Leipziger Volkszeitung ,
06.12.2005 :
Nazis planen Wallfahrtsort in Borna
Borna. Prominente Nazis wollen offenbar die Kreisstadt Borna zu einem bundesweiten Treffpunkt extremer Rechter machen. Ein Verein "Gedächtnisstätte" bestätigte der LVZ, auf dem ehemaligen LMBV-Gelände in der Röthaer Straße ein Denkmal für deutsche Kriegsopfer und ein Dokumentationszentrum errichten zu wollen.
"Entsprechende Bestrebungen gibt es", rang sich Vereinsvorsitzender WolframSchiedewitz auf mehrfache Nachfrage hin ab, "das ist kein Geheimnis." Gleichwohl wünsche er keine Veröffentlichung, bis die Sache nicht feststeht, raunte er. "Das ist ein sensibles Thema."
Nach Informationen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums bemüht sich der imKreis Herford ansässige Verein seit der Gründung 1992 um einGrundstück für die Gedächtnisstätte. Vereinsgründerin ist Ursula Haverbeck-Wetzel, die laut NRW-Verfassungsschutzbericht im Juni 2004 wegen Volksverhetzung verurteilt wurde. Der von ihr geführte Verein "Collegium Humanum" in Vlotho werde vom Verfassungsschutz beobachtet, so Ministeriumssprecherin Dagmar Pelzer. Eine Erkenntnis der Schlapphüte: Haverbeck-Wetzel unterhalte intensive Kontakte zum bekannten Neonazi Horst Mahler. Interessanterweise firmiert "Collegium Humanum" nach Angaben des Innenministeriums unter der gleichen Adresse wie der Verein "Gedächtnisstätte".
Gleichwohl hat Letzterer nun in Borna den Fuß in der Tür. Denn praktischerweise gehört das avisierte Grundstück in der Röthaer Straße bereits einem Vereinsmitglied. Der Düsseldorfer Ludwig Limmer hatte das Gebäude Anfang des Jahres ersteigert und dort unter viel Beifall der lokalen Prominenz ein Begegnungszentrum für Russlanddeutsche eingerichtet.
War dieser Aussiedlertreff von Anfang an nur ein trojanisches Pferd? Limmer räumte jedenfalls gegenüber der LVZ ein, dass er "schon lange Verbindungen zum Verein" unterhalte und seit anderthalb Jahren auch Mitglied ist. Kurz zuvor, im Jahr 2003, hatte die ins Fadenkreuz der Ermittler geratene Holocaust-Leugnerin Haverbeck-Wetzel ihren Vereinsvorsitz für den nur in Insiderkreisen bekannten Schiedewitz geräumt. Wie jener sagte, hatte die Idee für das Borna-Projekt ein alter Kämpfer der NS-Bewegung: Hajo Herrmann, ein in rechten Kreisen als Kriegsheld verehrter Ex-Jagdflieger und jetzt Anwalt von Neonazis. Zur LVZ meinte er einsilbig: "Wir werden zu dem Projekt in Borna im Mai etwas mitteilen."
Spätestens dann dürfte auch Oberbürgermeister Bernd Schröter im Bilde sein, der von den Plänen bisher noch nichts Konkretes gehört haben will. Die Polizeidirektion Westsachsen hat immerhin dieser Tage begonnen, Informationen über den Verein zu sammeln, wie Sprecher Michael Hille gestern mitteilte.
Frank Döring
chefredaktion@lvz.de
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