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Zeitung für den Altkreis Lübbecke / Neue Westfälische , 17.11.2005 :

(Minden) Kunst und Propaganda / Deutsche Gemälde und Grafiken aus dem Russlandkrieg 1941 - 1944/45

Kreis Minden-Lübbecke. Zum Gedenken an das Kriegsende vor 60 Jahren zeigt das Preußen-Museum NRW in Minden vom 27. November bis 29. Januar die Ausstellung "Kunst und Propaganda – Deutsche Gemälde und Grafiken aus dem Russlandkrieg 1941 - 1944/45."

Zum ersten Mal wird hier ein Kunstbestand des "Dritten Reiches" der Öffentlichkeit erschlossen, den die USA als "German War Art Collection" bei Kriegsende beschlagnahmte und der, obwohl inzwischen weitgehend an die Bundesrepublik zurück gegeben, bislang in Depots und Archiven verschlossen war. Zum größten Teil gingen diese Arbeiten aus den deutschen Propagandatruppen hervor.

Die Ausstellung präsentiert eine Auswahl ihrer Arbeiten zum Russlandkrieg und stellt sie in den Rahmen der propagandistischen Aufgaben dieser Spezialtruppe im "Ostfeldzug", indem die ideologische Stigmatisierung des Gegners besonders stark vorangetrieben wurde.

Spezialtruppe sollte Feinde stigmatisieren

Die für den NS-Staat typischen Machtkämpfe verschiedener Institutionen wirkten auch auf die Propagandatruppen ein und führten hier zu unterschiedlichen Allianzen und Organisationsformen.

So entstand ein vielfältiges Gesamtbild, innerhalb dessen Kunst im Sinne der Richtlinien des Oberkommandos der Wehrmacht und des Propagandaministeriums zur möglichst abstoßenden Darstellung des "jüdischen Bolschewismus" politisch instrumentalisiert wurde, aber auch Freiräume für eine realistische Kriegswahrnehmung, für die Wiedergabe eines nüchtern beobachteten oder sympathiegetragenen russischen Menschenbildes und für stilistische Einflüsse der klassischen Moderne bestanden.

Diese Tendenzen gewannen vor allem in der vom Oberkommando des Heeres initiierten "Staffel der bildenden Künstler" Gestalt.

So bietet dieser Kunstbestand Aufschluss über Inhalte und Methoden der nationalsozialistischen Bildpropaganda, besitzt aber auch Dokumentationswert für das Kriegsgeschehen und die Lebensverhältnisse russischer Zivilisten und Gefangener.

Die hierfür aufschlussreichen Arbeiten fanden allerdings keinen Eingang in zeitgenössische Ausstellungen und verschwanden im Archiv der Staffel. Zu tief war hier der Graben zum offiziellen Dogma der Inferiorität der russischen Bevölkerung.

Im Vergleich zur Auftragskunst der Propagandatruppen werden exemplarisch die freien Arbeiten dreier zeichnender Frontsoldaten (Hans Möller-Porta, Ernst Schomer, Gerhard Winter) herangezogen, die ebenfalls häufig Land und Leute in Russland thematisieren, Elend und Grauen des Krieges aber deutlicher akzentuieren.

Die Ausstellung klärt auf über propagandistische Ziele und Methoden der deutschen Propaganda und zeigt beeindruckende, zum Teil erschütternde Zeugnisse des Kriegsalltags russischer Zivilisten und Gefangener sowie deutscher Soldaten.

Zur Ausstellung ist ein Katalog im Kerber-Verlag erschienen: Veit Veltzke, Kunst und Propaganda in der Wehrmacht, Gemälde und Grafiken aus dem Russlandkrieg, Bielefeld 2005, 256 Seiten, Preis: 36,90 Euro.

Die Öffnungszeiten des Preußen-Museums: Di – Do, Sa - So 11 bis 17 Uhr. Internet: preussenmuseum.de.


lok-red.luebbecke@neue-westfaelische.de

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