Bielefelder Tageblatt (MW) ,
07.09.2005 :
Denkmäler aus neuer Perspektive betrachtet / 39 Veranstaltungen beim Tag des offenen Denkmals in Bielefeld
Von Conrad Schormann
Bielefeld. Ausgangs des 15. Jahrhunderts stritten das Fürstentum Lippe und die Grafschaft Ravensberg um Territorium. 1491 schlossen beide einen Grenzvertrag, um die Grenze festzulegen und die Streitigkeiten vor allem um Zölle zu beenden. Frank Fröhlich vom Vermessungs- und Katasteramt unternimmt am Tag des offenen Denkmals eine Exkursion entlang der alten Grenze, deren Markierungen zum Teil bis heute zu sehen sind.
Der Grenzverlauf führte vom "Lockhauser Baum" (bei Elverdissen) bis in die Senne (Dalbke). 1784, fast 300 Jahre nach dem Vertragsschluss, wurde die Grenze mit 63 Grenzsteinen markiert. Landvermesser Johann Ludwig Graf fertigte eine drei Meter lange Karte, die alle Einzelheiten der Grenze inklusive der Grenzsteine zeigte. 1860 kamen weitere Steine hinzu, die meisten verziert mit einer lippischen Rose und dem Drei-Sparren-Wappen.
Nachdem 1491 der Grenzverlauf vertraglich festgelegt worden war, bestimmte eine Grenzkommission unter Johann Ludwig Graf 1783/84 den Verlauf auf den Meter genau. Die Experten vom Vermessungs- und Katasteramt der Stadt bezeichnen die Karte heute als "kartografisches Glanzlicht". Detailliert und in hoher Auflösung ist die einmalige Landkarte im Online-Kartendienst der Stadt unter www.bielefeld.de zu sehen. Dort findet sich auch eine Karte anno 2005, auf der der Verlauf der alten Grenze eingezeichnet ist. Dort findet sich auch die Position der alten Steine.
"Zu zwei Drittel stehen sie noch an Ort und Stelle, teilweise versteckt, teilweise offen", sagt Michael Mertins vom Vermessungs- und Katasteramt. Landwirte hätten einige der Steine im Lauf der Jahre versetzt, etwa, weil sie mitten auf ihren Feldern standen. Die Bezirksregierung habe alle erhaltenen Grenzsteine unter Denkmalschutz gestellt.
Kriege lange vergangener Jahrhunderte
Die Exkursionen zu den Cumberland-Schanzen im Teutoburger Wald (siehe Text rechts) und die oben beschriebene entlang der alten Grenze heben sich am vom Bielefelder Veranstaltungsprogramm der vergangenen Jahre. "Wir haben wieder ein reichhaltiges Angebot zusammengestellt", sagt Baldur Schmidt vom Bauamt. Bis zu 5.000 Besucher hätten in den vergangenen Jahren die Denkmäler besucht, "ich bin gespannt, wie die Akzeptanz der 39 Veranstaltungen in diesem Jahr ist".
Allein anhand des Themas "Krieg und Frieden" ließen sich die heimischen Denkmäler, auch die bekannten wie allen voran die Sparrenburg, aus einer neuen Perspektive betrachten. Nicht so sehr der Zweite Weltkrieg steht im Mittelpunkt all der Führungen und Exkursionen, sondern kriegerische Auseinandersetzungen lange vergangener Jahrhunderte, als eine zunächst aus Holz, später aus Stein gebaute Mauer die Hufeisenstadt Bielefeld schützte. Eine Führung verfolgt den Verlauf der alten Befestigungsanlage.
Nicht 1933, sondern 1345 beginnt die Geschichte, die die Teilnehmer der Stadtführung "Spurensuche – Orte jüdischen Lebens" erfahren werden. Dieser Rundgang, einer von vielen, beginnt im 14 Uhr am Mahnmal am Hauptbahnhof und führt von dort zur ehemaligen Synagoge an der Turnerstraße, zum Museum Wäschefabrik, zum Ratsgymnasium. Die Führung endet in der Altstadt.
Bielefeld ist reich gesegnet mit Boden- und Baudenkmälern. 522 Baudenkmäler mit 578 Gebäuden, Parks und Friedhofsanlagen sind in der Denkmalliste der Stadt eingetragen, außerdem 54 Boden- und zwei bewegliche Denkmäler.
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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