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Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 26.11.2003 :

Rechte Szene greift Amerikaner mit Messer an / Austausch-Schüler des Gymnasiums zusammengeschlagen / Opfer gezielt aufgelauert / Drohungen gegen Gastfamilie / 18-Jähriger will Rüthen verlassen

Rüthen. Am Romberg lauerten die Täter ihrem Opfer auf. Und dann schlugen sie feige zu: Ein Überfall mit fremdenfeindlichem Hintergrund ereignete sich am Montag gegen 17.20 Uhr in Rüthen. Nahe dem jüdischen Friedhof wurde ein 18-jähriger Austausch-Schüler aus den USA von drei maskierten Männern niedergeschlagen und mit einem Messer bedroht.

"We don't need you fucking American here - wir brauchen euch verdammte Amerikaner hier nicht", soll einer der Täter "in schlechtem Englisch" gesagt haben, berichtete das Opfer der Redaktion. Von hinten seien die schwarz gekleideten und mit Sturmhauben maskierten Täter an ihn herangeschlichen und hätten ihm einen Knebel in den Mund gesteckt, damit er nicht habe schreien können, so der 18-Jährige (der aus Angst seinen Namen nicht nennen will). Es folgten Schläge in den Magen und ins Gesicht. Einer der Angreifer zog ein Messer und drohte, es das nächste Mal gegen ihn und seine Gastfamilie zu benutzen. Dann flüchteten die Täter. Laut Polizei soll es sich bei ihnen um "junge Männer handeln, die der rechten Szene zugerechnet werden". Einer trug eine so genannte Bomberjacke.

Geschockt zeigte sich auch Gastmutter Annette Henneböhl-Klemm: "Die müssen auf ihn gewartet haben. Sie wussten genau, wer er war." Ihr ist dieser Angriff völlig unverständlich. Der junge Amerikaner, der seit Mitte September in ihrer Familie wohnt, sei noch nie zuvor beschimpft oder provoziert worden. Weder im Friedrich-Spee-Gymnasium, wo er in die elfte Klasse geht, noch anderswo in der Stadt - nirgendwo hätte es auch nur die Gelegenheit gegeben, mit einer ausländerfeindlichen Gruppe konfrontiert zu werden. "In so einem kleinen Ort denkt man doch, dass so etwas nie passiert", sagte Annette Henneböhl-Klemm.

Das rechte Auge des 18-Jährigen war gestern noch geschwollen und gerötet. Sicherheitshalber sollte noch eine Untersuchung in Lippstadt erfolgen. Doch schwerer als die körperlichen Verletzungen wiegen die seelischen. Der Amerikaner hat große Angst. Jeder junge Mann, der ihm begegnet, könnte es gewesen sein und erneut ein Messer zücken. Darum will der 18-Jährige seine Gastfamilie rasch verlassen. Zurück in seine Heimat in Lamar / Colorado will er noch nicht, sondern wie geplant bis Juni für Sprachstudien in Deutschland bleiben - nur weit weg von Rüthen. Der Bürener Arzt, der ihn behandelte, wollte ihn spontan aufnehmen, doch das ist dem Opfer noch zu nah. "Die haben geschafft, was sie wollten", sagte seine Gastmutter enttäuscht.


Entsetzt zeigte sich gestern auch ein Sprecher des Austausch-Vereins "Partnership-international" in Köln. Die Organisation kümmert sich im Auftrag des Bundestags um die internationale Verständigung. 400 amerikanische Stipendiaten befinden sich in Deutschland und die gleiche Zahl Deutscher in den USA. Die jüngsten Rüthener Ereignisse werden von dort kritisch beobachtet.

Auch daheim ist die Mutter des 18-Jährigen durch die Sorge um ihren Sohn in heller Aufregung. Ihr wäre es am liebsten, wenn ihr Sohn sofort nach Hause kommt.


Redaktion@DerPatriot.de

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