www.hiergeblieben.de

Bielefelder Tageblatt (MW) / Neue Westfälische , 08.03.2006 :

Eigentümer trägt das Risiko

"Kein Türkisch im Fitness-Studio", titelte die NW am 24. Februar und berichtete über eine Auseinandersetzung zwischen türkischen Gästen und dem Inhaber des "Aktuellen Fitness-Studios", die anschließend sogar zum Thema der Einwohnerfragestunde des Migrationsrates wurde. Dazu erreichten uns mehrere Leserbriefe:




Was bitteschön ist daran diskriminierend, wenn in öffentlichen Einrichtungen (zum Beispiel Sportstudio, Schule) verlangt wird, die deutsche Sprache zu sprechen? Wenn man dafür jetzt eine Entschuldigung verlangt, finde ich das, ganz vorsichtig ausgedrückt, sehr überzogen. Wir leben nun einmal in einem Land, in dem Deutsch gesprochen wird.

Peter Salich
Bielefeld




Es handelt sich beim Aktuellen Fitness-Studio, als auch bei meinem Betrieb, nicht um staatlich finanzierte Vereine, sondern um Wirtschaftsunternehmen. Der Eigentümer trägt das finanzielle Risiko allein. Es liegt im Interesse des Betreibers, in seinem Geschäft eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle zahlenden Kunden wohl fühlen. Denn nur so ist durch dauerhafte Einnahmen seine finanzielle Existenz und auch die seiner Mitarbeiter gesichert. Als logische Konsequenz muss grundsätzlich dem Geschäftsinhaber gestattet sein, ausnahmslos jeden Gast seines Geschäftes zu verweisen, der sich trotz freundlicher Bitte nicht an die gültige Hausordnung hält und durch sein Fehlverhalten eventuell andere zahlende Kunden vergrault. Es ist nicht wirtschaftlich, einen einzigen störenden Gast aus Gründen der Toleranz zu behalten, und dadurch andere Mitglieder und deren Umsätze zu verlieren. Welche Firma kann sich das leisten?

Seit acht Jahren arbeite ich selbst in der Fitnessbranche. Auch in unserem Studio wird gemeinsam deutsch gesprochen. Damit sind alle Mitglieder einverstanden. Nur in Ausnahmefällen wird für die Gäste, die unsere Sprache nicht beherrschen, gedolmetscht. Die Reaktionen unserer türkischstämmigen und türkischen Mitglieder zeigen Unverständnis für das anpassungsunwillige Verhalten der ehemaligen Mitglieder des Aktuellen Fitness-Studios. "Man könne nicht für seine eigene Person Toleranz von Mitmenschen einfordern, wenn man selbst nicht bereit sei, Rücksicht zu nehmen." Integration und Toleranz beruhen auf Gegenseitigkeit. Trotz freundlicher Bitte, ihr Verhalten den anderen Kunden anzupassen, zeigen Frau N. und Herr A. ihrerseits keinerlei Entgegenkommen, ist dieses egoistische Verhalten nicht ebenfalls „empörend“? Das ausländische Mitbürger in vielen Belangen pauschal einen Sonderstatus erhalten, sobald ihnen etwas missfällt, fördert die Integrationsbereitschaft in keiner Weise. Die Grenze der Toleranz sollte nicht überschritten werden. Denn was darauf folgt, will ja wohl niemand.

A. Martin
Bielefeld




Als "Mischling" weiß ich, dass es nicht einfach ist, zwischen zwei Kulturen zu stehen. Dafür, dass ein Geschäftsführer in Deutschland verklagt wird, beziehungsweise durch den Migrationsrat die Konzession verlieren soll, weil er um Verwendung der Landessprache bittet, habe ich allerdings kein Verständnis. Den meisten Ausländern geht es hier – was Rechte, Versorgung und Möglichkeiten angeht – erheblich besser als in ihren Heimatländern und Rücksichtnahme darf nicht nur von den Deutschen erwartet werden. Ich weiß zwar nicht, wie die Bitte formuliert wurde, aber da andere Kunden des Fitness-Studios trotz Sprachschwierigkeiten keine Probleme damit hatten, frage ich mich, warum zwei Menschen, die laut eigener Aussage perfekt deutsch sprechen, so ein Theater veranstalten. Natürlich lasse auch ich mir "meine Sprache" nicht verbieten, aber wenn in Deutschland Gäste oder Kunden gebeten werden, deutsch zu sprechen, ist es eine Sache der Höflichkeit und des guten Benehmens, dieser Bitte zu entsprechen. Wenn ich in der Türkei lebe, wird erwartet, dass ich türkisch spreche, in Russland russisch, in Frankreich französisch. Da ist es doch normal, in Deutschland auch mal deutsch zu sprechen. Der Migrationsrat sollte versuchen, den Ausländern die deutsche Kultur und Sprache näher zubringen, dies würde die Integration erleichtern.

Brenda Ingle
Bielefeld




Kann es sein, dass Dilan Nakipoglu-Floth und Volkan Aksu emotional überreagiert haben? Es ist sicherlich nicht richtig, dass in einer Gemeinschaft von Sportfreunden ein babylonisches Sprachengewirr herrscht und keiner kann den anderen verstehen. Auch gebietet es der Anstand und Respekt vor anderen Sportteilnehmern, dass in diesem Fall ausschließlich die Sprache unseres Landes, also Deutsch gesprochen wird. Ich kann mich des Verdachts nicht erwehren, dass die Beschwerdeführer vor dem Migrationsrat der Stadt Bielefeld, es mehr oder weniger versucht haben zu provozieren! Insbesondere deshalb, da beide nach eigenen Bekunden, der deutschen Sprache fließend mächtig sind. Selbstverständlich wird jeder volles Verständnis dafür haben, dass sie ihre Muttersprache pflegen und nicht verlernen wollen, aber in einer Gemeinschaft von gleich gesinnten Sportlern, sollte nur eine Sprache gesprochen werden, die jeder anwesende Teilnehmer verstehen kann. Andernfalls ist es denkbar, dass mit unsozialen Verhalten eine Ausgrenzung zu anderen Teilnehmern angestrebt wird und somit eine Parallel-Gemeinschaft entstehen zu lassen,dass kann und darf nicht im Interesse eines Sportvereins sein. Eine Diskriminierung und Verletzung der Menschenrechte, dazu eine Abwertung von Minderheitssprachen, wie es der Migrationsrat der Stadt Bielefeld erkannt haben will, lässt eine dezidierte Sachlichkeit vermissen. Zudem eine Entschuldigung vom Inhaber des Sportstudio zu erwarten, halte ich für recht realitätsentfernt.

Ekkehard Ahland
Schloß Holte-Stukenbrock




So recht kann ich die "Empörung über das diskriminierende Verhalten des Betreibers" nicht nachvollziehen. 1. Die Trainerin hat mit den beiden in einem Nebenraum gesprochen, nicht vor allen Leuten. 2. Um ihre Sprache nicht zu verlernen, kommt es sicherlich nicht darauf an, unbedingt im Sportstudio türkisch zu sprechen. 3. Toleranz zu üben und anderes Verhalten zu akzeptieren, ist keine Einbahnstraße. Integration heißt: Die Lebensweise der Bevölkerung zu akzeptieren und versuchen, mich dieser anzupassen, ohne meine eigenen Wurzeln zu vergessen. Meine Toleranz hört da auf, wenn ich nur auf Intoleranz stoße und meine Lebensweise nicht akzeptiert wird.

Heiko Vorbau
Enger


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

zurück