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Nachrichten , 13.08.2012 :

Tages-Chronologie von Montag, 13. August 2012

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www.hiergeblieben.de - Zusammenfassung - Montag, 13. August 2012


Heute besuchte der 84-jährige Holocaust-Überlebende Hans-Leo Kornberg aus Boston in Bad Salzuflen das Haus in der Wenkenstraße 5, in dem die jüdische Familie Kornberg bis 1939 lebte.

Am 11. August 2012 gedachten die Felix-Fechenbach-Stiftung und die SPD Warburg an der Gedenkstätte im Kleinenberger Wald dem von den Nationalsozialisten ermordeten Journalisten Felix Fechenbach.

Am 10. August 2012 griffen Neonazis, unter anderem aus dem Umfeld von "Besseres Hannover", einen Informationsstand der Kampagne "Nazis die Räume nehmen" auf dem Opernplatz in Hannover an.

Am 9. August 2012 gab die Staatsanwaltschaft Bielefeld bekannt, dass die Ermittlungen gegen Klaus Rees wegen "Widerstandes gegen Polizeibeamte" wegen "geringer Schuld" eingestellt worden sind.

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Bad Salzuflen: Holocaust-Überlebender besucht Elternhaus

Heute, am 13. August 2012, besuchte der 84-jährige Holocaust-Überlebende Hans-Leo Kornberg aus Boston in Bad Salzuflen das Haus in der Wenkenstraße 5 - des gerade eröffneten Hotels "Kleiner-Grünauer", in dem die jüdische Familie Kornberg bis 1939 lebte.

Kindertransport nach England

Zum 1. Januar 1920 eröffnete der Kaufmann Max Kornberg (1889 - 1943) im Haus seines Schwiegervaters in der Wenkenstraße 5 ein Tabakwarengeschäft, das ab 1932 von seiner zweiten Frau, Selma, geb. Nathan (1886 - 1942), geführt wurde, er selbst arbeitete als Handelsvertreter. Während des Novemberpogroms 1938 wurde Max Kornberg gemeinsam mit sechs weiteren Juden aus Bad Salzuflen und Schötmar verhaftet und für vier Wochen im Konzentrationslager Buchenwald interniert. Im Januar 1939 konnte der Sohn aus erster Ehe, Hans-Leo (Jahrgang 1928), mit einem Kindertransport nach England in Sicherheit gebracht werden.

Deportation in das Warschauer Ghetto

Bereits im September 1938 war das Tabakwarengeschäft auf Druck der Nationalsozialisten geschlossen, das Haus Ende November 1938 verkauft worden - die Eheleute Kornberg wurden in das zum "Judenhaus" erklärte Haus Lange Straße 41 zwangsweise umgesiedelt. Max und Selma Kornberg wurden am 31. März 1942 von Bielefeld aus in das Warschauer Ghetto deportiert. Selma Kornberg ist von dort in das Vernichtungslager Treblinka gebracht worden, wo sich ihre Spur verliert. Ihr Ehemann wurde vermutlich am 3. November 1943 im Zwangsarbeitslager Trawniki (bei Lublin) erschossen.

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Warburg / Kreis Lippe: Gedenken an Felix Fechenbach

Am 11. August 2012 gedachten die Felix-Fechenbach-Stiftung und der SPD-Stadtverband Warburg mit einer Feier an der Gedenkstätte im Kleinenberger Wald dem von den Nationalsozialisten ermordeten Journalisten Felix Fechenbach. Darüber berichten heute, am 13. August 2012, die Neue Westfälische und die Lippische Landes-Zeitung.

Anstellung im Münchner Arbeitersekretariat

Felix Fechenbach wurde 1894 als Sohn eines Bäckers geboren und besuchte die jüdische Elementar- und Realschule. Danach absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung in Würzburg, die er 1910 abschloss. 1911 verlor er seine Arbeitsstelle in Frankfurt am Main, nachdem er an einem Streik teilgenommen hatte. Zwischen 1912 und 1914 arbeitete er im Münchner Arbeitersekretariat und gründete 1914 die "Jugend-Sektion" der SPD. Im Herbst 1914 wurde er zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen. Nach seiner Verwundung Anfang 1915 in den Vogesen war Fechenbach zuerst im Schreibdienst und anschließend im Münchner Traindepot eingesetzt. Dort kam er in Kontakt mit Kurt Eisner und wurde zum Pazifisten.

Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Bayern

Nach Kriegsende nahm er seine politische Aktivität wieder auf und beteiligte sich auch an Streiks. Als Kurt Eisner nach der Novemberrevolution 1918 zum bayerischen Ministerpräsident ernannt wurde, holte er Fechenbach als seinen Sekretär in die Staatskanzlei. Bis zu Eisners Ermordung im Februar 1919 war Fechenbach Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats sowie des provisorischen Nationalrates in Bayern. Fechenbach schrieb für Zeitungen im In- und Ausland.

Zuchthaus und "Ehrverlust"

Im Jahre 1922 wurde Fechenbach wegen angeblichen Landesverrats vom Münchner Volksgericht zu 11 Jahren Zuchthaus und zehn Jahren "Ehrverlust" verurteilt. Auch Artikel zur Kriegsschuld Deutschlands waren Gegenstand des Prozesses. Er musste aber auf Grund des öffentlichen Drucks gegen das Urteil nur bis zu seiner Begnadigung 1924 im Zuchthaus bleiben. Nach seiner Freilassung betrieb er dann ein Wiederaufnahmeverfahren, das mit der Aufhebung des Urteils durch das Reichsgericht endete. Während seiner Haftzeit wurde Fechenbach Mitglied der Poale Zion.

"Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde"

Die Jahre bis 1929 arbeitete er in Berlin beim Dietz-Verlag und recherchierte dort Reportagen für die sozialdemokratische Tageszeitung Vorwärts (1925 bis 1929). Er unterstützte auch die "Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde", unter anderem als Autor und Puppenspieler von politischen Kasperltheaterstücken ("Roter Kasper").

"Nazi-Jüsken" - Redakteur beim SPD-Organ "Volksblatt"

Von 1929 bis 1933 arbeitete Fechenbach in Detmold als Redakteur beim SPD-Organ "Volksblatt" und war im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv. Da er über Informanten in der lippischen NSDAP verfügte, konnte er immer wieder Interna über die Absichten und Skandale der Partei veröffentlichen. Diese unter dem Pseudonym "Nazi-Jüsken" verfassten Glossen führten zu starken Anfeindungen. Nach der lippischen Landtagswahl am 15. Januar 1933 wurde ihm von den Nazis Redeverbot erteilt, am 11. März 1933 wurde er festgenommen und in so genannte "Schutzhaft" überführt.

"Auf der Flucht erschossen"

Am 7. August wurde Felix Fechenbach auf dem Transport in das Konzentrationslager Dachau im Kleinenberger Wald zwischen Detmold und Warburg "auf der Flucht erschossen". In Wahrheit wurde er auf Anweisung Heydrichs misshandelt und ermordet. Der Tat verdächtigt wurden vier SA- und SS-Männer aus Detmold: Friedrich Grüttemeyer, 1969 verurteilt als Mittäter, Paul Wiese, 1948 verurteilt wegen "vorsätzlichen Totschlags", Karl Segler, dem keine Beteiligung nachgewiesen werden konnte und Josef Focke, der nie gefasst wurde. Das Grab von Felix Fechenbach befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Rimbeck.

Irma Epstein überlebte die NS-Zeit

Fechenbach war in zweiter Ehe mit Irma Epstein (1895 - 1973) verheiratet. Sie und die drei gemeinsamen Kinder überlebten die Zeit des Nationalsozialismus durch Flucht.

Anschläge auf Gedenkstätte

Auf die Gedenkstätte für Felix Fechenbach im Kleinenberger Wald wurden vier Anschläge innerhalb von drei Jahren verübt, zuletzt im Dezember 2003.

Informationen im Internet: www.felix-fechenbach.org

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Hannover: Neonazi-Attacke mit Messer und Pfefferspray

Am 10. August 2012 griffen Neonazis aus dem Umfeld von "Besseres Hannover" sowie weitere Personen aus dem rechten Spektrum zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr einen Informationsstand der Kampagne "Nazis die Räume nehmen" auf dem Opernplatz in Hannover an. Darüber berichten heute, am 13. August 2012, die tageszeitung (taz) und der "Blick nach Rechts".

Informationen im Internet:

www.kein-raum.de.vu
www.antifa-hannover.de

Weiterer Angriff mit Messer und Molotowcocktails in Barsinghausen

Wenige Stunden nach der Attacke in Hannover wurden die zum Teil gleichen Neonazis in der Innenstadt von Barsinghausen mit noch nicht entzündeten Molotowcocktails gesehen. Anschließend griffen diese einige Antifaschistinnen und Antifaschisten an. Eine Person wurde von einem Messer im Gesicht und am Rücken verletzt.

