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Westfälisches Volksblatt / Westfalen-Blatt , 30.11.2005 :

Nur noch an das Gute denken / Ehemalige Zwangsarbeiter kehren als Gäste zurück nach Paderborn

Paderborn (WV). "Wir haben Schlimmes erlebt, aber in Paderborn auch viele gute Menschen kennen gelernt." Ljubow Antonowna Kenijs aus dem Dorf Ratowtsy in der Ukraine, die vor vier Tagen ihren 80. Geburtstag feierte, hat nach mehr als 60 Jahren ihren Frieden gemacht mit Paderborn, ihrer Vergangenheit, den Schrecken des Krieges und dem Leiden als Zwangsarbeiterin.

"Es ist nicht leicht, alles zu vergessen, was wir in den Kriegsjahren in Paderborn erleiden mussten. Aber Ihr Besuch vor zwei Jahren in der Ukraine und Ihre heutige Gastfreundschaft haben unsere Seele sehr erleichtert." Die rüstige alte Dame sprach gestern den insgesamt 13 Besuchern aus der Ukraine, davon sieben ehemalige Zwangsarbeiter, aus dem Herzen. Beim Empfang durch Bürgermeister Heinz Paus und seine Stellvertreter Elsbeth Menneken, Josef Hackfort und Josef Vögele im Rathaus floss manche Träne und Erinnerungen an die Bombennächte wurden lebendig.

"Wir haben gesehen, wie Paderborn gebrannt hat, wir haben Freunde verloren und begraben. Aber jetzt wollen wir alles Schlechte vergessen und uns nur noch an das Gute erinnern", sagte Ljubow Antonowna Kenijs, bevor alle zusammen ans Klavier gingen, um mit Thomas Keikutt zusammen deutsche Weihnachtslieder zu singen.

Bis zum Sonntag, 4. Dezember, weilt die Gruppe auf Einladung der Stadt Paderborn im Liborianum, wo am Mittwoch, 30. November, 19.30 Uhr, auch ein Gesprächsabend mit Bürgern und Zeitzeugen stattfindet. Teilnahmen am Unterricht und Gespräche mit Schülern der Abendrealschule, ein Ballettabend, eine Fahrt zur Wewelsburg und Spurensuchen bei den Betrieben, wo die ehemaligen Zwangsarbeiter beschäftigt waren, bestimmen das Besuchsprogramm.

Bürgermeister Heinz Paus erinnerte noch einmal an die sehr bewegenden Momente der ersten Begegnung in Donezk, als die Paderborner eine symbolische Entschädigungsleistung überbrachten. "Danke, dass Sie unsere Einladung angenommen haben. Sie haben uns viel zu sagen." Im vergangenen Jahr waren bereits ehemalige polnische Zwangsarbeiter einer Einladung nach Paderborn gefolgt.

Dank sagten die ukrainischen Gäste vor allem Christa Mertens, die aus den vielen Erinnerungen ehemaliger Zwangsarbeiter ein Buch zusammengestellt hat. "Sie hat uns gesucht und gefunden. Vielen, vielen Dank", sagte Vera Antonowna Linnik (82).


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