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Lippische Landes-Zeitung , 30.01.2008 :

Hotelier zieht gegen Biermann vor Gericht / Politiker soll sich wegen Äußerungen zum Thema Korruption verantworten - CDU-Ratsherr übernimmt Verteidigung

Bad Salzuflen. Der Salzufler Hotelier Hans-Ralf Bungart hat gegen das Ratsmitglied Friedrich-Wilhelm Biermann Klage vor dem Landgericht Detmold eingereicht. Der Unternehmer wirft dem Politiker vor, er habe sich ehrverletzend über ihn geäußert.

Von Hartmut Salzmann

So sieht sich Bungart (Kurpark-Hotel) durch Biermann unter Korruptionsverdacht gestellt. Am Dienstag, 4. März, wird vor dem Zivilrichter in Detmold verhandelt.

Der Anwalt des Hoteliers, Gerhard Gätjen (Kanzlei LTS Herford), will Biermann die Behauptung untersagen lassen, Mitglieder der Freien-Wähler-Fraktion (FWG) stünden in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Bungart. Mit der Klage soll das Ziel verfolgt werden, ein Ordnungsgeld oder ersatzweise Ordnungshaft anzuordnen, sollte Biermann sich weiter in dieser Weise äußern.

Zum Hintergrund: Im Stadtrat hatte Biermann am 19. September 2007 beantragt, eine Sondersitzung zum Thema "Korruption" anzusetzen. Die FWG-Mitglieder Wolfgang Brehm und Monika Prüßner-Claus sollten ihre, wie Biermann meint, "Abhängigkeit" von Bungart erläutern. Die FWG hatte sich für den geplanten Kräutererlebnispark "Hortus vitalis" ausgesprochen, an dem Bungart als Investor beteiligt ist.

"Nicht jede Äußerung auf Goldwaage legen"
Bert Kaufmann

Allerdings sind Biermanns fragliche Aussagen in nicht-öffentlicher Sitzung gefallen. Bungarts Anwälte berufen sich aber trotzdem darauf, weil sie der Auffassung sind, Biermann habe seinen Verdacht durch ein Schreiben an die Presse öffentlich gemacht. Dies aber genau bestreitet Biermanns Verteidiger Bert Kaufmann: "Der Beklagte hat seinen Antrag nicht an Dritte weitergegeben." Randdetail des Falls: Kaufmann ist Mitglied der Salzufler CDU-Fraktion und Ratskollege von Biermann.

Über seine Motivation, den in Reihen des Rates höchst umstrittenen Biermann zu verteidigen, sagt Kaufmann: "Wenn sich ein Ratsherr in seiner Funktion nicht-öffentlich äußert, muss er darauf vertrauen können, wegen dieser Äußerungen nicht gleich juristischer Verfolgung ausgesetzt zu werden." Gerade im Rat als "Laienparlament" dürfe nicht jede Äußerung "auf die Goldwaage gelegt" werden. Bungart wollte sich auf Anfrage nicht äußern.





Archiveinträge:

- Lippische Landes-Zeitung, 14.12.2007: Tumult nach Biermanns Juden-Vergleich / Fraktionsloser Ratsherr greift FWG-Kollegin in "Satire" ehrverletzend an - sieht sich aber als Opfer
- Antifaschistische Gruppen aus OWL, 09.05.2007: Öffentliche Aktion gegen den Nazi Friedrich Wilhelm Biermann im Rat der Stadt Bad Salzuflen



Lippische Landes-Zeitung, 14.12.2007: Tumult nach Biermanns Juden-Vergleich / Fraktionsloser Ratsherr greift FWG-Kollegin in "Satire" ehrverletzend an - sieht sich aber als Opfer

Bad Salzuflen (Sam). Das Wort "Eklat" ist zu schwach, um zu beschreiben, was am Mittwoch im Rat geschehen ist: Wegen einer sexistischen Attacke gegen Ratsfrau Monika Prüßner-Claus (FWG) wurde der fraktionslose Friedrich-W. Biermann vom Rat gerügt. Dieser rang sich eine Entschuldigung ab, legte aber nach: "Alle gegen einen, das ist faschistoid." Und sinngemäß weiter: Er komme sich vor wie ein Jude in den 1930ern.

Hier die Chronologie des Vorfalls.

