Marcel Raschke ,
27.07.2005 :
(Gütersloh) Reich(lich) unsinnig / Neonazis glauben daran, dass die BRD nicht existiert und das Deusche Reich fortbesteht / Sie lehnen die Bundesregierung und die Justiz ab und haben eigene "Reichsregierungen" gegründet
Für einige rechtsextreme Gruppierungen existiert die Bundesrepublik nicht, sie glauben daran, dass das Deutsche Reich weiterhin existent ist und schließen sich in so genannten "Reichsbürgerbewegungen" zusammen. Solche Bewegungen finden sich zunehmend in ganz Deutschland. Die Bewegung liebt es dabei natürlich ordentlich und strukturiert - selbstverständlich soll das existierende Reich auch eine Regierung haben.
Streit herrscht allerdings darüber, wer nun offiziell die Regierung repräsentiert. Auf seiner Internetseite www.deutsches-reich.com informiert ein Wolfgang Gerhard Günter Ebel als Kanzler über sich und seine kommissarische Regierung. Den Anspruch auf das Amt des Kanzlers erhebt allerdings auch Norbert Schittke mit seinem Regierungsteam unter www.friedensvertrag.info. Diese "Exilregierung" hatte sich im letzten Jahr in Hannover gegründet, beteiligt an der Gründung waren auch Personen die zuvor in der "Regierung" von Wolfgang Gerhard Günter aktiv waren.
Beide bewerben auf ihren Internetseiten die Regierung und den Erwerb von Pässen, die die Reichsbürgerschaft begründen. Die "Regierung" von Norbert Schittke stellt sogar Führerscheine und Gewerbescheine aus und wirbt ausdrücklich dafür, dass Bewerbungen für Beamtenstellen eingereicht werden sollen.
Die "Reichsbürger" berufen sich mit Vorliebe auf ihren vermeintlichen Status und sind deshalb auch immer wieder in Blickwinkel der Medien geraten. Gerne argumentieren sie in Gerichtsverfahren, sie unterlägen nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Die Möchtegern-Regierungen bewerben mit diesem Argument sogar ihre Pässe. Es nützt allerdings nichts: Das Amtsgericht Magdeburg verurteilte Uwe Bradler, Pressesprecher der Exilregierung, wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften und Volksverhetzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten, welche aber für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die "Regierung" von Norbert Schittke beruft sich auf diverse eher amüsante Verschwörungstheorien. Der Personalausweis der BRD wird als ein Dokument des Teufels angesehen, auf der Rückseite der Bundespersonalausweise sei ein Wesen namens "Baphomet" abgedruckt. Eine Theorie, die sich in vielen Kreisen von Verschwörungstheorien wieder findet, besonders gerne im rechtsextremen Spektrum. Der "Baphomet"-Spuk ist aus dem Buch "Wer regiert die Welt?" von Des Griffin entnommen worden. Im diesem Buch werden auch die "Protokolle der Weisen von Zion" fast wörtlich wiedergegeben. Diese frei erfundenen "Protokolle" schüren Antisemitismus, indem sie eine "jüdische Weltverschwörung" belegen sollen.
Rechtlich argumentieren die Reichsbürger, das deutsche Reich sei völkerrechtlich niemals untergegangen. Sie berufen sich dabei auch auf Passagen aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975. Das Urteil nimmt jedoch nur Stellung zur völkerrechtlichen Identität der BRD. Diese Behandlung einer komplexen juristischen Frage kann jedoch nicht dafür herangezogen werden, dass die BRD nicht existiere, nicht legitimiert sei und keine Staatsgewalt ausüben könne. Das Verfassungsgericht hatte in komplexen Einzelfragen nur festgestellt, dass die BRD völkerrechtlich existiert. Es hatte lediglich dargelegt, dass es vor der Wiedervereinigung an gesamtdeutschen institutionalisierten Organen fehlte. Der Gedanke, dass die BRD nicht existiert und das deutsche Reich seit 1945 fortbestünde ist schlichtweg rechtsextremer Irrglaube.
Den Gedanken der Reichsbürgerschaft proklamieren auch prominente Neonazis für sich. Horst Mahler, ehemaliger RAF-Aktivist und ehemaliger Anwalt der NPD in deren Verbotsverfahren beklagte Ende 2003 in einer "Verkündigung der Reichsbürgerbewegung" den "Seelenmord am Deutschen Volk" der durch eine "von der Fremdmacht ausgeübte, talmudisch getarnte Gewalt- und Willkürherrschaft" verübt werde. Er drohte in einem ordentlichen Gerichtsverfahren an, Vertreter der Justiz und kommunalen Verwaltungsstellen mit "Prozessen nach Reichsrecht vor dem Reichsgericht" zu überziehen. Unter der Internetadresse www.deutsches-reich.de findet sich Mahlers Organisation "Deutsches Kolleg".
Anfang Juli marschierte Jugendliche, die sich als Kameradschaft des Kreises Gütersloh bezeichneten, mit der Reichskriegsflagge durch die Gütersloher Innenstadt und verteilten auch Propaganda der Reichsbürgerbewegung. Im Kreis Gütersloh agiert auch ein alter Bekannter: Meinolf Schönborn. Schönborn war einst Vorsitzender der Freiheitlichen Arbeiter Partei (FAP). Die NF verfügte in den 80er und 90er Jahren über Neonazizentren in Bielefeld und später in Pivitsheide bei Detmold. Sie wurde als verfassungsfeindliche Organisation 1992 verboten. Im Internet gelangt man unter der Adresse www.reichsbuergerbewegung.de zu seinem rechtsextremen "Zündstoff-Verlag".
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