Deister- und Weserzeitung ,
22.09.2005 :
(Hameln) Zum Gebet reichten sie sich die Hände / Zwangsarbeiter berichteten von bitteren Erinnerungen / Aufruf zur Versöhnung
Hameln (gro). Im Rahmen der zurzeit stattfindenden Ausstellung in der Münsterkirche "Gesichter", Ausländische Zwangsarbeit in und um Hameln 1939 -1945, besuchen 13 ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Polen die Rattenfängerstadt. In diesen Tagen suchten sie ihre damaligen Arbeitsstätten und Wohnorte auf, wobei es auch zu Begegnungen mit den damaligen Arbeitgebern oder deren Nachkommen kam.
Der Historiker Bernhard Gelderblom hatte alle, Polen sowie Deutsche, in die Münsterkirche zu einem Begegnungsabend eingeladen. "Wichtig ist mir, die ehemals Gezwungenen an den Ort des Leidens zurückkehren zu lassen, um die Wunden der Erinnerung schließen zu können. Wir möchten", so der Moderator gegenüber den 13 Gästen aus Polen, "dass Sie hier zu Wort kommen und uns das gesamte Bild der Zwangsarbeit und Deportation klarmachen".
Mehr als 60 Personen waren der Einladung zu diesem Begegnungsabend gefolgt, darunter die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Warschau, Lodz und Posen. Als Jugendliche und Kinder hatten sie die leidvolle Deportation und Zwangsarbeit erlebt. Bittere Erinnerungen und Einzelschicksale wurden in ihren Erzählungen über das Erfahrene wachgerufen, dem das Publikum schweigend und teilweise betroffen zuhörte. Nicht nur Einzelpersonen waren damals willkürlich in ihrer polnischen Heimat festgenommen und deportiert worden - nein, ganze Familien wurden in das Deutsche Reich verschleppt. Geschätzt wird,dass damals in Hameln und Umgebung bis zu 10.000 Menschen anderer Nationen zur Arbeit gezwungen wurden.
"Sicherlich gibt es hier und da noch Hass und Vergeltungsgedanken der ehemals Gezwungenen", so Gelderblom vor der Veranstaltung, "aber nicht bei denen, die uns in Hameln besuchen". Das bestätigten diese auf eindrucksvolle, ja, beschämende Weise. Sie seien dankbar, dass sie in Hameln sein dürften, mit der Hoffnung, nicht vergessen zu werden. "Ich habe keinen Hass und danke dafür, dass Sie offen dafür sind, dass anzuhören, was wir erlebt haben", sagte Stanislaw Kicman. Er war es auch, der nach dem Schlusswort von Gelderblom nochmals um das Wort bat: "Ich möchte, dass wir uns alle in der Kirche die Hand reichen und zusammen das Vater unser beten", damit zur Versöhnung aufrief, dem alle Teilnehmer folgten.
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