Leipziger Volkszeitung ,
08.12.2005 :
(Borna) "Konnten wir es denn verhindern?"
Borna. Oberbürgermeister Bernd Schröter (BfB) wirkte gestern nach Lektüre des LVZ-Berichts etwas besorgt. "Diese Informationen waren uns nicht bekannt", kommentierte er am Nachmittag die Zeitungsberichte. Dass der freundliche Herr Limmer, der in Borna eine Gedenkstätte für Weltkriegsopfer
errichtet, einen Nazi-Treff im Sinn haben soll, schien ihm noch immer schwer vorstellbar.
Schröter erinnert sich an Vorgespräche mit dem neuen Eigentümer des Bergbau-Anwesens in der Röthaer Straße. "Was er dann im Bauausschuss vorgestellt hat, klang auch alles vertretbar", so der Rathauschef. Zumal Ludwig Limmer und seine Frau auch eine Begegnungsstätte für Russlanddeutsche anstrebten und Räume in den sanierten LMBV-Gebäuden auf dem riesigenAreal etwa der Musikschule und dem Kreisjugendring angeboten hätten. Inzwischen jedoch kommen nicht nur im Rathaus Zweifel auf.
"Vielleicht hat Herr Limmer bei der Vorstellung seines Projektes nicht alle Karten aufgedeckt", schwant etwa Ausschussmitglied Manfred Kügler (Bürger für Borna). "Von einem Nazi-Treff hat keiner von uns was gewusst." Schon zuvor habe es Gespräche mit dem Landratsamt gegeben, berichtet Schröter. Wie Landrätin Petra Köpping (SPD) sagte, stehe die Kreisbehörde mittlerweile im Kontakt zur Polizeidirektion Westsachsen. "Aber bisher haben wir keine konkreten Infos über den Investor erhalten", so Schröter.
Dass Ludwig Limmer nach eigener Aussage einem Verein angehört, der von einer einschlägig bekannten Neonazi-Größe gegründet worden war, gibt allerdings auch ihm inzwischen zu denken. Gleichwohl wolle die Stadt zunächst "mit den handelnden Personen reden. Wir werden Herrn Limmer auf Grund der neuen Informationen noch einmal ganz konkret fragen, was hinter seinem Projekt steckt", so Schröter. "Nächste Woche werden wir dann gemeinsam mit dem Landratsamt entscheiden, wie wir weiter vorgehen."
Unterdessen hat auch die Leipziger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Monika Lazar vor dem geplanten Nazi-Treff gewarnt. "Die Naivität der Verantwortlichen vor Ort ist erschreckend", sagte die Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus.
Die Linkspartei will unterdessen am 19. Dezember eine Pressekonferenz zu diesem Thema einberufen, erklärte gestern die Bornaer Stadträtin Simone Luedtke. Dabei sollen auch Polizeichef Bernd Merbitz und Landrätin Petra Köpping Auskunft geben.
Der Rathauschef fragt sich unterdessen, ob die Stadt überhaupt die Möglichkeit hatte, die Pläne des Vereins "Gedächtnisstätte" zu durchkreuzen. "Hätten wir das überhaupt verhindern können?", ist Schröter ratlos. Der städtische Ausschuss habe schließlich lediglich darüber zu befinden, ob an dem eingereichten Bauantrag zur Errichtung eines zwölf Meter hohen Kreuzes rechtlich etwas auszusetzen ist. Doch zumindest damit scheint alles in Ordnung gewesen zu sein.
Frank Döring
chefredaktion@lvz.de
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