Bielefelder Tageblatt (OH) ,
05.09.2005 :
Düsseldorf reagiert nicht / Kein Vertreter bei "Blumen für Stukenbrock"
Schloß Holte-Stukenbrock (kap). "Wir haben gearbeitet wie Erwachsene. Es war sehr schwer, aber ich lebe noch." Nikolai Monaschko war 14 Jahre alt, als er aus seiner ukrainischen Heimat zur Zwangsarbeit in die Senne verschleppt wurde. Mit den Überlebenden des Lagers Stukenbrock erlebte er am 2. April 1945 als 16-Jähriger die Befreiung.
Bei der Mahn- und Gedenkveranstaltung des Arbeitskreises "Blumen für Stukenbrock", die in diesem Jahr unter dem Motto "Frieden ist ein Menschenrecht" stand, berichtete der 76-Jährige in knappen Worten über sein Schicksal. Ebenso wie die Niederländerin Celine van der Hoek de Vries, die Auschwitz überlebte und sich am Wochenende die Zeit nahm, mit Teilnehmern des Jugendcamps zu diskutieren.
Erstmals seit 1985 war kein Vertreter der Landesregierung bei der Gedenkveranstaltung erschienen. "Diesmal blieb unsere Einladung an den neuen Ministerpräsidenten unbeantwortet", kritisierte Werner Höner, Vorsitzender des Arbeitskreises "Blumen für Stukenbrock", das Fernbleiben.
Im Beisein von rund 180 Besuchern, unter ihnen Abordnungen aus Russland, Polen, Frankreich und Kasachstan, forderte der Kasseler Friedensforscher Dr. Peter Strutynski dazu auf, aus der Geschichte zu lernen, den Frieden vorzubereiten und "zwischen Tätern und Opfern des Zweiten Weltkrieges einen fundamentalen Unterschied" zu machen.
Strutynski: "Wir müssen darauf bestehen, dass die Schuldigen an der Weltkriegskatastrophe mit ihren 55 Millionen Toten immer und immer wieder beim Namen genannt werden." Auch die stellvertretende Landrätin des Kreises Gütersloh, Ulrike Boden, sprach sich dafür, dass all jene Menschen, denen unsagbares Leid widerfahren ist, "nicht vergessen werden dürfen". Weil es Überlebende als Mahnung gegen das Vergessen bald nicht mehr geben werde, sei die Arbeit von "Blumen für Stukenbrock" umso wichtiger, betonte Boden. Begegnung sei "der erste Schritt zur Versöhnung".
Werner Höner jedoch beklagte, dass die in Stein gemeißelte Mahnung von Stukenbrock "Und sorget Ihr, die Ihr noch im Leben steht, das Frieden bleibt, Frieden zwischen den Menschen, Frieden zwischen den Völkern" offensichtlich "nicht zur Handlungsweise aller politisch Verantwortlichen geworden ist". Täglich sei an Kriegsschauplätzen und anderen Orten auf der Welt "die Missachtung der Menschenrechte zu sehen". Vor allem der Krieg der USA "und ihrer willigen Helfer gegen den Irak" habe wieder einmal gezeigt, "dass Kriege keine Probleme lösen, sondern sie nur verschlimmern".
Präsident Bush habe bedauerlicherweise "auch noch Beifall von Leuten bekommen, die sich bei uns aufmachen, nach dem 18. September Regierungsverantwortung zu übernehmen", sagte Werner Höner. Es sei an der Zeit, statt über eine Aufhebung von Rüstungsbeschränkungen zu debattieren, endlich weitere Beschlüsse zum Verbot von Rüstungsexporten zu fassen und die Atomwaffen abzuschaffen.
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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