insgesamt im Internet. Dort sollen sie auch gezielt den Kontakt zu Jugendlichen suchen.

In diesem Zusammenhang berichtet der Beobachter von einem angeblichen Vorfall am Steinheimer Gymnasium. Eine Gruppe Kinder soll auf dem Schulhof den Hitlergruß gezeigt haben. Die Information habe er direkt aus der Einrichtung: "Die müssen als pädagogische Maßnahme nun nach Bergen-Belsen fahren." "Von Hitlergrüßen ist mir nichts bekannt", nimmt Schulleiter Marko Harazim im Gespräch der NW dazu Stellung. Angesprochen auf die "pädagogische Maßnahme", berichtet Harazim jedoch von einem Jahrgang, dessen Schüler "für dieses Thema sehr sensibel sind". Sie gingen unreflektiert mit der NS-Zeit um. Das habe die Klassenlehrerin länger beobachtet. Die Fahrt in das Konzentrationslager sei daher eine Maßnahme. Harazim selbst habe damit gute Erfahrungen gemacht: "Meine Klasse damals war sehr betroffen."

Es sei ein unreflektiertes Verhalten der Schüler, wie Harazim nochmals betont: "Da geht es um sehr, sehr junge Schüler." Dass es in seiner Einrichtung rechte Tendenzen geben könne, glaubt er nicht: "Das würde hier auffallen, das ist eine ganz kleine Schule." Außerdem: "Wir haben hier in Steinheim wirklich eine Schülerschaft, die man sich woanders wünschen würde."

Das Hochstift rangiere, die Mitglieder rechtsradikaler Vereinigungen betreffend, im OWL-Vergleich hinter Bielefeld und Herford. "Wegen der ländlichen Strukturen", erklärt der Beobachter. Vernetzungstreffen der ostwestfälischen Akteure fänden im Kreis Höxter statt. Eine regionale Besonderheit: "In OWL halten sie alle zusammen." Man kennt sich, man versteht sich, man gräbt sich nicht die Mitglieder ab. Was die Gruppen unterscheide, seien allein die verschiedenen Lebenswelten.

Nur mit den Reichsbürgern, die es vor allem im Warburger Raum gebe, werde nicht wirklich kooperiert. "Die haben eine hohe Affinität zu Waffen", beschreibt der Experte: "Sie sind sehr missionarisch und durchgeknallt."

Eine berüchtigte Reichsbürgerin ist die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel. Ihre Verurteilung mobilisierte erst am vergangenen Wochenende die rechtsradikale Szene zu einer Demonstration - sonst ein unübliches Mittel der hiesigen Gruppierungen. Nach Chemnitz seien aber ebenfalls Fahrgemeinschaften
gebildet worden, wie der Szene-Kenner berichtet. "Aufbruch, so wird das im Osten empfunden", sagt er: "Ich bin gespannt, ob die hier den Aufwind spüren."

Braune Bücher im Schrank

Wer ein Buch ausgelesen hat, kann es daheim ins Regal stellen oder jemand anderem damit noch eine Freude machen, indem er den Lesestoff in einen Offenen Bücherschrank ablegt. An der Literatur im Schrank kann sich jeder bedienen.

Im Bücherschrank Bad Driburg sind vor einiger Zeit gehäuft, wie Bernd Blome von den Grünen berichtet, rechte Literatur und Gazetten aufgetaucht, die es so wohl nicht im Kiosk zu kaufen gibt. "Ich weiß nicht, ob das die Auflösung einer Sammlung war", sagt Blome. Aber dass in den Medien auch Flyer von Parteien steckten, "das lässt ja Schlüsse zu".

Im Höxteraner Bücherschrank sei keine braune Literatur aufgetaucht, wie Pressesprecherin Sabine Hasenbein erklärt: "Alles im grünen Bereich."

Auch im Beverunger Bücherschrank sei keine Literatur unters Volk gebracht worden, die "inhaltlich in Alarmbereitschaft" versetze, berichtet Rembert Stiewe, Geschäftsführer der Beverungen Marketing. (sl)

Bildunterschrift: Statement: Ein Hakenkreuz, das ins Treppenhaus des Parkhauses an der Uferstraße geschmiert wurde, ist dick durchgestrichen.

