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Bielefelder Tageblatt (BW) , 02.09.2005 :

(Bielefeld) "Jackett statt Bomberjacke" / Bundestagswahl: Nico Wedding, vorbestrafter Direktkandidat der NPD

Bielefeld (NW). Nico Wedding, aufstrebender Hoffnungsträger der NPD, kandidiert bei der Bundestagswahl in Bielefeld/Werther für das Direktmandat.

Als "beschriebenes Blatt" bezeichnet Stefan Breuer von der Antifa Düsseldorf den NPD-Kandidaten. Der 1976 laut Breuer in Sachsen-Anhalt geborene Wedding lebt in Duisburg. Im Januar 2001 ist er zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, nachdem er mit Gleichgesinnten eine Gedenkveranstaltung am Mahnmal des KZ Kemna angegriffen hatte.

Faustgroße Steine flogen, alte Menschen wurden mit Knüppel verdroschen. Damals war Wedding stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes der JN (Junge Nationaldemokraten), die sich auf ihrer Internetseite als "politisch-revolutionäre Speerspitze der NPD und des gesamten Nationalen Widerstandes" bezeichnet.

Aufgabe der NPD-Jugendorganisation sei es, "die deutsche Jugend zu politisieren und ihr eine politische Alternative zum herrschenden System der BRD zu sein". Basis: das "lebensrichtige Menschenbild" – eine der Thesen Weddings ist, dass "unterschiedliche Erbanlagen zu verschiedenen Völkern mit unterschiedlichem Schicksal" führen.

Kaum aus dem Gefängnis entlassen, stieg Wedding zum Vorsitzenden des JN-Landesverbandes auf, heute ist er zudem Mitglied im NRW-Vorstand der NPD. Den Internetauftritt der JN betreut er, zudem gilt er in seinen Organisationen als großer Organisator – Schulungen und Fortbildungen sind ein Bereich, den er koordiniert. Wedding sitzt in der NRW-Zentrale der NPD in Bochum.

Nach dem Urteil gegen ihn hatte Wedding noch einmal eine große Presse, als er während der Debatten zum geplanten (und gescheiterten) NPD-Verbotsverfahren vom CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach als Informant (V-Mann) des Verfassungsschutzes benannt wurde.

Das brachte damals – neben weiteren Argumenten – das Verbotsverfahren ins Trudeln, der Vorwurf, dass V-Männer an brutalen Aktionen wie am KZ Kemna beteiligt sein könnten, sorgte für Wirbel. "Aber", so Stefan Breuer von der Antifa, "dass Wedding ein V-Mann war, konnte nie belegt werden". Heute werde angenommen, dass er kein V-Mann sei.

Derzeit gilt der gelernte Industriekaufmann als "einer aus der Scheitelfraktion der NPD", so Breuer: "Jackett statt Bomberjacke." Inhaltliche Äußerungen gebe es kaum von Wedding, er rede selten auf Demonstrationen. "Wir können den schwer einschätzen."

Er hat aber offenbar gute Kontakte zu NPD-Größen wie Horst Mahler, mit dem er auf Veranstaltungen gemeinsam auftrat und zu OWL-NPD-Chef Manfred Gutsche.

In Duisburg fiel Wedding unter anderem dadurch auf, dass er gemeinsame Veranstaltungen mit islamischen Faschisten organisierte – gegen Amerikaner und Juden gerichtet.

Als Begründung für seine Kandidatur in Bielefeld gab Wedding auf Nachfrage an, als Landeschef der JN sei er "auch für Bielefeld zuständig". Nähere Beziehungen zu Bielefeld habe er nicht. Zu einer weitergehenden Stellungnahme war Wedding nicht bereit. Aus Polizeikreisen ist zu hören, dass es "staatsschutzrelevante Aktivitäten Weddings in Bielefeld nicht gibt – er ist ein Duisburger Import".

Zur Situation seiner Partei, deren Chancen allgemein als gering angesehen werden, äußerte sich Wedding im Oktober 2004 positiv: "Nordrhein-Westfalen ist in einem Prozess des politischen Umdenkens begriffen." Wie auch das seiner Partei, die, so der damalige Innenminister Fritz Behrens im März, "ungeniert wieder die Nähe zu Neonazis sucht".

Sein Verhältnis zur Bundesrepublik stellte Wedding in einer anderen Pressemitteilung im Oktober 2004 dar: "Das BRD-System verbessern zu wollen, hieße, in morschem Holz zu schnitzen."


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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