Vlothoer Anzeiger ,
23.11.2005 :
(Vlotho) Aktion Stolpersteine rückt näher / Messingplatten vor Weser-Center denkbar / Am 10. März werden erste Steine in Vlotho eingebaut
Vlotho (BoDo). Gunter Demnig will erinnern helfen. Deshalb setzt er Stolpersteine ins Pflaster, über die man nicht ernstlich ins Stolpern, aber ins Nachdenken kommen kann. In diesen Tagen war der Kölner Künstler in Minden aktiv. Am 10. März wird er seine Aktion auch in Vlotho beginnen.
Von Bodo Kohlmeyer
Wie Demnigs Partnerin Uta Franke jetzt gegenüber dem Vlothoer Anzeiger erklärte, will der Künstler mit seiner Aktion in vielen Städten in Deutschland und Österreich nicht nur der jüdischen Opfer des Naziterrors gedenken helfen. "Jedes Opfer erhält einen eigenen Stein. Gedacht wird mit diesem Projekt aller Opfer: jüdischer Bürger, Sinti und Roma, politisch Verfolgter, Zeugen Jehovas, Euthanasieopfer.
Auch an Selbstmörder soll erinnert werden
Vorrangig soll an die ermordeten Opfer erinnert werden, aber auch an Menschen, die unter den damaligen Umständen Selbstmord begangen haben", teilte Uta Franke mit. Eine Ausnahme können Familien bilden, in denen es überlebende Angehörige gibt. Hier sollte aus Sicht von Gunter Demnig auch für diese ein Stein mit verlegt werden. Zum Beispiel für Kinder, die in Sicherheit gebracht werden konnten. "Unser Anliegen ist es, wenigstens im Gedenken die Familien wieder zusammenzuführen. Dabei sollten aber die Angehörigen informiert werden", betonte Uta Franke. Der Stolperstein, der im Fußweg vor der letzten frei gewählten Wohnadresse der ermordeten Vlothoer Juden verlegt wird, soll folgende Daten enthalten: Hier wohnte, Vorname, Name, gegebenenfalls Geb.-Name, Geb.-Datum, Deportationsdatum und -Ort und das jeweilige Schicksal eines jeden Menschen (verhaftet, ermordet, Suizid).
Diese wichtigen Daten wird in Vlotho die Mendel-Grundmann Gesellschaft um ihren Vorsitzenden Helmut Urbschat zusammenstellen. Sie mahnt seit 40 Jahren die Erinnerung an die jüdische Bevölkerung und ihre lange Geschichte in dieser Stadt an.
Gunter Demnig wartet auf Daten
Uta Franke bestätigt eine Vorgehensweise, die der Vorsitzende des Vereins Moral und Ethik (M&E) Dieter Ellerbrock, der die Aktion Stolpersteine für Vlotho beschlossen und die Kontakte zu Gunter Demnig hergestellt hatte, bereits für denkbar erklärte.
Demnach können, falls ein Haus nicht mehr vorhanden ist - das gilt vor allem für die Häuser jüdischer Eigentümer im Bereich des gänzlich abgerissenen Stadtteils Bliekenend, der sich auf der Bergseite an der Weserstraße gegenüber vom Bahnhof bis zum Sperlsiek erstreckte - trotzdem an einer markanten Stelle, zum Beispiel im Umfeld des Gedenksteins für die zerstörte jüdische Synagoge, vor dem Weser Center Stolpersteine verlegt werden.
Gunter Demnig wartet jetzt darauf, dass die Mendel-Grundmann Gesellschaft ihm bis Februar alle wichtigen Daten übermittelt und er die Messingplatten für die Betonsteine herstellen kann. Der Verein Moral und Ethik (siehe auch Bericht auf Seite 3) wird sich um die Finanzierung der Stolperstein-Aktion kümmern.
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