Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische ,
04.03.2002 :
Marsch der braunen Provokateure / Die Menschen am Lindenplatz protestieren gegen den Naziaufmarsch – und fühlen doch auch ohnmächtig
Bielefeld (mönt). Es ist nicht überliefert, ob Neonazis sich nach ihren Aufmärschen wie am Samstag durch Bielefeld darüber Gedanken machen, ob ihre Aktionen irgendetwas - in ihrem Sinne - bewirken. Eines steht jedoch mit großer Sicherheit fest: Sympathien bei den Bürgern am Lindenplatz haben sie nicht gewonnen.
Als "lächerlich" bezeichnet ein Anwohner die Parolen der Rechtsextremen. "Das, was die grölen, kann man doch nicht ernst nehmen." Nicht jeder schafft es indes, den braunen Aufzug so kühl-analytisch abzuhaken. "Ich bin schockiert", gesteht eine etwa 40-jährige Frau. "Da gefriert einem das Blut in den Adern", klagt ein Nachbar.
Es ist augenscheinlich das Ziel der Neonazis, genau solche Reaktionen zu provozieren. Immer wieder gestikulieren sie Richtung Anwohner, äffen sie an und versuchen sich über sie lustig zu machen. Wer reagiert - ganz egal wie - wird von den Nazis verbal bedroht: "Wir kriegen euch alle." Sie wollen Angst verbreiten. Der einschlägig bekannte Bielefelder Neonazi Meinhard Otto Elbing reißt einigen Protestierenden die Nazis-raus-Plakate aus der Hand. Das bessert gruppenintern die Stimmung auf. Auf der Beckhausstraße dann kurze Zeit später die Abschlusskundgebung. Es wird über deutsches Blut und deutschen Boden gesprochen. Dies Reden scheinen selbst die rechtsextremen Gesinnungsgenosssen wenig zu interessieren. So ein Ausflug wie nach Bielefeld hat für viele Neonazis anscheinend eher Eventcharakter. Nach rund zwei Stunden zieht der Pulk vondannen. Zurück bleiben Bürger, die sich ratlos fragen: "Was soll das ganze eigentlich? Was wollen die und warum dürfen die überhaupt hier marschieren?"
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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