Brandanschlag auf Falkenkeller - Unvollständige Chronologie Barsinghausen

Zuletzt, in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 2012, wurden zwei Molotowcocktails in den Eingangsbereich des freien Jugendraums Falkenkeller in Barsinghausen, der seit 16 Jahren von Jugendlichen in Selbstverwaltung betrieben wird, geworfen. Die Polizei Barsinghausen und der Staatsschutz Hannover untersuchten am 5. Juni 2012 den Eingangsbereich des Falkenkellers.

Keine "verfestigten rechtsextremistischen Strukturen"?

Zuvor, am 13. Februar 2012, behauptete die Polizeidirektion Hannover im Rahmen eines Pressegespräches, dass es in Barsinghausen "keine verfestigten rechtsextremistischen Strukturen" gebe.

Neonazi-Szene nicht totschweigen oder verharmlosen

Am 5. Februar 2012 forderte hingegen Andreas Gehrke, Regionsgeschäftsführer der DGB-Region Niedersachsen-Mitte, beim Neujahrsempfang des DGB-Ortsverbandes Barsinghausen dazu auf, Widerstand gegen Neonazis zu organisieren. Auf keinen Fall dürfe die Neonazi-Szene totgeschwiegen oder verharmlosen werden, so Gehrke und rief die Exekutive dazu auf, "die jungen Menschen, die Stellung gegen die Nazis beziehen, zu unterstützen und zu schützen". Gehrke forderte auch die gesamte Stadtgesellschaft auf, Widerstand gegen die extreme Rechte zu organisieren.

Hakenkreuze und NS-Parolen zum Holocaust-Gedenktag

In der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 2012 wurden in Hohenbostel, einem Stadtteil von Barsinghausen, an zahlreichen Stellen Hakenkreuze und neonazistische Parolen gesprüht.

"NS" - "AntiAntifa" - "National" - "Deister Legion"

Die Neonazis besprühten unter anderem eine Friedhofsmauer an der Heerstraße mit "AntiAntifa", "National", "Deister Legion" und einem Hakenkreuz, weitere Hakenkreuze im Friedhof selbst an einer Sandsteinmauer und einem Baum.

Rückblick: "Wenn man miteinander spricht ... "

Am 23. Dezember 2011 erklärte die Polizei Barsinghausen, dass sie nach dem neonazistischen Überfall auf den selbstverwalteter Jugendraum Falkenkeller am 4. November 2011 auf Gespräche mit den Jugendlichen aus der rechten und der linken Szene setze.

Herunterspielen, verniedlichen und bagatellisieren - Staatsschutz ermittelt

Am 5. Dezember 2011 teilte der Staatsschutz in Hannover mit, dass sich an "der Gesamtsituation in Barsinghausen" seit "der Pressekonferenz vor einigen Wochen", gemeint ist der 18. November 2011, "nichts geändert" habe.

"Täter nicht unbedingt aus dem Bereich Barsinghausen"

Die Behörde habe demnach noch keine Hinweise auf die Täter, die in der Nacht zum 4. Dezember 2011 zahlreiche Neoazi-Schmierereien anbrachten hatten und wies darauf hin, dass die Täter nicht unbedingt aus dem Bereich Barsinghausen stammen müssten:

Neonazistische Schmierereien

In der Nacht zum 4. Dezember 2011 wurden im Ortsteil Hohenbostel in Barsinghausen mindestens zwölf Mal Häuserwände und Mauern mit neonazistischen Parolen wie "Deutschland den Deutschen" oder "Antiantifa" beschmiert. Der Staatsschutz habe hingegen im Zuge der Ermittlungen bislang neun Tatorte identifiziert: Achtmal beschmierten die unbekannten Täter demnach Wände und Scheiben in Hohenbostel, ein Schriftzug tauche in Winninghausen auf.

Schlägerei unter "der rechten und der linken Szene"?

Am 3. Dezember gegen 22.40 Uhr hätten sich in der Barsinghäuser Marktstraße "zwei Personen aus einer Zehnergruppe, die dem linken Spektrum zuzuordnen sind, haben sich mit zwei Personen geprügelt, die als rechtsorientiert einzuordnen sind", so der Staatsschutz weiter. Die Aussage einer Zeugin, die etwas anderes beobachtet und gegenüber den Ermittlern ausgesagt hatte, wurde von der Behörde bisher nicht erwähnt.

