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Neue Westfälische , 31.12.2003 :

Doppelter Jahreswechsel / Tamilische Familien in Warburg feiern Silvester am 31. Dezember und Neujahrsfest am 14. April

Warburg (v.R.). Der Jahreswechsel ist für alle Menschen auf der Erde etwas ganz Besonderes. Für die tamilischen Mitbürger, die in Warburg eine neue Heimat gefunden haben und seit fast 20 Jahren hier leben, ist das ein Grund, den Jahreswechsel gleich zwei mal zu feiern. Die Tamilen, die in Sri Lanka im Norden des Landes beheimatet sind, machen dort 22 Prozent der Bevölkerung aus. 15 Prozent der Tamilen sind Hindu und leben auf der Insel Jaffna – und sie feiern das Neujahrfest am 14. April, nach dem gregorianischen Kalender, wenn die Sonne vom Sternbild der Fische in den Stier übertritt.

An diesem Tag werden dann traditionell nur neue Sari und Kleider in ganz bestimmten Farben getragen.

Familien und Freunde treffen sich meist zum gemeinsamen Gebet in den Tempeln, um anschließend lange traditionelle Spiele zu spielen und zu feiern. Dabei werden dann spezielle landestypische Speisen zubereitet.

Aber: Am Neujahrstag darf auch kein Alkohol getrunken werden; denn zum Jahreswechsel wird im Hinduglauben mit Fruchtsäften und Tee angestoßen.

Die Gratulationskuren am Telefon mit Verwandten und Freunden, die weiter weg wohnen, dauern oft mehrere Stunden. Diese Tradition setzt sich auch bei den tamilischen Familien, die mehr als 8.000 Kilometer von ihrer früheren Heimat entfernt in Warburg ein neues zu Hause gefunden haben.

Vor einigen Jahren feierten die Tamilen in der Aula des alten Hüffert- Gymnasiums in Warburg das Neujahrsfest am 14. April mit ihren neuen deutschen Familien und Freunden als Dankeschön, dass sie so gut in der alten Hansestadt aufgenommen worden waren.

Sie führten an diesem tag unter anderem Theaterstücke auf und reichten die typischen Speisen und alkoholfreie Getränke, wie Säfte und Tee, dazu. Mittlerweile aber haben sich die Tamilien den Gewohnheiten in Warburg auch schon weitgehend angepasst. Sie feiern mit ihren Kindern nun auch – wie ihre deutschen Nachbarn – den Jahreswechsel am 31. Dezember.

Die Familie von Alexander und Malini Thirunaruskarasu-Fleming, die mit ihren Kindern, der dreijährigen Sambavi und dem einjährigen Harrison, in der Zwischenzeit die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben, feiern denn auch wie alle Warburger.

In Anlehnung an das Hindu-Neujahrsfest werden zu Silvester neue Sari und Kleider getragen und es gibt Geschenke, wie bei uns in Europa zu Weihnachten. Einen Weihnachtsbaum hat es dagegen in der Wohnung der Familie nicht gegeben.

Den Silvestertag feiert die Familie in ihrer Wohnung mit ihren Freunden und Bekannten bis Mitternacht; dann gibt es ein kleines Feuerwerk – und Glückwünsche mit vielen Bekannten werden am Telefon ausgetauscht. Dreieinhalb Monate später feiern die tamilischen Mitbürger dann zum Hindu-Neujahrsfest den Jahreswechsel ein zweites Mal.

Weihnachten kennen die Tamilen in Sri Lanka aber auch von der christlichen Bevölkerung, die in Pamunugama leben und vorwiegend katholisch sind. Hier wird, wie fast bei allen Christen weltweit, Weihnachten mit dem geschmückten Baum gefeiert. In den Städten stehen zu dieser Zeit vor den Kirchen und auf den Marktplätzen große und festlich geschmückte Weihnachtsbäume, die auch von den Hindu-Gläubigen bestaunt werden, denn in ihren vier Wänden gibt es ja die Weihnachtsbäume nicht.

In Warburg ist es die katholische Familie von Joseph und Mary-Rebecca Anton, die mit ihren Töchtern, der elfjährigen Samee und der sechsjährigen Ramey, Weihnachten nach der europäischen Art feiert und auch die Geschenke in der Heiligen Nacht überreicht.

Und auch für diese Familie, die vor einigen Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit erlangte, ist der 14. April ein besonderer Feiertag.

Einige Familien der Tamilen in Warburg bauen zum Jahreswechsel in der Neujahrsnacht in ihren Wohnungen einen Altar auf und beten für das neue Jahr und alle ihre Verwandten und Freunde, die noch in Sri Lanka, Kanada oder in der Schweiz, Frankreich oder den Niederlanden leben, wohin es sie nach der Flucht aus den Unruheherden im Norden von Sri Lanka und dem Kriegsgebiet vertrieben hat.

Zuerst waren es die Männer, die in den Westen kamen. Später holten sie dann ihre Freundinnen nach und heirateten sie hier in Warburg, um eine Familie zu gründen. Einige der tamilischen Familien hat es in der Zwischenzeit in die Großstädte Bielefeld, Neuss, Bielefeld und Wuppertal verschlagen, weil sie dort Arbeit fanden. Das Neujahrsfest feiern sie dort aber genauso und denken dann immer an ihre Warburger Freunde, die sie zwischen den Feiertagen zum Zeichen der Verbundenheit noch oft besuchen oder anrufen.


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