Schaumburger Zeitung ,
17.11.2005 :
(Stadthagen) Junger Neonazi verurteilt wegen Körperverletzung / Schlägerei mit politischen Untertönen
Stadthagen (menz). Schlägereien sind auf öffentlichen Festen, wenn zu vorgerückter Stunde die allegemeine Stimmung hochkocht, keine Seltenheit. Abifeten in der Stadthäger Festhalle machen da keine Ausnahme. Zum Ereignis wurde dort eine tätliche Auseinandersetzung im Oktober vergangenen Jahres, weil ein bekennender Neonazi beteiligt war.
Der heute 21-jährige junge Mann, der als Kopf der rechtsextremen Szene in Schaumburg gilt, hatte einen Schüler mit einem Schlag ins Gesicht zu Boden gestreckt. Der Abiturient erlitt dabei leichte Verletzungen. Er blutete am Auge und hatte Schürfwunden am Rücken. Umstritten war die Frage, ob der Angreifer mit Stiefeln auf das am Boden liegende Opfer eingetreten hat. Vor dem Jugendschöffengericht Stadthagen fand eine umfangreiche Beweisaufnahme zu diesem Fall statt.
Das Erscheinungsbild des bekannten Neonazis auf der Abifete hatte dort Stoff für Diskussionen geboten und verbale Auseinandersetzungen unter den jungen Leuten provoziert. Das spätere Opfer störte sich daran, dass der seitengescheitelte Rechtsextremist in brauner Kluft und Springerstiefeln deutlich seine politische Gesinnung demonstrierte.
Der Zusammenstoß der beiden jungen Männer blieb zunächst ohne direkten Folgen. Der junge Neonazi wechselte den Ort, weil er "kein Interesse an Zankereien" gehabt haben will. Im Kreis jeweiliger Freunde sah man sich später wieder und belauerte sich aus der Entfernung, bis sich die spannungsgeladene Situation handgreiflich entlud.
Er sei "geschubst worden" und habe dem anderen "wohl eine gehauen, das war's dann auch von mir", beschrieb der 21-Jährige den Ablauf des Geschehens, dessen Wahrheitsgehalt aber niemand so recht bestätigen wollte. Die Freunde des Angeklagten wanden sich bei ihrer Aussage.
Als Entlastungszeugen "haben alle nicht getaugt", zog selbst Verteidiger Ralf Jordan ein ernüchterndes Fazit. Unwidersprochen bliebt die Schlussfolgerung des Anklägers, es sei "klar, dass der Angeklagte den Streit begonnen hat".
Eine Intrige aus politischen Gründen gegen den Neonazi schloss der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Pfleiderer aus. Überzeugt ist er davon, dass der junge Mann nicht nur geschlagen, sondern auch getreten hat. Er beantragte deshalb einen Schuldspruch auch wegen gefährlicher Körperverletzung.
Mit großer Vehemenz bestritt der Verteidiger diesen Vorwurf. Die Belastungszeugen wurden von dem Rechtsanwalt auf eine harte Probe gestellt. Die Richter schließlich gingen davon aus, dass der Schläger zumindest versucht hat zu treten. Sie verhängen eine Einheitsjugendstrafe von elf Monaten.
Dabei sind neun Monate Jugendstrafe vom Januar diesen Jahres eingeflossen. Damals war der junge Mann verurteilt worden, weil er nach einer rechtsextremen Demonstration einen Gegendemonstranten schwer verletzt hatte.
Auch die aufgestockte Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Als Arbeitsauflage muss der rechtsextreme Schaumburger 30 gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten.
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