Bielefelder Tageblatt (BW) ,
01.09.2005 :
(Bielefeld) Mahnen und Erinnern / 1.000 Zwangsarbeiter: Gedenkstein in Bethel enthüllt
Bielefeld (cos). Die Zwangsarbeit hat den Kriegsgefangenen Nikolaj Maksimowitsch Monaschko gezeichnet. Ein Holzscheit fiel dem ukrainischen Jungen 1943 bei der Arbeit im Betheler Heimathof in der Senne aufs Bein. Seitdem hinkt er. "Aber ich beklage mich nicht und erhebe keine Ansprüche", sagt der 75-Jährige. "Wir wollen einander nicht beschuldigen, wir müssen in Frieden und Freundschaft leben." Gestern enthüllte der ehemalige Zwangsarbeiter vor dem Betheler Dankort einen Gedenkstein, der mahnen und an die Zwangsarbeiter in Bethel und Gadderbaum erinnern soll.
Etwa 1.000 Menschen, vor allem Ukrainer, Weißrussen und Polen, waren von 1939 bis 45 gezwungen, für die von Bodelschwinghschen Anstalten zu arbeiten, die meisten in der Landwirtschaft. Spät, aber eher als viele andere, hat Bethel vor sechs Jahren begonnen, diesen Teil seiner Geschichte zu erforschen. Nach eigenen Angaben als erste diakonische Einrichtung in Deutschland hat Bethel 2002 seine Geschichte zur Nazizeit als historische Arbeit vorgelegt.
Mittlerweile sind 450 der etwa 1.000 Betroffenen namentlich bekannt, und die Gesamtmitarbeiterstelle hat sich auch zur Recherchestelle entwickelt, die Schreibweisen von Namen, Zahlen und Daten abgleicht, um den einzelnen Schicksalen auf die Spur zu kommen. Die von Bodelschwinghschen Anstalten haben 70 ehemaligen Zwangsarbeitern aus Weißrussland finanziell geholfen und sich außerdem an der Bundesstiftung für die Zwangsarbeiter beteiligt.
In der Nähe des Gedenksteins stand eines der Arbeitslager
Monaschko, Bethels Vorstandsvorsitzender Friedrich Schophaus, Gesamtmitarbeitervertreter Roland Brehm und Bezirksvorsteherin Hannelore Pfaff schlugen vor der Tür des Dankorts am Quellenhofweg ein weiteres Kapitel der Erinnerung auf, als sie ein Tuch lüfteten und darunter der Findling zum Vorschein kam. In der Nähe des Gedenksteins (auf dem Gelände der alten Ziegelei am früheren Lastweg) stand eines der Arbeitslager.
Für die Bezirksvertretung sei es selbstverständlich, sich an dem Gedenkstein zu beteiligen, sagte Pfaff, die betonte, auch als Privatfrau anwesend zu sein. "Wir treffen uns hier, um uns gemeinsam unserer Geschichte zu stellen und um den Prozess des Erinnerns lebendig zu halten." Sie zitierte aus einem NW-Interview mit dem Direktor der Gedenkstätte KZ Buchenwald, der mahnt, junge Menschen dürften nicht sozial und kulturell verwahrlosen, damit sich Geschichte nicht wiederholt.
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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