Drittes Quartal 2007: Biermann bringt seine Postille "Der Volkstribun" mit einer Auflage von 1.000 Stück heraus. Darin bildet er unter der Überschrift "Karikatur-Satire" eine blonde Frau mit weitem Dekolleté ab. Sie sieht Monika Prüßner-Claus durchaus ähnlich. Daneben schreibt er: "Lieber Hans-Ralf, hier ist Monika! ( … ) die von der FWG. ( … ) Du kannst mich jederzeit anrufen, auch nachts. Für Dich mache ich immer eine Sondersitzung." Hintergrund: Biermann wirft der Freien Wählergemeinschaft (FWG) besondere Nähe zum Bad Salzufler Investor Hans-Ralf Bungart (Kurpark-Hotel) vor.

Ratssitzung, Mittwoch, 12. Dezember, 17.05 Uhr: Wolfgang Brehm, Fraktionsvorsitzender der FWG, fordert, die "Satire" auf die Tagesordnung zu setzen. Der Rat stimmt zu. Brehm holt in noch nie dagewesener Schärfe gegen den direkt neben ihm sitzenden Biermann aus: "Sie waren für mich bisher nur politisch erledigt. Jetzt bin ich auch menschlich mit Ihnen fertig. Ich kann Sie nur noch verachten."

17.08 Uhr: Brehm und seine Fraktionskollegin Prüßner-Claus weigern sich, weiterhin direkt neben Biermann zu sitzen. Bürgermeister Dr. Wolfgang Honsdorf weist den FWG-Vertretern zwei Plätze zwischen SPD und wfu zu. Die beiden Sessel rechts von Biermann sind fortan frei.

17.08 bis 17.20 Uhr: SPD, CDU, Grüne und FDP-Fraktionschef Jürgen Riekehof schließen sich der Kritik an Biermann an. Vor allem SPD und Grüne nehmen dabei kein Blatt vor den Mund. CDU-Fraktionschef Heinz Bonke fordert, der Rat möge Biermann "eine Rüge oder was auch immer" aussprechen. Grünen-Chef Robin Wagener will, dass der Rat "alle Ordnungsmaßnahmen" ausschöpft.

17.20 Uhr: Biermann rechtfertigt sich: Sein Beitrag sei mit "Karikatur" und "Satire" überschrieben. "Offenbar wissen Sie nicht, was das ist", so der Fraktionslose. CDU-Ratsherr Bert Kaufmann (von Beruf Rechtsanwalt) will Biermann offenbar vor sich selbst schützen: "Wir sollten die Diskussion beenden, indem sich Herr Biermann bei Frau Prüßner-Claus entschuldigt."

17.22 Uhr: Biermann ringt sich eine Entschuldigung ab: "Wenn das nicht so verstanden worden ist, dann entschuldige ich mich." Ein Zwischenrufer: "Das ist ja sehr ernst gemeint ... "

17.23 Uhr: Trotz Entschuldigung spricht der Rat Friedrich-W. Biermann eine Rüge aus.

17.24 Uhr: Biermann ergreift erneut das Wort und versteigt sich zu der Äußerung: "Alle gegen einen. Das ist faschistoid." Er komme sich vor wie eine Jude in den 1930ern. Tumultartige Zwischenrufe werden laut. Die Zuhörer geraten außer sich. Wütend ruft Lutz Reimers (Die Linke): "Unerhört. Schmeißen Sie den Mann raus!" Bürgermeister Dr. Wolfgang Honsdorf ruft Reimers zur Ordnung. Biermann legt nach: Man könne für ihn ja ein Konzentrationslager bauen.

Nach der Sitzung: Ratsmitglieder aller Fraktionen treffen sich zum gemeinsamen Jahresabschluss im Hotel-Restaurant "Zum Löwen" in Holzhausen-Sylbach. Friedrich-Wilhelm Biermann bleibt der kleinen Feier fern.

Kommentar / Schande!