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Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung, 13.11.2018:

Lokales: Szene-Kenner beobachten rechtsradikale Strukturen im Kreis

Kreis Höxter. "Die Szene ist gut aufgestellt", bilanziert ein langjähriger Beobachter des rechtsradikalen Spektrums im Kreis. Die verschiedenen Gruppierungen seien gut vernetzt. Zwar träten sie nicht offen auf, doch seien sie weiter in der Subkultur aktiv. Dort werben die Rechtsextremisten vor allem Jugendliche.

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:

Diskussion über Antisemitismus

Paderborn (WV). Eine Podiumsdiskussion über "Antisemitismus und Israelkritik" gibt es morgen im Stadtmuseum Paderborn. Von 19.30 Uhr an diskutieren Antisemitismus-Forscher Dr. Klaus Holz (Berlin), Soziologe Dr. Dr. Peter Ullrich (TU Berlin) sowie der Historiker und Leiter der Alten Synagoge in Essen, Dr. Uri-Robert Kaufmann. Prof. Dr. Barbara Rendtorff und Prof. Dr. Angelika Strotmann (beide Uni Paderborn) führen durch den Abend.

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:

AfD in der Minderheit

Die Gegner mobilisieren mehr als 500 Menschen

Von Dietmar Kemper und Maike Stahl

Paderborn (WV). Demokratie und Toleranz werden in Paderborn groß geschrieben. Mehr als 500 Menschen demonstrierten gestern Nachmittag mit der "After-Work-Tanz-Demo" gegen eine Kundgebung der AfD mit dem Titel "Meinungsfreiheit statt Gesinnungsdiktatur" vor der Herz-Jesu-Kirche. Die AfD hatte 500 Teilnehmer angemeldet - gekommen waren laut Polizei keine 80.

Die geringe Besucherzahl nahmen die Teilnehmer der Gegendemo erleichtert zur Kenntnis, die sich auf Einladung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz am Theodorianum getroffen hatten und durch die Westernstraße zum Westerntor gezogen waren. Rudi Opitz und Ulla Manns waren extra aus Gütersloh gekommen: "Wir wollen den rechten Tendenzen, die sich in ganz Europa zeigen, etwas entgegensetzen. Das geht nicht im stillen Kämmerlein."

Konrad Nagel-Strothmann, Bezirksvorsitzender der katholischen Arbeitnehmerschaft, hatte die Teilnehmer zuvor mit mahnenden Worten begrüßt: "Die Hydra erhebt wieder ihre widerlichen Köpfe", warnte er. "Menschen, die nicht deutsch aussehen, werden auf offener Straße gejagt, demokratische Kräfte werden als linksradikal oder rot-grün versifft bezeichnet." Doch für die Meinungsfreiheit der Demokratie brauche es keine Alternative. Johannes Menze (Grüne) sagte dieser Zeitung, dass das Bündnis diskutiert habe, ob man die Kundgebung nicht einfach ignorieren solle. "Aber im Titel von Gesinnungsdiktatur zu sprechen, ist eine derartige Provokation und zielt auf Geschichtsrevisionismus, dem wir etwas entgegensetzen wollten."

Die AfD sei Hetze, Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt, beklagte der Vorsitzende des Kreisverbandes, Karl-Heinz Tegethoff, auf der Bühne. Das Klima erinnere ihn "an 1933". Zwar neige sich die "unsägliche Zeit der Kanzlerschaft von Angela Merkel" dem Ende zu, aber ihr "System" sei deshalb nicht vorüber. Merkels mögliche Nachfolgerin als CDU-Vorsitzende und Kanzlerin, Annegret Kramp-Karrenbauer, habe den "Charme von Knäckebrot", ätzte der AfD-Landtagsabgeordnete Christian Blex. Deutschland sei unter Merkel "in Teilen verelendet", die Schulen seien zu "Bildungsruinen und Angsträumen" verkommen. Die Grünen bezeichnete er als "Gesinnungsfaschisten". Der Landtagsabgeordnete Thomas Röckemann nannte Forderungen aus der Großen Koalition nach einer Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz "Machtmissbrauch" und "Regierungsextremismus". Die AfD habe "garantiert keinen einzigen Nazi in ihren Reihen", sagte der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner.