Hakenkreuz an Fenster geschmiert - Goetheschule

Bereits zuvor, vermutlich am Wochenende 26./27. November 2011, wurde von außen an die Glasscheibe der Sporthalle der Kooperativen Gesamtschule Goetheschule in Barsinghausen ein Hakenkreuz geschmiert.

Schulleiter rät von Überbewertung ab

Demnach riet der Schulleiter der Kooperativen Gesamtschule Goetheschule, Thomas Frenzel-Früh, von einer Überbewertung der Angelegenheit allerdings ab.

Kundgebung für den Erhalt des Falkenkellers und gegen Neonazis

Am 26. November 2011 fand in Barsinghausen eine Kundgebung mit etwa 70 Teilnehmenden für den Erhalt des Falkenkellers, freie Jugendarbeit und gegen die sich im Laufe der letzten 12 Monaten stark radikalisierte neonazistische Szene statt. An der Protestaktion nahmen auch Mitglieder der SPD und von Bündnis 90 / Die Grünen sowie die stellvertretende Bürgermeisterin teil.

Seit 16 Jahren selbstverwalteter Jugendraum

Der Falkenkeller ist ein freier Jugendraum in Barsinghausen, der seit 16 Jahren von Jugendlichen in Selbstverwaltung betrieben wird. Die Stadt Barsinghausen versuchte in den letzten Jahren immer wieder den Falkenkeller zu behindern, wo es möglich war.

"Hier werden die Opfer der Rechten bestraft"

Ausgerechnet neonazistische Übergriffe auf die Einrichtung führten jetzt dazu, dass der Falkenkeller aktuell massiv in seiner Existenz bedroht ist, da die Stadtverwaltung nach 16 Jahren spontan festgestellt hat, dass sich nur noch maximal 15 Personen im Kellerraum aufhalten dürfen. Das bedeutet dass alle Veranstaltungen des Falkenkellers, vom Jugendcafé über Spieleabende bis hin zu Konzerten und Bildungsabenden nicht mehr stattfinden können. "Hier werden die Opfer der Rechten bestraft", betonte ein Redner auf der Kundgebung am 26. November 2011 im Hinblick auf den Falkenkeller-Überfall vor wenigen Wochen.

Neonazistische Übergriffe ...

Am 4. November 2011 gegen 22.20 Uhr überfielen fünf vermummte Neonazis im Alter von 17 bis 22 Jahren den Falkenkeller und wurden kurze Zeit später von der Polizei festgenommen. Die Neonazis waren zuvor vermummt und Parolen skandierend durch die Innenstadt gezogen.

Am 9. November 2011 demonstrierten spontan etwa 40 Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Innenstadt von Barsinghausen gegen die gefestigten und vernetzten neonazistische Strukturen.

... eines losen Zusammenhaltes

Schon am 18. November 2011 teilten die Polizei in Barsinghausen und der Staatsschutz aus Hannover in einer Märchenstunde mit, dass es keine rechte Szene oder feste Gruppe, sondern nur einen losen Zusammenhalt in der Stadt Barsinghausen gibt.

Gefestigte und vernetzte Neonazi-Szene

Die Szene in Barsinghausen hat sich im Laufe von 16 Monaten deutlich radikalisiert, gefestigt und vernetzt. Sie hält Kontakte zu Neonazis im Landkreis Schaumburg und einer der Wortführer der Gruppe ist Mitglied in der Kameradschaft "Besseres Hannover".

Informationen im Internet:

www.falkenkeller-barsinghausen.de
www.recherchebbg.wordpress.com

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Bielefeld: Zivilcourage gegen Rechts unerwünscht und krimalisiert

Am 9. August 2012 gab die Staatsanwaltschaft Bielefeld bekannt, dass die Ermittlungen gegen Klaus Rees, Bielefelder Ratsmitglied und Fraktionsgeschäftsführer von Bündnis 90 / Die Grünen, wegen "Widerstandes gegen Polizeibeamte" wegen "geringer Schuld" und ohne Auflagen am 31. Juli 2012 eingestellt worden sind. Den Umgang mit Auftritten der NPD kommentieren heute, am 13. August 2012, zwei in der Neuen Westfälischen veröffentlichte Leserbriefe.

