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Lippische Landes-Zeitung , 14.12.1984 :

Schlappe für grüne Ideologen

Alle Ratsfraktionen distanzierten sich von antiamerikanischen Parolen

Detmold. Vergleichbares hat es im Rat der Stadt Detmold noch nicht gegeben! Die Grünen hatten einen vom Arbeitskreis "Atomwaffenfreie Zone Detmold / Bürger für den Frieden" eingebrachten Bürgerantrag, die Stadt Detmold symbolisch zur atomwaffenfreien Zone zu erklären, zum eigenen Fraktionsantrag erhoben. Sie hätten, nachdem ein CDU-Antrag, den Tagesordnungspunkt wegen verfassungsmäßiger Unzuständigkeit des Rates abzusetzen, bereits gescheitert war, mit Unterstützung der SPD-Fraktion in der Sache rechnen können, wenn es ihnen - eben wie der SPD - um Rüstungsbegrenzung und Raketen-Abbau in Ost und West gegangen wäre.

Statt dessen aber warf der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Kreikenbaum, in seiner verlesenen Begründung der Nato und dem "Weltpolizisten" USA vor, mit ihren Stützpunkten die Welt zu überziehen und überall in der Welt schalten und walten zu wollen, wie es ihnen beliebe. Er sprach von Psychoterror, "sogenannter Freiheit" und der Absicht der Nato, ihre Bedingungen der ganzen Welt zu diktieren, vom dritten Weltkrieg, den US-Präsident Reagan in seinem Leben noch erwarte. Da platzte die Bombe. SPD-Fraktionsvorsitzender Dieter Dubbert unterbrach den Sprecher der Grünen und erklärte: "Was Sie hier machen, ist eine Schweinerei. Was Sie uns hier vorführen, ist nichts anderes als ein antiamerikanisches Pamphlet. Sie tun damit der Friedensbewegung und allen friedliebenden Menschen in dieser Stadt keinen Gefallen."

Dieter Dubbert erläuterte den von der SPD beabsichtigten Änderungsantrag, in dem von der Beunruhigung und Besorgnis der Bürger dieser Stadt im Hinblick auf die bedrohlich wachsende Rüstung mit Raketen und Nuklearwaffen und der von ihr ausgehenden tödlichen Gefahr, die Rede war. Da wurde von Frieden und Abrüstung als alle Bürger verpflichtende politische Aufgabe gesprochen und die symbolische Erklärung der Stadt zur atomwaffenfreien Zone als Bekenntnis zu diesem Ziel bezeichnet, nicht ohne die Regierungschefs in beiden deutschen Staaten aufzufordern, alles zu tun, um im Rahmen des sich abzeichnenden Ost-West-Dialogs den Abbau der Atomwaffen zu erreichen.

Nach der von den Grünen gegebenen Begründung müsse er vermeiden, sich auch nur in ihre Nähe zu bringen.

Für die CDU erklärte Werner Bömelburg, mit dem Dubbertschen Situationsbericht in vielen Teilen übereinzustimmen, dem Sprecher der Grünen aber dankbar zu sein, so offen gesagt zu haben, dass man eine ganz andere Verfassung anstrebe. Sinngemäß unterstrich für die FDP Fraktionsvorsitzender Horst Schönwälder ihr Demokratie- und Friedensverständnis.

Es mag bezeichnend sein, dass der Sprecher der Friedensinitiative, Feicht, den Sitzungssaal bereits verlassen hatte, als Friedrich Brakemeier (SPD) den Antrag stellte, den Bürgerantrag in einer späteren Sitzung zu behandeln, um ihr Gelegenheit zu geben, sich zur Interessenvertretung durch die Grünen offiziell zu äußern. Er fand dafür eine Mehrheit, obwohl Dr. Braeuer (CDU) die Angelegenheit für entscheidungsreif hielt, zumal die Grünen eine Wiederholung ihrer Begründung ankündigten.


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