Kommentar

Laut war es nur auf der AfD-Bühne, nicht davor. Die markigen Sprüche der Herren Tegethoff, Blex, Brandner und Röckemann verfolgten nur wenige Anhänger. Die Kundgebung der AfD war alles andere als beeindruckend und der Kreisvorsitzende Tegethoff war selbst von der geringen Resonanz enttäuscht. Immer mehr Menschen sind der immer gleichen Attacken auf Merkel, "Altparteien" und "Staatsmedien" überdrüssig. Sie merken, dass die AfD mit ihren Beleidigungen von Politikern (Blex: "Jens Spahn ist ein homosexuelles Fielmann-Modell für Arme") keine Alternative ist.

Dietmar Kemper

Bildunterschrift: Gegendemonstranten ziehen über die Westernstraße zum Kundgebungsort der AfD. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner bezeichnet sie daraufhin in seiner Rede als "im Freigang befindliche Brüllaffen".

Bildunterschrift: Viel Platz: Die Kundgebung der AfD vor der Herz-Jesu-Kirche verfolgen nur wenige Anhänger.

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:

Heute im Lokalteil / Friedliche Demo für Toleranz

Gut 500 Menschen haben gestern in Paderborn für Demokratie und Toleranz demonstriert. Sie wollten damit ein Zeichen gegen eine AfD-Kundgebung mit 80 Besuchern am Westerntor setzen.

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Westfalen-Blatt, 13.11.2018:

Ruhige Demo in Paderborn

Paderborn (WB/mai). Friedlich haben gestern in Paderborn gut 500 Menschen gegen eine AfD-Kundgebung im Herzen der Stadt am Westerntor demonstriert. Da sie mehrfach rund um den Kundgebungsort zogen, kam es allerdings zu erheblichen Beeinträchtigungen im Feierabendverkehr. Die AfD-Kundgebung unter dem Motto "Meinungsfreiheit statt Gesinnungsdiktatur" wollten nach Polizeiangaben weniger als 80 Zuhörer verfolgen. Angemeldet hatte der AfD-Kreisverband Paderborn 500 Teilnehmer.

Zu der Gegenveranstaltung hatte das Paderborner Bündnis für Demokratie und Toleranz unter dem Motto "After-Work-Tanz-Demo" aufgerufen. Die Veranstalter hatten mit 200 Teilnehmern gerechnet und freuten sich über die gute Resonanz.

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Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:

Paderborner pfeifen auf die AfD

Kundgebungen: Bis zu 600 Demonstranten protestieren gegen die Partei und ihr Weltbild / Demgegenüber stehen nur 80 Anhänger der so genannten Alternative

Von Birger Berbüsse und Katharina Thiel

Paderborn. Er nutze jede Gelegenheit, um zu zeigen, dass er gegen die Standpunkte und Politik der AfD sei, sagt Christoph Kramm. Deshalb geht der 52-jährige Paderborner natürlich auch am Montagnachmittag auf die Straße, um gegen die Kundgebung der Partei zu demonstrieren. Mit ihm ziehen bis zu 600 weitere Paderborner laut, aber friedlich durch die Innenstadt.

Begonnen hatte die Demonstration pünktlich um 16 Uhr vor dem Theodorianum und somit eine halbe Stunde vor Beginn der AfD-Veranstaltung. Zunächst 150 Teilnehmer hören die einstimmenden Worte von Konrad Nagel-Strotmann, Bezirksvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB): "Völkisches Denken und Nazi-Denken sind leider seit 1945 nicht ausgestorben." Menschen, die nicht deutsch aussehen, würden auf offener Straße gejagt, demokratische Kräfte als linksradikal oder rotgrün-versifft bezeichnet. "Mit Worten wird die Lunte gelegt und die Taten folgen bald." Doch in Paderborn wehre man sich schon lange dagegen. "Denn für die Meinungsfreiheit der Demokratie brauchen und wollen wir keine Alternative!"

