Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische ,
30.11.2005 :
(Büren) Nagelschere gegen Mithäftling / 25-jähriger Moldawier muss für vier Jahre ins Gefängnis
Büren. Ilja M. ist 25 Jahre alt und trotz moldawischer Staatsangehörigkeit eigentlich heimatlos. Im Frühjahr 2003 kam er auf illegalem Weg nach Deutschland, arbeitete ohne Erlaubnis und wurde schließlich im August 2003 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Büren in Abschiebehaft genommen. Nach einer Woche wurde der junge Mann wohl mit dem Eingesperrtsein nicht mehr fertig.
In der Nacht zum 8. August stach er mit einer Nagelschere auf seinen Mithäftling Dimitri L. ein. Gestern verurteilte ihn die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Paderborn wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren Gefängnis. Das Motiv für den Übergriff, bei dem Dimitri L. glücklicherweise nur oberflächliche Verletzungen erlitt, blieb jedoch letztlich im Dunklen. Denn Ilja M. konnte sich gestern nicht mehr genau an die Tat erinnern. Der schlanke Moldawier wusste jedoch noch genau, dass er vor seinem weitaus kräftigeren Zellennachbarn Angst gehabt hatte. Häufiger kam es zu verbalen Auseinandersetzung Und auch von Schlägen wusste Ilja M. zu berichten. Seine Anträge, auf eine andere Zelle verlegt zu werden, seien aber nicht positiv beschieden worden.
Am Abend des 8. August 2003 habe er wieder einmal nicht schlafen können und sich den Ärger Dimitri L.s zugezogen, erzählte er und erinnerte sich: "Ich bekam Stress und fing an zu zittern." Versuche, zu Ruhe zu kommen, scheiterten. Gegen 0.50 Uhr schließlich stach er mit einer Nagelschere, die in der JVA Büren zur Zellenausstattung gehört, auf Dimitri L. ein, der in seinem Bett schlief. Als dieser erwachte und sich wehrte, rief der nun verängstigte Ilja M. die Wachleute zur Hilfe. Nach zwei Wochen Einzelhaft wurde er in die Heimat abgeschoben.
Doch in Moldawien hielt es der 25-Jährige nicht lange aus. "Dort gibt es nichts zu tun", sagte er gestern mit leiser Stimme. Im Frühjahr 2004 tauchte er wieder in Deutschland, nun im Rheinland, auf. Zeitweilig lebte er bei Freunden, zeitweilig jedoch hauste er unter schlimmen Bedingungen in einem Erdloch. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit der Beute, die er bei zahlreichen Autoeinbrüchen machte. Hierbei hinterließ Ilja M. häufig seine Fingerabdrücke, wodurch die Fahnder auf seine Spur kamen.
Zwei dieser Taten, die der 25-Jährige frank und frei eingestand, wurden gestern gleichfalls abgeurteilt. Etliche Verfahren allerdings stehen noch im Raum Koblenz auf dem Plan des ansässigen Gerichts.
lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de
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