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Unsere Kirche , 01.03.1992 :

Ev.-ref. Kirchengemeinde Hiddesen gewährt "Kirchenasyl" / 42-jährigen Roma droht Abschiebung nach Rumänien

Seit Mittwoch, 19. Februar, gewährt die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Detmold-Hiddesen, einem 42-jährigen Roma, dem nach Abschluss eines Asylverfahrens die Abschiebung droht, sogenanntes "Kirchenasyl" im Gemeindehaus (siehe auch Seite 2). Pfarrer Erhard Goeken begründete diesen vom Kirchenvorstand gefassten Beschluss, der von der Flüchtlingshilfe Detmold unterstützt wird, mit dem im § 53 des Ausländergesetzes ausdrücklich erwähnten Verbot der Abschiebung, wenn "erhebliche, konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit" des Abzuschiebenden besteht.

Das sei, wie sich die Situation derzeit in Rumänien darstelle (von dem alle Schichten der Bevölkerung durchdringenden Hass würden die Roma in die Rolle des Sündenbockes gedrängt, bei seiner Rückkehr drohen dem von der Kirchengemeinde aufgenommenen Roma mindestens fünf Jahre Haft; nach dem Sturz Ceaucescus hat sich die Situation verschlechtert: für die Zigeuner gibt es keine Gesetze), mit Sicherheit der Fall.

Kirchenasyl wird, wie Pfarrer Goeken erläuterte, als letztes Mittel dafür angesehen, um Zeit zu gewinnen. Wörtlich: "Wir wollen versuchen, Einsicht zu vermitteln. In einem Europa, das zusammenwächst, brauchen wir ein paar andere Ideen."

Pfarrer Martin Hankemeier vom Ausländerreferat der Lippischen Landeskirche räumt ein, dass sich die Kommunen in einer "nicht ganz einfachen Situation" befinden. In einer Zeit, in der die Bundesregierung das Asylrecht immer mehr einschränke, sei die Stadt das letzte Glied in der Kette und arm dran. Die Flüchtlingshilfe hat herausgefundeb, dass die Stadt die angeordneten Abschiebemaßnahmen aufheben und eine Aufenthaltsbefugnis (für zwei Jahre) erteilen kann.

Josif Colompar, um den es sich in diesem konkreten Fall handelt, und der gemeinsam mit 40 weiteren Roma in einer Wohncontainer-Siedlung im Ortsteil Remmighausen untergebracht war, sah sich als Sekretär des Präsidenten der Roma-Vertretung in der rumänischen Kreisstadt Arad großen Repressalien ausgesetzt, war mehrere Male inhaftiert und wurde regelmäßig verprügelt. Bevor er im Frühjahr 1990 aus Rumänien floh, seine Frau und sechs Kinder zurücklassen musste, hatte er nach 22 Jahren seine Arbeitsstelle in einer staatlichen Waggonfabrik verloren.


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