Carla Klöpper vom Bündnis gegen Rechts verweist auf die Groß-Demo in Bielefeld vom Wochenende und die Vorfälle in Chemnitz. "Menschenfeindliche Politik muss als solche erkannt, benannt und bekämpft werden, bevor sie in pogromartiger Gewalt gipfelt." Ihre Schlussfolgerung: "Wir müssen immer kritisch bleiben, damit der Rechtsruck in der Gesellschaft nicht weiter normalisiert wird." Denn dies sei ein Ziel, dass die AfD verbissen verfolge.

Vom Theodorianum ziehen die Demonstranten die Westernstraße entlang zum Westerntor - und wuchsen dabei immer mehr. Bis zu 600 sind es nach Polizeiangaben schließlich, die zwei Mal auf einer Route durchs Riemekeviertel und die Bahnhofstraße die Herz-Jesu-Kirche umkreisen, wo die AfD ihre Versammlung abhält. Dabei erklingen immer wieder Rufe wie "Kein Mensch ist illegal - Bleiberecht überall", "Alle zusammen gegen den Faschismus" und natürlich "Nazis raus". Auf den Plakaten und Schildern sind Sprüche zu lesen wie "Stoppt den Hass" und "Solidarität statt Hetze".

Ein Plakat hält auch die 29-jährige Désirée Hückelheim: "Nazis auf den Mond, weil da keiner wohnt" hat sie drauf geschrieben. Auch sie ist regelmäßig bei den Gegenprotesten dabei. Zwar dürfe sich jeder äußern, sagt sie mit Blick auf die AfD. "Aber es ist wichtig zu zeigen, dass wir mehr sind."

Das ist an diesem Montagabend gelungen: Vor der Herz-Jesu-Kirche haben sich nur rund 80 AfD-Anhänger versammelt. Im Mittelpunkt der fünf Reden stand vor allem die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Ein Hauch von 1933 liegt in der Luft", sagt Karl-Heinz Tegethoff, Sprecher der AfD im Kreis Paderborn. Norbert Senges, Vorsitzender der AfD im Kreis Höxter, spricht von einem "Irrsinn, in dem wir zur Zeit leben". Als das Schlimmste, was Merkels Regierung hinterlassen habe, bezeichnet er den "Aufstieg der Grünen. Wer die Grünen wählt, wählt Islamisierung und unkontrollierte Massenimmigration".

Unterbrochen werden die Reden immer wieder vom Rufen und Pfeifen der Gegendemonstranten, die Thomas Röckemann, AfD-Mitglied im Landtag NRW, als "Luschen und Studienabbrecher" bezeichnet. Stephan Brandner, Bundestagsabgeordneter für die AfD, sagt, dass "keiner von denen den Ernst des Lebens verstanden hat." Vom Nationalsozialismus distanzierte er sich: "Wer uns in diese Ecke stellt, ist politisch unfähig." Die AfD habe "keinen einzigen Nazi" in ihren Reihen.

Nach etwa zwei Stunden waren beide Veranstaltungen beendet. Laut Polizei gab es keine Zwischenfälle, allerdings musste das Westerntor mehrfach kurzzeitig gesperrt werden.

Bildunterschrift: Laut und bunt: Die Gegendemonstranten ziehen durch die Innenstadt und schwenken dabei Fahnen und Plakate.

Bildunterschrift: Gute Laune: Auf dem Vorplatz der Herz-Jesu-Kirche treffen sich die AfD-Anhänger.

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Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:

600 demonstrieren gegen die AfD

Paderborn. Laut, aber friedlich haben am Montagnachmittag bis zu 600 Paderborner gegen eine Kundgebung der AfD demonstriert. Die Partei mobilisierte nur rund 80 Anhänger.

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:

Heft bleibt ohne Folgen

Staatsanwaltschaft sieht keine Verleumdung und Volksverhetzung

Paderborn (dk). Die Theaterintendantin Katharina Kreuzhage kann aufatmen. Der AfD-Kreisverband ist mit einer Anzeige gegen sie gescheitert. "Nach eingehender Prüfung sehen wir von der Einleitung von Ermittlungsverfahren ab", sagte Oberstaatsanwalt Christoph Zielke gestern dieser Zeitung. Wie berichtet hatte die AfD wegen einer umstrittenen Ankündigung des Stücks "Andorra" von Max Frisch im Programmheft Strafanzeige gegen die Theaterleitung wegen Verleumdung und Volksverhetzung gestellt.

