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Warburger Zeitung / Neue Westfälische , 30.11.2005 :

(Warburg) Eine Lektüre mit Herz / "Denk ich an Deutschland in der Nacht": Die Erinnerungen des Warburgers Emil Herz neu aufgelegt

Von Sandra Wamers

Warburg. Lange Zeit war Herz vergriffen – bis gestern. Im Stadtmuseum im "Stern" präsentierte der Museumsverein die druckfrische Ausgabe des Buchs "Denk ich an Deutschland in der Nacht. Die Geschichte des Hauses Steg" von Emil Herz – eine deutsch-jüdische Geschichte im Spiegel einer kleinen Stadt im 18. und 19. Jahrhundert. Die Stadt heißt Warburg.

Emil Herz hat die Geschichte seiner Familie aufgeschrieben. Als Ausgangspunkt diente Herz der Rabbiner Samuel Steg, der am Ende des 18. Jahrhunderts in Warburg wirkte. Steg war der Ahnherr der Familie.

Emil Herz, 1877 in Essen geboren, lebte ab 1880 in Warburg. 1896 legte er am Marianum sein Abitur ab. Er studierte in Bonn Philosophie, Geschichte und Literatur und legte 1901 seine prämierte Dissertation "Englische Schauspieler und englisches Schauspiel zur Zeit Shakespeares in Deutschland" vor.

Unter Herz' Regie erschienen im Berliner Ullstein-Verlag die Propyläen-Weltgeschichte und die erste Billig-Preis Buchreihe, die "Roten Ullstein-Bücher".

Nach dreißig Jahren Verlagstreue zwingen die Nazis den Verlagsdirektor Herz 1934 zum Rücktritt. Nach seiner Flucht durch Italien, der Schweiz und Kuba, siedelt sich Herz mit seiner Familie im amerikanischen Rochester an. Dort schreibt Herz während des Zweiten Weltkrieges seine Memoiren.

"Ein Idyll aus dem Mittelalter, hineinversetzt in die Gegenwart, eingebettet in den Boden der westfälischen Erde, so steht meine Heimatstadt Warburg vor mir", lautet der Beginn des Buches. Es folgen Schilderungen seiner Kindheit in der Diemelstadt und über das Zusammenleben von Christen und Juden. Das Buch endet an dem Ort, wo es begann – in Warburg auf dem jüdischen Friedhof, der sich ihm "weitet zu einem Friedhof für alle deutschen Juden".

1951 erschien die erste Ausgabe. Zwei Jahre später folgte die zweite und 41 Jahre später der Nachdruck. Letzteren hatte der Warburger Kurt Scheideler im Hermann-Hermes-Verlag in Auftrag gegeben. Seine Erlebnisse mit der Familie Herz kann der Leser im Nachwort finden.

Gestern hielt Scheideler die Neuauflage in Händen. Und auch Irmgard Heuel blätterte aufgeregt durch das 340 Seiten Werk. Sie hatte mit ihrem Ehemann August die Familie Herz 1999 in Amerika besucht. Der Neudruck enthält auch ein Vorwort des Sohnes, Arthur Herz .

"Wir wollen Bände an das Warburg Institut in London und das Warburg Haus in New York schicken", sagte Christian Holtgreve vom Museumsverein. "Das Buch ist das perfekte Weihnachtsgeschenk, auch für junge Leser", sagte Holtgreve.

Es ist ab sofort im lokalen Buchhandel und im Stadtmuseum erhältlich.


lok-red.warburg@neue-westfaelische.de

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