Rückblick: NPD-Wahlkampftour im Mai 2012 - Übergriffe der Polizei in Bielefeld

Am 3. Mai 2012, eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, hatte die NPD ihre am 2. Mai 2012 gestartete Kundgebungstour mit ihrem Vorsitzenden Holger Apfel in Paderborn, Bielefeld, Minden und Kleve fortgesetzt. In Bielefeld versammelten sich unmittelbar nach Bekanntwerden des Standes der NPD über 90 Menschen vor dem Rathaus zum Protest. Dabei kam es zu mehreren unverhältnismäßigen Übergriffen durch die Polizei - unter anderem auch bei der der Festnahme von Klaus Rees.

Weitere NPD-Kundgebung - Polizei ermöglicht erneut rassistische Propaganda

Am 20. Juli 2012, dem achten Tag der "Deutschland-Fahrt" des NPD-Parteivorstandes, führte die extrem rechte Partei mit ihrem neuen Werbe-LKW, auf dem "Einwanderung stoppen" und "Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein" prangt, unter massiven Polizeischutz erneut einen Stand und eine stationäre Kundgebung in Bielefeld durch. Nach einer Woche in Norddeutschland machte die NPD mit ihrer 26-tägigen "Deutschlandfahrt" demnach erstmals Station in Nordrhein-Westfalen. 12 Mitglieder der Partei nahmen an der Kundgebung auf dem Kronenplatz teil, bei der NPD-Bundespressesprecher Frank Franz und der NRW-Landesvorsitzende Claus Cremer als Redner auftraten. Vier Neonazis aus der Region beobachteten das Geschehen am Rande der Veranstaltung.

Polizeiliches Großaufgebot

Neben Polizeikräften aus Bielefeld wurden zusätzlich Einsatzhundertschaften aus Bochum, Wuppertal und Recklinghausen eingesetzt, um die demonstrative NPD-Aktion gegen insgesamt etwa 390 Protestierende zu ermöglichen. Wegen des polizeilichen Großaufgebotes hatten es nur rund 50 Menschen direkt zum Kronenplatz geschafft, um dort die NPD-Veranstaltung immerhin eine Stunde lang zu verzögern. Polizeisprecherin Sonja Rehmert verdeutlichte eindrucksvoll die Sicht der Behörde: "Sie bilden eine nicht genehmigte Demo und behindern lautstark die Durchführung der genehmigten Kundgebung." Daraufhin wiesen Beamte der "Abteilung Links" des Polizeilichen Staatsschutzes für Ostwestfalen-Lippe, ganz in ihrem Element, die Einsatzleitung auf vier "potentielle Störer" hin, die anschließend mit offenkundig ungerechtfertigten Platzverweisen belegt wurden.

Exponierter Stelle für NPD - wieder ohne Not

Fazit: Das Polizeipräsidium Bielefeld ermöglichte der NPD nach dem skandalösen Landtagswahlkampf-Auftritt am 3. Mai 2012 direkt vor dem Bielefelder Rathaus - erneut ohne Not - eine Bühne an exponierter Stelle in der Innenstadt. Ein Wille der Behörde, die versammlungsrechtlich durchaus vorhandenen Möglichkeiten gegen demonstrative rassistische Propaganda auszuschöpfen und anzuwenden, ist nicht erkennbar. Im Gegenteil: Demokratische Demonstrations- und Widerstandsrechte werden weiterhin zu Gunsten der Durchsetzung des Versammlungsrechtes von extrem rechten und neonazistischen Akteuren massiv eingeschränkt.

Veranstaltungen in völlig unverhältnismäßiger Weise durchgesetzt

Das behördliche Handeln in Bielefeld bietet nach der Neonazi-Demonstration am 24. Dezember 2011, den NPD-Kundgebungen am 3. Mai und am 20. Juli 2012 sowie der Kundgebung von "pro NRW" am 7. Mai 2012 Anlass zu mehr als Sorge: All diese offen rassistischen Veranstaltungen wurden von der Polizei in völlig unverhältnismäßiger Weise durchgesetzt. Staatliche Behörden in der Bundesrepublik haben lange genug weg geschaut, als der organisierte Neonazismus aus der Mitte der Gesellschaft zu rassistischem Terror wurde, der zahlreiche Menschenleben gekostet hat. Während nach dem - zufälligen - Auffliegen der NSU ("Nationalsozialistischer Untergrund") überall und regelmäßig aufgefordert wird, nicht wegzusehen und gegen Gewalt einzuschreiten, ist in Bielefeld Zivilcourage, zumindest von der Polizei, weiterhin nicht erwünscht.

