Bielefelder Tageblatt ,
29.07.2005 :
"Bielefeld braucht Polizeipferde" / Interview: Rainer Wendt, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, über Stau, Wahlversprechen und Folklore
Bielefeld. Drei Gewerkschaften vertreten die Interessen von Polizisten, darunter die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), die dem Deutschen Beamtenbund (DBB) angegliedert ist. Hauptkommissar Rainer Wendt (48), DPolG-Landesvorsitzender, ist im Juni in den Landesvorstand des 170.000 Mitglieder starken DBB gewählt worden. Gestern hat Wendt der Chefetage des Bielefelder Polizeipräsidiums einen Besuch abgestattet. Anschließend erklärte er Conrad Schormann, dass die Bielefelder Polizei Pferde braucht und einiges mehr.
Bielefelder Tageblatt: Sie haben sich heute mit Polizeipräsident Erwin Südfeld getroffen. Was gab’s zu besprechen?
Rainer Wendt: Das Bielefelder Präsidium ist die zentrale Behörde der Region, und sie wird an Bedeutung noch gewinnen. Deswegen ist es natürlich, dass der Landesvorstand der DPolG das Gespräch sucht.
Bielefelder Tageblatt: Ein kontroverses Gespräch?
Wendt: Die Gespräche mit Herrn Südfelds Vorgänger waren häufig nicht sehr harmonisch ...
Bielefelder Tageblatt: ... damals durchzog ein Graben die Behörde ...
Wendt: ... der ist gekittet. Heute ging es um die landespolitische Situation und speziell um die Bielefelder Polizei. Hier wird sich einiges verändern, zum Beispiel soll Anfang 2006 die Autobahnpolizei dem Bielefelder Präsidium angegliedert werden. Das bringt natürlich Verantwortung mit sich. Auf der Autobahn stehe ich hier oft im Stau. Bald kann ich Herrn Südfeld dafür in die Pflicht nehmen.
Bielefelder Tageblatt: Wofür noch? Der Plan, in Bielefeld ein Polizeipräsidium für OWL zu schaffen, ist nach langen Beratungen der Scheu-Kommission jetzt im Papierkorb gelandet.
Wendt: Das Scheu-Gutachten enthält einige Erkenntnisse. Im Papierkorb landet es nicht, aber es wird so nicht umgesetzt. Die Neuorganisation der Kreispolizeibehörden kommt nicht in dem Maße, wie Scheu es vorschlägt. Das gilt auch für Ostwestfalen-Lippe. Die Behörden bleiben, es wird nur überlegt, Synergien zu nutzen. Aber bei den Bezirksregierungen wird sich einiges ändern. Welche der vielfältigen Aufgaben künftig wo erledigt werden, in den Behörden oder im Innenministerium, ist noch nicht geklärt. Auch der Zeitpunkt ist noch nicht klar. Wir plädieren, das nach der Fußballweltmeisterschaft festzuzurren. Vorher hat die Polizei genug andere Probleme zu lösen.
Bielefelder Tageblatt: Die Reiterstaffeln waren ruckzuck wieder aufgestellt.
Wendt: Das war sinnvoll und außerdem ein Wahlversprechen.
Bielefelder Tageblatt: Ein teures.
Wendt: Viele Phantasiezahlen sind durchs Land gegeistert. So teuer war das nicht. Ein Polizist zu Pferd ersetzt mehrere Beamte zu Fuß und ist bei Großeinsätzen unverzichtbar. Reiterstaffeln sind keine Folklore, sondern eine wichtige Ergänzung unserer Einsatzmittel. Die zwei neuen Staffeln sind nur ein Anfang. 25 Pferde für Westfalen sind ein bisschen wenig. Ich unterstütze, dass eine Behörde wie Bielefeld eigene Pferde hat.
Bielefelder Tageblatt: Eine Reiterstaffel der Polizei in Olderdissen? Den Plan gab’s vor 30 Jahren schon mal.
Wendt: Eine eigene Reiterstaffel braucht Bielefeld vielleicht nicht. Aber die westfälische Reiterstaffel braucht den Standort Bielefeld. Die Pferde müssen in der Innenstadt zu sehen sein wie in New York. Das haben wir in den vergangenen Jahren in NRW falsch gemacht.
Bielefelder Tageblatt: Ziehen DPolG und die neue Landesregierung an einem Strang?
Wendt: Wir wollen, dass sich die Polizei auf ihre Kernaufgaben konzentriert. In dem Punkt sind wir uns einig. Manches sehen wir anders als die FDP. DNA-Analyse oder Videoüberwachung wollen wir ausweiten und unkomplizierter handhaben. Die FDP macht aus politischen Gründen nicht mit.
Bielefelder Tageblatt: Und Sie finden richtig, was die CDU richtig findet?
Wendt: Wir sind nie auf einer Parteischiene gefahren, wir sind auch nicht der verlängerte Arm des Ministers. Aber wir wollen ihn unterstützen, den Apparat zu verschlanken, damit mehr Polizisten Polizeiarbeit machen. Auch mit der Vorgängerregierung haben wir einiges auf den Weg gebracht, außerdem passen mir einige CDU-Positionen nicht. Bescheuert ist zum Beispiel das Gerede vom Bundeswehreinsatz im Innern. Diese Forderung kommt von den CDU-Ministerpräsidenten, und die wollen nur Personal bei der Polizei abbauen und auf diese Weise eine Billigpolizei durchsetzen. Den Unterschied zwischen Polizist und Soldat begreift mancher Politiker nicht.
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