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Bad Oeynhausener Kurier , 12.08.2005 :

(Bad Oeynhausen) Das ist das Happy-End / Rückkehr nach der Abschiebung: Mediha, Elma und Willi Göckel sind eine Familie

Von Stefan Schelp

Bad Oeynhausen. "Höher", schreit die kleine Elma. "Noch höher, Willi." Und Willi gehorcht, gibt der Schaukel einen kräftigen Schubs. "Mehr Schwung, Willi", fordert Elma. Und kreischt vor Vergnügen. Willi Göckel lacht mit. Seine Frau Mediha stimmt befreit mit ein. Eine ganz normale, eine glückliche Familie. Endlich. Nach dem Alptraum der Abschiebung nach Bosnien, nach Monaten quälender Trennung, nach schier endlosen Querelen mit den Behörden sind die Göckels wieder vereint.

"Das ist das Happy-End", sagt Göckel. Er strahlt über das ganze Gesicht. Stolz ist er. Zufrieden und vor allem gut gelaunt. "Jetzt können Sie endlich meine Frau Mediha kennenlernen." Schon hat er ihr den Arm um die Schulter gelegt. "Soll bloß nicht noch einmal einer behaupten, dass wir eine Scheinehe führen." Und vor allem soll bloß nicht noch einmal einer versuchen, ihm seine Frau wegzunehmen.

Tief sitzt der Stachel. Aber für seine Frau ist es noch viel schlimmer. Himmelhochjauchzend müsste sie sein, vor Glück schweben, nachdem ihr Willi sie am 22. Juli endlich nach Hause geholt hat. Aber sie kann nicht. Jedenfalls nicht immer. "Ich fühle mich, als wäre ich vom Mars gefallen", gesteht sie. Und das nicht, weil sie ihren Mann nicht mehr lieben würde. Ganz und gar nicht. Sondern weil sie ihre Ängste nicht wieder los wird.

Vor ein paar Tagen musste sie wieder zum Ausländeramt nach Minden. "Das war ein Alptraum." Alles war wieder da. Die quälenden Verhöre. Der Transporter, in dem sie am Ende eines langen Tages in die Abschiebehaft nach Neuss gebracht wurde. Die unwürdigen Zustände im Gefängnis. "Ich kriege immer noch Angstgefühle, wenn ich die Polizei sehe", gesteht sie. Inzwischen ist ihr klar: "Ich muss ganz von vorn anfangen." Ob sie das hinkriegt? "Wir müssen", schaltet sich ihre Ehemann ein. "Wir müssen das schaffen."

Und die fünfjährige Elma wird ihnen dabei helfen. "Deutschland ist besser als Bosnien", erklärt sie. "Wegen Willi". Sie hat inzwischen ihren Arztkoffer aus der Ecke geholt. "Am liebsten spielt sie Ultraschall", erzählt der Ziehvater. Wen wundert’s. Im Februar bekommt die kleine Selma ein Geschwisterchen. Einen Jungen will sie nicht. "Ich bin ein Mädchen und ich will noch eins", proklamiert sie. Die werdende Mutter freut sich. Für einen Moment sind die Ängste wie weggeblasen. Und da ist es wieder: Dieses befreite Lachen.

Zeit der Leiden

Vor sechs Jahren begann für Willi Göckel und seine Frau Mediha das Hin und Her zwischen größtem Glück und tiefer Verzweiflung:

1999 lernen sich die bei einer Feier gemeinsamer Bekannter kennen.

21. Mai 2002: Mediha Kahrimanovic und Willi Göckel heiraten nach bosnischem Recht. Mediha bleibt zunächst in Bosnien.

Dezember 2002: Mediha darf nach Deutschland einreisen, ein Vierteljahr später folgt die Tochter Elma.

17. Januar 2005: Göckel und seine Frau wollen die Aufenthaltserlaubnis verlängern. Statt dessen werden sie im Ausländeramt verhört. Der Vorwurf lautet auf Scheinehe.

Mediha Kahrimanovic bleibt in Haft und wird in das Abschiebegefängnis nach Neuss überstellt.

10. Februar 2005: Mediha Kahrimanovic wird nach Bosnien abgeschoben.

April 2005: Landrat Wilhelm Krömer schaltet sich ein, zeigt einen möglichen Weg zur Rückkehr auf.

22. Juli 2005: Mediha, die inzwischen den Namen ihres Mannes angenommen hat, darf endlich nach Deutschland zurückkehren. Allerdings nur mit einer erneut befristeten Aufenthaltsgenehmigung

Am 24. August 2005 soll Göckel bei der Kripo erneut zum Vorwurf der Scheinehe aussagen.




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