Neue Westfälische ,
26.11.2005 :
Eine echte Friedensmission / Soldaten aus Augustdorf im Kosovo im Einsatz
Von Barbara Glosemeyer
Prizren. 6 Uhr morgens in Prizren : In der Ferne verkündet ein Muezzin die Botschaft Allahs. Über der 100.000-Einwohnerstadt strahlt ein blauer Himmel, die Luft ist ungewöhnlich klar in einer Stadt, in der immer jemand etwas verbrennt und ein Schwelbrand in einem 15 Meter hohen Müllberg die Luft belastet und Qualm die Sicht beeinträchtigt. Prizren liegt im Süden der serbischen Provinz Kosovo.
Seit dem 12. Juni 1999 ist die Bundeswehr hier mit Streitkräften vieler anderer Nationen im Friedenseinsatz unter der Verwaltung der Vereinten Nationen. Seit Ende September sind darunter auch etwa 800 Soldaten der Panzerbrigade 21 aus dem lippischen Augustdorf. Für vier Monate – bis Ende Januar – helfen sie mit bei der militärischen Absicherung und dem Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg von 1998 bis 1999.
Zwei Millionen Menschen leben hier, davon sind mehr als 90 Prozent Albaner, die die Unabhängigkeit von Serbien fordern. In wenigen Tagen beginnen die Verhandlungen über den künftigen Status der Provinz. Ein schwieriges Unterfangen, da die serbische Minderheit das Land für sich beansprucht.
Die abgeschottete Welt der Soldaten beginnt nur fünf Autominuten vom Zentrum Prizrens entfernt: 2.400 Soldaten aus 13 Nationen sind im Feldlager der multinationalen Brigade Süd-West untergebracht. Auf fünf Hektar erstreckt sich das Areal, das viel mehr ist, als der Begriff Lager vermuten lässt. Die Soldaten wohnen in Häuserblocks aus Leichtbauweise, es gibt Kantinen, Restaurants, Kneipen, zwei Fitnessräume, auch eine Kirche. Die meisten Soldaten, die hier ihren Job machen, leben für vier Monate wie in einem Ghetto.
Die Welt der Kosovaren draußen vor den Toren des Lagers lernen dagegen Soldaten kennen, die für Patrouillen-Fahrten eingeteilt sind. In so genannten Dingos, 9,5 Tonnen schweren Bundeswehr-Fahrzeugen, erreichen sie die Bergregionen rund um Prizren. Hier scheint die Zeit stehen geblieben. Die Menschen leben völlig abgeschieden ohne Strom und fließendes Wasser.
Die unbefestigten Wege sind im November-Matsch für gängige Autos kaum noch zugänglich. Die Patrouillen zeigen hier – zu Fuß oder im Fahrzeug – Präsenz. An so genannten temporären Checkpoints stoppen sie Autos und durchsuchen sie nach Waffen und Drogen. Solche Dinge zu besitzen, ist im Kosovo noch immer normal, für die Ehre eines Mannes sogar ein Muss. Bei den Kontrollen tragen die deutschen Soldaten schusssichere Westen, denn "die Situation ist ruhig, aber nicht stabil", erklärt der Kommandeur des Einsatzbataillons, Karsten Jahn.
Die große Hoffnung sind die Kinder des Kosovo. Erst kürzlich haben die deutschen Soldaten ein Fest für 1.000 Kinder ausgerichtet. Es gab Spielzeuge, und die Kinder konnten sich mal wieder richtig satt essen. "Für diese Kinder sind wir Freunde. Die werden nie auf uns schießen", sagt Kommandeur Jahn. Das ist die Friedensmission.
26./27.11.2005
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