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Artikel-Einträge in der Datenbank:


Lippische Landes-Zeitung, 13.08.2012:
"Mutig bis in den Tod" / Gedenkfeier für den ermordeten jüdischen Journalisten Felix Fechenbach im Kleinenberger Wald

Neue Westfälische 17 - Warburg, 13.08.2012:
"Sein Tod ist uns Verpflichtung" / Gedenkfeier für Felix Fechenbach im Kleinenberger Wald

Blick nach Rechts, 13.08.2012:
Bewaffnete Attacken aus der braunen Szene

die tageszeitung, 13.08.2012:
Gefährlicheres Hannover / Nazi-Angriff

Neue Westfälische 01 - Bielefeld West, 13.08.2012:
Das politische Treiben beobachten

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Lippische Landes-Zeitung, 13.08.2012:

"Mutig bis in den Tod" / Gedenkfeier für den ermordeten jüdischen Journalisten Felix Fechenbach im Kleinenberger Wald

Scherfede-Kleinenberg / Detmold. Rund 50 Menschen haben am Samstag des von den Nazis ermordeten Detmolders Felix Fechenbach gedacht. Der jüdische Journalist und Sozialdemokrat war am 7. August 1933 im Wald zwischen Kleinenberg und Scherfede auf Befehl des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich hingerichtet worden.

Landtagsabgeordneter Dennis Maelzer, Geschäftsführer der Felix-Fechenbach-Stiftung, charakterisierte Fechenbach in seiner Rede als Menschen, der selbstlos und konsequent für Werte wie Toleranz und Menschlichkeit eingetreten sei. "Sozialdemokrat, Pazifist, Jude, Journalist, Mensch", diese Attribute hätten Felix Fechenbach zum Hassobjekt für die Nationalsozialisten gemacht. Sein unbedingter Einsatz für Menschlichkeit diene auch heute noch als Vorbild für Widerstand gegen Unrecht.

Der Bürgermeister der Stadt Höxter, Alexander Fischer, betonte in seiner Gedenkrede Fechenbachs unermüdlichen Einsatz für die Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft in Zeiten der Diktatur. Als Journalist habe Felix Fechenbach sich nie den Mund verbieten lassen und der Öffentlichkeit "das aufkommende Schreckgespenst der Diktatur aufgezeigt", so Fischer. "Hier war uns Felix Fechenbach Vorbild und daran sollten wir uns heute und in Zukunft erinnern. Er hat mutig für seine Überzeugungen eingestanden, mutig bis in den Tod."

Bildunterschrift: Heinz-Josef Bodemann, Christoph Dolle, Dennis Maelzer, Hartmut Benkmann und Bürgermeister Alexander Fischer erinnerten an Felix Fechenbach.

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Neue Westfälische 17 - Warburg, 13.08.2012:

"Sein Tod ist uns Verpflichtung" / Gedenkfeier für Felix Fechenbach im Kleinenberger Wald

Scherfede (bjö). Etwa 50 Menschen gedachten im Kleinenberger Wald dem jüdischen Journalisten und Sozialdemokraten Felix Fechenbach, der am 7. August 1933 im Wald zwischen Kleinenberg und Scherfede von Schergen des Nazi-Regimes ermordet wurde. Die Gedenkrede hielt der Bürgermeister der Stadt Höxter, Alexander Fischer (SPD). Dennis Maelzer, Geschäftsführer der Felix-Fechenbach-Stiftung, eröffnete die Feier mit einer kurzen Rede, in der er Felix Fechenbach als Menschen charakterisierte, der selbstlos und konsequent für Werte wie Toleranz und Menschlichkeit eintrat. "Sozialdemokrat, Pazifist, Jude, Journalist, Mensch", diese Eigenschaften hätten Felix Fechenbach zum Hassobjekt für die Nationalsozialisten gemacht. Sein unbedingter Einsatz für Menschlichkeit diene auch heute noch als Vorbild, Widerstand gegen Unrecht zu leisten.