Von Hartmut Salzmann

Er fühle sich wie ein Jude in den 1930ern. Friedrich-W. Biermann stellt sich auf eine Stufe mit Menschen, die zur Nazi-Zeit zunächst übelster Hetze ausgesetzt waren, später von mordenden braunen Banden durch die Straßen gejagt und schließlich millionenfach in den Konzentrationslagern vergast wurden. Biermann ist alles andere als ein Opfer, er hat sich selbst ins Abseits manövriert. Biermann kann seine Reden schwingen, ohne um Leben und Gesundheit fürchten zu müssen. Biermann darf ebenso pseudo-religiöse wie pseudo-politische Parolen absondern und kriegt dafür auch noch Geld. Biermann kann sich bequem in seinem Ratssessel zurücklehnen, schließlich steht er unter dem Schutzmantel seines Mandats. Solche Rechte waren den Juden genommen. Sie waren recht- und schutzlos. Deshalb ist Biermanns Vergleich eine Schande, er gießt den Dreckkübel über die Opfer von damals und deren Nachkommen aus. Und der Fall Prüßner-Claus zeigt, dass die Frauen im Rat vor seinen ehrverletzenden Attacken nicht sicher sind. Wie steht Monika Prüßner-Claus dank Biermann nun in der Öffentlichkeit da? Wenn dieser selbst ernannte "Volkstribun", dieser "Verteidiger des Volkes", noch einen Funken Verantwortungsbewusstsein spürt, legt er sein Ratsmandat nieder.





Antifaschistische Gruppen aus OWL, 09.05.2007: Öffentliche Aktion gegen den Nazi Friedrich Wilhelm Biermann im Rat der Stadt Bad Salzuflen

Antifaschistinnen und Antifaschisten aus Ostwestfalen-Lippe (OWL) haben heute öffentlich gegen den Nazi Friedrich Wilhelm Biermann protestiert. Im Rat der Stadt Bad Salzuflen hängten sie ein übergroßes Transparent mit der Aufschrift "Antisemit und Rassist - immer noch salonfähig?" auf und verteilten innerhalb und außerhalb des Verwaltungsgebäudes Flugblätter, die über den Nazi aufklärten.

Vorgeschichte:

Biermann, der 2004 für die PDS in den Salzufler Rat eingezogen ist, hat 2002 für die Republikaner München kandidiert.

Zudem gab Biermann eine seiner Internetseiten bei Roland Wuttke in Auftrag. Er ist Bezirksvorsitzender der NPD Oberbayern und und publizierte rechte Schriften im "Nation & Europa"-Verlag.

Die Internetseite seines Ladens in München nutzte er jedoch als Forum, um Wahlkampf im Sinne der REP zu machen. Unter dem Thema "Christentum" schreibt er: "Das Gottesbild im Islam und der Gott Israels sind grausam." Biermann weiter: "Der Absolutheitsanspruch, der sich im Islam und Judentum findet, birgt die Gefahr des Fanatismus, der gewaltsamen Eroberung der Welt." Und: "Die jüdischen Gemeinden haben sich verdoppelt, der Islamismus explodiert."

Eine weitere Internetseite, mit der Biermanns Ansichten transportiert werden, ist bei der Domain-Registrierungsstelle "denic" wiederum auf Roland Wuttke zugelassen.

Wuttke unterhielt zumindest im Jahr 2003 Kontakte zum Neonazi Martin Wiese. Wiese wurde wegen des geplanten Anschlags auf die Baustelle des Jüdischen Gemeindezentrums München vom Bayerischen Obersten Landgericht zu sieben Jahren verurteilt.

Biermann bestätigte gegenüber der Lippischen Landes-Zeitung (LZ), die Internetseite bei Wuttke in Auftrag gegeben zu haben. Auf die Fragen, ob ihm damals der politische Hintergrund Wuttkes bekannt gewesen sei und in welcher Verbindung er zu Wuttke stehe, wird Biermann so zitiert: "Was meinen Sie, wen ich in München so alles kenne?! Ich habe mit Herrn Strauß ebenso ein Bier getrunken wie mit Herrn Schönhuber." (26. August 2005)

Erst durch die LZ will die Bad Salzufler PDS von Biermanns Aktivitäten für die REP erfahren haben. Die PDS hatte vor Monaten die Zusammenarbeit mit Biermann aufgekündigt - allerdings mit der offiziellen Begründung, Biermann verfechte "neoliberale Vorstellungen zur Gewerbesteuer" und gebe Informationen aus dem Salzufler Rat mangelhaft weiter.

Die PDS hat sicher gut daran getan, sich von Biermann zu trennen. Es bleibt aber fraglich, warum sie bei der Haushaltsrede von Biermann "neoliberale Positionen" zum Schwerpunkt ihrer Kritik machte. Biermann hatte nämlich im Rat Bad Salzuflen öffentlich ein Loblied auf die Wirtschaftspolitik der NSDAP von sich gegeben und das Vorgehen von Hjalmar Schacht hervorgehoben - zwischen 1933 und 1936 Reichsbankpräsident und später Hitlers Wirtschaftsminister.

