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Westfalen-Blatt , 10.11.2016 :

AfD freut sich über Trumps Sieg / Paderborner Kandidat Markus Roscher sieht "Signal für Bundestagswahl"

Paderborn (WB). Die Alternative für Deutschland (AfD) sieht in der Wahl Donald Trumps ein Signal für die Bundestagswahl 2017. Das sagte der Paderborner Anwalt und AfD-Direktkandidat Markus Roscher (53) im Interview mit Christian Althoff.

Wie bewerten Sie die Entscheidung der Amerikaner?

Markus Roscher: Überaus positiv. Die Krisenherde im Nahen Osten, den so genannten Islamischen Staat, die vielen neuen kleinen Diktaturen - das alles haben wir Hillary Clinton und der US-Außenpolitik zu verdanken. Da kann ich besser mit jemandem leben, der zwar mal eine sexistische Äußerung fallen lässt, aber letztlich Politik im deutschen Interesse machen möchte.

In welcher Hinsicht?

Roscher: Trump strebt ein gutes Verhältnis zu Putin an und will das Engagement der NATO in Mittel- und Osteuropa zurückfahren. Das kann nur in unserem Sinn sein. Das ist existenziell für uns.

Der Brexit in Großbritannien, Trumps Sieg in den USA - sind das Hoffnungszeichen für die AfD?

Roscher: Absolut. In den Entscheidungen sind Stimmungen der Menschen deutlich geworden, die wir auch bei uns haben. Viele fühlen sich von der bisherigen Politik nicht mitgenommen.

Für mich ist auffallend, dass viele Medien und Meinungsforscher den Brexit und auch Trumps Wahl für unmöglich gehalten haben.  Wir werden 2017 auch in Deutschland erleben, dass die AfD über den Umfragewerten liegen wird. Man weiß aus Studien, dass sich in Deutschland viele Journalisten links der Mitte sehen, und auch das so genannte Establishment bei uns ist gegen die AfD eingestellt. Sie werden deshalb bei einer Umfrage nie die tatsächliche Stimmung einfangen, denn im Moment trauen sich noch nicht alle AfD-Anhänger, sich öffentlich zu unserer Partei zu bekennen. Ich glaube deshalb keinem Wahlforscher mehr.

Wo sehen Sie die AfD bei der Bundestagswahl?

Roscher: Wenn wir es schaffen, unsere Linie als konservative, patriotische Partei der Mitte durchzuhalten, sind mehr als 20 Prozent möglich.

Trump will eine Mauer zu Mexiko bauen. Sehen Sie Gemeinsamkeiten mit der Flüchtlingspolitik der AfD?

Roscher: Eine kritische Haltung gegenüber jedem, der zu uns ins Land kommt, ist äußerst wichtig. Asylverfahren sollten nach einer Gerichtsinstanz beendet sein.

Was sind voraussichtlich ihre persönlichen Schwerpunkte für den Bundestagswahlkampf?

Roscher: Mehr Geld für Bildung, Steueranreize für die Wirtschaft, damit sie mehr Arbeitsplätze über Mindestlohn schafft, und ein massiver Bürokratieabbau bis hin zur Reduzierung der Bundesländer auf fünf oder sechs.

Bildunterschrift: AfD-Direktkandidat Markus Roscher.

Bildunterschrift: Bei Trump heißt es "America first": Die AfD (hier in Mainz) setzt auf "Unser Land, unsere Heimat".

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Westfalen-Blatt, 10.11.2016:

Andreas Zick, Extremismus-Forscher aus Bielefeld:

"Trump hat ähnliche Wählergruppen angesprochen wie rechtspopulistische Parteien, und er hat mit fast identischen Argumenten Propaganda betrieben. Natürlich beflügelt der Sieg auch hier Menschen, die Hoffnung schüren, dass ein Vertreiben der Eliten eigene Vorteile schafft."

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Blick nach Rechts, 10.11.2016:

AfD: Von Trump lernen heißt siegen lernen

Von Rainer Roeser

Der Wahlerfolg des "Klartextredners" Donald Trump wird von den AfD-Oberen einhellig begrüßt.