Was den Vorwurf der Verleumdung angehe, beziehe sich die Darstellung im Programmheft nicht direkt auf den AfD-Kreisverband, sondern auf die Partei als Ganzes, erläuterte Zielke. Eine einzelne, direkt identifizierbare Person hätte den Strafantrag stellen müssen.

Was die Behauptung der AfD angeht, es liege ein Fall von Volksverhetzung vor, betont die Paderborner Staatsanwaltschaft: Aus der Darstellung des Theaters sei nicht ersichtlich, dass dadurch der öffentliche Friede gestört werde. Außerdem gelte auch hier, dass der Text und die Grafik im Programmheft nicht auf einzelne, individuelle Mitglieder abzielen. Oberstaatsanwalt Zielke: "Eine juristische Person wie die AfD kann nicht in ihrer Menschenwürde verletzt werden."

Bei der Ankündigung des Stücks "Andorra", das am 1. September gezeigt wurde, werden die Wahlergebnisse der NSDAP zwischen 1928 und 1932 zusammen mit denen der AfD zwischen 2013 und 2017 dargestellt und durch den Hinweis auf sechs Millionen Holocaust-Opfer und 681 antisemitische Straftaten im ersten Halbjahr 2017 in Deutschland ergänzt.

Das Theater Paderborn gehört zu den Erstunterzeichnern der "NRW-Erklärung der Vielen" gegen Rechtspopulismus und für gesellschaftliche Diversität. Dies solle auch künftig im Programm und Sonderveranstaltungen zum Ausdruck kommen, heißt es in einer Mitteilung des Theaters.

Bildunterschrift: Diese Seiten im Programmheft gehen der AfD zu weit - juristische Folgen haben sie aber nicht.

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Westfalen-Blatt, 13.11.2018:

Keine Ermittlungen nach AfD-Anzeige

Paderborn (WB). Das Programmheft, in dem für das Max Frisch-Stück "Andorra" Wahlergebnisse der NSDAP zusammen mit denen der AfD aufgeführt sind, bleibt für die Paderborner Theaterleitung ohne juristische Folgen. Nach der Strafanzeige des AfD-Kreisverbandes Paderborn wegen Verleumdung und Volksverhetzung werde nicht weiter ­ermittelt, erklärte die Staatsanwaltschaft gestern.

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Neue Westfälische - Paderborn Kreiszeitung, 13.11.2018:

AfD scheitert mit Klage gegen das Theater

Wegen einer Grafik im Programmheft: Die Staatsanwaltschaft sieht Voraussetzungen für ein Verfahren nicht erfüllt / Theaterchefin Kreuzhage ist erleichtert / Was die AfD dazu sagt

Von Holger Kosbab

Paderborn. Der AfD-Kreisverband ist mit seiner Strafanzeige gegen das Theater Paderborn wegen Verleumdung und Volksverhetzung gescheitert. "Nach einer intensiven Prüfung sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass rechtliche Gründe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entgegen stehen", sagt Christoph Zielke von der Staatsanwaltschaft Paderborn auf NW-Anfrage. Die Voraussetzungen für einen Prozess würden nicht erfüllt. Die Strafanzeige bezog sich auf eine Grafik zu Max Frischs "Andorra" im aktuellen Programmheft.

Theaterchefin Katharina Kreuzhage zeigte sich über die Entscheidung erleichtert. "Auch wenn die Staatsanwaltschaft Paderborn aus formalen Gründen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens abgelehnt hat, bin ich nach wie vor guter Hoffnung, dass auch eine materiale Prüfung ergeben würde, dass die Grafik im Spielzeitheft durch die Freiheit der Kunst abgedeckt ist." Die AfD kündigt weitere juristische Schritte an. "Wir werden alle möglichen Rechtsmittel einlegen, damit das weiter verfolgt wird", sagte Karl-Heinz Tegethoff, der als Vorsitzender des AfD-Kreisverbands die Anzeige gestellt hatte.

