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Vlothoer Zeitung / Westfalen-Blatt , 09.11.2010 :

Bund will Schulungsheim verkaufen / Heute erster Besichtigungstermin im ehemaligen Gebäude des "Collegium Humanum"

Von Kathrin Brinkmann

Vlotho (VZ). Der Bund möchte das ehemalige Schulungsgebäude des "Collegium Humanum" an der Bretthorststraße 204 verkaufen. Heute ist der erste Besichtigungstermin. Damit das Haus nicht erneut in falsche Hände fällt, soll es im Kaufvertrag klare Nutzungsvorgaben geben.

Eigentlich hatte sich Vlothos Bürgermeister Bernd Stute dafür ausgesprochen, das Gebäude des seit 2008 verbotenen "Collegium Humanum" abreißen zu lassen. "Ich wollte sicherstellen, dass es nicht wieder in falsche Hände gelangen kann", erklärte er auf Anfrage der Vlothoer Zeitung.

Jetzt habe die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die das Objekt vermarktet, ihm jedoch versichert, dass mit dem Kaufvertrag Mechanismen greifen würden, die verhindern, dass das Gebäude erneut für rechtsextremistische Zwecke genutzt werden könne. "Vor diesem Hintergrund finde ich es in Ordnung, das Gebäude zu verkaufen", sagte Bernd Stute. Das Bundesverwaltungsamt wollte sich gestern nicht näher zu diesen Mechanismen äußern.

Fest steht, dass Interessenten ihrem Kaufpreisgebot eine positiv beschiedene Bauvoranfrage beilegen müssen. Bisher hat es laut Bürgermeister noch keine Bauvoranfrage für das Objekt gegeben. "Es gab eine lose Anfrage, ob die Räume für religiöse Zwecke genutzt werden könnten", informierte Stute. Seither habe er davon aber nichts mehr gehört.

Heute, 9. November, von 10 bis 12 Uhr ist der erste Besichtigungstermin. Ein zweiter Termin ist für Donnerstag, 25. November, von 13 bis 15 Uhr angesetzt. Voranmeldungen sind nicht nötig.

Auf die Frage, zu welchen Zwecken das Gebäude rechtlich genutzt werden darf, konnte Udo Busse, Bauamtsleiter des Kreises Herford, keine eindeutige Auskunft geben. "Als Baubehörde kommen wir erst ins Spiel, wenn eine Bauvoranfrage vorliegt", sagte er. Erst wenn es einen Antrag auf Nutzungsänderung gebe, könne geprüft werden, ob alle Rahmenbedingungen erfüllt seien. Busse wies darauf hin, dass es derzeit im Kreisgebiet schwierig sei, Immobilien "an den Mann zu bringen".

Kaufpreisgebote können noch bis Freitag, 29. Januar, bei der Bundesanstalt für Immobilien abgegeben werden.

Rouven Schäfer vom Arbeitskreis Entwicklungspolitik, der sich für das Vlothoer Bündnis engagiert, äußerte gestern: "Grundsätzlich finde ich es gut, dass sich nun etwas bewegt. Seit zweieinhalb Jahren haben wir uns in einem Schwebezustand befunden. Keiner wusste, was mit dem Gebäude passiert." Schäfer hofft, dass keine Person mit rechtsextremem Hintergrund versuchen wird, das Haus zu erwerben. "Mit unseren Protesten in den Jahren 2005 bis 2008 haben wir gezeigt, dass es in Vlotho solche Leute schwer hätten, Fuß zu fassen. Wie der Bund jedoch die Gesinnung eines Käufers überprüfen möchte, das weiß ich nicht", so Schäfer. Er halte dies für schwierig. Das Vlothoer Bündnis wolle das Gebäude nicht selbst erwerben. Lage und Zustand der Bausubstanz ließen dies nicht zu. "Wünschen würde ich mir, dass hier eine fünfte demokratische Bildungseinrichtung einzieht", sagte Schäfer. Er sei jedoch skeptisch, ob sich für das Objekt überhaupt ein Käufer finden lasse.

Den 9. November halte er als Besichtigungstermin für unglücklich gewählt. 1938 fiel auf dieses Datum der Beginn der Novemberpogrome. Zudem gründete sich am 9. November 2003 der inzwischen ebenfalls verbotene "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten".

Hintergrund

Das Gebäude an der Bretthorststraße 204 wurde vor dem Jahr 1936 erbaut und ursprünglich als Dorfschule genutzt. Von den 70er Jahren bis 2008 diente es als Schulungs- und Seminargebäude des rechtsextremistischen Vereins "Collegium Humanum". Am 7. Mai 2008 sprach der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ein Verbot für das rechtsextremistische "Collegium Humanum" aus. Das Verbot umfasste neben dem "Collegium Humanum" den Verein "Bauernhilfe e.V." mit Sitz im hessischen Söhrewald sowie den Vlothoer "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten". Im Zuge des Verbots wurde das Vermögen der Vereine sichergestellt. Alle Werte einschließlich der Immobilien gingen auf den Bund über. Bürgermeister Bernd Stute und einige Vlothoer sprachen sich zunächst dafür aus, das Gebäude abreißen zu lassen, um einen erneuten Missbrauch für rechtsextremistische Machenschaften zu verhindern. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben versucht nun, das Gebäude zu veräußern.

Bildunterschrift: Noch steht das frühere Schulungs- und Seminargebäude des rechtsextremistischen "Collegium Humanum" an der Bretthorststraße leer. Doch das könnte sich bald ändern. Der Bund möchte das Haus mit drei Tagungs- und 18 Gästezimmern verkaufen.


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