(Bielefeld) Veranstaltung mit Teilnehmerinnen einer dreiwöchigen Menschenrechtsdelegation ,
24.11.2005 :
Die aktuelle Lage in Kurdistan
Donnerstag, den 25. November 2005 um 19.00 Uhr
Veranstaltungsort:
AJZ Bielefeld
Heeper Straße 132
33607 Bielefeld
http://ajz-bielefeld.de/
Die Referentinnen waren als Teilnehmerinnen einer dreiwöchigen Menschenrechtsdelegation im August 2005 in den kurdischen Provinzen der Türkei und im Nordirak (kurdischer Teil des Iraks). In der Veranstaltung soll, nachdem ein grober Überblick über die Geschichte der Türkei seit ihrer Gründung und der Entwicklungen während des Bürgerkriegs von 1984 bis 1999 gegeben wird, zunächst die Entwicklung seit der Entführung und Festnahme Abdulla Öcalans 1999 bis heute geschildert werden. Anschließend wird von den Erfahrungen der Delegation aus zahlreichen Gesprächen mit der Demokratisch-sozialistischen Partei (DEHAP), verschiedenen Bürgermeistern, zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Frauenkooperativen, IHD (Menschenrechtsverein), Kulturvereinen und Friedensaktivistinnen berichtet werden.
Dabei wird zum einen auf die derzeitige allgemeine Menschenrechtssituation in der Türkei und den kurdischen Provinzen eingegangen werden, aber auch darauf, wie sich die Arbeitsbedingungen sowohl für fortschrittliche Parteien als auch zivilgesellschaftliche Organisationen darstellen und welche Arbeit trotzdem oder gerade deswegen stattfindet. Abschließend soll versucht werden, eine Einordnung der Entwicklung der kurdischen Bewegung auf praktischer und ideologischer Ebene zu geben. Anschließend wird es Raum für Diskussionen geben.
1980 putschte das Militär in der Türkei und zerschlug mit ungeheuerlicher Brutalität, die bis dahin stark herangewachsenen linken Organisationen. Unterdrückung, Folter und Mord waren danach an der Tagesordnung. Neben oppositionellen Gruppen traf die Repression vor allen Dingen Bevölkerungsgruppen, die nicht als türkisch gelten.
Angetrieben durch die Unterdrückung und die damals in aller Welt kämpfenden Befreiungsbewegungen entwickelte sich seit 1984 im Südosten der Türkei, einem Teil des ehemaligen Kurdistans, ein Kampf gegen die türkische Unterdrückung und für Unabhängigkeit. Im Laufe der Zeit durchliefen die bewaffneten Gruppen unterschiedliche Entwicklungen. So setzten große Teile der Bewegung seit Ende der 90ziger auf eine politische Lösung und erklärten einen einseitigen Waffenstillstand. Trotz dieser Bemühungen wurden die repressiven Maßnahmen gegen kur dische und türkische Oppositionelle mit aller Brutalität fortgesetzt. Seit Frühjahr 2005 hat sich die Situation wieder zugespitzt. Mit dem so genannten "Fahnenvorfall", der anläßlich des Newrozfestes von der faschistischen Jugendorganisation der MHP initiiert wurde, wurde ein neuer Nationalismusschub losge treten, der tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen mit sich brachte.
In den kurdischen Provinzen finden die stärksten Militäroperationen seit 6 Jahren statt, in mehreren kurdischen Provinzen herrscht faktisch erneut der Ausnahmezustand. Die zivilgesellschaftlichen kurdischen Organisationen sind verstärkten Re pressionen ausgesetzt. Es wurden neue Gesetze zur Beschränkung der Meinungsfreiheit, der Handlungsfähigkeit von Anwältinnen und der Reisefreiheit erlassen und bereits seit Mitte 2004 werden bei Militäraktionen wieder verstärkt Zivilistinnen getötet.
Innerhalb dieses Konfliktes nimmt die BRD immer wieder eine besondere Rolle ein. Sei es durch fortlaufende Waffenlieferungen an die Türkei, trotz des Wissens das die Waffen dort gegen die Zivilbevölkerung zum Einsatz kommen, oder durch Abschiebungen und Auslieferungen, obwohl die Folter in der Türkei hinlänglich be kannt ist. Auch die Kriminalisierung kurdischer (und linker türkischer) Organisationen durch die bundesdeutsche Justiz reiht sich hierin ein. So zeigt sich das es Deutschland, aber natürlich auch den anderen NATO-Partnern der Türkei, einzig und allein um ihre wirtschaftlichen und militärischen Interessen an der Region geht und nicht ernsthaft um eine Änderung der politischen Situation oder der Ächtung von Menschenrechtsverletzungen.
mail@ajz-bielefeld.de
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