Im Anschluss hielt der Bürgermeister der Stadt Höxter, Alexander Fischer, die Gedenkrede. Auch er betonte Fechenbachs unermüdlichen Einsatz für Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft in Zeiten der Diktatur. Als Journalist habe Fechenbach sich nie den Mund verbieten lassen und der Öffentlichkeit "das aufkommende Schreckgespenst der Diktatur aufgezeigt", so Fischer. Von diesem Kampf für diese Ideale und Werte profitiere unsere Gesellschaft noch heute, da Menschen wie Felix Fechenbach es ermöglicht haben, das diese im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gesichert und verankert wurden.

Auch heute noch gebe es Menschen wie die Terroristen der NSU, die versuchten, Freiheit und Gleichheit zu torpedieren. So schloss Alexander Fischer seine Gedenkrede mit dem Appell, ebenso wie Felix Fechenbach mutig für die Freiheit einzustehen. "Hier war uns Felix Fechenbach Vorbild, und daran sollten wir uns heute und in Zukunft erinnern. Er hat mutig für seine Überzeugungen eingestanden - mutig bis in den Tod."

Nach diesem Plädoyer für den Erhalt von Freiheit und Gleichheit gedachten die Anwesenden Felix Fechenbachs mit einer Schweigeminute. Zum Abschluss der Gedenkfeier lud Christoph Dolle, Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes-Warburg, die Anwesenden ein, Felix Fechenbach auch an seiner letzten Ruhestätte auf dem jüdischen Friedhof in Rimbeck zu gedenken.

Bildunterschrift: Erinnerung: Heinz-Josef Bodemann, Christoph Dolle, Dennis Maelzer (Geschäftsführer Fechenbach-Stiftung), Hartmut Benkmann und Bürgermeister Alexander Fischer (v. l.) am Stein.

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Blick nach Rechts, 13.08.2012:

Bewaffnete Attacken aus der braunen Szene

Von Kai Budler

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat das niedersächsische Innenministerium einen Anstieg der rechtsextremen Straftaten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres verzeichnet. Kurz darauf zeigen brutale Angriffe von Neonazis, dass sich auch die Gewalttaten in Niedersachsen fortsetzen.

53 rechtsextreme Gewaltdelikte sind der Polizei in Niedersachsen im ersten Halbjahr 2012 bekannt geworden, damit haben Neonazis in den ersten sechs Monaten landesweit an jedem fünften Tag eine Gewalttat begangen, bei dem Großteil handelt es sich um Körperverletzungen. Die wirkliche Zahl dürfte höher liegen, denn noch stehen die Nachmeldungen für diesen Zeitraum aus.

Dass die Gewalttaten nicht abreißen, zeigt ein Blick in die Region Hannover, wo Neonazis vermeintlich politische Gegner angegriffen und zwei Männer mit Messerstichen verletzt haben. Der erste Vorfall ereignete sich am Freitagabend auf dem Opernplatz in der Hannoveraner Innenstadt, wo die Initiative "Nazis die Räume nehmen" mit einem Stand auf die zunehmende Agitation von Neonazis aufmerksam machen wollte. Als drei Männer den Stand abbauen wollten, wurden sie nach eigenen Angaben von mehreren Neonazis mit Flaschenwürfen und Pfefferspray angegriffen. Der 18-jährige Lukas R. soll mit einem Messer nach dem Standbetreiber gestochen haben, der nur durch Glück unverletzt blieb.

Verbot von "Besseres Hannover" gefordert

Drei Stunden später schlugen drei der Angreifer in dem etwa 30 Kilometer entfernten Barsinghausen erneut zu, wo eine Feier zur Wiedereröffnung eines Jugendraums stattfand. Der Treffpunkt war in den letzten neun Monaten wiederholt von Neonazis unter anderem mit einem Brandsatz angegriffen worden. Nach Augenzeugenberichten griffen R. und drei weitere Neonazis in unmittelbarer Nähe des Jugendraumes alternativ wirkende Jugendliche an, einer soll von R. mit einem Messer bedroht, ein 18-Jähriger damit im Gesicht und am Rücken verletzt worden sein.