Der Straftatbestand der Verleumdung erfordere den Strafantrag eines Verletzten, so Zielke. Die Darstellung im Spielzeitheft beziehe sich jedoch unter keinem Gesichtspunkt auf den AfD-Kreisverband Paderborn. Als Verletzter könnte maximal die AfD-Bundespartei "als Persongesamtheit" in Frage kommen. Da es sich aber gegen die Partei im Gesamten richtet, wäre zugleich auch eine Einzelperson nicht antragsberechtigt. Bei der Bundespartei mit mehr als 30.000 Mitgliedern handele es sich um eine nicht mehr im Einzelnen überschaubare Gruppe.

Auch wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung - dahinter steht die zu schützende Menschenwürde - wird aus rechtlichen Gründen nicht ermittelt. Für den Vorwurf der Volksverhetzung sei die AfD-Bundespartei kein taugliches Angriffsobjekt. Sie unterliege als juristische Person nicht dem Schutzbereich der Vorschrift - und könne in ihrer Menschenwürde nicht verletzt werden.

Bereits Mitte Oktober hatte die Staatsanwaltschaft erklärt, dass einer zweiten Anzeige gegen das Theater die rechtliche Grundlage fehle. Gestellt hatte sie der frühere Landtagspolitiker der Grünen, Peter Eichenseher, aus Bad Driburg. Er sei kein Mitglied der AfD und damit von einer möglichen Verleumdung nicht betroffen und nicht antragsberechtigt, erklärte Zielke.

Der AfD-Kreisverband mit dem Vorsitzenden Tegethoff hatte am 7. August Strafanzeige gegen das Theater und die Verantwortlichen gestellt. Durch die Grafik im Programmheft sah die AfD eine Diskreditierung seiner Mitglieder und Wähler. Die Grafik in dem Heft zeigt das Hakenkreuz und das AfD-Logo, Wahlergebnisse von NSDAP und AfD sowie die Zahl von 681 antisemitischen Straftaten 2017 und 6 Millionen Opfern des Holocaust.

Die Anzeige war bereits der zweite Schritt der AfD gegen das Theater. Am 10. Juli hatte Tegethoff dem Theater über die Berliner Kanzlei Roscher-Meinel die Androhung einer Unterlassungsklage zukommen lassen. Da darauf nicht reagiert wurde, folgte die Anzeige. Zu dieser Zeit hatte gerade die Theater-Sommerpause begonnen. Als Theaterchefin Katharina Kreuzhage aus dem Urlaub zurück war, fand sie den Brief und ließ über den Theater-Anwalt nach Rücksprache mit Paderborns Rechts- und Kulturdezernenten Carsten Venherm mitteilen, dass sie die AfD-Deutung der Grafik nicht teile. Es würden lediglich Wahlergebnisse und Zahlen gezeigt aus denen "jeder seine Schlüsse ziehen könne". Beim Konzert gegen "Hetze und Gewalt" vor drei Wochen auf dem Paderborner Marktplatz war Kreuzhage die Hauptrednerin und bekam viel Beifall.

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Neue Westfälische, 13.11.2018:

AfD scheitert mit Klage gegen Theater

Grafik im Programmheft: Staatsanwaltschaft sieht Voraussetzungen für ein Verfahren nicht erfüllt

Von Holger Kosbab

Paderborn. Der AfD-Kreisverband ist mit seiner Strafanzeige gegen das Theater Paderborn wegen Verleumdung und Volksverhetzung gescheitert. "Nach einer intensiven Prüfung sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass rechtliche Gründe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entgegen stehen", sagt Christoph Zielke von der Staatsanwaltschaft Paderborn auf NW-Anfrage. Die Voraussetzungen für einen Prozess würden nicht erfüllt. Die Strafanzeige bezog sich auf eine Grafik zu Max Frischs "Andorra" im aktuellen Programmheft.

Theaterchefin Katharina Kreuzhage zeigte sich über die Entscheidung erleichtert. "Auch wenn die Staatsanwaltschaft Paderborn aus formalen Gründen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens abgelehnt hat, bin ich nach wie vor guter Hoffnung, dass auch eine materiale Prüfung ergeben würde, dass die Grafik im Spielzeitheft durch die Freiheit der Kunst abgedeckt ist." Die AfD kündigt weitere juristische Schritte an. "Wir werden alle möglichen Rechtsmittel einlegen, damit das weiter verfolgt wird", sagte Karl-Heinz Tegethoff, der als Vorsitzender des AfD-Kreisverbands die Anzeige gestellt hatte.

