www.hiergeblieben.de

Bünder Zeitung / Westfalen-Blatt , 23.11.2005 :

(Bünde) "Stolpersteine" sollen erinnern / Netzwerkgruppe des Gymnasiums am Markt trägt Familien-Biografien vor

Bünde (öse). Kaum dem Bulli entstiegen, beginnt er sofort mit seiner Arbeit. Beton muss gemischt, ein Pflasterstein vor dem Haus Bahnhofstraße 6 entfernt werden. Unverkennbar Gunter Demnig, wie er sein Werk, das Verlegen von neuen "Stolpersteinen", fortsetzt. Bereits zum dritten Mal befindet sich der Künstler aus Köln jetzt in Bünde. Sein Engagement ist vor allem der Netzwerk-Gruppe des Gymnasiums am Markt zu verdanken.

"Stolpersteine" sollen an frühere jüdische Mitbürger erinnern, die seinerzeit in Bünde lebten, bevor das dunkleste Kapitel deutscher Geschichte vernichtende Schatten über ihr Dasein brachte. In 120 deutschen Städten hat Gunter Demnig seit 1993 bereits Zeichen gesetzt. "Etwa 7.000 Stolpersteine wurden dort zum Gedenken angebracht", erzählt Uta Franke, die für Demnig die Projektkoordination übernimmt und zuweilen mit ihm reist.

Die frühere Familie Rosenberg an der Bahnhofstraße 6 ist Ausgangspunkt der Stolperstein-Verlegung. Für Hermann, Paula und Kurt Rosenberg wird je ein Stein verlegt, mit goldener Messingplatte und eingraviertem Namen, Todestag und -ort versehen. Die Netzwerkgruppe und ihre Leiterin Christina Whitelaw tragen Passagen aus der Familien-Biografie vor. Danach wurde Kurt Rosenberg am 30. März 1942 ins KZ Treblinka deportiert und dort ermordet. Seine Eltern erlitten wenig später das gleiche Schicksal.

Die damaligen Gesetze schränkten das Leben jüdischer Bürger mehr und mehr ein. So durften sie ab 1936 nicht mehr wählen, drei Jahre später wurden ihre Bankkonten eingefroren. Frauen mussten "Sara", Männer "Israel" als zweiten Vornamen im Ausweis eintragen lassen. Noch ein paar Monate später durfte sich niemand, der diesem Glauben angehörte, auf eine öffentliche Bank setzen, Obst oder Rasierseife kaufen. Der gelbe Davidsstern wurde Pflicht.

Nächste Station für die Verlegung eines Stolpersteines ist das ehemalige Wohnhaus von Erich Meyer an der Bahnhofstraße. Weiter es zu Dorothea Arndt, sie lebte einst an der Borriesstraße.

Bei Klara Nussbaum, früher Hindenburgstraße, wird der vorläufig letzte Stolperstein gelegt. Ritta und Lilly, die beiden Töchter von Klara, retten sich mitsamt ihrer Ehemänner und Kinder auf Drängen der Mutter in die USA. Klara Nussbaum selbst fällt dem NS-Regime zum Opfer.

Die Netzwerk-Mitglieder Fabian Bienen, Johanna Nold, Michelle Höner, Charlotte Brauer, Kathrin Kleineberg, Christoph Kleineberg, Christin Könemann und Peter Blase waren beim Verlegen der Stolpersteine anwesend.


buende@westfalen-blatt.de

zurück