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Höxtersche Kreiszeitung , 31.08.2005 :

(Höxter) Haftstrafen für die Peiniger eines Behinderten / Abgebrühte Schläger stachelten zu Gewalttaten an und bedrohten hilfswillige Passanten

Von Burkhard Battran

Höxter. Haftstrafen von bis zu 18 Monaten wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung hat gestern das Höxteraner Jugendschöffengericht verhängt. Es sah es als erwiesen an, dass die drei Angeklagten am 18. Februar gegen 22 Uhr am Bahnhof in Höxter einen zu 50 Prozent behinderten 29-jährigen Metallbearbeiter aus Brakel bedroht, bedrängt, verfolgt, verängstigt, gepeinigt und geschlagen haben.

Die Hauptinitiatoren dieser menschenverachtenden Tat sind die beiden stadtbekannten Raufbolde Peter J. (19, Name geändert und Maik P. (20, Name geändert).

Der 29-jährige Brakeler war an jenem Freitag nach Höxter gekommen, um sich mit einem Freund zu treffen. Was ein netter Abend in Höxter werden sollte, endete für den Angeklagten als Albtraum.

"Ich hatte schon ein ungutes Gefühl, als ich die beiden auf mich zukommen sah", sagte das Opfer gestern vor Gericht. Der Onkel von J., von dem es hieß, er habe rechtsradikale Tendenzen, arbeitet im selben Betrieb wie das Opfer. Das Verhältnis der beiden Betriebskollegen steht nicht zum Besten. Mit Sätzen wie "Pass gut auf, sonst schick ich dir mal meinen Neffen vorbei", soll er dem Behinderten gedroht haben.

Das Zusammentreffen an jenem Freitag war dann zufälliger Natur. Und wie es so ist, wenn man jemanden malträtieren will, muss man sich einen Grund verschaffen. "Sie wollten mich zwingen, dass ich sage, ich hätte sie dumm angemacht", sagte das Opfer. Immer wenn der Brakeler versuchte, sich von seinen Peinigern zu entfernen kamen sie hinterher. Das Opfer wurde geschubst, bedrängt, festgehalten und geschlagen.

Schnell hatte sich eine Gruppe von rund zehn Schaulustigen und Mittätern gebildet. Zeugen, die versucht haben sollen, schlichtend einzugreifen, wurde selbst Gewalt angedroht. Wer wie oft in welcher Form den Behinderten körperlich misshandelt oder sonst wie gequält hat, ließ sich nicht mehr feststellen.

Ein mitangeklagter 15-jähriger Schüler, der zur 80 Sozialstunden verurteilt worden ist, gab zu, das Opfer zweimal ins Gesicht geschlagen zu haben, nachdem er von den älteren beiden dazu angestachelt worden war.

Diese beiden Angeklagten machten gestern vor Gericht keine Angaben zur Tat. Wohl in der Hoffnung, dass niemand sie direkt belaste und ihnen keine konkrete Tatbeteiligung nachzuweisen sei. Staatsanwalt André Asensio bezeichnete die Täter als "abgebrüht", die mit Absicht den 15-Jährigen haben ins Messer laufen lassen, um selbst ungeschoren davon zu kommen.

Dafür hatten sie auch gute Gründe. Maik P. war erst vier Wochen vor der Tat im Februar nach einer achtmonatigen Jugendstrafe aus der Haft entlassen worden, Peter J. hatte bereits einen Prozess am Hals, bei dem er im März zu einer einjährigen Jugendhaftstrafe verurteilt worden ist. Da er derzeit in Hövelhof einsitzt, wurde seine Haftstrafe auf 18 Monate aufgestockt. Maik P. muss sechs Monate Jugendstrafe absitzen.

Kurz bevor die Meute vor der eintreffenden Polizei die Flucht ergriff, war noch der Satz gefallen: "So, jetzt darf jeder noch einmal zuschlagen." Wegen des Eintreffens der Polizei kam es nicht mehr dazu. Der Schüler kennt den Namen und weiß wer diese beinah verhängnisvolle Aufforderung zur Gewalt ausgesprochen hat.

Aus Angst vor Repressalien hat er vor Gericht den Mund gehalten. Maik P. und Peter J. verbreiteten in Höxter "ein Klima der Angst", sagte der Vorsitzende Richter Dr. Andreas Hohendorf. Doch damit ist jetzt zumindest für ein halbes Jahr Schluss.


lok-red.hoexter@neue-westfaelische.de

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