Der Straftatbestand der Verleumdung erfordere den Strafantrag eines Verletzten, so Zielke. Die Darstellung im Spielzeitheft beziehe sich jedoch unter keinem Gesichtspunkt auf den AfD-Kreisverband Paderborn. Als Verletzter könnte maximal die AfD-Bundespartei "als Persongesamtheit" in Frage kommen. Da es sich aber gegen die Partei im Gesamten richte, wäre zugleich auch eine Einzelperson nicht antragsberechtigt. Bei der Bundespartei mit mehr als 30.000 Mitgliedern handele es sich um eine nicht mehr im Einzelnen überschaubare Gruppe.

Auch wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung - dahinter steht die zu schützende Menschenwürde - wird aus rechtlichen Gründen nicht ermittelt. Für den Vorwurf der Volksverhetzung sei die AfD-Bundespartei kein taugliches Angriffsobjekt. Sie unterliege als juristische Person nicht dem Schutzbereich der Vorschrift - und könne in ihrer Menschenwürde nicht verletzt werden.

Bereits Mitte Oktober hatte die Staatsanwaltschaft erklärt, dass einer zweiten Anzeige gegen das Theater die rechtliche Grundlage fehle. Gestellt hatte sie der frühere Landtagspolitiker der Grünen, Peter Eichenseher, aus Bad Driburg. Er sei kein Mitglied der AfD und damit von einer möglichen Verleumdung nicht betroffen und nicht antragsberechtigt, erklärte Zielke.

Der AfD-Kreisverband mit dem Vorsitzenden Tegethoff hatte am 7. August Strafanzeige gegen das Theater und die Verantwortlichen gestellt. Durch die Grafik im Programmheft sah die AfD eine Diskreditierung seiner Mitglieder und Wähler. Die Grafik in dem Heft zeigt das Hakenkreuz und das AfD-Logo, Wahlergebnisse von NSDAP und AfD sowie die Zahl von 681 antisemitischen Straftaten 2017 und 6 Millionen Opfern des Holocaust.

Protest

Am Wochenende gingen 6.000 Menschen in Bielefeld gegen einen Nazi-Aufmarsch auf die Straße. Am Montag stellten sich 600 Demonstranten in Paderborn einer Kundgebung von 80 AfD-Anhängern entgegen. Die Partei hatte unter dem Motto "Meinungsfreiheit statt Gesinnungsdiktatur" aufgerufen. Zur Gegendemo hatten mehrere Gruppen, darunter das Paderborner Bündnis gegen Rechts, aufgerufen.

Bildunterschrift: Streitobjekt: Illustration zum Stück "Andorra".

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Westfalen-Blatt / Westfälisches Volksblatt, 13.11.2018:

"Katastrophe Mittelmeer"

Borchen (WV). In Kooperation mit den Katholischen öffentlichen Büchereien und der Volkshochschule Borchen berichtet am Freitag, 16. November, von 19 Uhr an Martin Kolek aus Delbrück im Mallinckrodthof in dem Vortrag "Katastrophe Mittelmeer" von seinem Einsatz auf der Sea-Watch, über die Situation von Helfern, Geflüchteten und Geretteten - auf See und auf Land. Der Referent war selbst auf See im Einsatz und erzählt in seiner Dokumentation mit unveröffentlichten Aufnahmen von seinen Einsätzen in den internationalen Gewässern vor Libyen; für die gesamte Schiffsbesatzung war es eine Reise ans Limit. Er wird dazu auch sein Buch "Neuland" vorstellen, das die Lage auf dem Mittelmeer und die Notwendigkeit des verstärkten Engagements aus vielen Perspektiven beleuchtet. Der Eintritt beträgt 5 Euro, die Einnahmen gehen an den Referenten für das Projekt "Neuland" und den Ausbau des Friedhofs für Ertrunkene in Armo bei Reggio Calabria. Anmeldungen zum Vortrag über das Bürgerbüro Borchen, Telefon 05251 / 3888123.

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