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Neue Osnabrücker Zeitung , 17.09.2005 :

(Quakenbrück) "Die Abschiebung ist doch total gemein"

Quakenbrück. Die Stimmung ist ausgelassen. Ab und an lugt die Herbstsonne hinter den Wolken hervor und taucht das bunte Treiben in ein fröhliches Licht. Doch ein Stand auf dem Sommerfest des Artland-Gymnasiums Quakenbrück mit Kinderschminken und Cocktail-Bar passt nicht so recht zum Trubel : "Familie Phan muss bleiben!" steht auf einem Riesenplakat der Klasse 6a. Es ist ein Appell der Hoffnung. Denn die Behörden wollen die Abschiebung der vietnamesischen Familie.

Juristisch gesehen kann man ihnen nichts vorwerfen. Mögliche Asylanträge wurden abgelehnt. "Der Rechtsweg ist ausgeschöpft", sagt Gerd Hoppe (47), Vorsitzender des vor wenigen Wochen gegründeten Fördervereins "Familie Phan muss bleiben".
Dennoch will er nicht aufgeben, setzt alle Karten auf den Petitionsausschuss des niedersächsischen Landtags, es handle sich hier um einen Härtefall. Hoppes Forderung: "Bleiberecht aus humanitären Gründen." Und davon gibt es nach seiner Ansicht ziemlich viele: Seit 14 Jahren wohnen Phan Tien Dung (35), seine Frau Tran Thi Lan (35) mit ihren beiden Kindern Thuy Linh Phan (11) und deren Bruder Hoang Long Phan (9) in Essen im Landkreis Cloppenburg. Der Vater hat eine feste Arbeit als Fuger, die Kinder sind in Vereinen, nehmen außerdem am Musikunterricht teil. Nachbarn, Freunde, Arbeitgeber, Lehrer: Alle haben die Familie ins Herz geschlossen.

Während Long die Klasse 4d der Essener Grundschule besucht, dort sogar Klassensprecher ist, drückt seine Schwester Linh in der Klasse 6a des Quakenbrücker Gymnasiums die Schulbank, ist dort "eine der Leistungsträgerinnen", sagt Klassenlehrerin Elisabeth Ahrndt. "Linh hat außerdem ein ausgeprägtes gutes Sozialverhalten." Wenn es Streit gebe, "versucht sie zu schlichten". Die drohende Abschiebung empfindet die Lehrerin "wie einen Schock. Das können wir nicht zulassen."

Peter Uchtmann, Chef der Ausländerbehörde im Landkreis Cloppenburg, hat eingeräumt, es komme manchmal "zu humanitär fast unvertretbaren Entscheidungen". Doch das Gesetz gehe vor. Landkreissprecher Ansgar Meyer betont, der Landkreis sei "vollziehende Behörde", führe die Regelungen von Bund und Land aus. Auf die Frage, ob dies im Falls Phan herzlos sei, sagt er: "Sie können doch von uns keinen Rechtsbruch verlangen!"

Linhs Klassenkameradin Andra (11) findet das "total gemein" und Linhs Freundin Inken (11) sagt, eine Abschiebung wäre "irgendwie schrecklich. Dann hätte man eine der besten Freundinnen verloren."

Jetzt drängt die Zeit. Am 30. September läuft die Duldung der Familie aus. Einen Tag zuvor trifft sich der Petitionsausschuss. Hoppe: "Ich wünsche mir, dass der Fall auf die Tagesordnung kommt." Es wäre für Long, der Montag Geburtstag feiert, ein schönes Geschenk.

17./18.09.2005
f.wiebrock@neue-oz.de

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