Bei der Berliner AfD konnte man sich vor Begeisterung kaum halten. „Wir sind Präsident!“, tippte der für den Twitter-Account Verantwortliche überschwänglich in die Tasten, als Donald Trump am Mittwochmorgen zur Dankesrede vor die TV-Kameras trat. Ganz so weit wie ihr Berliner Parteifreund will die Spitze der rechtspopulistischen AfD zwar nicht gehen. Aber auch für sie scheint zumindest zu gelten: Von Trump lernen heißt siegen lernen.

Von einem "grandiosen Wahlsieg" und einer "Zeitenwende" sprach AfD-Chef Jörg Meuthen. Am Tag zuvor hatte er noch per Interview wissen lassen, dass die US-Republikaner seiner Meinung nach besser einen anderen Kandidaten ins Rennen geschickt hätten. Nun, nach dem Erfolg, beeilte er sich, flugs eine Verbindungslinie zwischen seiner Partei und dem künftigen Präsidenten herzustellen: "Genauso wie die AfD in Deutschland hat Trump es im US-Wahlkampf verstanden, die Sorgen und Nöte der Menschen aufzugreifen und klar und mutig die Missstände im Establishment anzuprangern." Trump sei für seinen Mut belohnt worden, "sich gegen das System aufzulehnen und unbequeme Wahrheiten anzusprechen".

"Sieg über die zerstörerischen Kräfte des Systems"

Die Anti-System-Rhetorik bediente auch Thüringens Fraktionschef Björn Höcke, bei dem es freilich immer eine Spur martialischer klingen muss: "Donald Trumps Wahlerfolg ist ein Sieg der Demokratie über die zerstörerischen Kräfte des Systems."

In der Tat ähneln nicht wenige der Trumpschen "Wahrheiten", die im Wahlkampf nicht selten ohne jede Faktenbasis auskommen mussten, den Parolen der rechtspopulistischen AfD. Ein Politiker, der gegen Migranten polemisiert und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen lassen will, muss geradezu AfDlern sympathisch erscheinen. Meuthens Ko-Vorsitzende Frauke Petry nennt denn auch das Wahlergebnis "eine Botschaft an die Nationalstaatsrealisten, dass die One-World-Phantasten und Grenzenniederreißer sich künftig für die Folgen ihres Tuns zu verantworten haben werden".

Trumps nationalistische, antiislamische und rassistische Tonlage in der Innenpolitik, seine nicht minder nationalistischen und protektionistischen Parolen in der Wirtschaftspolitik, sein Beharren auf den Segnungen des Nationalstaats mit möglichst wenigen internationalen Bindungen? Uwe Junge, Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, spricht von einem "deutlichen Zeichen für die bewusste Abkehr von Globalismus und Multikulturalismus", Höcke von einem "großen Zeichen gegen eine One-World-Ideologie".

"Die Political Correctness ist am Ende"

Dass die Vereinigten Staaten unter einer Spaltung leiden, räumt auch Petry ein. Schuld sind aber im Sinne einer Täter-Opfer-Umkehr immer die anderen. Petry: "Nicht Trump hat diese Spaltung vorangetrieben, sondern die Eliten in Washington und in der Wall Street und die Lautsprecher des Zeitgeistes in Hollywood, in den Medien und an den Universitäten taten es." Womit die AfD-Chefin auch schon bei ihrer Standardklage über eine "politische Korrektheit" angelangt ist, die "den verordneten Konsens zur neuen Doktrin zu erheben scheint". Die Wahl Trumps lässt sie jubeln: "Der Zeitgeist dreht sich. Das Pendel schwingt zurück."

Der Erfolg des "Klartextredners", zu dem sie Trump adelt, habe gezeigt: "Die Political Correctness ist am Ende." Und die AfD gehöre zu denen, "die dafür sorgen, dass das Pendel auch hierzulande zurückschwingt". Mit einer politischen Agenda, die beide Seiten teilen - auch wenn man bei der AfD das allzu Krawallige hierzulande lieber anderen überlässt.


nrw@westfalen-blatt.de

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