www.hiergeblieben.de

Lippische Landes-Zeitung , 11.07.2003 :

Dem Jungen eine Bücherei? / Gedenken an Opfer des Krieges

Horn-Bad Meinberg (mah). Die städtische Bücherei in Horn soll nach Richard Silberstein benannt werden, und zum Gedenken an die Opfer der Verfolgungen im Gebiet der heutigen Stadt Horn-Bad Meinberg könnte eine Namenstafel angefertigt werden. Dies empfiehlt der Arbeitskreis "Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus".

Der Arbeitskreis hatte sich im März vergangenen Jahres im Nachgang an das Fossoli-Symposium gegründet und mehrfach getagt. Mitglieder sind Vertreter der Kirchengemeinden, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der Stadtverwaltung, des Heimatvereins und der Fraktionen. Hier gab es Dienstag im Schul- und Kulturausschuss einige Dissonanzen. Jochen Lange (CDU) beklagte, seine Fraktion habe von den Terminen des Arbeitskreises nichts gewusst - was Amtsleiter Michael Jakobsmeier sowie Dorothea Bekker (SPD) zurückwiesen. Wer wann wem und warum Bescheid gegeben hatte oder nicht, ließ sich nicht mehr klären, so dass die Arbeitsgemeinschaft sich nun noch einmal treffen wird.

Inhaltlich hatte Lange zunächst nichts an den Vorschlägen auszusetzen, die Roland Linde im Namen des Arbeitskreises erläuterte: "Eine Schule nach einem Opfer des Nazi-Regimes zu benennen, erschien uns zu komplex, eine Straße umzutaufen zu kompliziert. Schließlich sind die Straßennamen in der historischen Altstadt Jahrhunderte alt. Und im Neubaugebiet eine Straße auszusuchen, schien uns nicht angemessen", erklärte Linde. Schließlich habe der Arbeitskreis sich auf den Vorschlag geeinigt, die Bücherei nach Richard Silberstein zu benennen - einem kleinen Jungen, der am 29. März 1944 im Durchgangslager Fossoli geboren und nur wenige Wochen später, am 23 Mai, in Auschwitz ermordet wurde. Fossoli wurde damals vom Horner Karl Friedrich Titho kommandiert. Linde: "Wir wollen niemanden an den Pranger stellen, aber die Verbindungslinien, die auch aus der tiefsten Provinz wie Horn zum Völkermord bestanden, darstellen." Die Bücherei sei ein allgemein zugänglicher Ort, an dem sich jederman anhand von Informationsmaterial und Literatur mit Einzelschicksalen und dem NS-Regime insgesamt beschäftigen könne.

Die Namenstafel könnte an einem zentralen Ort, etwa am historischen Rathaus, angebracht werden. Linde legt Wert darauf, dass die Tafel so beschaffen sein sollte, dass weitere Namen von Opfern jederzeit ergänzt werden könnten. "Der Arbeitskreis empfiehlt, vor Erstellung der Tafel die Namen zu veröffentlichen und die Öffentlichkeit um ergänzende Hinweise zu bitten."


Detmold@lz-online.de

zurück