Antisemitisches Hetzblatt "Der Volkstribun":

Biermann gibt als Eigendruck im Selbstverlag schon seit Jahren die antisemtische Publikation "Der Volkstribun" heraus.

Auch heute, am 09.05.2007, verteilte er eine aktuelle Ausgabe. Aus den 12-seitigen Schmierpamphlet sei hier nur ein Auszug aus dem Artikel "Deutschland deine Helden" zitiert:

"Oberst Werner Mölders war einer der erfolgreichsten deutschen Jagdflieger, mutig, ritterlich und siegreich in 115 Luftkämpfen, Mann gegen Mann, als Idealtyp eines deutschen Offiziers als erster ausgezeichnet mit den Brillianten zum Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern. Mölders starb 1941 mit 28 Jahren."

Auszüge aus dem heute verteiltem Flugblatt:

Friedrich Wilhelm Biermann war Redner auf dem 8. Neujahrstreffen der Deutschen Partei/Die Freiheitlichen am 22.01.2006 in München. "Zur Kommunalpolitik referierten der parteifreie Stadtrat Friedrich Biermann (Bad Salzuflen/NRW) und Stadtrat Wolfgang Schwarz (NB-Dresden) über ihre Erfolge und Erfahrungen in den Parlamenten."

Friedrich Wilhelm Biermann kämpft in dem Netzwerk der "Freien und Nationalen Kameraden" auch hier in Bad Salzuflen mit "härtestem Einsatz" mit. Er ruft zu Gewalt gegen Sachen auf. Dabei dürfen andere Lebewesen ruhig auch getroffen werden. "( ... ) Umhüllen Sie die Parkuhren mit Säcken oder füllen Sie die Geldschlucker mit Nitroglyzerin. Gewalt gegen Sachen muss erlaubt sein, wenn Widerstand geboten ist!" (Der Volkstribun Nr. 6 - 2006, Seite 4)

Er versucht, die Nazi-Größen Martin Bormann sowie Adolf Hitler (und deren Taten) zu verharmlosen und sie in Bad Salzuflen salonfähig zu machen: "Fest steht Bormann gilt als die 'Graue Eminenz' im Umkreis des Führers. Seine Leidenschaft waren seine Gewächshäuser in unmittelbarer Nachbarschaft des Berghofes am Obersalzberg und seine Bienenzucht. Adolf Hitler war bekanntlich Vegetarier. Die Zutaten für sein Lieblingsgericht Hoppelpoppel, (Bratkartoffeln, Eier, Nudeln und Tomaten) und seine Eintöpfe kamen häufig aus den Gewächshäusern Martin Bormanns." (Der Volkstribun Nr. 4 - 2006, Seite 1)

Er verniedlicht die Holocaust-Leugnung: Er bezeichnet das Zentrum und die Schulungsstätte der Holocaustleugner, das Collegium Humanum in Vlotho als "ein Nest in Vlotho" (Aus seinem Pamphlet "Mein Kampf"). "Sie (einige Mitglieder der PDS) waren sich einig, dass es in Bad Salzuflen von Nazis nur so wimmelt. In Wirklichkeit gibt es eine Rockgruppe in Lockhausen und ein Nest in Vlotho, es gibt keinen NPDler und keine Skinhead-Szene in Bad Salzuflen." ("Mein Kampf). Seine Vision ist die Wiederkehr des so genannten Dritten Deutschen Reiches!

Verhalten von Politik und Verwaltung in Bad Salzuflen:

Offensichtlich hat sich eine große Mehrheit in Bad Salzuflen für die Variante des "aktiven Ignorierens" im Falle Biermanns entschlossen. Auffällig war jedoch heute zu Beginn der Ratssitzung auch, dass Biermann von nicht wenigen 'Kolleginnen und Kollegen' herzlich begrüßt wurde. Bei der Verteilung seines 'Volkstribun' lehnte kaum ein Ratsmitglied ab. Den Antifaschistinnen und Antifaschisten wurden hingegen zum Teil mit offener Aggression begegnet. Auffällig auch die Aussagen, diese Aktion würde Biermann doch nur die gewünschte Aufmerksamkeit erreichen

Wir meinen: Friedrich Wilhelm Biermann ist ein Antisemit und Rassist. Und: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen - auch in den Räten und Parlamenten!


Salzuflen@lz-online.de

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