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Schaumburger Zeitung , 23.11.2005 :

(Bückeburg) Messing im Pflaster holt das Erinnern zurück / Wertheim, Moosberg und Wiehe: Aktionskünstler Gunter Demnig verlegt "Stolpersteine" für NS-Opfer

Bückeburg (thm). Den Anstoß zum "Stolperstein" hat die Geschichtswerkstatt der Herderschule gegeben. Der Kölner Aktionskünstler Gunter Demnig (58) hat gestern die sieben ersten "Stolpersteine" verlegt.

Vorm Eingang zum Haus Lange Straße 15 befinden sich jetzt drei Gedenksteine. Sie erinnern an die Kaufmannsfamilie Wertheim. Aus dem ursprünglichen "Manufactur- und Confectionsgeschäft" hat Albert Wertheim nach Ausscheiden seines Kompagnons 1887 das älteren Bückeburgern noch bekannte Kaufhaus Wertheim gemacht. Sein Sohn Adolfübernimmt das Geschäft 1914. Als die Nazis die Macht übernommen haben, wird das Kaufhaus zunächst boykottiert, später beim "Reichskristallnacht" genannten Pogrom zerstört. Adolf Wertheim wird ins KZ Buchenwald verschleppt. In der Folge leidet seine Frau Elise unter schweren Depressionen, 1939 begeht sie Selbstmord. Adolf Wertheim kommt wieder frei, verhilft seiner Tochter Trudi zur Flucht nach Schottland. Er hat noch den Ruin seines Kaufhauses erlebt, als er im Dezember 1941 ins Ghetto nach Riga deportiert wird. Dort wird er wenige Tage später ermordet. Weitere Stolpersteine erinnern seit gestern vorm Haus Lange Straße 53/54 an Amalie und Louis Moosberg, den letzten Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Bückeburg. Und vorm Rathaus wird Karl Wiehes gedacht - die Nazis hatten Bückeburgs Bürgermeister aus dem Amt gejagt, weil der sich schützend vor die Juden Bückeburgs gestellt hatte.

Demnigs Stolpersteine erinnern genau dort an das Unrecht, wo es seinen Anfang genommen hat - wo es also geschehen ist. Für sein Projekt hat der Künstler im Oktober von Bundespräsident Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz erhalten.

Das Erinnern ist aber nicht nur recht und billig, sondern zudem auch vergleichsweise preiswert. Für "95 Euro inklusive" erinnert eine am Stein fixierte zehn mal zehn Zentimeter große Messingplatte mit Name und Schicksal an das Opfer.

Wer "Stolperstein"-Pate werden oder für weitere Gedenksteine spenden möchte, für den ist der Verein der Herderaner die richtige Adresse. Er unterhält ein Spendenkonto bei der Sparkasse Schaumburg: 322 239 369, Kennwort "Stolpersteine".


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