Der mutmaßliche Täter und zwei seiner Begleiter werden zu der etwa 35-köpfigen Gruppierung "Besseres Hannover" gezählt, die als die landesweit aktivste Neonazi-Gruppe gilt (bnr.de berichtete), seit ihrer Gründung im Jahr 2008 wurden 23 Strafverfahren gegen Neonazis aus der Gruppierung und ihrem Umfeld eingeleitet. Erst im vergangenen Monat hatten Landtagsabgeordnete von SPD und der Linksfraktion Innenminister Uwe Schünemann aufgefordert, ein Verbot von "Besseres Hannover" zu prüfen. Nach den Angriffen beteiligten sich am Samstagabend knapp 350 Personen an einer Spontandemonstration mit dem Motto "Nazi-Gewalt geschlossen entgegentreten", die Polizei spricht von 250 Teilnehmern.

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die tageszeitung, 13.08.2012:

Gefährlicheres Hannover / Nazi-Angriff

Mitglieder des Netzwerks "Besseres Hannover" gehen auf Antifaschisten los. Später weitere Messer-Attacke in Barsinghausen.

Von Andreas Speit

Flaschen, Pfefferspray und Messer: Am Freitagabend haben Neonazis in der Innenstadt von Hannover einen Infostand der "Kampagne Nazis die Räume nehmen" angegriffen. "Der Angriff war genau getimt", sagt ein Sprecher der Kampagne. "Es war Glück, dass von uns niemand schwer verletzt wurde."

Bis 21.00 Uhr hatte die Kampagne auf dem Opernplatz den Infostand, auch um auf das militante Neonazi-Netzwerk "Besseres Hannover" hinzuweisen. Als sie zu dritt begannen, den Stand abzubauen, zog auch die Polizei ab. Kaum seien die Beamten weggewesen, so der Sprecher, seien sie von mindestens sechs Neonazis angepöbelt worden, ein Handgemenge begann. Rechte hätten mit Flaschen geworfen. Einen Antifaschisten hätten die Neonazis in ihre Gruppe gezogen und geschlagen, Pfefferspray wurde gesprüht. Der Neonazi Lukas R. habe mit einem Messer nach einem Antifaschisten gestochen. Alle Angreifer seien von "Besseres Hannover".

"Die Beamten erhielten von den noch anwesenden Beteiligten der beiden Gruppierungen unterschiedliche, unvollständige und auch widersprüchliche Aussagen", sagt dazu Polizeipressesprecherin Martina Stern.

Im nahen Barsinghausen schlugen Personen aus der Neonazi-Gruppe später nach der Wiedereröffnung eines linken Jugendtreffs erneut zu. Dabei soll Lukas R. einen Antifaschisten mit einem Messer im Gesicht und am Rücken verletzt haben. Dass R. an beiden Aktionen beteiligt war, bestätigte Stern.

Am Samstag protestierten in Hannover über 300 Menschen gegen die Neonazi-Übergriffe. Seit Wochen fordern Die Linke und SPD ein Verbot von "Besseres Hannover".

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Neue Westfälische 01 - Bielefeld West, 13.08.2012:

Das politische Treiben beobachten

Über eine (erneute) NPD-Aktion in Bielefeld berichtete die NW am 21. Juli in Artikel und Kommentar. Dazu erreichten uns Leserbriefe:


"Um 13 Uhr war Bielefeld wieder Nazi frei" heißt es am Ende ihres Beitrags. Nachdem die zwölf Rechtsradikalen die Stadt wieder verlassen haben, also wieder alles in Ordnung in der Leineweberstadt? So naiv können die drei Redakteure, die den Artikel zu verantworten haben, nicht sein. Auch in Bielefeld leben eingeschriebene NPD-Mitglieder und auch in Bielefeld gibt es bei Urnengängen regelmäßig Stimmen für die braune Partei. Mal angenommen, es hätte keine Demo gegen den Auftritt der Ultrarechten gegeben. Die Bielefelder hätten die zwölf Parolen-Rufer in der Innenstadt schlicht und einfach ignoriert. Nichts ist für politische Extremisten schlimmer, weil erniedrigender, als nicht beachtet zu werden. Ohne Gegendemonstration hätte es kein großes Polizeiaufgebot zum "Schutz" der NPDler gegeben - und die NW hätte sich ihren Kommentar sparen können.

Uwe Tünnermann
Lemgo


Wir leben bekanntlich in einer Demokratie. Die NPD ist in der Bundesrepublik Deutschland offiziell zugelassen. Bürger können sich informieren oder die Veranstaltungen nicht besuchen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es für mich nur eine Lösung: "Trete keiner Partei bei und du brauchst keinen Persilschein." Natürlich sollte man das politische Treiben sehr wohl beobachten.

Rüdeger Roth
Bielefeld

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